Aufbrüche, Krisen, ­Transformationen

Susanna Burghartz
Marcus Sandl
Daniel Sidler

Herausgegeben
von Susanna Burghartz

Christoph Merian

Verlag

Aufbrüche, Krisen, Transformationen
Zwischen ­Reformation und Revolution ­Basel 1510–1790

Inhalt

8 Geleitwort zur ­Stadt.­Geschichte.­Basel

Susanna Burghartz, Marcus Sandl, Daniel Sidler

11 Einleitung

Daniel Sidler, Marcus Sandl

20 Politische ­Neuorientierung und reforma­to­rischer ­Aufbruch (1510–1580)

22 Kontaktzone und Spannungsfeld: Basel zu Beginn der ­Frühen ­Neuzeit

35 Die Stadt als Konfliktraum: Die Reforma­tion und ihre Folgen

48 Politische Konstellationen, konfessionelles Taktieren und ­kulturelle Veränderungen bis 1580

52 Regionaler Silberbergbau und globale Ressourcenzirkulation

(Tina Asmussen)

Daniel Sidler, Marcus Sandl

62 Regulierter Alltag, vernetzte Elite und die Suche nach Freiräumen (1570–1620)

64 Reformierte Orthodoxie und christliche Moralpolitik

71 Städtische Gruppen und Interessen

82 Zwischen Askese und Sinnlichkeit: Die Suche nach Freiräumen

88 Die Kunst der Basler Goldschmiede

(Michael Schaffner)

Marcus Sandl, Daniel Sidler

98 Regieren und ­Entscheiden (1500–1800)

100 Die Ratsverfassung

108 Die Basler Klöster und ihr Vermögen nach der Reformation

(Carla Roth)

111 Konsens und Konflikt

117 Stadt, Eidgenossenschaft und Aussenpolitik

Marcus Sandl, Daniel Sidler

124 Urbane Orte und Rhythmen (1500–1800)

126 Stadtraum und Lebensraum

136 Zentrale Orte und öffentliche Bauten

142 Die Jahrtausenddürre von 1540 und das Basler Klima

(Oliver Wetter)

144 Lebenszeiten und Lebensrhythmen

Marcus Sandl, Daniel Sidler

162 Kriege, Krisen und Profit (1580–1700)

164 Der Krieg als Krise: ­Gefahr, ­Chance und Inszenierung

182 Nostalgia› – Heimweh, die Schweizer Krankheit

(Lorenz Heiligensetzer)

184 Unternehmer, Söldner, Diplomaten: Basler Akteure in Europa

190 Innere Konflikte und die gewalttätigen ­Auseinandersetzungen von 1691

Daniel Sidler, Marcus Sandl

200 Unterschiede machen und Einheit herstellen: Die ­soziale Ordnung der städtischen ­Gesellschaft ­(15001800)

202 Feine Unterschiede: Stand, Geschlecht, Vermögen

216 Von Eseln, Bienen und Tauben: Tiere in der Stadtgesellschaft

(Anna Reimann, Alexander Engel, Lars Dickmann)

218 Abweichendes Verhalten: ­Kriminalität, ­Heterodoxie, ­Rechtsprechung

227 Fremde in der Stadt: ­Immigration, ­Integration und Ausgrenzung

Susanna Burghartz

236 Aufbruch in den Kapitalismus (1670–1810)

238 Innovation und Transformation in der Textilproduktion

249 Neue Arbeitsformen und ­wachsende Ungleichheit

260 Indienne – der Stoff der Globalisierung

(Susanna Burghartz)

262 Zunehmende Verflechtung und ­beginnende Globalisierung

Marcus Sandl, Daniel Sidler

278 Neue Regierungspraktiken und ­zivilgesellschaft­liche Veränderungen (1690–1790)

280 Neue Regierungsmentalität: ­Politische Ökonomie und Verwaltung

284 Die Wirklichkeit der Verwaltung: Tabellen, Formulare, Statistiken

(Marcus Sandl)

290 Gesellschaftliche Ordnung im Wandel

307 Basler Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft: Das ­Geschichtspanorama um 1800

315 Anhang

316 Quellen- und Literaturverzeichnis

327 Bildnachweis

328 Personenregister

330 Ortsregister

332 Sachregister

334 Autorinnen und Autoren

335 Dank

Geleitwort zur ­Stadt.­Geschichte.­Basel

Von den ersten Siedlungsspuren bis ins 21. Jahrhundert: Die neue Stadtgeschichte erzählt in neun Einzelbänden sowie einem Überblicksband die lange und bewegte Geschichte von Basel und seinen Bewohnerinnen und Bewohnern von den Anfängen bis zur Gegenwart.

Das Projekt Stadt.Geschichte.Basel ermöglichte Geschichtsschreibung unter ungewöhnlichen und kreativen Bedingungen. Konzipiert für ein breites Publikum, wurde die neue Gesamtdarstellung von professionellen Forschenden aus der Archäologie und den Geschichts- und Kulturwissenschaften verfasst. Sie entstand nah an der Forschung, ohne ein universitäres Projekt zu sein, getragen von staatlichen und privaten Geldgebern, entwickelt im Kontakt mit der Bevölkerung. Nicht zuletzt macht die neue Basler Geschichte als erste Kantonsgeschichte der Schweiz ihre Forschungsdaten unter https://forschung.stadtgeschichtebasel.ch langfristig frei zugänglich.

Die seit den 1980er-Jahren bestehende Idee, eine neue, zeitgemässe Geschichte Basels zu erarbeiten, griff der Verein Basler Geschichte 2011 zusammen mit dem Departement Geschichte der Universität Basel auf. Kurz zuvor hatten bereits verschiedene parlamentarische Vorstösse dasselbe Ansinnen formuliert. Der politische Wille folgte 2016 dieser Bewegung, indem der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt zwei Drittel der budgetierten Mittel sprach.

Ein Team von über fünfzig Forschenden und Mitwirkenden aus der ganzen Schweiz sowie aus Deutschland, Österreich, Frankreich und weiteren Ländern setzte das ambitionierte Projekt um. Die acht chronologisch angelegten Einzelbände, der neunte Band zum städtischen Raum sowie der Überblicksband waren in der Wahl ihrer ­thematischen Schwerpunkte wie auch in der Gestaltung ihrer Kapitelstruktur weitgehend autonom. Sie sollten den spezifischen Charakter ihres jeweiligen Zeitraums berücksichtigen und eigene Schwerpunkte setzen, ohne einem festgelegten Raster zu folgen. Wichtig war die Möglichkeit, neue Themen einzubringen, die in älteren Gesamtdarstellungen fehlen. Das Projekt setzte zudem Akzente in Hinblick auf die Longue durée, also epochen­übergreifende Prozesse über alle Bände hinweg, sowie mit drei aktuellen Forschungsperspektiven aus der Archäologie und den Geschichtswissenschaften: Verflechtung und Multi­lokalität›, Mensch und Nichtmensch›, Kontinuitäten und Diskontinuitäten›.

Der Blick auf Verflechtung und Multilokalität› eröffnet die Chance, die Stadt in ihren regionalen, überregionalen, internationalen und globalen Bezügen und Zusammenhängen zu verstehen. Die Frage nach dem Verhältnis von Mensch und Nichtmensch› lässt die Stadt zum Raum werden, in dem Menschen, Tiere und Dinge koexistieren, sich aber auch konkurrenzieren und gegenseitig prägen. Die Frage nach Kontinuitäten und Diskontinuitäten› verlangt schliesslich ein Nachdenken über epochale Zäsuren. Denn mit der Festlegung von Anfang und Ende wird auch der Gang der Erzählung bestimmt. So können wichtige Ereignisse oder Einschnitte wie zum Beispiel die Reformation, die Kantonstrennung oder die beiden Weltkriege als Beginn oder Abschluss einer Entwicklung begriffen werden. Daher wurde entschieden, die einzelnen Bände nicht durch scharfe ­Zäsuren ­voneinander abzugrenzen, sondern vielmehr beide Perspektiven – Beginn und Abschluss – durch zeitliche Überschneidungen präsent zu halten.

Aufgrund des grossen Engagements des Vereins, der Unterstützung durch die Regierung, die Universität, das Departement Geschichte und die Vindonissa-Professur des Departements Altertumswissenschaften sowie dank der grosszügigen Förderung durch den Grossen Rat des Kantons Basel-Stadt, verschiedene Stiftungen und Institutionen, Unternehmen und zahlreiche Einzelpersonen wurden die Voraussetzungen für die Erarbeitung einer neuen, umfassenden und zeitgemässen Darstellung der Geschichte Basels geschaffen. Dass diese schliesslich realisiert werden konnte, ist der ebenso kompetenten wie ungemein engagierten Arbeit aller Autorinnen, Autoren und Mitarbeitenden zu verdanken. Sie wurden dabei tatkräftig von den Herausgeberinnen und Herausgebern unterstützt, welche die inhaltliche Gesamtverantwortung für die einzelnen Bände trugen. Zusammen mit externen wissenschaftlichen Beraterinnen und Beratern brachten sie alle ihr Fachwissen, ihre Erfahrungen und Perspektiven samt einem hohen Mass an Engagement in das Projekt ein. Das Gleiche gilt für den Stiftungsrat, der mit grosser Verlässlichkeit dafür sorgte, dass die neue Stadtgeschichte gedeihen konnte. Nicht zuletzt gelang es dank der umsichtigen Arbeit der Projektleitung, das gleichermassen inhaltlich anspruchsvolle wie organisatorisch komplexe Projekt erfolgreich, termingerecht und in kollegialer Zusammenarbeit umzusetzen.

Zahlreiche Gedächtnisinstitutionen wie Archive, Bibliotheken, Museen und historische Vereine, darunter die Kantonale Denkmalpflege Basel-Stadt, die ­Archäologische Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, das Kantonale Grundbuch- und Vermessungsamt, das Historische Museum Basel und viele andere mehr, haben in vielfältiger Art und Weise zum Gelingen des Projekts beigetragen. Das Büro icona basel entwickelte eine Formsprache, die aktuelle Lesegewohnheiten mit klassischen Gestaltungsprinzipien verknüpft, und der Christoph Merian Verlag trug in bewährt hoher Qualität die gesamte Organisation der Buchproduktion.

Ihnen allen möchten wir für die gute Zusammenarbeit und die schönen Erfahrungen, die wir im Rahmen des Projekts Stadt.Geschichte.Basel machen durften, sehr herzlich danken.

Im Namen des Stiftungsrats

Regina Wecker

Im Namen der Herausgeberschaft

Susanna Burghartz, Martin Lengwiler

Im Namen der Projektleitung

Patrick Kury

Geleitwort zur ­Stadt.Geschichte.Basel

Einleitung

Susanna Burghartz, Marcus Sandl, Daniel Sidler

Einleitung

Basel tickt anders›.1 Vierhundert Jahre lang lebten die Einwohner und Einwohnerinnen von Basel in einer eigenen Zeitzone. Bis zum Revolutionsjahr 1798 gingen die Uhren der Stadt im Unterschied zum Umland eine Stunde vor. Zwanzig Jahre zuvor war die Regierung noch mit dem Versuch gescheitert, Basel dem allgemeinen Zeitregime zu unterstellen.2 1783 las der deutsche Reisende Christian Hirschfeld bei seinem Besuch der Stadt die fünf Jahre vorher gescheiterte Zeitumstellung als Indiz für den gesellschaftlichen Konservatismus der in Handelsfragen durchaus weltoffenen Basler Bürger: «In einer Handelsstadt, die so sehr an dem Herkommen hängt, daß eine vorgeschlagene Veränderung der bekannten Einrichtung der Uhren, die eine Stunde früher schlagen, als alle andere[n] gute[n] Uhren in der Welt, nicht durchging, und beinahe Unruhe erregt hätte, sind Verbesserungen des Alten nicht so leicht zu erwarten.»3 Und Peter Ochs, der spätere Basler Revolutionär und Geschichtsschreiber, stellte im Rückblick die «Uneinigkeit unter den Bürgern zwischen der Partey der neuen Uhr, und der alten Uhr» als Kampf zwischen Alten und Jungen, Konservativen und Neuerern dar.4

Das Spannungsverhältnis zwischen Neuerung, Dynamik und Veränderung einerseits, Beharren und Rückgriff auf Tradition und vermeintlich bessere Zeiten andererseits brach im Verlauf der dreihundert Jahre zwischen der Reformation zu Beginn des 16. Jahrhunderts und der Basler Revolution am Ende des 18. Jahrhunderts immer wieder auf. Die Geschichtsschreibung hat das Schwanken zwischen Beharren und Fortschritt zur Signatur dieser Epoche in ganz Europa erklärt. Und auch Basel nahm trotz seiner abweichenden Uhrzeit als eidgenössisch-städtische Republik, die von Fürstentümern und Monarchien umgeben war, an den wesentlichen Veränderungen dieser Epoche teil: an den religiösen Aufbrüchen, den ­demografischen Mustern, den politischen Entwicklungen und Krisen, der frühkapitalistisch-protoindustriellen Wirtschaftsentwicklung und ihren zunehmend globalen Verflechtungen, an der Entstehung von Beamtentum und ersten An­sätzen einer modernen Verwaltung, aber auch an wiederkehrenden Momenten orthodoxer Verfestigung, Formen obrigkeitlicher Disziplinierung und Strukturen gesellschaftlicher Ungleichheit und ständischer Diskriminierung.

Mit guten Gründen hat die Geschichtswissenschaft in den letzten Jahrzehnten die Frühe Neuzeit unter zwei grundsätzlich unterschiedlichen ­Perspektiven erforscht: Die einen begreifen die Zeit zwischen Reformation und industrieller Revolution› als «Inkubationszeit» oder «Musterbuch der Moderne» und machen damit lange Entwicklungslinien über 1800 hinaus bis in die Gegenwart stark. Die anderen heben vor allem die Eigensinnigkeit und Andersartigkeit der Vormoderne› hervor. Für sie liegt in der Fremdartigkeit dieser Epoche vor allem die Chance, kritisch über den vermeintlich linearen Entwicklungsweg in die ­Moderne nachzudenken und die Kosten der Modernisierung zu reflektieren.

Entsprechend ist die Geschichte von Basel in den drei Jahrhunderten zwischen dem Beitritt zur Eidgenossenschaft und der Reformation einerseits, der Aufklärung und Revolution andererseits nicht auf einen einfachen Nenner zu bringen. Sie verlief vielmehr vielschichtig, mit zum Teil gegenläufigen Entwicklungen; Aufbrüche sind ebenso wie Krisen und Transformationen unterschiedlicher Geschwindigkeiten und Richtungen für die gesamte Epoche typisch. Blickt man auf konkrete Ereignisse, so lässt sich die Frage nach deren Charakter häufig nicht eindeutig beantworten. Das zeigt sich etwa am Beispiel der Basler Reformation. Ohne Zweifel war sie ein religiöser, intellektueller und gesellschaftlicher Aufbruch. Die krisenhaften Momente, die ihr in theologischen Fragen, aber auch als soziale ­Bewegung eigen waren, lassen sich aber kaum übersehen. Nicht ohne Grund erliess der Rat bis ins späte 18. Jahrhundert immer wieder erneuerte Reformationsordnungen und versuchte damit die Verchristlichung der Gesellschaft auf Dauer zu stellen. Besonders deutlich zeigt sich die Ambivalenz des historischen Prozesses bei der grössten politischen Krise der städtischen Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, dem sogenannten 1691er-Wesen. Grosse Teile der Bürgerschaft opponierten Ende des 17. Jahrhunderts gegen das herrschende oligarchische Klientelsystem und versuchten, auch gewaltsam, politische Reformen zu erzwingen. Es gelang der Protestbewegung, grundlegende verfassungsrechtliche Veränderungen durchzusetzen, nicht jedoch, die führenden Familien definitiv zu entmachten. Die Anführer der Protestbewegung wurden hingerichtet und die alten Machtverhältnisse des Ancien Régime› im Wesentlichen wiederhergestellt.

Die Widersprüchlichkeit und Doppelsinnigkeit bestimmter Ereignisse, die hier aufscheint, spiegelt sich in der Gegenläufigkeit der damit verbundenen Entwicklungen wider: Die reformiert-orthodoxe Sittenstrenge, deren Durchsetzung die genannten Reformationsordnungen dienten, ist für das frühneuzeitliche Basel ebenso charakteristisch wie religiöse Pluralität und Toleranz. Das Verhältnis zwischen den Geschlechtern wurde in Ehe- und Kleiderordnungen festgeschrieben und entfaltete situationsbezogen doch immer wieder eine hohe Variabilität und Dynamik. Die Prägung auch der städtischen Gesellschaft durch Garten- und Landwirtschaft überdauerte den frühkapitalistischen Aufbruch. Die Dominanz der Zünfte konnte die Herausbildung abhängiger Lohnarbeit nicht verhindern, verschwand aber auch nicht einfach. Die Regionalität von Lebenswelten bestand auch dann fort, als globale Verflechtungen Basel schon mit weiten Teilen der Welt verbanden. Nicht zuletzt ist aus Sicht der Moderne die selbstverständliche Akzeptanz grundsätzlicher rechtlicher Ungleichheit innerhalb der Stadt und zwischen Stadt und Land besonders auffällig. So viele Phänomene und Entwicklungen es auch gibt, die in Richtung unserer Gegenwart weisen, so fremd und andersartig erscheinen uns heute zahlreiche Lebensformen, Wertehorizonte und Wahrnehmungsweisen.

Blickt man auf die lange Forschungsgeschichte zu Basel in der Frühen Neuzeit, so zeigt sich – wie andernorts auch –, dass sich die Leitperspektiven und Erkenntnisinteressen in der Regel aus den Problemstellungen und Herausforderungslagen der jeweils eigenen Gegenwart ergaben: Die achtbändige, fakten-
und detailreiche Geschichte der Stadt und Landschaft Basel› von Peter Ochs (1752–1821), der die Umbruchszeit um 1800 nicht nur miterlebte, sondern auch an entscheidender Position mitgestaltete, kreiste um die Frage, wie sich politische ­Zusammenhänge und Kräftekonstellationen entwickelten und dauerhaft gesichert wurden. Damit verfolgte sie einen Ansatz, der sich in der Geschichtsschreibung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts allgemein durchzog. Das Interesse der Arbeiten galt, neben den Biografien einflussreicher Männer sowie lebensweltlichen ­Miniaturen, der Politik- und Verfassungsgeschichte der Stadt. Zeitlich konzen­trierten sich die Autoren – in der Regel Männer aus dem Bildungsbürgertum – auf die Geschichte der mittelalterlichen Stadt. Hier und nicht in der Frühen Neuzeit schienen die entscheidenden Weichenstellungen in Basels Geschichte erfolgt zu sein. Die Frühe Neuzeit galt demgegenüber als Epoche des Übergangs von der mittelalterlichen zur modernen› Stadt, der keine eigene Signatur zuerkannt wurde. Auch die dreibändige, zwischen 1907 und 1924 erschienene Stadtgeschichte des Basler Archivars und Historikers Rudolf Wackernagel (1855–1925) endete, ­obwohl bis zur Gegenwart konzipiert, mit der Reformation.5 Erst die 1942 erschienene Geschichte der Stadt Basel von der Reformation bis zur Gegenwart› von Paul Burckhardt (1873–1956) schloss als erste moderne› Überblicksdarstellung diese Lücke. Burckhardts Darstellung lag ein lokalgeschichtlich-patrimoniales ­Interesse zugrunde.6 Die Geschichte der Stadt Basel wurde als Geschichte ihrer wichtigen Ereignisse und Institutionen (Reformation, Zünfte, Buchdruck, Universität) und der Söhne› der Stadt geschrieben, die als Gelehrte oder Politiker überregionalen Ruhm erlangten.7 Auf diese Weise setzte sich für die Geschichte der Frühen Neuzeit in Basel das wirkungsmächtige Narrativ von der Emanzipation des Bürgertums durch.

In den 1970er- und 1980er-Jahren fand eine Abkehr von der bürgerlichen Helden- und Emanzipationsgeschichte statt. Der zeitgenössischen Neuorientierung der internationalen Geschichtswissenschaft folgend, rückte auch die Basler Geschichtsforschung wirtschafts- und sozialgeschichtliche Themen in den Mittelpunkt. Methodisch orientierten sich die Historikerinnen und Historiker an den quantitativ arbeitenden Sozialwissenschaften. Dementsprechend nahmen sie sich grosser Datensätze an, um sie statistisch auszuwerten. Viele dieser Arbeiten – etwa zur Agrargeschichte, zur Demografie, zum städtischen Finanzhaushalt, zu den Interdependenzen zwischen Stadt und Land und zu den unteren sozialen Schichten insbesondere auf der Basler Landschaft – sind noch immer grundlegend.8

Seit den 1990er-Jahren versuchten kulturgeschichtliche und historisch-­anthropologische Forschungen, Alternativen zu modernisierungstheoretischen Ansätzen zu entwickeln.9 Sie schöpften aus der enormen Dichte an Quellen, zu der neben den staatlichen Dokumenten Familien- und Privatarchive, aber auch die reichhaltigen Sammlungen der städtischen Museen und der Universitätsbibliothek gehören. Der Blick auf die Erfahrungen und Deutungen der zeitgenössischen ­Akteure, auf ihre Geschlechterbeziehungen, auf politische und soziale Rituale, auf Klientelismus und spezifische Formen der Vernetzung eröffnete die Möglichkeit, die Spezifika der frühneuzeitlichen städtischen Lebenswelt zu thematisieren: die Ungleichheit, auf der die frühneuzeitliche Stadtgesellschaft wesentlich beruhte, ein von Glauben und Religion geprägter Alltag, eine Gesellschaft, in der der Tod allgegenwärtig war.

Der vorliegende Band der Stadt.Geschichte.Basel zur Frühen Neuzeit schliesst an die jüngsten Entwicklungen an, nimmt die Ergebnisse der umfangreichen wissenschaftlichen Forschung zu Basel auf und versucht, von deren Erkenntnissen ausgehend die Geschichte der Stadt in einem Gesamtüberblick neu zu perspektivieren. In acht Kapiteln erzählt das Buch die Geschichte Basels zwischen 1510 und 1790 als Geschichte von Aufbrüchen, Krisen und gegenläufigen Entwicklungen. Neben fünf Kapiteln, die chronologisch-ereignisgeschichtlich aufgebaut sind, ­umfasst der Band drei Kapitel, die ein bestimmtes Feld im epochalen Gesamt­zusammenhang in den Blick rücken.

Den Beginn der Frühen Neuzeit markiert auch in der Basler Geschichte die Reformation. Sie stellte ebenso wie der zwei Jahrzehnte vorher erfolgte Eintritt in die Eidgenossenschaft eine epochale Weichenstellung für die Stadt dar. Besonderer Wert wird im ersten Kapitel Politische Neuorientierung und reformatorischer Aufbruch (1510–1580)› auf die Eigenheiten Basels als Ort des Humanismus und des Buchdrucks gelegt. Auch der spezifisch eigenständige Verlauf der Reformation zwischen Luthertum und Zwinglianismus unterschied Basel von anderen Städten. Erst gegen Ende des Jahrhunderts erfolgte eine Annäherung an die Entwicklungen in anderen eidgenössischen Orten. Diesen Zeitraum rückt das zweite Kapitel ­Regulierter Alltag, vernetzte Elite und die Suche nach Freiräumen (1570–1620)› in den Mittelpunkt. Es thematisiert den – spannungsreichen – Versuch von Obrigkeit und reformierter Orthodoxie, ein strenges Sittenregiment zu errichten, aber auch das Bedürfnis nach und die Durchsetzung von Freiräumen.

Die politische Ordnung und der Alltag, die in den ersten zwei Kapiteln immer wieder angesprochen werden, werden in den Kapiteln drei und vier ­vertiefend und in zeitübergreifender Perspektive thematisiert. Hier stehen die Kontinuitäten im Mittelpunkt. Die politisch-rechtliche Ordnung war, wie das ­dritte Kapitel Regieren und Entscheiden (1500–1800)› zeigt, geprägt durch die geltende Ratsverfassung und die Herrschaft weniger Familien. Verwandtschaft­liche Netzwerke und ungleiche politische Chancenverteilung überdauerten die Revolution von 1691 und prägten den gesamten Zeitraum. Ebenso zeichnete sich das alltägliche Leben, das im vierten Kapitel Urbane Orte und Rhythmen (1500–1800)› thematisiert wird, durch dauerhafte Strukturen aus, die sich sowohl aus der baulichen Gestaltung des Stadtraums wie aus der Naturgebundenheit von Lebenszyklen ergaben. Kriege und Krankheiten, die häufig epidemische Formen annahmen, verhinderten allerdings existenzielle Sicherheiten.

Das 17. Jahrhundert als besonders kriegs- und krisenbelastete Zeit steht im Zentrum des fünften Kapitels Kriege, Krisen und Profit (1580–1700)›. Vom Dreissigjährigen Krieg (1618–1648), der sich zum Teil in unmittelbarer Nähe der Stadt abspielte, war Basel vor allem durch Flüchtlingsströme und Versorgungsengpässe betroffen. Im Schweizerischen Bauernkrieg (1653) engagierte sich die Stadt gegen die eigenen Untertanen. Auch die Spannungen und militärischen Auseinandersetzungen der europäischen Mächte in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts belasteten die Stadt. Gleichzeitig profitierten die Basler Kaufleute von den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Kriegssituation, und die Stadt insgesamt nutzte durch eine geschickte Politik immer wieder ihre Chancen. Wie sich diese Stadt als Gesellschaft formierte, ist Gegenstand des sechsten, wiederum epochenumfassenden Kapitels Unterschiede machen und Einheit herstellen: Die soziale Ordnung der städtischen Gesellschaft (1500–1800)›. Die Einheit der Stadt war im Selbstverständnis der Zeitgenossinnen und Zeitgenossen kein Widerspruch zur strukturellen sozialen Ungleichheit. Neben den wahlberechtigten Bürgern, die mit ihren Familien nur eine Minderheit der Bevölkerung ausmachten, lebten Hintersassen und Untertanen innerhalb der Stadtmauern, die zum Teil rechtlos waren. Ungleichheit war aber auch in anderer Hinsicht ein Wesenskern der frühneuzeitlichen Stadt: Differenzen wurden zwischen den Geschlechtern, den Einheimischen und Fremden, Recht- und Andersgläubigen, Reichen und Armen gezogen und in Ordnungen und Mandaten immer wieder reproduziert. Soziale Dynamiken, die es durchaus gab, fanden nicht jenseits, sondern in diesem Rahmen statt.

Das zeigt sich auch und vor allem mit Blick auf den ökonomischen Aufbruch, der im ausgehenden 17. Jahrhundert begann. Im siebten Kapitel Aufbruch in den Kapitalismus (16701810)› wird die entsprechende wirtschaftliche Dynamik, die von der Seidenband- und später auch der Indienne-Industrie getragen wurde, beschrieben. Sie ging einher mit der Einführung neuer Produktionstechniken und einer Arbeitsorganisation, die insbesondere das Leben auf der Landschaft veränderten. Wesentlich gefördert wurden frühkapitalistische Produktionsverhältnisse durch die Exportorientierung und zunehmende globale Vernetzung der ­Basler Wirtschaft. Die Basler Kaufleute-Verleger wurden zur führenden Schicht, die Exportwirtschaft wuchs markant, während sich die gesellschaftliche Ungleichheit vergrösserte. Wie eng Aufbruch, Krise und Kontinuität zusammenhängen, zeigt auch das achte und letzte Kapitel Neue Regierungspraktiken und zivilgesellschaftliche Veränderungen (1690–1790)›. Anders als die Wirtschaft ­veränderten sich viele Bereiche im 18. Jahrhundert nur langsam. Auf dem Feld der Politik blieb die Machtverteilung gleich, während sich Regierungspraxis und ­Verwaltung ­wandelten und modernisierten. Die Kirche wurde durch pietistische Strömungen herausgefordert, die sie jedoch auf längere Sicht integrieren konnte. Und die Aufklärung als europaweite Reformbewegung konnte nur wenig Wirkung entfalten, auch wenn sie in Isaak Iselin einen herausragenden Vertreter hatte. Iselin selbst irritierte das kaum. Letztlich war er als Basler davon überzeugt, dass das, was die Stadtrepublik in die Waagschale zu werfen hatte, für die Freiheit und Entwicklung der Menschheit nicht wenig war.10

Einleitung

Einleitung

Anmerkungen

1 Motto des Basler Stadtmarketings im Jahr 2000.

2 Von Wartburg 2011, S. 11–12.

3 Hirschfeld 1785, S. 60.

4 Ochs, Bd. 7, 1821, S. 671.

5 Wackernagel 1907–1924.

6 Burckhardt 1942.

7 Z. B. Wettstein bei Gauss; Stoecklin 1953. Zur Universitätsgeschichte Staehelin 1957.

8 Gschwind 1977. Füglister 1981. Fink 1983. Vettori 1984. Röthlin 1986.

9 Kreis; von Wartburg 2000. Simon-Muscheid 2004. Mooser; Wenger 2011. Von Greyerz 2012.

10 Iselin in Im Hof 1949, S. 166.

Anmerkungen

1 Kaiser 2002, S. 24.

2 Füglister 1981, S. 190. Würgler 2013, S. 95 f.

3 Sieber-Lehmann 1998, S. 280. Sieber-Lehmann 2001.

4 Braun 1997, S. 228.

5 Braun 1997, S. 232–252.

6 Groebner 2000, S. 55 f., 81, 93. Würgler 2013, S. 438.

7 Braun 1997, S. 79–85, 105, 153–177, 232 f.

8 Billeter 1977, S. 51.

9 Ulbrich 1979, S. 161 f.

10 Simon-Muscheid 1995.

11 Körner 1980, S. 114 f.

12 Würgler 2013, S. 144–148.

13 Z. B. in Gengenbach 1515. Vgl. auch Prietzel 2003.

14 Groebner 2000, S. 198, 210.

15 Ehrensperger 1972, S. 28–31.

16 Leu 2014.

17 Körner 1980, S. 331–350. Scott 1997, S. 195.

18 Füglister 1981, S. 272–292.

19 Vischer; Stern 1872, S. 173. Vgl. auch Scott 1997, S. 246, 264.

20 Scott 1997, S. 100, 209–217, 244–246, 259.

21 Weissen 1994, S. 92 f.

22 Zit. n. Sieber-Lehmann 1998, S. 282 f.

23 Ringholz 1904, S. 619.

24 Hamm 2014. Zu Basels Bedeutung als Zentrum des Wissenstransfers vgl. Bernhard 2017.

25 Sieber 1960.

26 Mertens 2002, S. 13 f.

27 Guggisberg 1959a, S. 10.

28 Dill 2016.

29 Sebastiani 2016b, S. 7.

30 Sebastiani 2016b, S. 12 f. Bietenholz 1971, S. 23–43.

31 Vgl. z. B. Dill 2000, S. 42–50.

32 Hirstein 2007.

33 Price 2017. Hieronymus 1997, S. 66–409.

34 Burghartz 2017a, S. 11 f. Meier 2006. Groebner 1999. Zur Familie der Zscheckenbürlin vgl. Sander 2005, S. 194–204. Roth 2021.

35 Sander 2005, S. 22–26.

36 Vischer; Stern 1872, S. 447.

37 Wandel 1995, S. 149.

38 Erasmus an Pirkheimer, 9.5.1529, in: Allen 1934, S. 161–164.

39 Plotke 2018, S. 65.

40 Sandl 2016, S. 18 f.

41 Sebastiani 2016a, S. 74 f. Leu 2014, S. 56 f. Kaufmann 2012, S. 509–511, 528 f.

42 Kaufmann 2012, S. 528–541. Raillard 1936.

43 Vischer; Stern 1872, S. 33. Wurstisen 1580, S. 533. Vgl. Christ-von Wedel 2017, S. 55.

44 Christ-von Wedel 2017, S. 88 f.

45 Dürr; Roth, Bd. 1, 1921, Nr. 104, 105, 129.

46 Christ-von Wedel 2017, S. 143–152.

47 Jecker 1980. Kaufmann 2012, S. 247–253.

48 Füglister 1981, S. 227–234.

49 Johannes Oekolampad, zit. n. Christ-von Wedel 2017, S. 267.

50 Kuhr 1999. Burghartz 2004.

51 Arnold 2014. Simon 2014.

52 Kuhr 1999, S. 86–92.

53 Christ-von Wedel 2017, S. 220–230.

54 Guggisberg 1959a, S. 29.

55 Christ-von Wedel 2017, S. 270–280.

56 Kuhr 1999, S. 250.

57 Meier; Schmidt; Schwinn Schürmann 2019, S. 50.

58 Pfister 1964, S. 101.

59 UB Basel, UBH A Lambda I 3:12, Ordnung so ein Ersame Statt Basel [], Basel 1529.

60 Burnett 2016, S. 194.

61 Stauffer 1980, S. 28.

62 UB Basel, UBH Wack 2519, Bekanthnus unsers heyligen Christenlichen gloubens, Basel 1534. Vgl. Geiger 1952, S. 10 f.

63 Sandl 2016, S. 27 f.

64 1678 zog das Domkapitel nach Arlesheim. Es bestand bis 1803 fort. Vgl. Eisele 2004.

65 Degler-Spengler 1991.

66 Burckhardt 1946.

67 In neuer Übersetzung vgl. Castellio 2013.

68 Plath 2014, bes. S. 168–174.

69 Aus Felix Platters Tagebuch zit. n. Guggisberg 1997, S. 169.

70 Burckhardt 1949. Zum Verhältnis von Castellio und Joris vgl. Egger 2018.

71 Füglister 1981, S. 269.

72 Füglister 1981, S. 129–135, 152–156.

73 Füglister 1981, S. 266–271.

74 Bisegger 1917. Schüttenhelm 1987.

75 UB Basel, UBH A lambda II 46a, Iv.

76 Cooper 2007, S. 21–50.

77 UB Basel, UBH A lambda II 46a, Pr.

78 Burnett 2016, S. 201 f.

79 Burnett 1992. Berner 1979.

80 Hieronymus 1991. Burnett 2011.

81 Burnett 2006, S. 61.

82 Lüber 1997. Hieronymus 1991. Burnett 2007, S. 168.

83 Kaufmann 2012, S. 113 f. Steinmann 1966, S. 59.

84 Jecker 2014, S. 270.

85 Mahlmann-Bauer 2006.

86 Zu den Stiftungen vgl. Sasaki 2000.

87 Felici 2000, S. 126.

88 Plath 2021, S. 18 f.

89 Gilly 1985, S. 35–40.

90 Guggisberg 1959a, S. 55.

91 Guggisberg 1997, S. 187 f.

92 Fink 1983, S. 14–20. Welti 1976, S. 179 f.

93 Sieber 1960. Guggisberg 1959b. Droz 1958. Busino 1958.

94 Guggisberg 1997, S. 173.

95 Greyerz 1999. Gilly 1977/1979. Bachmann; Hofmeier 1999.

96 Mensger 2020, S. 193–203. Burghartz 2014a, S. 338–348. Schumacher 2011.

97 Wanner 2023, S. 105–230.

98 Vgl. Guggisberg 1997, S. 265–268.

99 Vgl. Leu 2014, S. 74 f.

Anmerkungen

1 Heydrich 1990. Hess 2011, S. 124–129.

2 Meier; Schmidt; Schwinn Schürmann 2019, S. 300–303.

3 Basler Münsterbauverein 1895, S. 297–310. Vgl. auch Meier; Schmidt; Schwinn Schürmann 2019, S. 166–168. Jacob-Friesen 1998, S. 74.

4 Vgl. u. a. Burnett 2016, S. 213–215.

5 Brotschi 1956. Berner 1989, S. 153–185. Nah dran, weit weg, Bd. 3, 2001, S. 155–160.

6 Zum Zusammenhang von religiöser Umorientierung und dem Ende des Späthumanismus vgl. Leu 2014.

7 Grynaeus 1590.

8 Geiger 1952, S. 53–55.

9 Wendland 2012, S. 131.

10 Wendland 2003, S. 65.

11 Burnett 2006, S. 214–216. Buri 1979. Goetz 1941, S. 7.

12 Burghartz 2016a.

13 Campi; Wälchli 2012, S. 132.

14 Campi; Wälchli 2012, S. 149

15 Campi; Wälchli 2012, S. 229.

16 Kuhr 1999, S. 88 f.

17 Geiger 1952, S. 45. Dies zeigte sich auch darin, dass für die Umsetzung kleinerer Ordnungen oder bei Streitigkeiten in der Stadt oder auf dem Land zunehmend nur noch Männer aus dem inneren Kreis der politischen Führungsgruppe abgeordnet wurden. Schüpbach-Guggenbühl 2002, S. 68–71.

18 Füglister 1981, S. 227–240.

19 Wendland 2012, S. 123.

20 Burnett 2006, S. 275.

21 Waltz 2001, S. 43.

22 Sallmann 1998, S. 58–61. Simon 1981, S. 59 f., 73–79.

23 Wendland 2003, S. 66.

24 Schüpbach-Guggenbühl 2002, S. 323–335.

25 Burghartz; Calvi; Vogeler 2016.

26 Vgl. die prosopografische Studie von Schüpbach-Guggenbühl 2002.

27 Meyer 1972.

28 Schüpbach-Guggenbühl 2002, S. 97–106. UB Basel, Shelf Mark: AG II 23, Andreas Ryff, Empter Buoch, 1594.

29 Burghartz 2016b.

30 Schaffner 2016.

31 Schüpbach-Guggenbühl 2002, S. 124–129.

32 Schüpbach-Guggenbühl 2002, S. 186–190.

33 Schüpbach-Guggenbühl 2002, S. 281–294.

34 Schüpbach-Guggenbühl 2002, S. 177–179.

35 Staehelin 1957, S. 52–57.

36 Staehelin 1982, S. 14.

37 Sidorko 2014. Burnett 1996.

38 Hufschmid 2015.

39 Zur Sammlung vgl. Piller 2011, S. 73–78.

40 Benkert 2020, S. 169 f., 173–177.

41 Burghartz 2019.

42 Benkert 2020, S. 82 f.

43 Bonjour 1960, S. 243. Vgl. auch Limbach 2017.

44 Für Platter vgl. Schüpbach-Guggenbühl 2002, S. 177–181.

45 Schüpbach-Guggenbühl 2002, S. 179–181. Schober 2019, S. 259–265. Landolt 1972, S. 264–268.

46 Schober 2019, S. 11–15.

47 Hess 2018.

48 Burghartz 2020.

49 Burghartz 2017, S. 52–54; zum Haus zum Löwenzorn› vgl. Möhle 2016, S. 388–397.

50 Becker 1994.

51 Kleinschmidt 1982, S. 263, 266–268.

52 Pfeiffer 2016, S. 34–37.

53 Für Beispiele aus der Mitte des 16. Jh. vgl. Kleinschmidt 1982, S. 98–100.

54 Kleinschmidt 1982, S. 198.

55 Kundert 2009, S. 388 f.

56 Dill 2010, S. 185–187. Burghartz 2017b.

57 Schober 2019, S. 103 f.

58 Schober 2019, S. 73–77. Zum Stammbuch von Jacob Götz vgl. Burghartz 2016b, S. 109–111.

59 Schüpbach-Guggenbühl 2005.

60 Barth; Hörack 2014, S. 140.

61 Bycroft; Dupré 2019, S. 5–8.

62 StABS, Bf 1 A 3-37, Mandat vom 17.4.1619.

63 Schwerhoff 1998, S. 105 f. Schifferle 2005, S. 180–184. Für Zürich vgl. Loetz 2002.

64 Schwerhoff 1998, S. 116.

65 Schwerhoff 1998, S. 98. Vgl. auch Suter 2006, S. 118–127.

66 Schwerhoff 2005, S. 164. Schwerhoff 1998, S. 78–82.

67 Für Beispiele aus dem Basel der Reformationszeit vgl. Schwerhoff 2005, S. 244.

68 Schifferle 2005, S. 177.

69 Schwerhoff 1998, S. 112. Loetz 2002, S. 316.

70 Schwerhoff 1998, S. 108 f.

71 Zum Folgenden vgl. Schober 2019, S. 41–120.

72 Vgl. auch Kaufmann 2009, S. 119 f., 131–133.

73 Meyer 1972, S. 99. In Baden traf beispielsweise der Basler Drucker Johannes Oporin 1547 den deutschen Humanisten Kaspar Brusch, dessen Werke er später verlegte. Dill; Jenny 2000, S. 219. Schober 2019, S. 113.

74 Lötscher 1996, S. 374 f.

75 Schober 2019, S. 113–116.

76 Schober 2019, S. 68–73.

Anmerkungen

1 Füglister 1981.

2 Müller 1954.

3 Daneben gab es weitere Voraussetzungen, wie beispielsweise die eheliche Geburt, die richtige Konfession sowie einen ehr­lichen Lebenswandel. Vgl. u. a. Ryff 1597. Im frühen 18. Jahrhundert wurde zudem durch Ratsbeschluss festgelegt, dass nur diejenigen, die lesen und schreiben konnten, Zutritt zu städtischen Ämtern bekamen.

4 Füglister 1981.

5 Zum Oberstknecht und zum Blutgerichtsstab vgl. Egger 2002.

6 Vgl. zur Bedeutung von Wahlen in der frühneuzeitlichen Stadt Stollberg-Rilinger 2010.

7 Müller 1954, S. 30.

8 Schweizer 1910, S. 196–198.

9 Soeffner 2010. Stollberg-Rilinger 2013. Schlögl 2004.

10 Schüpbach-Guggenbühl 1996.

11 Stollberg-Rilinger 2017, S. 47.

12 Groebner 2000.

13 Müller 1954, S. 26–30.

14 Vgl. vor allem Schüpbach-Guggenbühl 1995. Schüpbach-Guggenbühl 2002.

15 Vgl. am Beispiel Berns Teuscher 1998.

16 Müller 1954.

17 StABS, Ratsbuch K 25: Ratsordnung 1533, fol. 1r. Vgl. Dürr; Roth VI. 1950, S. 278.

18 StABS, Ratsbuch K 25: Ratsordnung 1533, fol. 1r.

19 Der Stammbaum kann auf 1816 datiert werden, weil der 1816 geborene Edouard Burckhardt in der Mitte links zuoberst im Stammbaum aufgeführt ist, seine 1817 geborene Schwester Charlotte hingegen nicht.

20 Vgl. dazu auch Wendland 2003, S. 51–83.

21 Burghartz 2016a, S. 105.

22 Schläppi 2011.

23 Vettori 1984, S. 116–119.

24 Maissen 2000.

25 Zur symbolischen Darstellung der Souveränität und Selbstbestimmung vgl. Maissen 2000. Hess; Lochman 2001.

26 Christ 1969, S. 129. Zur Rezeption von Jean Bodins 1576 veröffentlichter Schrift Les six livres de la République› vgl. Maissen 2000, S. 26–28.

27 Würgler 2013. Würgler 2004.

28 Würgler 2001.

29 Würgler 2000, S. 103.

30 Maissen 2011.

Anmerkungen

1 Vgl. zur Stadthausgasse 11, Haus zum ­Hohen Pfeiler›, Möhle 2016, S. 31.

2 Nagel; Möhle; Meles 2006, S. 232–238.

3 Faesch; Salvisberg 2005.

4 Vgl. Kap. 2.

5 Schmidt-Funke 2014.

6 Bischoff 1918. Das Haus hat die Adresse Rheinsprung 20.

7 Im Historischen Grundbuch›, das zwischen 1895 und 1935 angelegt wurde, sind Informationen zu Basler Liegenschaften von den Anfängen der Überlieferung bis ins Jahr 1800 gesammelt. Es befindet sich im Staatsarchiv Basel-Stadt.

8 Schober 2019, S. 201.

9 Bischoff 1918, S. 204.

10 Dickmann 2021, S. 80.

11 Zit. n. Schedensack 2007. Zu Lärmbelästigungen vgl. Missfelder 2015.

12 Jütte 2015.

13 Burghartz 2014b.

14 Schober 2019, S. 128.

15 Jütte 1991.

16 Koelner 1942. Iselin-Rüthimeyer 1882.

17 Zum Haus zum Hohen Dolder› vgl. Schiess 2001, S. 56 f. Teuteberg 1992.

18 Füglister 1981, S. 57–136.

19 Brenner 1952.

20 Lodewig 1946.

21 Geering 1896. Mauersberg 1960. Röthlin 1986. Stolz 1977.

22 Eine Ausnahme bildete das Direktorium der Schaffneien, das 1692 ins ehemalige Steinenkloster einzog.

23 Burckhardt; Wackernagel 1886.

24 Kümin 2013. Weiss-Bass 1958.

25 Stolz 1979.

26 Wetter 2017.

27 Wetter; Pfister; Werner 2014.

28 Tscharner-Aue 1983.

29 Wetter; Pfister 2013.

30 Rhagorius 1669.

31 Fallet-Scheurer 1916. Dohrn-van Rossum 1992, S. 113 f.

32 Zur Geschichte der Kalender als einer ­Geschichte der Gegenwart im 17. Jahrhundert vgl. Landwehr 2014.

33 StABS, Bf 1 A 12-10, Ordnung vom 3.2.1767. Vgl. Fallet-Scheurer 1916, S. 362.

34 StABS, Bf 1 A 3-43, Mandat vom 26.4.1620: Feinde um die Stadt: Ratsglocken; Feuersnot: Kirchspiel; Wassernot: Papstglocke im Münster.

35 StABS, Bf 1 A 2-20, Mandat vom 11.12.1592. StABS, Bf 1 A 5-58, Mandat vom 16.12.1659.

36 Burghartz 2011, S. 60.

37 StABS, Bf 1 A 1-19, Reformationsordnung vom 1.4.1529. StABS, Bf 1 A 2-3, Mandat vom 19.09.1582.

38 StABS, Bf 1 A 2-3, Mandat vom 19.09.1582. Fallet-Scheurer, S. 364 f.

39 StABS, Bf 1 A 2-66, Mandat vom 25.8.1610.

40 StABS, Bf 1 A 2-46, Mandat vom 22.9.1599.

41 Vgl. Schindler 1992, S. 215–257. Auch auf dem Land erreichten den Basler Rat Klagen, dass das «Nachtlauffen» gängige Praxis sei und sogar der Pfarrer nicht vor den Ruhestörern sicher sei.

42 Im vormodernen Recht war es üblich, dass Verurteilte explizit auf Rache bzw. die Fortsetzung des Konflikts verzichteten. Dieser eidesstattliche Gewaltverzicht ­wurde Urfehde› genannt. In Basel wurden die Urfehden› in Buchform zusammengefasst.

43 Alle Einträge aus den Urfehdebüchern der Jahre 1565–1569. Vgl. Burghartz; Calvi; ­Vogeler 2016.

44 Major 1941.

45 StABS, Bf 1 A 9-56, Dohlenordnung vom 17.07.1741.

46 Rosius 1745.

47 Greyerz 2010.

48 Vgl. mit Daten u. a. zu Luzern Schlumbohm 1983, S. 25–30.

49 Jarzebowski 2018, S. 71–162.

50 Predigten für Maria Polanus-Grynaeus (1605) und Anna Holzinger-Büchler (1619): UB Aleph E XII 8:23. Justus Heinrich, Ein Christliche, Lehr und Trostreiche Leichpredig, Basel 1605, S. 13. UB Ki Ar G X 2:21. Johann Georg Grossen, Schrifftmässiger Bericht von Schwangern Weibspersonen, Basel 1619, bes. S. 21 f.

51 Burghartz 2011, S. 60.

52 StABS, Bf 1 A 12–40, Ordnung für Knecht und Mägd und alles Hausgesind, 1759.

53 Vgl. für ein Beispiel Platter 1994, S. 93 f. Labouvie 1998, S. 106.

54 Buess; Portmann; Molling 1962, S. 28 f. (Aufzeichnungen des Arztes Johann Jakob Harder zu aussergewöhnlichen Geburtsvorgängen); S. 143–198 (Überblick über Geschichte der Pädiatrie in Basel).

55 Buess; Portmann; Molling 1962, S. 193.

56 Punkt 1 in StABS, Bf 1 A 14-35, Reforma­tionsordnung vom 24.7.1780.

57 Vgl. z. B. UB Basel, KiAr G X 3:20. Johann Georg Gross, Christliche Leüch-Predigt [] als [] Andreas Güssler bestattet ward, Basel 1625.

58 Greyerz 2010, S. 78.

59 Greyerz 2010, S. 99: Selbstzeugnis des Basler Lohnherrn Jakob Meyer über den Pfarrer Johann Rudolf Dietrich, der «mir oft und dick meinen Rucken um der griechischen Grammatik jämmerlich zerschlagen».

60 Jenny 2002.

61 Follmann 2002, S. 82–87, 100–108. Schmidt; Messerli; Osterwalder; Tröhler 2015, Nr. 2457.

62 Burghartz 1999a, S. 76 f. Greyerz 2010, S. 144.

63 Burghartz 2000a, S. 27, 30.

64 Ungehorsam gegenüber den Eltern konnte rechtlich eingeklagt werden und wurde selbst erwachsenen, aber noch unverheirateten Bürgern vorgeworfen. Vgl. für ein Basler Beispiel Greyerz 2010, S. 108.

65 Burghartz 1999a, S. 133–151.

66 Hirschfelder 2001. Schärer 1992.

67 Burckhardt-Finsler 1892, S. 170 f.

68 UB Basel. UBH J I 8, Kochbuch Magdalena Ryhiner-Platter, Basel 1592, fol. 6v.

69 Koelner 1929. Morel 1999. Rippmann 1996.

70 Bourquin 1920, S. 212.

71 Radkau 1997.

72 Platter 1987.

73 Pantaleon 1564. Hatje 1992, S. 40 f.

74 Iseli 2016, S. 157–163.

75 Iseli 2016, S. 163–167. Hatje 1992, S. 64 f.

76 Hatje 1992, S. 40.

77 Landwehr 2014, S. 319–323. Röthlin 1986, S. 71–73.

Anmerkungen

1 Meyer; Ryff 1966, S. 110 f.

2 Landolt 1996, S. 447–449.

3 Zit. n. Landolt 1996, S. 469.

4 Landolt 1996, S. 286–291.

5 Berner 1989, S. 153–185.

6 Landolt 1996, S. 306.

7 Zum Folgenden vgl. Landolt 1996, S. 286–478.

8 Nah dran, weit weg, Bd. 4, S. 11–14: «Von der Herrschaft mit Bauern zur Herrschaft über Bauern».

9 Zum Konfliktverlauf vgl. Landolt 1996, S. 479–701.

10 Zur Entwicklung in Basel im gesamteidgenössischen Kontext vgl. Landolt 2004.

11 Suter 1997, S. 563 f.

12 Landolt 1996, S. 11–13.

13 Bonjour 1951, S. 196.

14 Stritmatter 1977, S. 30.

15 Stritmatter 1977, S. 61–78.

16 Stritmatter 1977, S. 82.

17 Stritmatter 1977, S. 63.

18 Stritmatter 1977, S. 16.

19 Bonjour 1951, S. 213 f. Sutter 1958.

20 Zur Stadtgarnison vgl. Grimm 2019.

21 Büchi 2021, S. 27–46.

22 StABS, Z 1, Architektur- und Bauordnung der Stadt Basel, 1588. Vgl. Büchi 2015, S. 367–369.

23 Büchi 2021. Schneider 1993, S. 30–32.

24 Bonjour 1951, S. 193–195.

25 Zit. n. Münkler 2017, S. 730 f.

26 Suter 1997, S. 331. Stritmatter 1977, S. 13, 147–157.

27 Stritmatter 1977, S. 188–230. Gauss; Stöcklin 1953, S. 164.

28 So z. B. Sebastian Güntzer. Vgl. Brändle 2011, S. 31.

29 Zur Verstrickung als Grund für die Verschonung vgl. Holenstein 2015, S. 51–64.

30 Zit. n. Stadler 1999, S. 73.

31 Jorio 1999, S. 138.

32 Greiner 2007.

33 Gampp 2012.

34 Kiechel 1975, S. 64 f.

35 Fürstenberger 1960, S. 32.

36 Kiechel 1975, S. 263 f.

37 Geschildert in der Basler Geschichte von Lutz aus dem Jahr 1834. Vgl. basierend darauf Kiechel 1975, S. 61.

38 Rogger 2024.

39 Hofer 1688.

40 Lötscher 1976, S. 142.

41 Bunke 2009. Schmid-Cadalbert 1993.

42 Vgl. an einem Berner Beispiel Würgler 2015, S. 88–105.

43 Burghartz 1998.

44 Bonjour 1951, S. 192. Vgl. auch Gauss; Stöcklin 1953, S. 29, 107–109.

45 Lau 2008, S. 80–121. Vgl. auch Fürstenberger 1960.

46 Stocker 1889, S. 251.

47 Bonjour 1951, S. 193–195.

48 Röthlin 1986, S. 27 f.

49 Burckhardt 1917.

50 Sieber 1950.

51 Schnyder Burghartz 1997.

52 Rogger 2015.

53 Furrer Wälchli 2004.

54 Keller 2018. Barraz 1990.

55 Zu Platter vgl. UB Basel, KiAr G X 41:2. Zu Faesch vgl. Stocker 1889, S. 258 f. Röthlin 1986, S. 101.

56 Rogger 2019.

57 Burckhardt-Piguet 1893.

58 Seiler-La Roche 1920, S. 40–47.

59 Burghartz 1999c.

60 UB Basel, UBH, H IV,3: «Gründtliche und Actenmaessige Beschreibung der innerlichen Unruhen, welche in den Jahren 1690 und 1691 in einer löblichen Stadt Basel gewütet, nebst Dr. Jakob Henric-Petri ­Basel Babel und sein hernach wieder die Stadt geführter Proceß. Alles auf das sorgfältigste mit Gegeneinanderhaltung zweyer Abschriften zusammengeschrieben von M. Daniel Meyer SMC und Schul=
Diener zu St. Peter im Jahr Christi 1773».

61 Escher 1829. Kutter 1991. Burghartz 1993.

62 Groebner 2000.

63 Schweizer 1931. Grollimund 2004.

64 Die heutige Adresse des Hauses lautet Weisse Gasse 18.

65 Ochs 1821, S. 206.

66 Ochs 1821, S. 221.

67 Würgler 1995, S. 46-52. Ochs 1821, S. 202. Burckhardt 1866.

68 Ochs 1821, S. 210.

69 Vgl. z. B. Ochs 1821, S. 232.

70 Ochs 1821, S. 262.

71 Ochs 1821, S. 209 f.

Anmerkungen

1 Glaser 1634. Vgl. auch Weber 1993.

2 StABS, Bf 1 A 4-79, Reformationsordnung von 1637, S. 112–131.

3 StABS, Bf 1 A 1-35, Mandat vom 1.8.1541. Campi; Wälchli 2012, S. 56–58.

4 Calvi 2018, S. 272.

5 Calvi 2018, S. 264.

6 Ein Beispiel aus dem Jahr 1535 bei Schulz 1985, S. 133–160.

7 Simon-Muscheid 1998, S. 20. Simon-Muscheid 2004, S. 303.

8 Vgl. z. B. Trefzer 1989, S. 122 f.

9 Lötscher 1969, S. 114.

10 Brändle 2011. Weber 1994.

11 Vgl. Reimann 2018, S. 112 f.

12 Calvi 2018, S. 268, 271.

13 Burghartz 2014b.

14 Burghartz 1995.

15 Burghartz 1999b. Burghartz 1999a, S. 237–251, 77–81.

16 Burghartz 1995, S. 230–232.

17 Burghartz 1999a, S. 102–105.

18 Burghartz 1995, S. 225.

19 UB Basel, UBH KiAr G X 26:5: Leichenpredigt von Peter Werenfels für Monica Miville, 27.1.1681, S. 23.

20 StABS, Bf 1 A 5-22, Mandat vom 1.3.1648. Zur Arbeitsteilung in der Landwirtschaft aufgrund der Rechnungsbücher des Spitals aus dem 15. Jahrhundert vgl. Rippmann; Simon-Muscheid; Simon 1996, S. 123–150. Zu Männer- und Frauenarbeit im Rebbau zudem Rippmann 1995, S. 30–38.

21 Pfister 1993, S. 46 f.

22 UB Basel, UBH KiAr G X 13:19: Samuel Grynaeus, Christliche Leichpredigt [], 1655, S. 24 f. Vgl. auch Flueler 1984, S. 22.

23 Burghartz 1998.

24 Im Hof 1967.

25 Vgl. für ein Beispiel Tschui 2008, S. 64 f.

26 Vgl. für mit Basel vergleichbare Städte Rippmann 1995, S. 5. Für die Situation bei der ersten Volkszählung im Jahr 1779 zudem Röthlin 2000, S. 171 f.

27 StABS, Bf 1 A 12-40. Vgl. auch Simon-­Muscheid 2004, S. 128.

28 Stritmatter 1977, S. 183.

29 Opitz 2011, S. 77, 94.

30 Opitz 2011, S. 94–96. Raciti 2013, S. 294–296, 301–303.

31 Burghartz 2011, S. 52–54.

32 Burghartz 2011, S. 59–63.

33 Opitz 2011, S. 81 f.

34 Röthlin 1984, S. 25.

35 Opitz 2011. Vgl. auch StABS, Bf 1 A 11-26, Mandat vom 22.12.1759.

36 Schnyder 2003, S. 29–31.

37 Burghartz 2011, S. 57 f.

38 Bräuer 2011, S. 72.

39 Burghartz 2011, S. 5963. Bräuer 2011, S. 83 f.

40 Bräuer 2011, S. 93 f.

41 Röthlin 1984.

42 Basler Avisblatt, 18.8.1774, S. 266 f.

43 Simon 1981. Dass dieser Wandel auch in Schulordnungen sichtbar war, zeigt Trefzer 1989, S. 181 f.

44 Calvi 2018, S. 250.

45 Schifferle 2005, S. 152.

46 Suter 2006.

47 Zur geselligen› Gewalt in Basel um 1800 vgl. Cottier; Raciti 2013, S. 101–124.

48 Egger 2002. Hinzu kamen weitere Einheiten wie die Harschierer. Vgl. Historisches Museum Basel 2010, S. 127 f.

49 Schifferle 2005, S. 165 f.

50 Staehelin 1968, S. 87.

51 Simon 1981, S. 73.

52 Schifferle 2005, S. 175 f.

53 Schnyder 2003. Guggenbühl 2002.

54 Schnyder 2003, S. 228–232.

55 Schifferle 2005, S. 164 f. Schnyder 2003, S. 228 f.

56 Calvi 2018, S. 265–267, 276 f. Staehelin 1965, S. 110–116.

57 Suter 2006.

58 Raciti 2013, S. 244 f. Schnyder 2003, S. 1622.

59 Lötscher 1969, S. 85.

60 Schmid 2016, S. 13–15.

61 Jecker 1980.

62 Täufermandat vom 23.11.1530. Dürr; Roth, Bd. 3, 1937, Nr. 473, S. 383–410 (Zitat S. 401). Vgl. auch Dürr; Roth, Bd. 5, 1945, Nr. 62, S. 51–53.

63 Jecker 1998, S. 40–43. Jecker 1980, S. 50 f., 110–117.

64 Kaiser 1995. Für ein Beispiel aus dem 18. Jh. vgl. Raciti 2013, S. 221 f.

65 Jecker 1998, S. 120–144. Vgl. auch Suter 2006, S. 219 f.

66 Gampp 2012, S. 90 f.

67 Gantner 1970, S. 16–45.

68 Historisches Museum Basel 2010, S. 220–222.

69 Simon 1981, S. 61.

70 Hagenbach 1839.

71 Hebeisen 2005, S. 24.

72 Gantner-Schlee 2001, S. 20 f., 53–56.

73 Greyerz; Heer 2009. Hebeisen 2005, S. 79–118, 151–172.

74 Ribbert 2010a, S. 66.

75 Fürstenberger; Ritter 1971, S. 56–60.

76 Ribbert 2010b. Fürstenberger; Ritter 1971, S. 79–84, 137–144.

77 Für ein Beispiel aus Gerichtsakten vgl. Ripp­mann; Simon-Muscheid; Simon 1996, S. 67 f.

78 Historisches Museum Basel 2010, S. 52 f.

79 Schelcher 1990.

80 Hagemann 2009, S. 133–135.

81 Holenstein; Kury; Schulz 2018, S. 104–112.

82 Egger 1991.

83 Isenmann 1991, S. 209–213. Gschwind 1977, S. 159–161.

84 Gschwind 1977, S. 160 f.

85 Gschwind 1977, S. 161 f.

86 Guggisberg 1980, S. 55.

87 Gschwind 1977, S. 188 f.

88 Supplikation von Johann Füeglin, Pfarrer der Leonhardskirche. Zit. n. Kaiser 2001, S. 175.

89 Trefzer 1989, S. 130 f.

90 Kaiser 1998. Mahlmann-Bauer 2006, S. 121. Röthlin 2000, S. 180. StABS, Bf 1 A 2-29, Mandat vom 27.8.1595.

91 Zit. n. Burghartz 2014b, S. 27.

92 Staehelin 1968, S. 102.

Anmerkungen

1 Röthlin 1986, S. 57–59.

2 Fink 1983, S. 30–32.

3 Hatje 1992, S. 161.

4 Donzel; Marchal; Walter 1992, S. 33–42.

5 Caracausi 2019, S. 43–45, 54–58.

6 Röthlin 1986, S. 16.

7 Fink 1979, S. 37.

8 Fink 1983, S. 32–37; StABS, Protokolle Kleiner Rat 49, fol. 307v–310v.

9 Pfister 2008, S. 182.

10 StABS, Handel und Gewerbe, MM 1, ver­lesen 30.10.1686.

11 StABS, Protokolle N 1.6, fol. 473.

12 Guyer 2009, S. 50–71.

13 Fink 1983, S. 95–105.

14 Dollfus-Ausset 1865, S. 28–39. Vgl. auch StABS, Zeitungen 23, 1747, fol. 103.

15 Raveux 2015, S. 81.

16 Bieri Thomson 2018, S. 16.

17 Burghartz 2021, S. 95–99.

18 Burghartz 2021, S. 51.

19 Dollfus-Ausset 1865, S. 76.

20 Fink 1983, S. 163.

21 Schüpbach-Guggenbühl 2010.

22 Dollfus-Ausset 1865, S. 140, 145.

23 Berg 2013, S. 120 f. Riello 2013, S. 168, 179. Siebenhüner 2018, S. 64. Siebenhüner 2019, S. 147–170. Raveux 2015, S. 81. Bieri Thomson 2018, S. 16.

24 Dollfus-Ausset 1865, S. 73

25 Burghartz 2023.

26 Schweizer 1928, S. 1–114. Lindenmeyer 1959.

27 Jean-Richard 1968, S. 59. Dollfus-Ausset 1865, S. 94.

28 Fink 1983, S. 141–149.

29 Fink 1983, S. 139.

30 Röthlin 1993b, S. 558–561.

31 StABS, Protokolle Kleiner Rat, 108, fol. 494r, 26.6.1737.

32 Fink 1983, S. 118.

33 Chapman; Chassagne 1981, S. 113.

34 Chapman; Chassagne 1981, S. 130

35 StABS, Bf 1 A 10_55, Mandat vom 10.3.1753.

36 Simon; Simon-Muscheid 2008, S. 599.

37 Simon 1983, S. 28, 31.

38 Fink 1983, S. 78.

39 Kaspar 2003, S. 21.

40 De Vries 1994.

41 Fairchilds 1993, S. 228–248.

42 Vettori 1984, S. 353–354.

43 Mattmüller 1982, S. 271

44 Joneli 1907, S. 212–224.

45 Mattmüller 1982, S. 282.

46 Vettori 1984, S. 354.

47 Vettori 1984, S. 213.

48 Schulz-Rehberg 2019, S. 193–220.

49 Burghartz; Herren 2021. Boerlin-Brodbeck 2006, S. 155–198.

50 Wappenschmidt 1989. De Bruijn 2018. Taylor 2018.

51 Ravazzolo 2019.

52 Jordan 2019.

53 Röthlin 1986, S. 6–9.

54 Wunder 2015, S. 149.

55 Körner 1980, S. 170–176.

56 Körner 2006.

57 Lüthy 1959–1961.

58 Veyrassat 2018, S. 159–182.

59 Körner 2006.

60 Müller von Blumencron 1992, S. 106–107.

61 Klooster 2014.

62 Goslinga; van Yperen 1985, S. 109–116.

63 Bodmer 1946, S. 304 f.

64 StABS, PA 399a, D1,2 Faeschisches Stammbuch.

65 Pijttersen 1896, S. 25.

66 StABS, Auswanderung, A 3, 140.

67 StABS, Auswanderung, A 3, 179.

68 Nationaal Archief, 1.05.03 Inventaris van het archief van de Sociëteit van Suriname, (1650) 1682–1795 (1796), 414 Stukken betreffende de zaak van de Zwitserse families, in Suriname gekomen onder leiding van Lous de Bussy.

69 Schwarze Geschäfte 2005, S. 84 f. Fatah-
Black 2013a, S. 155–157.

70 Fatah-Black 2013b, S. 32.

71 Pfister 1990, S. 60 f.

72 Dollfus-Ausset 1865, S. 76–78.

73 Ryhiner, Remarques, fol. 5.

74 Ryhiner, Remarques, fol. 5. Dollfus-Ausset 1865, S. 78

75 SWA HS 257 A3, 21. David 2005, S. 45.

76 Burghartz; Herren 2021, S. 104.

77 Wanner 1964, S. 76–81.

78 Dermigny, Bd. 2, S. 741 f.

79 Landmann 1905, S. 131 f.

80 David 2005, S. 37–62.

81 Stettler; Hänger; Labhardt 2004, S. 34–40.

82 Stettler; Hänger; Labhardt 2004, S. 63.

83 Stettler; Hänger; Labhardt 2004, S. 79–113, 180–189.

84 Tzoref-Ashkenazi 2012, S. 39.

85 Lätt 1933, S. 11. Kilchenmann 1911, S. 19.

86 Tzoref-Ashkenazi 2016, S. 34 f.

87 Ochs, Bd. 7, 1822, S. 699.

88 Bertelmann 1981, S. 187–230.

89 Herbster 1929/30, S. 80 f.

90 Bertelmann 1981, S. 200.

91 Bertelmann 1981, S. 204–206.

92 Isaak Iselin an Friedrich Nicolai, Dezember 1781, in: Jacob-Friesen 1997, S. 567–572.

Anmerkungen

1 Möhle 2011.

2 Vettori 1984, S. 90–176.

3 Röthlin 1986, S. 140–145.

4 StABS, Prot N 1, 8, S. 453–456, Memorial des Direktoriums 1724.

5 StABS, Bf 1 A 9-33, Mandat vom 19.02.1738.

6 Röthlin 1986, S. 75.

7 Röthlin 1993a. Simon 1981, S. 35–38.

8 StABS, Rep. H. 1. Johann Jakob Huber: Statutarium Basiliense, Manuskript 1792–1797, S. 56.

9 StABS, Rep. H. 1. Johann Jakob Huber: Statutarium Basiliense, Manuskript 1792–1797, S. 723.

10 Bernoulli 1780.

11 Iselin 1780, S. 631.

12 Vgl. den Bestand Staatskalender (Regimentsbüchlein, Behörden und Beamte) 1699 bis 2011(StABS STA H 52).

13 Vgl. dazu u. a. StABS, Bf 1 A 7–21, Instruction für die under den Thoren hiesiger Stadt bestellte Examinatores, Mandat vom 23.11.1709. StABS, Bf 1 A 14–42, Ordnung und Eyd wie auch Competenz eines Spitalmeisters, Mandat vom 09.10.1780.

14 Vgl. den Bestand Verzeichnis von Grenzkarten, Abschriften von Grenzbeschreibungen und Grenzverträgen (1 Band), Grenze gegen Riehen 18. Jahrhundert(StABS, Grenzen A 2.).

15 Vgl. den Bestand Tabellen der Geburts- und der Sterbefälle 1757–1866(StABS, Kirchenarchiv H 3).

16 Gschwind 1977.

17 StABS, Protokolle, Kleiner Rat, 143, S. 405 f.

18 Vgl. den Bestand Tabelle Ao 1779: Quartier, Häuser, Haushaltungen, Bediente und Hausgenossen, unterteilt in Bürger und Nichtbürger 1779. Verzeichnis der Bewohner des Waisenhauses (Bedienstete, Waisenkinder, Gefangene) 1775–1782(StABS, PA 633c A 3.1.4, fasc. 14).

19 Zur Moralpolitik auf der Landschaft im ausgehenden 18. Jahrhundert vgl. Simon 1981.

20 StABS, Bf 1 A 11–74, S. 3, Mandat vom 27.5.1765.

21 Burghartz 2016a, S. 105. Grundsätzlich dazu: Burghartz 2000b.

22 StABS, Bf 1 A 11–74, S. 3, Mandat vom 27.5.1765.

23 StABS, Bf 1 A 11–74, S. 10, Mandat vom 27.5.1765.

24 Foucault 2006.

25 Mangold 1900.

26 Röthlin 2003.

27 Pfister 1907.

28 Hadorn 1901, S. 219–228. Thurneysen 1895.

29 Vgl. zum Hintergrund Hoffmann 1996.

30 Hebeisen 2002.

31 Vgl. dazu Weidkuhn 1966. Grob 1907. Hebeisen 2004.

32 Beck 1753. Faesch; Miville 1753.

33 Greyerz; Heer 2009.

34 Gantner-Schlee 2005.

35 Hebeisen 2005. Kuhn; Sallmann 2002.

36 Gelzer 2014.

37 Gelzer 2013.

38 (Balthasar) 1758. Titel und Vorwort stammten von Isaak Iselin.

39 Im Hof 1967.

40 Speich 1975, S. 241. Kriemler 2005.

41 Im Hof 1983.

42 Miaskowski 1877.

43 Rickenbacher 2001.

44 Häner 2017, S. 128.

45 Häner 2017, S. 65–78. Leu 1997.

46 Graf 1892.

47 Albrecht Koschorke spricht in diesem Zusammenhang von der «Rückensicherheit», die im Medium des Panoramas entfalle. Vgl. Koschorke 1996, S. 160.

48 Im Hof 1971.

49 Iselin [1779]. Vgl. dazu neben dem Kommentar von Sundar Henny: Stern 1930. Fiechter 2011.

50 Iselin [1779], I, XXIII.

51 Iselin [1779], S. 467.

52 Iselin [1779], II, S. 47.

53 Hölscher 1999, S. 52 f.

54 Iselin 1777. Zur Smith-Rezeption in den Ephemeriden› vgl. Klingenberg 1982, S. 79 f. Zu Iselins wirtschaftspolitischen und -theoretischen Positionen vgl. Weber 2014.

55 Steiner 1921.

56 Zu diesem biografischen Hintergrund vgl. Tomaszewski 2017b.

57 Ochs, Bd. 1, 1786, Einleitung, S. II.

58 Wurstisen 1580.

59 Daniel Bruckner durchlief eine exemplarische Beamtenlaufbahn. Nach seinem Jura­studium begann er als Weinschreiber. Es folgte eine Stelle als Ingrossist, Registrator und schliesslich Ratssubstitut. In ­seiner Registratorenzeit brachte er die Archivalien der Stadt in eine neue Ordnung. Staehelin 1952, S. 65 f.

60 Staehelin 1952.

61 Staehelin 1952, S. 134–146.

Politische ­Neuorientierung und reforma­to­rischer ­Aufbruch (1510–1580)

Den Beginn des 16. Jahrhunderts erlebten die Baslerinnen und Basler als Zeit der Um- und Aufbrüche. Basel trat 1501 der Eidgenossenschaft bei und orientierte sich in den folgenden Jahrzehnten zunehmend in Richtung der neuen Bündnispartner. Gleichzeitig änderte sich das geistige Klima in der Stadt, die Teil einer intellektuell pulsierenden ­Region am Oberrhein war. An der Universität und in den Druckereien, in Briefwechseln und Publikationen versuchten Gelehrte das Verhältnis von Mensch, Gott und Welt neu zu bestimmen. In diesen Kreisen fielen seit den frühen 1520er-Jahren die reformatorischen Ideen von Martin Luther auf fruchtbaren Boden. Diese bewegten bald auch jenseits der Gelehrtenwelt die Gemüter und führten zu politischen und sozialen Spannungen, die 1529 in einem Bildersturm und dem Bekenntnis der Stadt zur Reformation kulminierten. Die ­Folgen dieses Umbruchs prägten Basel bis ans Ende des Jahrhunderts: Neue Frömmigkeits­praktiken bestimmten das religiöse Leben, in der städtischen Politik verschoben sich die Macht­verhältnisse, und das soziale und wirtschaftliche Gefüge wurde neu austariert.

Kontaktzone und Spannungsfeld: Basel zu Beginn der Frühen Neuzeit

Die Stadt Basel war am Beginn der Frühen Neuzeit ein klar umgrenzter und strukturierter Raum. Dies veranschaulicht die rechte Hälfte einer zweiteiligen, grossformatigen, kolorierten Karte, die der berühmte Basler Kosmograf Sebastian Münster (14881552) 1538 anfertigte [1]. Hier wird die «Löblich und wyt berümpt» Stadt Basel als Raum gezeigt, der durch die mittelalterlichen Stadtmauern vom Umland getrennt ist. Innerhalb dieser Mauern ist ein Gewirr von Strassen, Gassen, Plätzen und Gebäuden abgebildet, insbesondere Kirchen und Kloster­gebäude, Stadtpalais, Geschäfte und Handwerkshäuser sind zu erkennen. Der städtische Raum unterscheidet sich gänzlich von der Landschaft ausserhalb der Mauern, die Münster auf der linken Bildhälfte darstellte. Dort dominieren Gewässer, Wiesen und Wälder, Hügelzüge, Rebberge und Ackerland, auf dem Getreideähren stehen.

1 Sebastian Münster, Die Löblich und wyt ­berümpt Stat Basel›, 1538. Die Karte zeigt Basel als befestigte Grenzstadt (rechts) sowie ihre geografische Lage zwischen dem Breisgau, dem Sundgau und den eidgenössischen Gebieten (links).

Trotz der durch die Mauer scheinbar klar markierten Grenze waren Stadt und Umland zugleich eng miteinander verwoben. Dies deutet Münster mit den Personen an, die durch das Riehentor oder via den Rhein die Stadt betreten oder sie verlassen. Tatsächlich waren die Stadt-Land-Beziehungen zu Beginn des 16. Jahrhunderts überaus vielfältig. Ein Teil der Landschaft stand seit dem 15. Jahrhundert unter Basler Herrschaft. Im frühen 16. Jahrhundert kaufte die Stadt nochmals einige kleine Gebiete hinzu. Mit anderen Orten war die Stadt über Burgrechte verbunden, darunter mit jenen Herrschaften, deren Wappen am rechten Bildrand dargestellt sind. Für die Versorgung der Stadt reichten diese Gebiete ­jedoch kaum aus, weshalb Basel auch mit Städten und Orten jenseits des eigenen Herrschaftsgebiets in engem Austausch stand. Die Tore der Stadt öffneten sich, so hatte sich Basel bereits 1501 den Eidgenossen angepriesen, zu den fruchtbaren Gebieten im Sundgau, Oberelsass und Breisgau hin.1 Die Baslerinnen und Basler wussten genau, wie wichtig ihre Stadt als Warenumschlagplatz zwischen der ­Eidgenossenschaft und der oberrheinischen Tiefebene war. Nahrungsmittel, Holz und andere Güter wurden auf den Strassen oder auf dem Rhein nach Basel transportiert und von hier aus weiterverkauft.

Die linke Hälfte der Karte verdeutlicht darüber hinaus, dass Sebastian Münster Basel als Teil eines Netzwerks von Städten und Ortschaften im Sundgau, im Breisgau und in der Eidgenossenschaft verstand, darunter jener Städte und Herrschaften, deren Wappen den linken Bildrand zieren. Wegstränge gewährleisteten die Kommunikation zwischen diesen Orten. Darauf verweist Münster am rechten unteren Bildrand mit dem Massstab, auf dem er neben der Distanz auch die Dauer angab, in der die entsprechenden Strecken zu Fuss zurückgelegt werden konnten. Auf diesem Wegenetz waren zu Beginn des 16. Jahrhunderts Bauern und Kaufleute, Studenten, Gelehrte, Dienstmägde und städtische Boten unterwegs, um Geschäfte zu tätigen, Informationen auszutauschen oder sich für kürzere oder längere Zeit an einem neuen Ort niederzulassen. So war das, was auf Münsters Karte als statisches Netz von Ortschaften erscheint, ein komplexes, dynamisches und sich gerade im frühen 16. Jahrhundert wandelndes Beziehungsgeflecht, innerhalb dessen sich Basel immer wieder neu positionierte und als Stadt konstituierte.

Eine eidgenössische Stadt im Reich

Die Beziehungen Basels waren in den Jahrzehnten, bevor Münster seine Karte anfertigte, ständig in Bewegung gewesen. Eine besonders markante Veränderung ereignete sich im Jahr 1501. Basel trat dem eidgenössischen Bündnisgeflecht bei und wurde in den darauffolgenden Jahren zunehmend zu einer eidgenössischen Stadt. Die Basler Elite vernetzte sich mit den Führungsschichten der übrigen eidgenössischen Orte, indem sie sich gegenseitig besuchten und sich auf der Tag­satzung, dem eidgenössischen Gesandtenkongress, trafen. Kommunikation und Vernetzung dominierten alsbald die aussenpolitische Agenda der Basler Politiker. Mitte des 16. Jahrhunderts führte bereits fast die Hälfte der städtischen Gesandtschaften an die Tagsatzung oder zu bilateralen Verhandlungen mit eidgenössischen Orten.2 Es galt, die Politik bezüglich der Beziehungen zu fremden Mächten abzustimmen und den gegenseitigen Schutz in Streitfällen zu organisieren. Der Basler Rat wandte sich in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts in Konfliktfällen, beispielsweise mit dem benachbarten habsburgischen Rheinfelden oder dem Bischof von Strassburg, mit Beistandsersuchen an die eidgenössischen Orte und testete erfolgreich die Bedeutung der neuen Zugehörigkeit.3 Zudem setzte der Rat eigene Akzente in der gemeineidgenössischen Politik. Aufgrund der exponierten Lage Basels war er besonders daran interessiert, die Beziehungen zwischen der Eidgenossenschaft und den nördlichen Nachbarn zu regeln, und drängte darauf, die unsteten Verhältnisse zum Hause Habsburg zu klären.4 In der Zweiten Erb­einung von 1511, einer Vereinbarung der eidgenössischen Orte mit Maximilian I., wurden die territorialen Verhältnisse in der Region faktisch festgeschrieben. Die Vertragspartner verzichteten fortan auf militärische Auseinandersetzungen sowie auf die Einführung neuer Zollschranken.5

Neben den formellen Treffen auf der Tagsatzung gehörten informelle ­Besuche zur innereidgenössischen Diplomatie, beispielsweise während der Fasnachtszeit, zu Kirchweihen oder anlässlich der Schützenfeste, deren Bedeutung Sebastian Münster auf seiner Karte mit der überdimensionierten Zielscheibe auf der Schützenmatte andeutet. Mit den damit einhergehenden Empfängen und gegenseitigen Geschenken in Form von Wein oder von Wappenscheiben machte die Stadt ihre neuen politischen Beziehungen öffentlich sichtbar. Basler Scheiben wurden in Zyklen integriert, die in den Rats- und Schützenhäusern anderer eidgenössischer Städte hingen. Umgekehrt wurde in Basel bereits kurz nach dem Bündnisbeitritt ein durch alle eidgenössischen Orte finanzierter Bilderzyklus in Auftrag gegeben, der seit 1520 den Saal des Basler Rathauses zierte.6

Trotz der neuen Zugehörigkeit zur Eidgenossenschaft blieb das Heilige Römische Reich ein wichtiger politischer Bezugsrahmen. Noch immer verstand sich Basel als eine Stadt im Reich, und auch der Kaiser betrachtete Basel als dem Reich zuge­hörig. Bis Mitte des 17. Jahrhunderts wurden Basel und seine Bürger vor das Reichskammergericht zitiert, an Reichstage eingeladen und zur Zahlung der sogenannten Türkensteuer angehalten. Auf diese Einladungen und Aufforderungen reagierte der Rat pragmatisch. Weder ging er auf Zahlungsforderungen ein noch kam er den formellen Einladungen mit regulären Gesandtschaften nach, entsandte jedoch dann einen Ratsherrn an den Reichstag, wenn er sich vom Reich als Legitimationsinstanz die Klärung eines eigenen Anliegens versprach. So bemühte sich Basel bis ins Jahr 1563 mit beträchtlichem zeitlichen und finanziellen Aufwand um die Bestätigung der Privilegien als Freie Stadt› durch den Kaiser. Denn darauf – und weniger auf die Zugehörigkeit zur Eidgenossenschaft – gründete sie ihre Befreiung von Pflichten und Diensten für Reich und Kaiser.7

Neue Aussenpolitik und innere Verhältnisse

Mit dem Beitritt zur Eidgenossenschaft richtete der Rat seine Politik auf die ­neuen Bündnispartner aus und brachte sich in deren aussenpolitische Belange ein. Die eidgenössischen Orte waren zu jener Zeit in Europa wichtige militärische Akteure. Vor allem Luzern und Uri versuchten, mit aktiver Expansion ihre Handelsbeziehungen nach Norditalien auszubauen und zu sichern. Auch Basel beteiligte sich an den gemeinsamen militärischen Unternehmungen, die bis 1512 zur Eroberung der Gebiete südlich des Gotthards führten, bevor sie nach der Schlacht von Marignano 1515 weitgehend zum Erliegen kamen. Die neu eroberten Gebiete im heutigen Kanton Tessin wurden fortan von mehreren eidgenössischen Orten gemeinsam verwaltet. Basel übernahm hier ebenfalls Verantwortung, indem es die für den ­eidgenössischen Zusammenhalt wichtige Verwaltung stützte und periodisch den dafür zuständigen Landvogt stellte.8

Auch die Wege der seit den Burgunderkriegen begehrten eidgenössischen Söldner führten über die Alpen. Sie kämpften im frühen 16. Jahrhundert im Dienst des Herzogs von Mailand, des französischen Königs oder des Papstes auf den Schlachtfeldern in Oberitalien.9 Wie in anderen eidgenössischen Orten bot auch in Basel der Solddienst der Stadt und einzelnen Familien eine neue Einkommensquelle. Deren Auswirkungen zeigten sich nicht nur finanziell, sondern auch in der politischen Kultur und im städtischen Alltag. Neue Gewohnheiten und Moden gelangten in die Stadt, etwa die von jungen Männern getragenen weiten Hosen im sogenannten Schweizergelb.10 Könige und Fürsten bezahlten die Stadt für das Recht, auf Basler Territorium Söldner anzuwerben. Bereits 1504, also drei Jahre nach dem Beitritt zur Eidgenossenschaft, hatte die Stadt erstmals solche als Pensionen› bezeichneten Zahlungen erhalten. Sie entwickelten sich kurzzeitig zu einer wichtigen Einnahmequelle für den Basler Staatshaushalt. Insgesamt blieb die Bedeutung der Pensionen, die ohnehin nur unregelmässig gezahlt wurden, allerdings weitaus geringer als für andere eidgenössische Orte.11

Für die neue politische Kultur wichtiger war die Tatsache, dass einzelne Ratsherren persönlich von den Pensionszahlungen profitierten, indem sie sich von Königen und Fürsten für die Vermittlung von Soldallianzen oder die Rekrutierung von Söldnern vergüten liessen. Die Basler Pensionenherren›, die teilweise als eine Art Militärunternehmer agierten, stiegen dank des fremden Geldes zur neuen Machtelite auf.12 Jakob Meyer zum Hasen (1482–1531) organisierte seinen Aufstieg in den Zünften und in der städtischen Politik, der ihn als ersten Zunftherrn ins Amt des Bürgermeisters führte, parallel zu seiner militärischen Karriere als ­Solddienstoffizier, als der er nach allen Seiten als Vermittler von Söldnern aktiv war. Jakob Meyer verkörpert damit den Prototyp eines neuen Karrieremodells – allerdings auch die damit verbundenen Kontroversen und Gefahren. Denn die Annahme privater Pensionen und generell der Solddienst waren umstritten. Kritik daran wurde immer wieder öffentlich artikuliert, etwa vom Autor und Drucker Pamphilus Gengenbach (1480–1524/25) in seinen Fasnachtsspielen.13 Im Jahr 1512 verbot der Basler Rat, wie zuvor bereits die eidgenössische Tagsatzung, die Annahme privater Pensionen. Dennoch flossen die Gelder insbesondere vor Bündnisverhandlungen weiter. Die städtische Machtelite teilte sich in Gegner und Befürworter, Gewinner und Verlierer des Geschäfts mit den Pensionen sowie in Klienten unterschiedlicher fremder Mächte. So kam es nicht überraschend, dass im Jahr 1521 im Vorfeld von Bündnisverhandlungen zwischen dem französischen König und den Eidgenossen der Konflikt um Annahme und Verteilung der Pensionen in einen Machtkampf mündete, der mit der Absetzung Jakob Meyers und anderer Ratsmitglieder endete.14 Die Kritik an Solddienst, Pensionenwesen und den Bündnissen mit fremden Mächten hinderte die Stadt jedoch nicht daran, im selben Jahr gemeinsam mit den übrigen eidgenössischen Orten – ausser Zürich – ein Sold- und Verteidigungsbündnis mit dem französischen König abzuschliessen. Dieses wurde bis Ende des 18. Jahrhunderts mehrmals erneuert und bildete während der gesamten Frühen Neuzeit eine wichtige Klammer der eidgenössischen Bündnispolitik.

2 Urs Graf, Vom Teufel gefangener Landsknecht, 1516. In seinen ­Zeichnungen kommentierte der aus ­Solothurn stammende Basler Maler Urs Graf ironisch das von den Zeitgenossen ­heftig diskutierte Söldner­wesen. Graf nahm selbst an mehreren Kriegszügen teil. Hier führt der mit ­einem Schweizerdolch ausgestattete Teufel einen alten, aufgeputzten deutschen Landsknecht am Narrenseil.

Europäisches Finanzzentrum und regionaler Marktort

Die Gelder, die dank dem Solddienst nach Basel flossen, nutzten geschäftstüch­tige Basler Ratsherren, um ihre eigenen Wirtschaftsaktivitäten und damit Basels Position im europäischen Wirtschaftsgefüge neu auszutarieren. Basel lag wirtschaftlich günstig an einem Kreuzungspunkt europäischer Verkehrs- und Handelswege, die mit Norditalien und den Niederlanden zwei wichtige europäische Handels- und Kulturzentren verbanden.15 Dennoch waren nur zwei Basler Wirtschaftszweige auf einen europäischen Markt ausgerichtet. Dies war zum einen der Buchdruck, der in Basel zur Zeit des Konzils (1431–1449) und damit im europäischen Vergleich sehr früh etabliert worden war. Im frühen 16. Jahrhundert produzierten die Druckwerkstätten für den europäischen Markt, auf dem Basel mit anderen Zentren des Buchdrucks wie Augsburg und Strassburg konkurrierte.16 Zum anderen begründete der Rat mithilfe der fremden Pensionen den Stadtwechsel, der sich unter obrigkeitlicher Kontrolle um Geldwechsel kümmerte. Er lässt sich bereits im späten 15. Jahrhundert nachweisen, wurde jedoch erst 1504 durch einen Vertrag mit ­einem obrigkeitlich bewilligten Wechsler zu einer quasi-staatlichen Institution. Dessen Stellung sicherte der Rat dadurch, dass er zugleich den Stadtbürgern private Wechseltätigkeiten verbot. Der Stadtwechsel war in der Geldaufbewahrung, der Kreditvergabe und anderen Finanzgeschäften tätig. Da er die einzige Institution dieser Art in der Eidgenossenschaft war, besass er beinahe ein Monopol auf den Geldverleih an die eidgenössischen Orte. Darüber hinaus gehörten bis ins 17. Jahrhundert Kaufleute, Händler, Klöster und Städte aus der weiteren Region, aber auch der Markgraf von Baden, der Kaiser und der französische König zu den Kredit­nehmern des Stadtwechsels.17

Während sich Basel durch diese Aktivitäten auf dem europäischen Finanzmarkt als wichtiges Zentrum positionierte, beschränkte sich die Basler Wirtschaft in anderen Bereichen vorwiegend auf das nähere Umland. Wohl hatte sich im 15. Jahrhundert eine Elite von Kaufleuten herausgebildet, die über Kredit- und Handelsbeziehungen sowie Beteiligungen beispielsweise an Bergwerken über­regional agierten. Am Beginn des 16. Jahrhunderts gaben jedoch in der städtischen Politik zunehmend die Handwerkerzünfte den Ton an, schränkten den Wirkungskreis der Kaufleute ein und bevorteilten mit der Gewerbeordnung von 1526 die Handwerker, die für einen lokalen und regionalen Markt produzierten.18

So blieben vor allem die wirtschaftlichen Beziehungen mit der Region am Oberrhein eng. Dies galt insbesondere für den Handel mit Gütern des täglichen Bedarfs. Denn Basel war vom Import von Getreide, Wein und anderen Lebensmitteln aus den fruchtbaren Gebieten der oberrheinischen Tiefebene abhängig, und auch für die übrigen eidgenössischen Orte war insbesondere der Sundgau, wie bereits zeitgenössischen Chronisten auffiel, die Kornkammer›.19 Als Marktort, dessen Einzugsgebiet bis nach Freiburg und Colmar reichte, war Basel folglich ein wichtiger Umschlagplatz für Waren und Güter, auf den die eidgenössischen Orte ebenso angewiesen waren wie die Bauern aus dem Sundgau. Wegen der wirtschaftlichen Verflechtungen mit dem Oberrhein blieb Basel auch nach dem Beitritt zur Eidgenossenschaft vorerst Mitglied des Rappenmünzbundes›. Dieser war im 14. Jahrhundert zur Vereinheitlichung der Münzen am Oberrhein gegründet worden, diente im frühen 16. Jahrhundert jedoch vor allem als Forum zur Regulierung des oberdeutschen Handels. Erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ging die Stadt dazu über, in wirtschaftlichen Fragen oder bei Handelskonflikten die Zugehörigkeit zur Eidgenossenschaft über jene zum Rappenmünzbund zu stellen.20

3 Hans Holbein d. J., Doppelporträt von ­Jakob Meyer zum Hasen und Dorothea Kannen­giesser, 1516. Das Doppelporträt des Ehepaars Meyer-Kannengiesser ist eines der ersten Bilder, das Hans Holbein d. J. in Basel schuf. Es ­entstand 1516 anlässlich der Wahl Meyers zum Basler Bürgermeister. Meyer war der ­erste ­Bürgermeister, der nicht aus dem Adel stammte, sondern aus einer Zunft kam.

Kirchlicher Zentralort in einer sakralen Landschaft

Neben den politischen und wirtschaftlichen Beziehungen befand sich im frühen 16. Jahrhundert auch die kirchliche Verflechtung Basels mit dem Umland im Wandel. Der Basler Münsterhügel war – trotz zunehmender Spannungen zwischen Rat und Bischof – noch immer Sitz wichtiger bischöflicher Institutionen. Der Bischof besorgte gemeinsam mit dem Domkapitel die kirchliche Administration in seinem Bistum, das westlich und südlich des Rheins lag und insbesondere das Oberelsass sowie Teile der Eidgenossenschaft umfasste. Hinzu kamen Gebiete im Jura, Birs­eck und Laufental, über welche der Bischof als Fürst die weltliche Herrschaft ­ausübte. Auch die Stadt gehörte formell zu seinem Herrschaftsgebiet. Bereits im 15. Jahrhundert hatte sich die Bürgerschaft allerdings von der bischöflichen Gewalt zu lösen begonnen, was zur Folge hatte, dass die Basler Bischöfe sich immer öfter ausserhalb der Stadt aufhielten. Christoph von Utenheim (ca. 1450–1527), Fürstbischof von 1502 bis 1527, residierte faktisch schon nicht mehr in Basel, sondern in Pruntrut, wo die Bischöfe seit dem 14. Jahrhundert ein befestigtes Schloss besassen. 1521 sagte sich der städtische Rat schliesslich vom Bischof als Stadtherrn los, verweigerte ihm den Eid und bestritt die bischöfliche Teilnahme an den Ratswahlen, die er vom Münsterplatz, dem Machtzentrum des Bischofs, auf den ­Petersplatz verlegte.21 Nach von Utenheims Tod 1527 wurde mit Philipp von Gundelsheim (1487–1553) letztmals ein Bischof im Münster in sein Amt eingesetzt, bevor er den Bischofssitz noch im selben Jahr nach Pruntrut verlegte.

Wie Bischof und Domkapitel waren die Klöster, die noch Sebastian Münster auf seiner Stadtkarte prominent markierte und beschriftete, einerseits wichtige Bezugspunkte im städtischen Raum, andererseits Teil regionaler Netzwerke. Die Mönche und Nonnen stammten vorwiegend aus elsässischen oder markgräflichen Adelsfamilien und waren in entsprechende verwandtschaftliche Beziehungs­geflechte eingebunden. Zudem verfügten zahlreiche Klöster über Besitzungen und Nutzungsrechte im Elsass und in Südbaden. In der alltäglichen Religiosität, wie sie in den Kirchen und Kapellen in der Stadt und auf der Landschaft gepflegt wurde, versuchte der Rat hingegen neue Formen zu etablieren, die eher Richtung Eidgenossenschaft wiesen. Deren Orte ­hatten innerhalb der christlichen Universalkirche eine Sonderkultur mit eigenen Heiligenkulten und Frömmigkeitspraktiken herausgebildet. Basel fügte sich allmählich in diese Sonderkultur ein. Bereits kurz nach dem Bündnisschluss von 1501 hatte die Stadt vom päpstlichen Gesandten das Privileg erwirkt, mit «zertanen» (ausgebreiteten) Armen zu beten und so eine spezifisch eidgenössische Gebetsform zu pflegen. In der Folge wurde auch der Gottesdienst an die neuen Verhältnisse angepasst. Die Basler Messbücher wurden so umgeschrieben, dass die Baslerinnen und Basler fortan in den Fürbitten nicht nur für die Stadt und deren Obrigkeit, sondern auch für den «gantz verein der eidtgnosschafft» beteten.22 Jenseits der Stadtmauern sorgten religiöse Umgänge und kleinere Stiftungen für die Sichtbarkeit der neuen religiösen Verhältnisse. Neben dem Wallfahrtsort im nahe gelegenen Mariastein waren insbesondere Kloster und Wallfahrtskirche von Einsiedeln – das wichtigste kultische Zentrum der Eidgenossenschaft – ein nun vom Rat offiziell gepflegter religiöser Bezugspunkt. 1517 finanzierte der Rat die Anschaffung einer mit dem Basler Wappen versehenen Kerze, die fortan hochsymbolisch neben den Kerzen der übrigen eidgenössischen Orte in der Wallfahrtskapelle stand.23

Knotenpunkt humanistischer Netzwerke

Weder die militärischen Erfolge noch der Stadtwechsel, weder der Bischof noch die Klöster waren jedoch der entscheidende Grund, warum Sebastian Münster in Basel eine «wyt berümpt[e]» Stadt sah. Ihr Ruf war vor allem auf die Humanisten zurückzuführen, die im frühen 16. Jahrhundert in der Stadt verkehrten oder sich dauerhaft hier aufhielten. Zu diesen Humanisten gehörten Theologen wie der ­ursprünglich aus dem Elsass stammende Münsterpfarrer Wolfgang Capito (1478–1541) oder der spätere Reformator Johannes Oekolampad (1482–1531), der Jurist Bonifacius Amerbach (1495–1562), der Philologe Beatus Rhenanus (1485–1547), der zwischen seiner Geburtsstadt Schlettstadt, Strassburg und Basel hin und her reiste, der Universalgelehrte Glarean (1488–1563) und nicht zuletzt Sebastian Münster selbst. Ihre Kontakte erstreckten sich über ganz Europa, von Paris über Wien bis nach Prag und Krakau. Besonders engmaschig war ihr Netzwerk am Oberrhein, wo sich zwischen Basel und Freiburg, zwischen Schlettstadt, Heidelberg und anderen Städten eine Region entwickelte, die zu jener Zeit in der europäischen Gelehrtenwelt für zahlreiche Impulse sorgte.24

Basel war ein wichtiger Knotenpunkt in dieser intellektuell pulsierenden Region. Hier fanden einige der Gelehrten, so auch Münster, eine Anstellung an der Universität, die allerdings, verglichen mit den Universitäten im Reich, nur über wenige Professuren verfügte. Obwohl sie die einzige Universität in der Eidgenossenschaft war, war der Basler Rat mit seinen Versuchen gescheitert, sie als eidgenössische Landesuniversität› zu etablieren – die eidgenössische Elite schickte ihre Söhne weiterhin an angesehenere deutsche oder italienische Universitäten.25 Im frühen 16. Jahrhundert nahmen die Immatrikulationen ab und die Universität verlor an Renommee.26

Wichtiger für Basels Ruf als europaweit bedeutender Wissensstandort ­waren die Druckwerkstätten. Hier konnten die Gelehrten ihre Unternehmungen vorantreiben, und hier fanden sie als Lektoren oder Korrektoren ein, wenngleich häufig bescheidenes, Auskommen. Im frühen 16. Jahrhundert gab es in der Stadt rund siebzig Drucker, auch im Vergleich mit anderen europäischen Buchdruckstädten eine ausgesprochen hohe Zahl.27 Die Druckereien waren von unterschiedlicher Grösse und hatten ein je anders akzentuiertes Verlagsprogramm. Pamphilus Gengenbach beispielsweise druckte in seiner Werkstatt an der Freien Strasse ­neben seinen eigenen Werken vorwiegend Einblattdrucke in deutscher Sprache, die häufig aktuelle politische Fragen aufnahmen und sich an ein städtisches Publikum richteten. Auf der anderen Seite des Spektrums positionierte sich Johannes Froben (14601527). Er setzte bereits seit den 1510er-Jahren auf ein breites humanistisches Programm mit Bibelausgaben, antiken Texten und wissenschaftlichen ­Editionen auf Latein, Griechisch und Hebräisch, die für einen europäischen Markt bestimmt waren.28

Frobens Werkstatt im Haus zum Sessel› am Totengässlein war für die gute Qualität ihrer Drucke europaweit bekannt. Davon angelockt, kam erstmals 1514 Erasmus von Rotterdam (14661536), der bedeutendste Humanist nördlich der Alpen, nach Basel. Nach zwei längeren Aufenthalten liess er sich 1521 endgültig hier nieder. Bei Froben liess er in der Folge zahlreiche seiner Bücher drucken, ­darunter das Novum Instrumentum(1516), das erste Neue Testament in griechischer und lateinischer Sprache, das weit über die Stadtmauern hinaus zu einem Grundstein und Katalysator der reformatorischen Bewegung wurde [4]. Nach diesem publizistischen Erfolg trieben Erasmus, Johannes Froben und dessen Sohn Hieronymus (1501–1563) ihre Karrieren gemeinsam voran, wobei Drucker und Autor voneinander profitierten: Erasmus verfasste europaweit gefragte Texte und nutzte sein umfangreiches Korrespondentennetz, um Froben Manuskripte anderer Humanisten zu vermitteln. Froben seinerseits hatte neben der Infrastruktur – in seiner Druckerei waren rund dreissig Arbeiter tätig, die vier bis sechs Druckpressen bedienten29 – und seiner Erfahrung in der Druckkunst gut organisierte Handelsstrukturen und Partnerschaften mit Buchhändlern in den wichtigsten Städten des europäischen Buchmarktes zu bieten. In Köln beispielsweise verkauften Franz und Arnold Birckmann die bei Froben gedruckten Bücher, und in Paris sowie im Écu de Bâle› in Lyon unterhielt Johann Schabler – er war seit 1495 auch Basler Bürger – Buchläden, in denen er Werke aus der Produktion Frobens und anderer Basler Drucker vertrieb.30

4 Anfang des Matthäusevangeliums im Novum Instrumentum omne›,
1516. 1516 druckte Johannes Froben das von Erasmus herausgegebene und übersetzte Novum Instrumentum omneund setzte damit einen Meilenstein in der europäischen Kultur- und Geistesgeschichte. Es handelte sich um den ersten Druck des Neuen Testaments in griechischer Sprache. In die rechte Spalte liess Erasmus eine von ihm selbst angefertigte lateinische Übersetzung setzen.

Um Froben und Erasmus bildete sich in Basel ein eng verbundener Kreis von docti, wie die humanistischen Gelehrten genannt wurden.31 Dessen Mitglieder vereinten verschiedene Kenntnisse und teilten das gemeinsame Anliegen, die ­kanonisierten theologischen Texte der Kirchenväter neu zu übersetzen und zu kommentieren. Dazu gehörten neben den bereits genannten, in Basel tätigen Theologen und Philologen auch Studenten und reisende Gelehrte, die sich nur einige Monate in der Stadt aufhielten.32 Hinzu kamen Künstler wie Urs Graf (1485–1529), Conrad Schnitt (1495/1500–1541), Daniel Schwegler (ca. 1480–1546) und insbesondere der schon zu seiner Zeit berühmte Hans Holbein d. J. (1497/98–1543), deren Skizzen und Zeichnungen, von Formschneidern zu Holz- oder Metallschnitten verarbeitet, Titelblätter, Buchseiten oder Flugblätter illustrierten. ­Holbein arbeitete für mindestens sieben Basler Drucker, darunter Adam Petri (1454–1527), Froben und Thomas Wolff (ca. 1485–1535), für die er wie kein anderer Künstler seiner Zeit Bibelausgaben illustrierte.33 Die Elite der Stadt verschaffte den Künstlern auch Aufträge ausserhalb der Buchillustration. Einige liessen aufwendige Porträtgemälde anfertigen oder ihre Fassaden und Innenräume bemalen, andere, wie die Familie der Zscheckenbürlin, bestellten religiöse Gemälde, die sie als Ausweis ihrer Frömmigkeit in Klöster und Kirchen stifteten [5].34

Die Basler docti pflegten brieflichen Kontakt mit Humanisten in ganz Europa, um Informationen und Güter auszutauschen, das gemeinsam generierte ­Wissen zu vermitteln und zu erweitern, oder auch bloss um ihre Beziehungen zu pflegen und sich gegenseitig der Zugehörigkeit zur europäischen Gelehrtenwelt zu versichern. Einige Gelehrte und Künstler reisten umher und liessen sich je nach Auftragslage und Karriereaussichten an verschiedenen Orten nieder. Holbein beispielsweise, seit 1520 Basler Bürger, übernahm Auftragsarbeiten, die ihn mehrmals und für längere Zeit nach Luzern, Frankreich und England führten. 1532 trat er in den Dienst des englischen Königs und verliess Basel endgültig – trotz der Bemühungen des Rates, der Holbein mit einer ihm zugesprochenen Pension dauerhaft in der Stadt zu halten versuchte.35 Die Aussicht auf eine Karriere in der Adels- und Fürstengesellschaft erschien ihm verlockender als die dauerhafte Tätigkeit in Basel, zumal hier in der Zwischenzeit mit der Kirche eine wichtige Auftraggeberin weggefallen war.

Die Stadt als Konfliktraum: Die Reforma­tion und ihre Folgen

Basels Plätze, Gassen und Kirchen waren am 9. Februar 1529 Schauplatz eines Ereignisses, das bereits die Zeitgenossen als Fanal erlebten. Kurz nach der Mittagszeit, so schrieben die Chronisten, zogen rund dreihundert vorwiegend junge Männer vom Markt her in Richtung des Münsters, des geistlichen Zentrums der Stadt. Hier angekommen, stürmte die aufgebrachte Menge in den Kirchenraum. Die Männer rissen alle Bilder, Altäre und andere Dinge, die bislang als heilig verehrt worden waren, von den Wänden und trugen oder schleiften sie auf den Münsterplatz, um sie als Götzen› zu verbrennen. Besonders drastisch gingen sie mit dem grossen Kruzifix um, das auf dem Lettner stand. Sie zerrten es herunter, verspotteten es als «armen Judas» und machten sich über die Vorstellung lustig, über die Bilder den Heiligen und schliesslich Gott begegnen zu können. «Bistu Gott, so wer dich, bistu aber Mensch, so bluot», zitierte ein Basler Kartäusermönch in seinen Aufzeichnungen die Schmähungen.36 Nachdem die aufgebrachte Menge auch das Kreuz auf dem Kornmarkt in ein loderndes Feuer geworfen hatte, zog sie weiter zu den übrigen Grossbasler Kirchen, um auch in St. Ulrich, St. Alban und St. Peter die Bilder zu zerstören und sie für immer aus den Kirchen zu entfernen.37

Bereits zeitgenössischen Beobachtern war bewusst, dass dieses als Bildersturm› bezeichnete Ereignis, verglichen mit ähnlichen Vorkommnissen in anderen Städten, in Basel von besonderer Heftigkeit war. Sie äusserten sich in Briefen und Aufzeichnungen begeistert über die Entschlossenheit der daran beteiligten Bürger oder, so etwa Erasmus von Rotterdam, schockiert über deren Zerstörungswut.38 Der Bildersturm markiert denn auch eine Zäsur in der Geschichte der Stadt. Er bedeutete nicht bloss das Ende einer Heiligenverehrung, die in den nun weit­gehend vernichteten Bildwerken ihren Ausdruck gefunden hatte, sondern auch den Durchbruch einer neuen Frömmigkeitsvorstellung und einer neuen Lehre. Seit den frühen 1520er-Jahren hatten reformatorische Ideen in der Stadt immer grössere Resonanz gefunden, ja es war eine reformatorische Bewegung entstanden, in welcher die religiösen Verhältnisse heftig kritisiert und die überlieferten Frömmigkeitspraktiken abgelehnt wurden. Unter dem Druck der im Bildersturm geeinten Menge stellte sich nun auch der Basler Rat auf die Seite der Reformation.

Sieht man den Bildersturm als dramatischen Endpunkt eines sich bereits Jahre zuvor anbahnenden Umbruchs, gerät leicht ausser Acht, dass das, was wir heute als Reformation kennen, ein komplexes und von den Zeitgenossen häufig schwer zu erfassendes Geschehen war. Die Zeit vom Beginn der reformatorischen Bewegung bis zum Bildersturm, die in Basel länger dauerte als in anderen Städten, war geprägt von Widersprüchlichkeiten und Unklarheiten, von religiösen, sozialen und politischen Dynamiken und einer Vielzahl kleiner Ereignisse, die sich erst in der Rückschau als ein zusammenhängender Vorgang betrachten lassen, der die Stadt nachhaltig veränderte.

6 Anonym, Statue des heiligen Laurentius, um 1480. Die Kratz- und Stichspuren im Gesicht des heiligen Laurentius, dessen Statue bis in die Reformationszeit in der Kapelle auf dem Andreasplatz stand, zeugen von den Attacken der Bilderstürmer.

Druckschriften und Flugblätter, Predigten und Provokationen

Am 31. Oktober 1517 veröffentlichte in Wittenberg, Hunderte von Kilometern von Basel entfernt, der Augustinermönch Martin Luther (1483–1546) 95 Thesen, in welchen er die von der Kirche geschürte Angst vor dem Fegefeuer und den Ablasshandel kritisierte. Wenig deutete vorerst darauf hin, dass dieses Ereignis auch für die Geschichte Basels Bedeutung erlangen sollte. Zunächst interessierten sich europaweit nur Gelehrte für Luthers inhaltliche Positionen und theologische ­Argumente. Auch Basler Gelehrte und Drucker, die Teil der humanistischen Briefnetzwerke waren, beteiligten sich an dieser Diskussion. Luthers Schriften stiessen dabei meist auf positive Resonanz, auch weil sie dem humanistischen Anliegen, die antiken Quellen, darunter die Bibel, als Originale zu lesen und zu interpretieren, zu entsprechen schienen. Verschiedene Basler Geistliche traten in der Folge in Briefkontakt mit Luther. Namentlich Konrad Pellikan (1478–1556), der Guardian des Franziskanerklosters, und der Münsterpfarrer Wolfgang Capito nahmen Luthers theologische und intellektuelle Herausforderung an, die Bibel ins Zentrum des Glaubens zu stellen und darauf basierend eine neue Rechtfertigungslehre zu etablieren.

Die Basler Drucker hingegen erkannten in Luthers Schriften auch wirtschaftliches Potenzial. Adam Petri, der eine der bedeutendsten Druckwerkstätten in der Stadt betrieb, druckte bereits 1517 Luthers Thesen,39 und durch die Vermittlung eines Leipziger Buchhändlers erschien im Oktober 1518 in der Werkstatt seines Konkurrenten Johannes Froben eine Sammelausgabe von Luthers Schriften. Münsterpfarrer Capito unterstützte Froben beim Druck, verfasste das Vorwort und erläuternde Randglossen, in denen er so weit ging, Luther als Propheten zu bezeichnen.40 Da es sich dabei um die erste Zusammenstellung der Texte in diesem Umfang handelte, wurde diese Sammelausgabe weit über Basel hinaus verkauft und rezipiert. Sie beförderte Luthers Bekanntheit und bescherte Froben den ­erhofften finanziellen Erfolg. Dennoch verzichtete er unter dem Einfluss seines wichtigsten Autors Erasmus, der sich nach anfänglichen Sympathien gegen Luther stellte, in der Folge auf den Druck weiterer reformatorischer Schriften. Andere Basler Druckereien hingegen, insbesondere jene von Adam Petri und Andreas ­Cratander (ca. 1490–1540), belieferten nicht nur den deutschsprachigen Raum, sondern auch Italien, Frankreich, Spanien und England. Zwischen 1517 und 1529 war Basel nach Augsburg, Leipzig und Wittenberg der wichtigste Druckort für die Texte des Wittenberger Reformators. Zugleich war Luther nach Erasmus jener ­Autor, von dem in Basel in jenem Zeitraum die meisten Werke erschienen.41 So hatte Basel Anteil daran, dass Luther und sein reformatorisches Anliegen zum Medienereignis wurden.

Auch in der Stadt selbst gewann die Diskussion, an der sich nun vermehrt Basler Geistliche und Gelehrte beteiligten, immer grössere Bedeutung. Sie interpretierten Luthers Schriften in ihren Briefen, verfassten eigene Traktate und griffen die neue Lehre in ihren Vorlesungen auf. Zugleich richteten sich Gelehrte und Drucker an die städtische Bevölkerung. Ein wichtiges Medium hierfür waren Einblattdrucke, die als Flugblätter die Runde machten und, häufig anonym, gegen den Papst und die Klöster polemisierten. Im Gegensatz zu den theologischen Traktaten, die in den Gelehrtennetzwerken kursierten, sprachen sie mit ihrer Kombination von Bildern und Text ein leseunkundiges Publikum an und trugen dazu bei, dass in den frühen 1520er-Jahren in der Stadt allmählich eine reformatorisch gesinnte Öffentlichkeit entstand.42

Einen entscheidenden Schub erhielt die Bewegung, als die ersten Geistlichen im reformatorischen Sinn zu predigen begannen. Ab 1522 legten Wolfgang Wissenburg (14961575) und Wilhelm Reublin (ca. 1484–1559) in der Spital- und der St.-Alban-Kirche das Evangelium auf Deutsch aus, stellten die Heilige Schrift und Christus ins Zentrum ihrer Predigten und schimpften gegen kirchliche ­Bräuche und Lehrmeinungen, etwa gegen die Opfermesse und das Fegefeuer.43 Mit gezielten Provokationen schürten sie die Unruhe weiter. Am Palmsonntag des Jahres 1522 trafen sich Reublin und Wissenburg im Schloss Klybeck vor Kleinbasel mit anderen Geistlichen, um mitten in der Fastenzeit ein Spanferkel zu essen und damit gegen ein wichtiges katholisches Gebot zu verstossen.44 Die Provokation sorgte in der Stadt für Aufruhr; in der Folge griffen die neue Gottesdienstform und damit die neue Art der Gnadenvermittlung auf andere Kirchen und auf einige Klöster über, insbesondere auf das Franziskanerkloster. Da die Veränderungen nun die Predigt im Gottesdienst und damit die zentralen Versammlungen der Stadtbevölkerung betrafen, konnten die städtischen Autoritäten, das heisst der Rat und der Bischof, die Zeichen der Zeit nicht mehr übersehen und mussten zu den ­Ereignissen Stellung beziehen.

7 Hans Holbein d. J. / Peter Vischer (zugeschrieben), Predigt von Oekolampad im Münster, 16. Jahrhundert. In Predigten, zu denen Frauen und Männer zahlreich erschienen, wurde die reformatorische Lehre verbreitet. Was die Menschen glauben sollten, erläuterten der Basler Reformator Oekolampad und andere Priester durch die Aus­legung von Bibel­stellen. Diese Interaktion zwischen reformatorisch gesinnten Geistlichen und der ­Gemeinde war für die Reformation ebenso wichtig wie der Druck von ­Büchern, Schriften und Flug­blättern, mit denen gegen die alte Kirche polemisiert und der neue Glaube propagiert wurde.

«Auf zwei Stühlen»-Sitzen als Politik des Basler Rates

Als weltliche und geistliche Obrigkeiten, die um die Vorherrschaft in der Stadt konkurrierten, hatten der Bischof und der Rat unterschiedliche Interessen in Einklang zu bringen: Sie waren für das Seelenheil der Gemeindemitglieder verantwortlich und zugleich um die öffentliche Ordnung in der Stadt besorgt. Als erste Reaktion wies der Rat trotz des Protests der St.-Alban-Gemeinde Wilhelm Reublin aus der Stadt, der als besonders radikaler Agitator galt. Der Bischof seinerseits erliess im Juni 1522 im Einvernehmen mit dem Rat und der Universität ein Mandat, das Predigten gegen katholische Bräuche verbot. Ein Jahr später wiederholte der Rat, nun in alleiniger Kompetenz, dass «zwytracht, zweyungen unnd irrsal» unter den Predigern vermieden werden sollten. So entzog er sich im Gegensatz etwa zur Zürcher Obrigkeit, die sich bereits früh und konsequent hinter Zwingli stellte, einer klaren Positionierung. Denn der Rat war in sich gespalten. Ein Teil seiner Mitglieder, darunter der amtierende Bürgermeister Heinrich Meltinger (vor 1471–1531), lehnte aus religiöser Überzeugung, aber auch aus politischem und wirtschaftlichem Kalkül die neue Lehre ab und wurde darin von mehreren Universitätsprofessoren und insbesondere den vermögenden Kaufmannsfamilien unterstützt. Vor diesem Hintergrund verfolgte der Rat zunächst eine Politik des Ausgleichs und des Abwartens, mit der er den Aufruhr in der Stadt möglichst zu unterbinden versuchte.45

Wissenburg und andere Geistliche hingegen wollten eine Entscheidung ­zugunsten der Reformation herbeiführen. Ein probates Mittel hierfür waren Disputationen, also Streitgespräche zwischen unterschiedlich positionierten Gelehrten, die auf der Grundlage der Heiligen Schrift über den richtigen› Glauben debattierten. In vielen Städten wurde dadurch schon früh der Weg zur Reformation geebnet, und auch in Basel forderten reformatorisch gesinnte Theologen ab 1523 mehrfach zu Disputationen auf, die meist mit einem klaren Ergebnis für die reformatorische Lehre endeten. Dies bewog den Rat jedoch nicht zu einem Entschluss. Stattdessen setzte er auf ein anderes Mittel der Entscheidungsfindung. Er holte schriftliche Gutachten bei Klerikern beider Parteien ein und bat auch Erasmus um eine Einschätzung. Letzterer, als wichtige geistliche Autorität angesehen, stützte die abwartende und ausgleichende Politik des Rates. Erasmus plädierte dafür, zumindest in gewissen Fragen pragmatisch vorzugehen und allen zu erlauben, nach eigenem Gewissen zu wählen. So schien Mitte der 1520er-Jahre, als in anderen Städten längst eine Entscheidung zugunsten der Reformation gefallen war, in Basel noch immer ein Mittelweg möglich, der die Koexistenz verschiedener Lehrmeinungen unter dem Dach derselben Kirche erlaubte.46

Trotz der Unterstützung von Erasmus scheiterte der Rat in seinem Bemühen, die Ruhe in der Stadt wieder herzustellen. Auf dem Markt, in den Zunft­stuben und Wirtshäusern wurde weiterhin über die reformatorische Lehre diskutiert und gegen den altgläubigen Klerus polemisiert, wurden Mönche und andere ­exponierte Anhänger des Papstes und der römischen Kirche verspottet. Hinzu ­kamen zwei weitere für den Rat bedrohliche Entwicklungen. Zum einen hatte die Reformation auf der Basler Landschaft im Zuge des Bauernaufstands im Frühjahr 1525 eine sozialrevolutionäre Richtung angenommen und war etwa mit der Forderung nach Abschaffung des Zehnten gekoppelt worden. Zum anderen gewannen auf der Landschaft wie in der Stadt sogenannte Täufer-Gemeinschaften an Bedeutung, welche die Erwachsenentaufe forderten, den religiösen Wandel radikal auf die ganze Gesellschaft bezogen und einen Bruch mit der weltlichen Obrigkeit herbeizuführen versuchten.47 Der Rat reagierte auf diese Herausforderungen unterschiedlich: Während er die Lehre der Täufer zunächst verhalten, nach 1529 dann vehement bekämpfte, setzte er gegenüber den Bauern erfolgreich auf eine Verhandlungslösung, ohne in politischen Fragen weitreichende Kompromisse zu schliessen.

In kirchlichen Belangen hingegen zeigte er sich bereit, Zugeständnisse zu machen. Er schaffte die Privilegien ab, die den Klerus von den Steuer- und Wachdienstpflichten befreiten. Zudem begann er, angefangen beim Stift St. Leonhard, die Klöster unter die Aufsicht von Pflegern zu stellen und damit unter seine Kontrolle zu bringen.48 Im Grundsatz jedoch wich er nicht von seiner abwartenden Haltung ab. Die reformatorisch gesinnten Prediger, die immer zahlreicher wurden, beklagten diese aus ihrer Sicht mangelnde Konsequenz. Der Rat sass in ihren ­Augen «auf zwei Stühlen» und würde irgendwann «zwischen beide fallen».49

Die Reformation der Geistlichen und der Zunftherren

Zu den Predigern, die entschieden für die Reformation eintraten, gehörte der Theologe Johannes Oekolampad. Ursprünglich aus der Pfalz stammend, war ­Oekolampad erstmals 1516 nach Basel gekommen, um im Auftrag Frobens mit Erasmus an dessen Bibelausgabe, dem Novum Instrumentum›, zu arbeiten. Nach zwischenzeitlicher Tätigkeit als Domprediger in Augsburg und einem Kloster­aufenthalt kehrte er 1522 – nunmehr entschieden reformatorisch gesinnt – in die Stadt zurück. Hier arbeitete er daran, Schriften der Kirchenväter zu kommentieren und herauszugeben, und hielt öffentliche Vorlesungen zu Bibelabschnitten auf Latein und Deutsch, die auch im Bürgertum breiten Anklang fanden. Um­fassendere Möglichkeiten boten sich ihm, als er 1525 zum Leutpriester der ­Martinskirche ernannt wurde. Als Gemeindepfarrer und Prediger war er nun an einer wichtigen Scharnierstelle, denn er organisierte seine Gemeinde nach innen und verteidigte die neue Lehre bei Bedarf gegen Angriffe von aussen. Sogleich ­begann Oekolampad den Wortgottesdienst im reformatorischen Sinne zu halten und liturgische Reformen umzusetzen. 1528 heiratete er Wibrandis Rosenblatt (1504–1564). Mit ihr konnte er persönlich das Idealbild der neuen Pfarrfamilie verkörpern [8 | 9].50

8 Hans Asper, Johannes Oekolampad, 1550. Der Theologieprofessor und ­Prediger Johannes Oekolampad wurde zur Führungsfigur der ­Basler Reformation. Hans Asper stellte ihn mit der Bibel als dem zentralen Leitbild des neuen Glaubens dar.

9 Anonym, Medaillon der Wibrandis Rosenblatt, 16. Jahrhundert. Die junge Witwe ­Wibrandis Rosenblatt heiratete 1528 Johannes Oekolampad. Mit dieser Priesterehe setzten die beiden ein Zeichen für die Reformation. Nach Oekolampads frühem Tod zog Rosenblatt nach Strassburg und heiratete 1531 ­Wolfgang Capito und, nachdem auch dieser verstorben war, 1542 Martin Bucer. Als Frau dreier bedeutender Stadtreformatoren wurde Rosenblatt zum Inbegriff der neuen evangelischen Pfarrfrau.

Obwohl Oekolampad in Basel nur einer von mehreren Predigern war, die auf eine Kirchenreform drängten, wurde er alsbald als bedeutendster Theologe der Stadt wahrgenommen. Er war in humanistische Kreise ebenso gut eingebunden wie in reformatorische Briefnetzwerke.51 In theologischen Traktaten und Exegesen vertrat er eine eigene Theologie, die sich auch von jener Zwinglis unterschied. Während der Zürcher Reformator die Verbindung von geistlichen und weltlichen Institutionen vorantrieb, betonte Oekolampad die unterschiedlichen Rollen von Kirche und Rat im städtischen Gemeinwesen und insbesondere die Eigenständigkeit des Kirchenrats bei sittlich-moralischen Fragen.52 Dass Oekolampad in der Eidgenossenschaft wie auch im süddeutschen Raum als theologische Autorität galt, zeigte sich 1526, als er nach der Absage Zwinglis als Gegenspieler des katholischen Theologen Johannes Eck bei der Disputation in Baden auftrat, die in der Religionsfrage auf eidgenössischer Ebene eine Entscheidung bringen sollte – aber nicht brachte.

In Basel selbst erhielt die Reformation durch Oekolampads entschiedenes Eintreten eine neue Dynamik. In wiederholten Eingaben an den Rat plädierte er vor allem für die Abschaffung der Messe und die Einführung einer neuen, reformatorischen Gottesdienstordnung. Dass dies ganz im Sinne der Zuhörerinnen und Zuhörer seiner Predigten war, zeigte sich im April 1526, als die Gemeinde anlässlich einer Predigt zu den Psalmen im Gottesdienst zu singen begann – eine gezielte Provokation, war doch der Kirchengesang in der etablierten Messordnung dem Chor vorbehalten. Der Rat reagierte zunächst mit einem Verbot, erntete dafür aber heftige Proteste und beschloss schliesslich – seiner ausgleichenden, aber auch ausweichenden Linie folgend –, den Gemeindegesang in bestimmten Kirchen zu erlauben.53 Damit sollte verschiedenen Lehren innerhalb des städtischen Raums eine Koexistenz ermöglicht werden.

Weil sich der Rat nicht dazu entscheiden konnte, die Reformation von oben› zu verordnen, setzten Oekolampad und seine Weggefährten zunehmend auf die Zünfte. Die Reformation wurde endgültig zu einer Bewegung, die von den Bürgern und Bürgerinnen getragen wurde und dadurch die soziale Ordnung in der Stadt bedrohte. Denn die Zünfte verbanden die religiösen mit wirtschaftlichen und politischen Forderungen, die sich gegen die privilegierten Kaufleute richteten. Bereits zu Beginn des Jahres 1525 wandten sich Bürger der Zunft zu Webern, die eher wenig vermögend waren, der Reformation zu und brachten dies symbolisch zum Ausdruck, indem sie die von ihrer Zunft versorgte Ampel im Münster wegräumten und so mit einer Pflicht brachen, die den Zünften bei ihrer Gründung vom Bischof auferlegt worden war. Im Mai desselben Jahres kam es in der Steinenvorstadt, wo zahlreiche Weber lebten, zu Unruhen, die sich sowohl gegen die Klöster und die Privilegien des Klerus richteten als auch gegen die handeltreibenden Herrenzünfte, also gegen die geistliche und die politische Elite.54

Besonders brisant wurde die Lage, weil die politisch-sozialen und die religiösen Frontlinien sich deckten, also zwischen den reformatorisch gesinnten Handwerkerzünften und den Herrenzünften verliefen, die dem Bischof und der Universität nahestanden. Der Rat versuchte die Situation mit einer neuen Gewerbeordnung zu entschärfen, welche die Stellung einzelner Handwerkerzünfte gegenüber den handeltreibenden Kaufleuten verbesserte. Dennoch griff im Oktober 1527 die Bewegung auch auf andere Handwerkerzünfte über. Deren Angehörige fanden sich in der Augustinerkirche zusammen, dem traditionellen Versammlungsort des Grossen Rates, und bildeten Ausschüsse, die dem Rat als Verhandlungspartner gegenübertraten. Damit untergruben die Zünfte die bestehenden politischen Regelungen und Strukturen. Bald entfernten Angehörige der Spinnwetternzunft in der Martins- und der Augustinerkirche erste Bilder. Ausserdem folgten weitere Eingaben an den Rat. Darin forderten die Zünfte nicht nur die Abschaffung der Messe und die freie Verkündigung des Evangeliums, sondern akzentuierten auch ihre politischen Anliegen. Dem alten Glauben nahestehende Ratsmitglieder sollten abgesetzt, der Kleine Rat fortan vom Grossen Rat und die Vertreter der Zünfte im Rat nicht mehr bloss vom jeweiligen Vorstand, sondern von sämtlichen Zunftmitgliedern, also den Bürgern der Stadt, gewählt werden. Auf diese einschneidenden Forderungen, das politische System der Stadt demokratischer› zu gestalten, ging der Rat nicht ein. Die Lage spitzte sich weiter zu. Beide Seiten bewaffneten sich. Der Konflikt drohte in einen innerstädtischen Krieg zu münden.

Unterstützt von den Gesandten der eidgenössischen Orte, die als Vermittler wirkten, suchte der Rat in den Verhandlungen mit den Zünften bis zuletzt nach einem Mittelweg. Noch im Januar 1529 erliess er ein Mandat, das den evangelischen Predigern die Barfüsser-, den katholischen die Predigerkirche für ihre Gottesdienste zuwies. Diese Politik stiess nun jedoch an ihre Grenzen. Die Zünfte besetzten die Zunfthäuser und signalisierten mit bewaffneter Präsenz auf den Strassen und auf dem Marktplatz ihre Gewalt- und Umsturzbereitschaft, die sich schliesslich im Februar 1529 im Bildersturm entlud. Damit brachten die Zünfte den Rat schliesslich zu einem Umschwung – er war gezwungen, die Reformation einzuführen.55

Neue Ordnung und neues Bekenntnis

Dieser Entscheid hatte unmittelbare politische und religiöse Folgen. Der Kleine Rat schloss zwölf seiner Mitglieder aus, die beim alten Glauben geblieben waren, und setzte den altgläubigen Bürgermeister Heinrich Meltinger ab, der die Stadt verliess.56 Damit verschoben sich die Machtverhältnisse nicht nur zugunsten der reformatorischen Partei, sondern auch zugunsten der Handwerkerzünfte. Bald darauf waren die neuen religiösen Verhältnisse in allen Kirchen der Stadt sichtbar. Die Bildwerke, die den Bildersturm insbesondere in den Kleinbasler Kirchen überstanden hatten, wurden – weitgehend geordnet – entfernt, und auch das Münster, die bisherige Bischofskirche, wurde von der reformierten Gemeinde in Besitz genommen. Der Rat liess die Altäre abbauen, die Wandbilder übermalen und verschaffte sich Zugang zu den liturgischen Gegenständen und anderen Schätzen.57 Bereits am 14. Februar 1529 hielt der frühere Weihbischof und Domprädikant Tilman Limperger (ca. 1455–1542) im Münster den ersten reformierten Gottesdienst, in dessen Mittelpunkt nunmehr die Auslegung der Bibel in der Predigt stand.58

In der Folge machte sich der Rat daran, die Reformation abzusichern und damit zugleich die Kontrolle über die Geschehnisse zurückzuerlangen. Das Kernstück dieser Politik war eine Reformationsordnung, die der Grosse Rat am 1. April 1529 verabschiedete. Entworfen hatte sie Oekolampad, der zum Antistes, also zum Oberhaupt der Basler Kirche, gewählt worden war. Darin wurde der Gottesdienst neu geordnet, die Aufsicht über die Pfarrer geregelt und Feiertage wurden abgeschafft. Ausserdem enthielt die Ordnung Bestimmungen zur Sittenzucht, auf die die Reformatoren besonderen Wert legten. Regeln zur Eheschliessung wurden erlassen und Gotteslästerung, die Übertretung von Feiertagen, das Zutrinken sowie das Tragen bestimmter Kleider unter Strafe gestellt.59 Bei diesen Erlassen konnte auf ältere Bestimmungen, insbesondere die später so genannte Alte Reformationsordnung von 1498, zurückgegriffen werden. Die darin enthaltenen Artikel wurden verschärft und deren Durchsetzung nun, selbst wenn sie religiöse Belange betrafen, nicht mehr vom Bischof, sondern vom Rat verantwortet. Dieser verstand sich als christliche Obrigkeit› und somit als zuständig für geistliche sowie weltliche ­Belange. Die Folge war eine enge Verzahnung weltlicher und kirchlicher Strafen. So wurde im Dezember 1530 nach längeren Diskussionen mit den Bannherren ein Gremium geschaffen, das den Kirchenbann bis hin zur Exkommunikation aussprechen konnte. Ein mehrheitlich weltliches Gremium kontrollierte fortan ein kirchliches Sanktionsinstrument, während die Pfarrer eine bloss ausführende Funktion hatten.60 Die Reformation führte also nicht nur zu Veränderungen im Gottesdienst und in den Bedingungen zur Erlangung des Seelenheils, sondern brachte auch eine Stärkung der Machtposition des Rates gegenüber der Kirche und eine intensivere Kontrolle der weltlichen Obrigkeit über den Alltag der Bevölkerung.

Theologisch war die Reformation allerdings noch nicht auf Dauer gestellt. Erst 1534 legte die Basler Bürgerschaft öffentlich das neue Glaubensbekenntnis ab, das den Zunftmitgliedern zuvor vorgelegt worden war. Verfasst hatte es Antistes Oswald Myconius (14881552), der sich seinerseits auf ein Bekenntnis stützte, das sein Vorgänger Oekolampad kurz vor seinem Tod 1531 abgelegt hatte.61 In den zwölf Artikeln waren theologische Positionen festgehalten, die teilweise bereits in der Reformationsordnung von 1529 behandelt worden waren: das Schriftprinzip, die Aufhebung von Zölibat, Heiligenverehrung und der Fastengebote sowie die Bestätigung der Kindstaufe. Damit grenzte die Basler Konfession› die neue Lehre sowohl von der katholischen Frömmigkeit wie von jener der Täufer ab.62 Wichtiger als die in knapper Form formulierten Inhalte war der Bekenntnisakt als solcher, der fortan bis 1826 alljährlich wiederholt wurde. Der öffentliche Vollzug des ­Glaubensaktes demonstrierte die Entschlossenheit und Bedingungslosigkeit, mit welcher die Gläubigen für die Wahrheit des Gotteswortes eintraten.63

Stadt und Region nach der Reformation

Die neuen Verordnungen und Institutionen veränderten die sozialen Verhältnisse rasch und nachhaltig. Alle Männer und Frauen standen nun vor der Wahl, sich zum neuen Glauben zu bekennen oder zu emigrieren. Zahlreiche Universitätsange­hörige und Humanisten, die sich trotz ihrer Kritik an der Kirche der Reformation widersetzten, verliessen die Stadt. Mit Glarean und Erasmus zogen zwei der bedeutendsten Intellektuellen in die nahe gelegene Universitätsstadt Freiburg im Breisgau. Die Kleriker, an deren Spitze nun anstelle des Bischofs der Antistes stand, wurden den Bürgern gleichgestellt. Der Bischof verlor nach den politischen auch seine religiösen Kompetenzen in der Stadt – ihm blieb einzig als Kanzler die ­formelle Hoheit über die Universität. Der Rat hob die Klöster auf, deren Räumlichkeiten und Einkommen nun säkularen Zwecken dienten. Die Mönche und Nonnen, die nicht aus ihren Orden austreten wollten, gingen fort. Anna Payer (ca. 1480–1546), die Äbtissin des Klosters Gnadental in der Spalenvorstadt, zog 1530 gemeinsam mit vier Schwestern und einem Teil des übrig gebliebenen Klosterschatzes ins Freiburger Klarissenkloster, von wo aus sie weiterhin Kontakte zu reformierten Basler Geistlichen pflegte. Auch die Domherren fanden in Freiburg Exil.64 Die monastische Lebensform verschwand jedoch erst 1564 endgültig aus Basel. Denn gegenüber den Kartäusern hatte sich der Rat dazu verpflichtet, den katholischen Gottesdienst bis zum Tod des letzten Mönchs zu gewähren und das Kloster erst danach zu schliessen.65

Die Reformation veränderte auch die aussenpolitische Lage Basels. Rat und Geistliche versuchten, auf die konfessionellen Verhältnisse in der Region einzuwirken. Mit ihrem Zutun wurden in den 1530er-Jahren weitere Teile des Fürstbistums Basel und einige Jahre später, 1556, die obere Markgrafschaft reformiert, während entsprechende Versuche im benachbarten Solothurn scheiterten. Insgesamt blieben Basel und sein Herrschaftsgebiet fortan weitgehend von katholischen Gebieten umgeben. Um die Reformation aussenpolitisch abzusichern, trat Basel deshalb bereits im März 1529 dem christlichen Burgrecht zwischen Zürich und Bern bei, dem sich auch Konstanz, Mülhausen, Strassburg und Schaffhausen anschlossen und sich zu gegenseitiger Unterstützung im Kriegsfall verpflichteten. 1529 und 1531, in den beiden eidgenössischen Konfessionskriegen bei Kappel, kämpften auch Basler Truppen an der Seite Zürichs und Berns und teilten die empfindliche Niederlage der reformierten gegen die katholischen Orte.66 Die Ausbreitungsambitionen der Reformatoren waren damit im Wesentlichen am Ende, die konfessionellen Verhältnisse in der Eidgenossenschaft und in der Region für die nächsten Jahrhunderte weitgehend festgeschrieben [10].

Konfessionelle Verhältnisse in der Region Basel im 16. und 17. Jahrhundert

10 Durch die Reformation löste sich die Einheit der christlichen Kirche auf. ­Neben politischen prägten von nun an auch konfessionelle Grenzen die Region um Basel.

Politische Konstellationen, konfessionelles Taktieren und ­kulturelle Veränderungen bis 1580

Die Ereignisse im frühen 16. Jahrhundert, vom Basler Beitritt zur Eidgenossenschaft bis zur Einführung der Reformation, sorgten für mannigfaltige politische, soziale und kulturelle Veränderungen. Weder aussenpolitisch noch im Inneren der Stadt kam es indes zum vollkommenen Bruch mit den vorangegangenen Verhältnissen. Die Neuorientierung war weder umfassend noch kompromisslos. Charakteristisch für die Basler Geschichte nach der Reformation waren eher Bewegungen, die zwischen Altem und Neuem, Konsens und Streit, Zweifel und Überzeugung changierten. Deutlich wird dies mit Blick auf zwei Ereignisse, die knapp dreissig Jahre nach dem reformatorischen Umbruch weit über die Stadt hinaus für Auf­sehen sorgten.

Toleranz und Restriktion

Das erste dieser Ereignisse entzündete sich an einer Schrift, die 1554 in der ­Werkstatt von Johannes Oporin (1507–1568) unter dem Titel Über Ketzer und ob man sie verfolgen soll(im Original: De haereticis an sint persequendi›) gedruckt wurde. Verfasst hatte sie, wie sich alsbald herausstellte, ein gewisser Sebastian ­Castellio (1515–1563), ein französischer Humanist und protestantischer Theologe, der seit kurzer Zeit in Basel ansässig war. Die Schrift war eine von Castellio kommentierte Sammlung theologischer Autoritäten, die sich gegen die Hinrichtung des in Genf als Häretiker verurteilten Michel Servet (ca. 1511–1553) richtete und als Plädoyer für Toleranz gegenüber Andersgläubigen interpretiert werden konnte.67 Für Toleranz und Gewissensfreiheit einzutreten, war in dem von Glaubenskonflikten und Religionskriegen aufgeheizten Klima der Zeit ebenso bemerkenswert wie umstritten. Vor allem in Genf selbst sorgte Castellios Stellungnahme für empörte Reaktionen, die sich nicht nur gegen den Autor, sondern auch gegen Basel selbst richteten, das ihm Aufenthaltsrecht bot. Mit ihrem eigenständigen Kurs wurde die Stadt zur Zielscheibe einer reformierten Kritik, die religiöse Toleranz als mangelnde Glaubensstrenge verurteilte.68

Das zweite Ereignis, das im Jahr 1559 stattfand, besass einen gänzlich anderen Charakter und eine geradezu entgegengesetzte Stossrichtung. Wiederum war Castellio involviert, nun allerdings in einer anderen Rolle und gegen seinen Willen. Mit «bleichem Gesicht», so ein zeitgenössischer Beobachter, musste er zur Kenntnis nehmen, dass der Basler Rat in Glaubensfragen auch ausgesprochen restriktiv handeln konnte.69 Im Mittelpunkt des Geschehens stand ein Einwanderer aus den Niederlanden namens David Joris (1501/02–1556). Joris hatte seit 1544 unter dem Namen Johann von Bruck vorwiegend in Binningen gelebt, war aber als Besitzer des Spiesshofs auch häufig innerhalb der Stadtmauern präsent gewesen. Hier hatte er in intellektuellen Kreisen verkehrt, sich für religiöse Toleranz engagiert und wohl sogar mit Castellio an dessen Textsammlung gearbeitet, bevor er im Jahr 1556 verstarb. Drei Jahre nach seinem Tod wurde publik, dass der vermeintlich überzeugte Zwinglianer Anführer einer im Untergrund aktiven Täuferbewegung und Autor mehrerer spirituell-täuferischer Schriften war. Der Rat, der vermutlich längst von Joris’ Identität wusste, inszenierte die Rechtgläubigkeit der Stadt mit drastischen Mitteln: Mehrere vom Rat bestellte Gutachter – auch Castellio war zum Abfassen eines Gutachtens genötigt worden – verurteilten Joris’ Lehre. Der Rat liess den Leichnam exhumieren und verbrannte ihn vor aller Augen auf einem Scheiterhaufen. Joris’ enttarnte Anhänger mussten im Münster ihrem Glauben ­abschwören und sich zur reformierten Lehre bekennen.70

Die beiden Ereignisse zeigen exemplarisch Spannungen und Widersprüche in Basels Religionspolitik. Der Toleranz gegenüber theoretischen Erörterungen, wie sie Castellio anstellte, stand ein restriktiver Umgang mit praktischen Abweichlern wie Joris gegenüber. Die Ereignisse lassen aber auch weitere Determinanten der Basler Geschichte des 16. Jahrhunderts erkennen: die Bedeutung der Immigration – Castellio wie Joris waren Einwanderer – für das kulturelle Leben der Stadt und die weiterhin grosse Rolle, die der Buchdruck in intellektueller wie wirtschaftlicher Hinsicht spielte, aber auch die überregionale Bedeutung der Stadt als Ort intellektueller Debatten. Nicht zuletzt zeugen die Ereignisse von der Notwendigkeit, politisches Handeln in einem lokalen und regionalen Horizont zu legitimieren und zu inszenieren, um als christliche Obrigkeit› wahr- und ernstgenommen zu werden.

Vom Regiment der Zünfte zur Geschlechterherrschaft

Mit der Reformation hatte sich der Kleine Rat, dessen Mitglieder den Zünften und damit der Bürgerschaft angehörten, als christliche Obrigkeit› etabliert. Er entmachtete den Bischof vollständig, übernahm weitgehend die Kontrolle über die Kirche und dehnte seine Herrschaftsbefugnisse auch auf religiöse und sittliche Fragen aus. Um die neuen Aufgaben zu erfüllen, schuf er zahlreiche neue Stellen und Ämter, etwa zur Verwaltung der säkularisierten Kirchengüter, zur Armen­fürsorge oder im Rahmen der Sittengerichtsbarkeit. Diese Ämter, die politischen Einfluss versprachen und teilweise auch finanziell einträglich waren, dienten den führenden Familien zur Versorgung ihrer Angehörigen und waren deshalb begehrt. Vor allem die Mitglieder von Handwerkerzünften nutzten sie in den Jahren nach der Reformation, um ihre politischen Karrieren voranzubringen – ein deutliches Zeichen, dass sich innerhalb des Rates die Machtverhältnisse verschoben hatten. Zwölf altgläubige Ratsmitglieder aus der alten herrenzünftischen Führungsschicht waren nach der Reformation aus dem Rat ausgeschlossen worden und hatten die Stadt verlassen. An ihrer Stelle stiegen unter anderem sieben Mitglieder des Grossen Rates, die bei der Ausarbeitung der Reformationsordnung mitgewirkt hatten, in den Kleinen Rat und damit in die engere politische Führungsschicht auf.71 So etablierten sich die Handwerkerzünfte als bestimmende politische Kraft, die ihre Macht auch wirtschaftlich nutzte. Bereits 1526 war in der neuen Gewerbeordnung das lokale Gewerbe gegenüber dem Handel bevorteilt worden. 1533 ­sicherten die Handwerkerzünfte mit der neuen Ratsverfassung ihre Vormachtstellung weiter ab. Das zuvor erlassene Verbot der Doppelzünftigkeit wurde ­bestätigt, um der Strategie der reichen Kaufleute entgegenzuwirken, durch den Einsitz in mehreren Zünften auch auf die Handwerkerzünfte Einfluss zu nehmen und ihre Chancen auf politische Teilhabe zu erhöhen.72

Dieses Handwerksregiment›, wie die politische Konstellation in der Forschung bezeichnet wird, hatte allerdings nur einige Jahre Bestand. Bereits 1533 machte der Rat das Zugeständnis von 1529 rückgängig, dass alle Zunftmitglieder ihre Ratsvertreter wählen durften. Damit war wieder ein System etabliert, in dem sich der Kleine Rat ohne eigentliche Wahl selbst ergänzte. So standen 1552, als die Gewerbeordnung aufgehoben wurde, erneut die vermögenden Kaufleute an der Spitze der städtischen Politik.73 Ihre Macht basierte auf ihren ökonomischen ­Ressourcen sowie den Familien- und Verwandtschaftsnetzwerken, die sie durch ­Heiratsverbindungen weiter stabilisierten. Auf diese Weise legten ab Mitte des 16. Jahrhunderts einige Familien die Grundlage für die ab dem 17. Jahrhundert ­bestimmende Herrschaftskonstellation. In Zukunft sollte sich die politische Elite aus einigen wenigen Familien rekrutieren, welche die wichtigsten politischen ­Ämter und Verwaltungsstellen besetzten.

Regionaler Silberbergbau und globale Ressourcenzirkulation

(Tina Asmussen)

Die doppelseitige Federzeichnung aus einem Manuskript des Basler Kaufmanns, Ratsherrn und städtischen Silberführers Andreas Ryff (vgl. S. 73–75) zeigt eine Bergwerkslandschaft, flankiert von Fortuna, die auf einer Kugel im stürmischen Meer balanciert. Nur eine Säule in der Bild­mitte trennt die Schicksalsgöttin und das Meer vom emsigen Treiben in den Bergwerken und Produktionsstätten. Auf Fortunas geblähtem Segel prangen der Name Andreas Ryff und die ­Jahreszahl 1594, rechts neben ihr das Ryff’sche Familienwappen.

Für Basel waren die Bergwerke im Schwarzwald und im Elsass als Silberlieferanten für die ­Münzstätte von besonderem Interesse. Ab 1570 stammte praktisch das gesamte in der Stadt vermünzte Silber aus den nahe gelegenen elsässischen Bergwerken. Entsprechend waren sie bei Basler Kaufleuten als Investitions­objekte beliebt, so auch bei Ryff. 1574 heiratete er Margaretha Brunner, die Witwe des 1573 verstorbenen Basler Kaufmanns Andreas Imhof. Sie brachte aus dessen Besitz Bergwerks­anteile in Giromagny bei Belfort in die Ehe ein. Neben Ryffs Engagement im Bergbau sowie im Seiden- und Tuchgeschäft trug er auch eine ansehnliche Sammlung an Mineralien, Goldschmiedearbeiten und Münzen zusammen. Dieser Sammlung widmete er das mit zahlreichen Federzeichnungen illustrierte Münz- und Mineralienbuch›. Es ist zugleich ein Zeugnis lokaler Wirtschaftspraktiken, Objekt bürger­licher Repräsentation und Inszenierung einer politischen und religiösen Weltordnung.

Die Einleitung des Manuskripts stellt nicht etwa den Bergbau als äusserst riskantes Unter­nehmen vor, bei dem Gewinn und Verderb dicht beieinanderlagen, sondern verknüpft den ökonomischen Nutzen des Bergbaus mit religiösen und kulturellen Bedeutungen. Erze be­zeichnet Ryff als einen «Schatz» der göttlichen Vorsehung. Obgleich durch göttlichen Willen angelegt, eröffnen sich die Reichtümer nicht allen Menschen in den verschiedenen Welt­regionen gleichermassen, sondern sie lassen sich nur durch Mühe, Fleiss, harte Arbeit und christlichen Glauben erschliessen.74 Für Ryff bilden die Bergwerke einen Grundstein der Zivilisation: Durch Bergwerke werden «wüste», «raue» und nur von «wilden Tieren, Schlan­gen, Kröten und Ungeziefer» bewohnte Landschaften urbar gemacht, in denen neue Städte entstehen, Gewerbe und Handwerk sich ausbreiten und Schulen und Kirchen errichtet werden.75 Auch die Federzeichnung betont Fleiss und harte Arbeit: Die dargestellten Personen betätigen sich alle entweder bei der Prospektion, Extraktion oder bei der Verhüttung. Ryffs Schilderung der Erschliessung und Aus­beutung von mineralischen Ressourcen und der Christianisierung ganzer Landschaften richtete sich jedoch nicht nur auf die unbekannten und unerschlossenen Regionen in der Alten, sondern auch in der Neuen Welt.76 ­Fortuna und Meer in direkter Nachbarschaft zur Arbeit im Bergwerk zeigen auch visuell, wie nah beieinander die Reichtümer der Alten und Neuen Welt um 1600 lagen, wenn auch durch Ozeane voneinander getrennt. Im Text betont Ryff, dass die Europäer im «Austausch» gegen Bodenschätze den «armseligen, elenden, wilden Presilianern [Brasilianern]» Kultur und Zivilisation bringen.77

Für Europa war die Gewinnung von Silber und dessen globale Zirkulation seit dem 16. Jahr­hundert eng mit der Kolonisierung Süd- und Mittelamerikas verbunden. Dabei ging es immer zugleich um ökonomische wie um moralische und spirituelle Fragen. Das Manuskript von Ryff führt die Integration von Basel in ­diese komplexen Zirkulations- und Deutungs­verhält­nisse deutlich vor Augen. Tina Asmussen

11 Andreas Ryff, Münz- und Mineralienbuch›, ca. 1594–1600.

Die Basler Kirche zwischen den Konfessionen

In religiöser Hinsicht hatte sich die Bürgerschaft 1534 mit der Basler Konfession› auf die wichtigsten Glaubenssätze festgelegt; damit hatte sich Basel endgültig aus der Papstkirche herausgelöst. Die Bekenntnisschrift bot allerdings Interpreta­tionsspielraum, wenn es darum ging, Basel aus den Streitigkeiten herauszuhalten, die seit 1525 zwischen Luther und Zwingli um die Präsenz Christi beim Abendmahl entflammt waren. Wohl hatte sich Johannes Oekolampad an die Seite Zwinglis gestellt, doch Oswald Myconius, sein Nachfolger als Antistes der Basler Kirche, rückte von dieser Position ab und suchte nach einem Mittelweg zwischen den beiden Richtungen. 1536 arbeitete Myconius an der Abfassung des Ersten Helvetischen Bekenntnisses› mit. Unter ihm unterzeichnete Basel aber auch als einzige eidgenössische Kirche die im selben Jahr ausgearbeitete Wittenberger Konkordie›, die zu einer Annäherung der Basler und der anderen oberrheinischen Kirchen an das Luthertum führte. Dass sich Myconius weigerte, sich auf ein Bekenntnis ­festzulegen, zeigte er auch beim Neudruck der Basler Konfession›, den er 1548 verantwortete. Die Bekenntnisschrift erschien nunmehr ohne die Randglossen, die strittige Fragen zugunsten der Lehre Zwinglis auslegten.78

Myconius’ Nachfolger Simon Sulzer (1508–1585), Antistes von 1553 bis 1585, führte diesen Kurs fort, was zu einer zunehmenden Isolierung innerhalb der Eidgenossenschaft führte. Sulzers Predigten und unter ihm veranlasste Neuerungen im Gottesdienst, etwa die Wiederaufnahme des nach der Reformation verbotenen Orgelspiels, schürten in Bern und Zürich den Verdacht, dass die Basler endgültig zu einer lutherischen Kirche würde. Die Zweifel wurden noch grösser, als Sulzer sich 1566 weigerte, das Zweite Helvetische Bekenntnis› zu unterzeichnen oder zumindest dessen Übereinstimmung mit der Basler Konfession› ein­zugestehen.79 Gleichwohl kam es nicht zum definitiven Bruch. Denn zum einen entzog sich Sulzers theologische Haltung einer eindeutigen Positionierung.80 Zum anderen vertrat er nur eine Minderheit der Basler Pfarrerschaft, in der sich seit den 1570er-Jahren zunehmend Widerstand gegen die Entfremdung von der reformierten Orthodoxie regte.81

Bis zur Wahl von Johann Jakob Grynaeus (1540–1617) im Jahr 1585 und dessen Festlegung auf die reformierte Orthodoxie hielt der theologische Richtungsstreit in der Basler Kirche an. Er lässt sich weniger als eine Lutheranisierung der Basler Kirche denn als konfessionelles Taktieren verstehen. Basel positionierte sich nicht nur geografisch, sondern auch theologisch zwischen den sich herausbildenden protestantischen Konfessionskirchen, zwischen der reformierten Eidgenossenschaft und dem lutherisch gesinnten Baden. Dies war durchaus im Sinne einflussreicher Ratsherren und ihrer wirtschaftlichen Interessen. Besonders den Druckern eröffnete das konfessionelle Taktieren – gepaart mit dem zurückhaltenden Vorgehen der städtischen Zensurbehörde – die Möglichkeit, Bücher unterschiedlicher religiöser und konfessioneller Provenienz zu drucken und zu vertreiben.82 So produzierten Basler Druckereien auch religiös kontroverse Schriften. 1542 beispielsweise erlaubte der Rat nach anfänglicher Skepsis Johannes ­Oporin, eine lateinische Übersetzung des Korans zu drucken, die ursprünglich aus dem 12. Jahrhundert datierte und zu einem wichtigen Referenzwerk des Wissens über den Islam in Europa wurde.83 Andere Basler Drucker bedienten mit ihren Büchern erfolgreich die Interessen der Humanisten. Religiös-konfessionelle Bedenken wurden dabei kaum je hoch gewichtet. So waren es ab Mitte des 16. Jahrhunderts vorwiegend Basler Druckwerkstätten, welche die deutschsprachigen Täufer mit Literatur versorgten.84

Duldung und Ausgrenzung der Glaubensflüchtlinge

Eine wenig eindeutige konfessionelle Positionierung und wirtschaftliche Interessen sorgten in religiösen Fragen für ein Klima, das verglichen mit anderen Städten tolerant und gegenüber abweichenden Glaubensrichtungen offen war. Dies machte Basel zu einem attraktiven Zufluchtsort für Männer und Frauen, die aufgrund der Unterdrückungen und Verfolgungen von Andersgläubigen in Italien (1540–1555), Frankreich (1550–1560) und den spanischen Niederlanden (1567–1573) ihre Heimat verlassen mussten. In Basel fanden sie, wie der Fall von David Joris zeigt, Bedingungen vor, die es ihnen erlaubten, unbehelligt zu leben, sofern sie sich an die äusseren Gepflogenheiten der Basler Kirche anpassten und regelmässig den reformierten Gottesdienst besuchten.85

Einige der Glaubensflüchtlinge betrachteten Basel als Zwischenstation und zogen nach kurzer Zeit weiter, andere liessen sich dauerhaft hier nieder. Darunter waren zahlreiche Handwerker, aber auch Kaufleute und Gelehrte. Für letztere bot Basel besonders günstige Bedingungen. Sie fanden in den Druckwerkstätten ein Auskommen als Lektoren oder Korrektoren und profitierten von den Stiftungen, die wohlhabende Bürger für bedürftige Studenten einrichteten.86 Sebastian ­Castellio beispielsweise erhielt ein Stipendium einer Stiftung, die aus dem Vermögen von Erasmus gebildet worden war.87 Er arbeitete, als er 1545 aus Genf nach Basel kam, zunächst in prekären finanziellen Verhältnissen in der Druckerei von Johannes Oporin, bevor er 1553 zum Griechischprofessor an der Basler Universität ernannt wurde.88 Andere Refugianten, die über ausreichend Kapital und unternehmerische Risikobereitschaft verfügten, stiegen selbst ins Druckgewerbe ein. Der aus Lyon geflüchtete Jacob Parcus (1504–1564) und Pietro Perna (ca. 1522–1582), der 1542 aus Lucca nach Basel gekommen war, gründeten ­eigene Werkstätten. Insbesondere die Druckerei von Perna entwickelte sich in der Folge zu einer der produktivsten der Stadt. Sie war dafür bekannt, neben theologischen Werken auch nonkonforme Literatur zu drucken. Dafür machte sich Perna sein weitreichendes Netzwerk in der alten Heimat zunutze. Über seine Kontakte und mit eigenen Reisen über die Alpen kurbelte er den Absatz seiner Bücher an und gelangte immer wieder an neue, noch wenig bekannte Manuskripte italienischer Humanisten.89

Die Immigranten stellten die Stadt auch vor Probleme und Herausforderungen. Ihr Bedürfnis nach einer eigenen Seelsorge gefährdete die konfessionelle Einheit der Stadt. Manch ein Gelehrter, etwa Fausto Sozzini (1539–1604), der ab 1574 für einige Jahre in Basel lebte, vertrat kontroverse theologische Positionen. Zudem befürchtete der Rat, für bedürftige Immigrantinnen und Immigranten ­sorgen zu müssen. An einer dauerhaften Integration der französischen und italienischen Glaubensflüchtlinge war er deshalb nur bedingt interessiert. 1546 koppelte er im sogenannten Welschenerlass die Aufnahme ins städtische Bürgerrecht ans Vermögen, um bedürftige Neuankömmlinge von der Stadt fernzuhalten. Bis Ende des 16. Jahrhunderts erhielten denn auch nur knapp zweihundert Geflüchtete das Basler Bürgerrecht.90 Selbst Castellio, der bis zu seinem Tod immerhin achtzehn Jahre in der Stadt lebte und angesehene Einheimische als Patinnen und ­Paten für seine Kinder fand, also gut in die Gesellschaft integriert war, wurde nie ­Basler Bürger.91

An kapitalkräftigen und innovationsfreudigen Kaufleuten hingegen blieb der Rat sehr wohl interessiert. So erhielt der Calvinist Marcos Pérez (1527–1572) bereits 1568, ein Jahr nach seiner Flucht aus Antwerpen, das Basler Bürgerrecht. Pérez hatte durch den Handel mit unterschiedlichen Waren, darunter Tuch, Wolle und Seide, ein beträchtliches Vermögen angehäuft, mit dem er sich auch an Unternehmungen in der Basler Buchproduktion beteiligte. Seine unternehmerischen Ambitionen reichten jedoch weiter. Sein Vorhaben, in grossem Stil ins Seidenbandgeschäft einzusteigen, wurde durch seinen frühen Tod vereitelt. So war es die Familie Pellizari, welche die Produktion und den Vertrieb von Seidenbändern in Basel beinahe monopolisierte. Die Pellizari stammten ursprünglich aus der Lombardei und waren eine weit verzweigte Kaufmannsfamilie. Sie engagierten sich unter anderem in Genf und Lyon und versuchten, auch in Basel eine Niederlassung einzurichten. In einem fortan Seidenhof› genannten Gebäude am Blumenrain bauten sie einen Betrieb mit dreissig Angestellten auf, wobei sie vorwiegend Refugianten französischer Herkunft beschäftigten. Ihren Ambitionen setzten Rat und Zünfte allerdings Grenzen. Denn ihr Plan, den Betrieb zu einer Färberei und einem Seidenbandhandel mit bis zu zweitausend Angestellten auszubauen, scheiterte am Widerstand der Zünfte, die im neu aufkommenden Wirtschaftszweig eine Konkurrenz für die eigenen Geschäfte sahen.92

Basel als Ort intellektueller Auseinandersetzungen

Die Refugianten hatten, wie die von Sebastian Castellio lancierte Debatte um ­religiöse Toleranz zeigt, grossen Anteil am kulturellen und intellektuellen Leben der Stadt. Dieses stand auch weiterhin in der Tradition des Humanismus, die in Basel über die Reformation hinaus nicht abbrach. Ganz in diesem Sinne konzentrierte sich Castellio in seinem Werk auf die Edition und Kommentierung älterer Texte. Andere Migranten, etwa der Rhetorikprofessor Celio Secondo Curione (1503–1569) oder der Arzt Johannes Bauhin (1511–1582), der 1543 aus dem französischen Amiens nach Basel geflohen war, beteiligten sich ebenfalls am gelehrten Diskurs. Sie verhalfen der Basler Universität nach einer längeren Krisenzeit ab Mitte des 16. Jahrhunderts wieder zu höherem Ansehen, was sich auch auf die Anzahl und Herkunft der Gelehrten und Studenten auswirkte, die aus dem deutschen Sprachraum, aus Frankreich, Italien und den Niederlanden, sogar aus Polen und England nach Basel kamen.93 Nach Ende ihrer Basler Studienzeit blieben viele Studenten mit ihren Professoren in brieflichem Kontakt und trugen so dazu bei, dass die Basler Universität und ihre Professoren in die europaweiten Gelehrtennetzwerke eingebunden waren.94

12 Christoph Murer, Leonhard Thurneisser bei der Harnprobe an einem orientalischen Hof, Detail aus einem Scheiben-Zyklus, 1579 (?). Der Basler Goldschmied Leonhard Thurneisser (1531–1596), hier mit einer Harnprobe in der Hand, führte ein abenteu­erliches Leben: Er nahm an Kriegszügen des Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach teil, machte als Bergwerksbesitzer, Metallurg und Alchemist in Tirol Karriere und unternahm ausgedehnte Reisen, die ihn angeblich bis nach Ägypten und auf den Sinai führten. 1571 wurde er Leibarzt am brandenburgischen Hof in Berlin, wo er mit Ferndiagnosen zu Harnproben und astrologischen Gutachten ein Vermögen verdiente. Im Bild hält er prüfend das Harnglas in der Hand.

Besonders galt dies für die medizinische Fakultät, die ab Mitte des Jahrhunderts einen Aufschwung erlebte. Die Anzahl der Studenten und Promotionen nahm zu, hier wurden, etwa von Bauhin, neue empirische Methoden erprobt und umgesetzt. Und hier liessen sich, beispielsweise mit Theodor Zwinger (1533–1588), Debatten über alchemistische und heilkundliche Theorien führen, wie sie Paracelsus in den 1520er- und 1530er-Jahren gelehrt hatte. Um Zwinger und andere Gelehrte entstand in Basel eine eigentliche Schule, die sich mit nichtkonformen Wissensfeldern und Ansätzen beschäftigte und die Drucklegung von Büchern über Magie und Alchemie unterstützte, darunter auch die Werke von Paracelsus selbst.95 Andere Grenzgänger wie etwa der Goldschmied und Alchemist Leonhard Thurneisser wurden davon beeinflusst [12].96 Bei Pietro Perna erschienen aber auch Gegenschriften, die sich kritisch mit Paracelsus auseinandersetzten, etwa jene des Arztes und Laientheologen Thomas Erastus (1524–1583).97 So entwickelte sich Basel in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu einem Zentrum der Diskussion um die Alchemie. Hier wurden Schriften für und gegen Paracelsus, für und gegen die Alchemie und Astrologie gedruckt und diskutiert und damit stets auch die Frage nach dem richtigen Weltbild debattiert.

Ab den 1570er-Jahren bekamen Drucker und Gelehrte allerdings zu spüren, dass sich das Klima zu wandeln begann. Immer wieder sahen sie sich mit Verdächtigungen konfrontiert, die ihre Tätigkeiten einschränkten. Curione und Castellio gerieten wegen ihrer kritischen Schriften über Calvins Prädestinationslehre ins Visier der städtisch-universitären Zensurbehörde. Perna stiess mit dem post­humen Druck von Castellios Schriften (1578) sowie mit der Veröffentlichung von Machiavellis Il Principe(1580) bei Rat und Universität auf Widerstand, sodass er fortan auf die Publikation ähnlicher Werke verzichten musste.98 Auch in anderen Fällen schritt die Zensurbehörde ein, um die Verbreitung nicht-konformen Wissens zu unterbinden. Die Blütezeit des Buchdrucks war vorbei. Im 17. Jahrhundert wurden in Basel nur noch etwa halb so viele Bücher gedruckt wie im Jahrhundert davor.99 Dies war ein Zeichen dafür, dass jene Zeit an ihr Ende kam, in der das kulturelle Leben der Stadt in besonderem Masse vom Humanismus und von einer in religiösen und wissenschaftlichen Fragen toleranten und offenen Haltung ­geprägt gewesen war.

Daniel Sidler, Marcus Sandl

5 Hans Holbein d. J., Oberried-Altar, Flügel mit der Darstellung der Geburt Christi und der ­Anbetung der Heiligen Drei Könige, Universitäts­kapelle des Münsters, Freiburg i. Br., um 1525. Religiöse ­Stiftungen dienten in der Zeit vor der ­Reformation dem eigenen Seelenheil und stillten zugleich das Bedürfnis, die eigene Frömmigkeit zur Schau zu stellen. Die Basler Bankiers- und Kaufmannsfamilie der Zscheckenbürlin investierte bis in die 1520er-Jahre viel Geld in solche ­Stiftungen. Einen Flügelaltar, der die Geburt Christi und die Anbetung der Drei Könige zeigt, liessen Amalie Zscheckenbürlin und ihr Gatte, Hans Oberried d. Ä., von Hans Holbein d. J. vermutlich für die Basler Kartause anfertigen. An den unteren Rändern liess sich die Stifterfamilie selbst abbilden. 1529 nahm das Ehepaar, das beim alten Glauben blieb, die Bilder mit nach Freiburg im Breisgau.

Glaubensflüchtlinge ­fanden immer
wieder Aufnahme
in der Stadt

Regulierter Alltag, vernetzte Elite und die Suche nach Freiräumen (1570–1620)

In den letzten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts verabschiedete sich Basel vom konfessionellen Taktieren und näherte sich der reformierten Orthodoxie der übrigen eidgenössischen Kirchen an. Die Stadt reagierte damit auf die Formierung und theologische Festigung der Konfessionskirchen in ganz Europa, welche das Einnehmen einer Mittel­po­sition zunehmend erschwerte. Um die sittlich-­moralischen Ideale der Reformation in der Gesellschaft zu verankern, setzte eine Regulierung ein, die bald sämtliche Bereiche des städtischen ­Alltags umfasste. Orchestriert wurde dieser Prozess von Theologen, Gelehrten sowie reichen Kaufmannsfamilien, die sich und ihren Angehörigen im Rat Macht und Einfluss sicherten. Die ­Angehörigen dieser Elite waren vielfach verwandt und verschwägert, standen aber auch in Kon­kurrenz zueinander. Gerade Geistliche und Ratsherren stritten in den Jahren um 1600 um die ­Vorherrschaft in der Stadt. Daraus resultierten Spannungen und Ambivalenzen, die sich in der Kunst ebenso manifestierten wie im sozialen Leben, wo Baslerinnen und Basler nach Freiräumen von den rigiden Moralvorstellungen suchten.

Reformierte Orthodoxie und christliche Moralpolitik

Spannungen und Ambivalenzen prägten um 1600 viele Bereiche des städtischen Lebens. Besonders anschaulich manifestierten sie sich im Bereich der Kunst, wie die vielfältigen Arbeiten des Malers Hans Bock (ca. 1550–1624) zeigen. Bock war bereits als Lehrling aus dem Elsass nach Basel in die Werkstatt von Hans Kluber (1535/36–1578) gekommen und 1573 Basler Bürger geworden. In den folgenden Jahren stieg er zum gefragtesten Maler der Stadt auf. Davon zeugen die Aufträge zur Restaurierung und Neuausmalung der Fassade und der Innenwände des im frühen 17. Jahrhundert umgebauten und erweiterten Rathauses mit Gerechtigkeitsbildern, die der Maler gemeinsam mit seinen Söhnen ausführte.1

Bereits einige Jahre zuvor hatte Bock mit einem künstlerischen Vorhaben an einem anderen zentralen Gebäude für Aufsehen und Aufruhr gesorgt. Der Rat hatte ihn 1592 mit der Renovation und Neubemalung der Fassade des Münsters sowie der beiden Sonnenuhren beauftragt. Bock präsentierte dafür einen Entwurf, der Figuren der antiken Mythologie mit weiblichen Allegorien in Szene setzte. Während der Rat den Entwurf genehmigte, stiess er bei der Basler Geistlichkeit auf heftige Kritik. Johann Jakob Grynaeus, als Antistes und Münsterpfarrer gewissermassen Hausherr des Münsters, warf dem Maler – und damit auch dem Rat – vor, die Fassade «mit päbstischen und heidnischen götzen und gemälden» zu «versudlen». Er regte stattdessen an, die baulich notwendige Renovation der Fassade zu einer Anpassung an die reformierte Lehre zu nutzen, wie dies wenige Jahre zuvor bereits bei der Umgestaltung des Innenraums geschehen war.2 Seinen Protest gegen die seiner Meinung nach an katholische oder heidnische Bilderverehrung grenzende Bemalung des Münsters setzte der Antistes auch fort, als 1597 die eigentliche Renovation der Fassade begann. Er störte sich nun an der Darstellung der Heiligen Georg und Martin, die zu sehr an die vorreformatorische Vergangenheit der Stadt erinnerten. Ein mühevoll erarbeiteter Kompromiss bewirkte, dass die Figuren so umgestaltet wurden, dass sie nicht mehr auf den ersten Blick als Heilige zu erkennen waren [13].3 Diese Auseinandersetzung und deren Beilegung legen den Blick frei auf religiöse respektive konfessionelle Entwicklungen. Sie ­zeugen aber auch von Brüchen und Kontinuitäten im Stadtbild sowie von Gemengelagen und Konflikten zwischen den religiösen und weltlichen Autoritäten, die in jenen Jahren ausgetragen wurden.

13 Anonym/Hans Bock, Martinsstatue am Basler Münster, 14. Jahrhundert/1590er-­Jahre. An der Fassade des Basler Münsters blickt Martin von Tours seit den 1590er-Jahren auf einen Baumstrunk statt auf den ihm zu Füssen knienden Bettler, mit dem er der ­Legende nach seinen Mantel teilte. Vor der Reformation hatten ihn die Basler Gläubigen als Sinnbild gelebter Barmherzigkeit angerufen und verehrt. Eine solche Heiligenverehrung widersprach aus Sicht der Reformatoren allerdings den biblischen Vorgaben. Nach einer längeren Auseinandersetzung beschlossen Geistliche und Rat deshalb, den Bettler als Attribut des Heiligen zu entfernen.

Johann Jakob Grynaeus und die Neuausrichtung der Basler Kirche

Johann Jakob Grynaeus, als Antistes der oberste Basler Geistliche, vertrat nicht nur bei der Gestaltung des Münsters, sondern auch in zentralen Glaubensfragen eine streng reformiert-orthodoxe Haltung und war gewillt, diese in der Praxis durchzusetzen. Deshalb sollten die Heiligen nun, gut fünfzig Jahre nach den Bilder­stürmen der Reformationszeit, vollständig aus dem Stadtbild verschwinden oder ihre Darstellungen zumindest in einen neuen Deutungsrahmen integriert werden. Grynaeus selbst hatte zunächst, wie andere Basler Geistliche jener Zeit, mit der zwischen den protestantischen Kirchen vermittelnden Lehre von Martin Bucer (1491–1551) sympathisiert. In den 1570er-Jahren wandte er sich jedoch der reformierten Orthodoxie zu, wie sie von Zwingli, Calvin und auch vom Basler Reformator Oekolampad vertreten worden war. Damit positionierte er sich als Gegenspieler des damals amtierenden Antistes Simon Sulzer, der die Basler Politik des konfessionellen Taktierens auf die Spitze getrieben hatte. Grynaeus und Sulzer standen mit ihren gegensätzlichen Positionen für einen religiösen Richtungsstreit, der auch andere Städte beschäftigte. Als der Rat nach Sulzers Tod 1585 Grynaeus zum neuen Oberhaupt der Basler Kirche wählte, traf er folglich eine für die Stadt prägende Entscheidung: Er positionierte sie als reformiert-orthodoxe. Mit der theologischen ging auch eine geografische Neuausrichtung der Basler Kirche einher, die sich in der Folge stärker in Richtung der reformierten eidgenössischen Orte orientierte.4

Rat und Kirche reagierten mit diesem Entscheid auf den seit den 1560er-Jahren zunehmenden Druck, sich auf ein konfessionelles Bekenntnis festzulegen, welcher wiederum aus verschiedenen Entwicklungen ausserhalb Basels resultierte. Die reformierte und die lutherische Kirche präsentierten sich dogmatisch zu­nehmend gefestigt. Zudem hatte sich die katholische Kirche auf dem Konzil von Trient zu einer Konfessionskirche geformt und die Position der Geistlichen, insbesondere der Bischöfe, gestärkt. Auch in Basel waren diese Reformen spürbar. Mit Jakob Christoph Blarer von Wartensee (1542–1608) amtierte seit 1575 ein Fürst­bischof von Basel, der das Fürstbistum in religiösen Fragen festigte und als wichtigen Akteur auf die politische Landkarte zurückbrachte sowie die Rekatholisierung vorantrieb. Der Erfolg seiner Bemühungen, aber auch die konfessionellen Verhältnisse im Elsass und in Vorderösterreich hatten für die Stadt zur Folge, dass ihr Ende des 16. Jahrhunderts unmittelbar vor den Toren die katholische Kirche erstarkt gegenüberstand. Einzig im Norden grenzte Basel an Baden-Durlach, den lutherischen Teil der Markgrafschaft.5

Unter diesen Bedingungen legten sich Rat und Kirche nicht nur auf die reformierte Orthodoxie fest, sondern waren auch bestrebt, die neue Lehre in der Stadt und auf der Landschaft zu verankern. Teilweise gegen den Widerstand des Rates sicherte sich Grynaeus hierzu weitreichende Machtbefugnisse. Wie seine Vorgänger war er als Antistes zugleich Münsterpfarrer, Vorsteher der Pfarrer in der Stadt, Oberinspektor der städtischen Schulen und Professor an der Universität, deren theologischer Fakultät er eine spezifisch reformierte Prägung gab. Zusätzlich wurde Grynaeus bereits ein Jahr nach seiner Wahl als erster Antistes auch die oberste Instanz für die Pfarrer auf der Landschaft. Um die reformierte Lehre unter den Pfarrern und den Gläubigen zu verankern, liess er gemeinsam mit dem Katechismus und dem liturgischen Kalender die Basler Konfession› in einer Neuauflage drucken, die er im Gegensatz zu den vorangehenden Ausgaben wieder mit den erläuternden Randglossen versah, welche die zentralen Glaubensartikel im Sinne Zwinglis und Oekolampads auslegten. In dieser engen Auslegung war die Basler Konfession› nunmehr das einzige und verbindliche Glaubensbekenntnis in der Stadt. Von der Orthodoxie abweichende oder häretische Strömungen hingegen, denen viele Humanisten nahestanden, wurden sowohl in der Gesellschaft als auch in den Druckereien immer weniger geduldet.6

14 Jacques Granthomme, Porträt von Johann Jakob Grynaeus, um 1600. Antistes Grynaeus prägte die Basler Kirchengeschichte nach der Reformation. Unter seiner Führung setzte sich die reformierte Orthodoxie durch und die Basler Kirche näherte sich den Kirchen in der reformierten Eidgenossenschaft an.

In den nächsten Jahren und Jahrzehnten trieben Grynaeus und seine Nachfolger die theologische, liturgische und kultische Reformierung der Basler Kirche und ihre Annäherung an die reformierten Kirchen der Eidgenossenschaft weiter voran. Das Kleinot› von 1590, in dem Grynaeus Gottesdienstordnungen, Glaubensnormen und die christliche Bildung der Jugend für die Basler Kirche regelte, ist hierfür ein Beispiel. Bereits im Vorwort wies Grynaeus darauf hin, dass die Pfarrer in den übrigen reformierten Orten der Eidgenossenschaft die Übereinstimmung der Basler mit der Helvetischen Konfession› von 1564 bestätigten; ­damals hatte einzig Basel diese nicht unterzeichnet.7 1618/19 verpflichtete sich Basel auf der Synode von Dordrecht in der Frage der Vorsehung, die innerprotestantisch kontrovers diskutiert wurde, auf die doppelte Prädestinationslehre im Sinne Calvins. 1642 ersetzte die Basler Kirche, wie dies zuvor bereits die übrigen eidgenössischen Kirchen getan hatten, die traditionellen Hostien beim Abendmahl durch gewöhnliches Brot, und wenig später unterzeichnete Basel die Neuauflage des Zweiten Helvetischen Bekenntnisses›.8 Diese neuen Anbindungen veränderten auch die Karrieremöglichkeiten der Absolventen des Theologiestudiums an der Basler Universität. Während junge Basler Theologen im 16. Jahrhundert häufig ­zunächst in dem lutherischen Baden-Durlach ein Pfarramt angetreten hatten, wurden sie nun vermehrt in der reformierten Eidgenossenschaft, insbesondere in den Gemeinen Herrschaften, tätig.9

Christliche Moralpolitik im städtischen Alltag

Seine weitreichenden Kompetenzen nutzte Grynaeus, um die Reformationsordnung gemeinsam mit dem Rat zu einer Kirchenordnung auszubauen, die ein ­umfangreiches Sittenprogramm beinhaltete. Was dies bedeutete, bekamen zuerst die Pfarrer zu spüren. Ihnen, die den christlichen Glauben und dessen religiös-­sittlichen Ideale geradezu verkörpern sollten, mass Grynaeus eine wichtige Rolle als Mittler zwischen der Obrigkeit und den Gläubigen bei.10 Er legte Wert auf die theologische Ausbildung und fortlaufende Disziplinierung der neuen Generation von Pfarrern, die in jenen Jahren in die Pfarrämter drängte. Obwohl sie ihre gesamte Ausbildung an der hiesigen Universität erhalten hatten und in der Regel aus der Stadt selbst stammten, unterzog Grynaeus die Kandidaten einer genauen Prüfung ihrer theologischen Kenntnisse, die eine spezifische Auslegung der Basler Kon­fession› beinhaltete. Auf Visitationen kontrollierte er laufend die Qualität ihrer Predigten und Seelsorge, liess die auf der Landschaft wirkenden Pfarrer im Münster Zensurgottesdienste halten, diskutierte auf den regelmässig einberufenen ­Synoden im Beisein von Universitätsprofessoren und Ratsherren die rechte Lehre und ermahnte die Pfarrer immer wieder, ihr eigenes Leben nach den christlichen Moralvorstellungen zu gestalten.11

Nicht nur für die Pfarrer waren konfessionelle Identität, Sittlichkeit und Moral eng verzahnt. Dasselbe galt seit der Verabschiedung der Reformationsordnung von 1529 letztlich für das gesamte städtische Gemeinwesen. Im Laufe des 16. Jahrhunderts verdichtete der Rat die Rechtsordnung, und die zur Kontrolle und Sanktionierung neu geschaffenen Institutionen gingen dazu über, regulierend in die Gesellschaft einzugreifen, um so permanent auf eine Um- und Durchsetzung der Reformation hinzuwirken.12

Im Zuge der Festlegung auf die reformierte Orthodoxie verschärfte die ­Obrigkeit dieses Bestreben, eine christliche Moralpolitik zu etablieren und durchzusetzen. Der Amtsantritt von Grynaeus markierte den Beginn eines Regulierungsschubes. 1595 und 1597 veröffentlichte der Rat zwei Sammelmandate, die ­zahlreiche seit der Reformation erlassene Vorschriften bündelten. Da die Mandate die öffentliche Ordnung und das gesellschaftliche Leben ebenso in den Blick nahmen wie das individuelle Verhalten der Menschen in der Stadt, war die Bandbreite der in ihnen behandelten Themen gross: Der gesamten Stadtbevölkerung wurde der regelmässige Kirchgang eingeschärft und Verbote der Gotteslästerung, des Fluchens, der Völlerei und des Zutrinkens bekräftigt. Für Wirtshäuser waren Öffnungs- und Schliesszeiten festgelegt, und speziell die Handwerksgesellen wurden ermahnt, während der Mahlzeiten und des abendlichen Umtrunks in ihren Stuben und auf offener Strasse nicht zu schreien, zu jauchzen oder anzügliche Lieder zu singen.13 Allgemein war festgeschrieben, dass nach dem «Wachtgloecklein», dem letzten Glockengeläut des Tages, niemand mehr ohne Licht auf die Strasse durfte.14 Auch die Festkultur wurde normiert. Die Mandate schränkten die Anzahl der Gäste und die maximalen Kosten für Hochzeiten und Taufen ein, um die öffentliche Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten und zugleich die Bürger vor ruinösen Statusausgaben zu bewahren.15 In den Mandaten kam folglich die in allen Konfessionen verbreitete Vorstellung zum Ausdruck, dass die städtische Gesellschaft eine Glaubensgemeinschaft war, die für das unsittliche Verhalten ihrer ­Mitglieder von Gott mit Hungersnöten, Seuchen oder Krieg bestraft würde.

Rat und Kirche im Konflikt

Auch wenn Antistes Grynaeus eine wichtige Leitfigur für die sittlich-moralische Normierung des Gemeinwesens war, so erliess doch nicht die Kirche, sondern der Kleine Rat die Mandate. Der Rat beanspruchte für sich, zugleich Normgeber und Aufsichtsorgan über Moral und Ordnung im städtischen Gemeinwesen zu sein. Diese weitreichenden Machtbefugnisse hatte sich der Rat in der Reformationszeit gegen den Willen Oekolampads gesichert, der für die Kirche eine dominante Rolle als Wächterin religiöser Sitten vorgesehen hatte.16 Nunmehr verstand sich der Rat als christliche Obrigkeit›, die für die Ordnung in der Stadt sorgte und im Gegensatz zur vorreformatorischen Zeit, als das bischöfliche Offizialgericht die Rechtsprechung in zahlreichen Lebensbereichen beansprucht hatte, allein für die Jurisdiktion zuständig war.17 Dabei bediente er sich weltlicher wie kirchlicher Sanktionsmöglichkeiten, insbesondere der Exkommunikation, die er in seine Gerichtsbarkeit integrierte. Dementsprechend waren die Ehe- und Sittengerichte zwar gemischt kirchliche und weltliche Gremien, zahlenmässig überwogen darin jedoch stets die Ratsherren gegenüber den Geistlichen.18

Dennoch zeigte sich dem Rat immer wieder, dass an dem Vorhaben, die Gesellschaft im Sinne reformierter Moralvorstellungen umzuformen, auch die Geist­lichen entscheidend partizipierten. Dabei standen Rat und Kirche in einem ambivalenten Verhältnis zueinander. Einerseits war es von Kooperation geprägt: Die Pfarrer verwiesen häufig auf die Bedeutung des Rates, um die Freiheiten der Stadt – und damit auch der Kirche – zu schützen.19 Der Rat seinerseits war in der Stadt wie auf der Landschaft auf die Pfarrer angewiesen, um seine Moralpolitik um- und durchzusetzen. Denn in den Händen der Pfarrer lag mit der Verweigerung des Abendmahls ein wichtiges Mittel der Disziplinierung, das der Rat auch zur Durchsetzung politischer Anliegen einsetzte. 1591 etwa hielt er die Pfarrer auf dem Land dazu an, jene von der Kommunion aus­zuschliessen, die sich ihrer Steuerpflicht widersetzten.20 Zudem verfügten die Pfarrer in einer Gesellschaft, in der Lesen keine Selbstverständlichkeit war, mit den Predigten über ein zentrales Medium, um die neuen Mandate in der Bevölkerung bekannt zu machen und Verstösse gegen die christliche Lebensordnung ­anzuprangern. Neue Verordnungen wurden nicht bloss an verschiedenen Orten in der Stadt – in Wirts- und Wachthäusern, am Barfüsserplatz, am Fischmarkt und an den Stadttoren – angeschlagen,21 sondern stets auch von der Kanzel herab verkündet.22 Nicht zuletzt war es die Aufgabe der Pfarrer, Zuwiderhandelnde gegen die Sittenpolitik beim Rat zu denunzieren.

Andererseits verstanden sich die Pfarrer als eigenständige Akteure. Sie sprachen selbst Strafen aus und mischten sich in politische Belange ein, indem sie als Ratgeber, bisweilen auch als Gegenspieler des Rates auftraten. In Predigten prangerten sie nicht bloss allgemein Verstösse gegen die gute Lebensführung an, sondern nahmen sich auch bestimmte Ratsherren oder den Rat als Gesamtorgan vor. So sahen es die Pfarrer als ihre Aufgabe an, immer wieder darauf hinzuweisen, dass das Evangelium Richtschnur politischen Handelns sei, und drohten bisweilen ­sogar, den Ratsherren das Abendmahl zu verweigern – auch wenn ihnen bewusst war, dass sich diese Drohung in der Praxis kaum umsetzen liess.23 Gerade um 1600 konkurrierten, wie nicht zuletzt die geschilderten Auseinandersetzungen um die Münsterfassade zeigen, Antistes Grynaeus und der Rat um den Führungsanspruch im Gemeinwesen. Bereits 1587, kurz nach seinem Amtsantritt, rügte Grynaeus die Ratsherren auf der Synode für ihr lasterhaftes Verhalten, ihre mangelhafte ­Verwaltung der Kirchengüter und die zu hohe Besoldung, die sie für ihre Ämter erhielten – Vorwürfe, die in der Folge auch von den übrigen Pfarrern in ihren Predigten wiederholt wurden.24

Diese Spannungen zwischen Normierungsbestrebungen und Regelverstössen, zwischen einem streng regulierten Gemeinwesen und der permanenten Bedrohung seiner sittlichen Ordnung waren ein Charakteristikum der Zeit um 1600. In diesem Sinne zeugen die vor Gericht verhandelten Fälle und die häufige Wiederholung bereits erlassener Mandate ebenso vom obrigkeitlichen Normierungs­willen wie von Umsetzungsdefiziten, Regelverstössen und Entgrenzungen. Die in Büchern gesammelten Urfehden erzählen von unseriösem Lebenswandel in allen sozialen Schichten, von Verschwendung, Trunkenheit, öffentlichem Fluchen und Gotteslästerung.25 Solche und andere Quellenbefunde, welche die Forschung für zahlreiche reformierte und katholische Städte herausgearbeitet hat, relativieren die Wirkung der obrigkeitlichen Sittenpolitik. Die Disziplinierung der Bevölkerung konnte in einer Stadt wie Basel, die wie die meisten frühneuzeitlichen Städte durch Kleinräumigkeit und häufiges Aufeinandertreffen geprägt war, weit in die Privatsphäre eingreifen. Doch war sie weniger auf die effektive Kontrolle durch Rat und Kirche denn auf die soziale Kontrolle in Familienverbänden, in Nachbarschaften, Zünften und Kirchgemeinden zurückzuführen.

Städtische Gruppen und Interessen

Der Maler Hans Bock verdankte es seinen Beziehungen zu den einflussreichen Kreisen der Stadt, dass ihn der Rat mit den erwähnten prestigeträchtigen Arbeiten am Münster und im Rathaus beauftragte. Er war mit mehreren Ratsherren, mit Theologen und Gelehrten persönlich bekannt und profitierte von deren Patronage. Besonders beliebt war er als Maler von Porträts. In ihnen setzte er die Basler Bürger und deren Frauen ihrem Selbstbild und Selbstverständnis entsprechend als fromm und sittsam – und damit als Verkörperung der religiös-sittlichen Ideale der Stadt – wie auch als gelehrt und mächtig in Szene. 1577 malte Bock ein Porträt von Melchior Hornlocher (1539–1619), auf dem dieser in zeittypischen schwarz-roten, ausladenden Kleidern und mit mehreren Stichwaffen zu sehen ist. Damit demonstrierte Hornlocher nicht nur Wehrfähigkeit und Wehrwillen, sondern vor allem männliche Ehre und Zugehörigkeit zur städtischen Elite. Der Zeitpunkt des Por­trätauftrags war denn auch kaum zufällig gewählt. Hornlocher war, nachdem er zuvor bereits verschiedene Ämter in der städtischen Verwaltung innegehabt hatte, soeben Ratsherr geworden und lancierte damit eine politische Karriere, die ihn bis zum Oberstzunftmeister und Bürgermeister und damit an die Spitze der ­städtischen Hierarchie führen sollte. Wichtig für diesen Aufstieg war seine Frau Katharina Aeder, die als Tochter des Basler Münzmeisters einer in der Stadt gut vernetzten Familie entstammte. Auch von ihr fertigte Hans Bock ein Porträt an. Dieses zeigt Aeder in weiten schwarzen Kleidern und mit einem weissen Schleier, der die Haare sittsam verhüllt, sowie mit Schmuck, der ihre Zugehörigkeit zur obersten gesellschaftlichen Schicht zum Ausdruck brachte. Bei beiden Porträts fällt zudem der grosszügig drapierte Wandbehang im Bildhintergrund auf. Die Aufmachung des Ehepaares erinnerte wohl bereits zeitgenössische Betrachterinnen und Betrachter an eine Inszenierung, wie sie für eine adlig-höfische Gesellschaft typisch war. Auch dies entsprach dem Selbstbild der politischen und gesellschaftlichen Elite Basels jener Zeit. Denn ähnlich wie der Adel verstand sie sich als ein exklusiver und privilegierter Personenkreis [15 | 16].

15 Hans Bock d. Ä., Ratsherr Melchior Hornlocher, 1577. | 16 Hans Bock d. Ä., Katharina ­Aeder, 1577. Das Ehepaar Hornlocher/Aeder gehörte zur selbstbewussten politischen ­Führungsschicht der Stadt.

Die politische Elite und ihre Karrieren

In der Tat bestand die politische Führungsschicht Basels um 1600 aus einem zunehmend begrenzten Kreis von Familien. Mitentscheidend für diese Entwicklung war der bereits Mitte des 16. Jahrhunderts gefällte Entscheid, Neuaufnahmen ins Bürgerrecht und damit die politische Partizipation von neu zugezogenen Familien zu erschweren. Aber auch innerhalb der bestehenden Bürgerschaft hatten um 1600 längst nicht mehr alle Männer dieselben Chancen, politischen Einfluss auszuüben. Vielmehr sicherten sich wenige Basler Familien die Macht in der städtischen Politik, indem sie sich gegenseitig die einflussreichen Ämter in Verwaltung und Politik zuhielten. Die Angehörigen dieser Familien waren durch Heiraten, Freundschaften oder Geschäftsbeziehungen vielfältig verbunden. Mehr als formelle Kriterien entschieden also informelle Anforderungen – insbesondere Herkunft, Beruf, Beziehungen und Vermögensverhältnisse – darüber, wer zum exklusiven Kreis der herrschenden Familien gehörte.26

Folglich waren viele Mitglieder der politischen Elite in Basel ähnlich profiliert, und ihre Karrierewege waren vergleichbar mit jenen von Politikern in anderen eidgenössischen Städten: Wer im Rat zu Einfluss gelangte, entstammte häufig einer bereits seit mehreren Generationen in der Stadt ansässigen Familie, die ­vorwiegend im Handel tätig war. Durch wirtschaftlichen Erfolg hatte sie über mehrere Generationen hinweg ein Vermögen aufgebaut, war dank der Möglichkeit der Doppelzünftigkeit zu noch mehr Einfluss gelangt und hatte sich mit anderen ­Basler Kaufmannsfamilien sowie mit der Elite anderer eidgenössischer und süddeutscher Städte mittels Heiraten, Patenschaften, Freundschaften oder Klientelbeziehungen vernetzt und in gegenseitige Abhängigkeiten begeben. In der ­Reformationszeit angestossene Entwicklungen, als der Aufstieg der Handwerkerzünfte die politische Basis kurzfristig verbreitert und auch den Handwerkern ­Karrieremöglichkeiten eröffnet hatte, waren damit weitgehend zum Erliegen ­gekommen. Vielmehr gelang es den Kaufleuten mit dieser Strategie, sich die Herrschaft in der Stadt zu sichern, obwohl sie um 1600 bloss etwa zehn Prozent der Bürgerschaft ausmachten.

Andreas Ryff (1550–1603), einer der einflussreichsten Kleinräte des ausgehenden 16. und frühen 17. Jahrhunderts, steht beispielhaft für die geschickte Heiratspolitik und die Verbindung wirtschaftlicher und politischer Tätigkeiten und Interessen der Basler Elite jener Zeit. Wie bereits sein Vater war Ryff Tuchhändler und als solcher ständig unterwegs zu den Märkten der nahen Umgebung und in der Eidgenossenschaft.27 Auf diesen Reisen knüpfte er Bekanntschaften mit einflussreichen Personen weit über Basel hinaus. Auch seine Frau Margaretha Brunner spielte bei Ryffs Weg nach oben eine wichtige Rolle. Das Erbe, das sie aus ihrer ersten Ehe mitbrachte, erleichterte ihm den politischen Aufstieg. Die ökonomische Unabhängigkeit ermöglichte es Ryff, auch finanziell wenig einträgliche Ämter anzunehmen. Unter seinen zahlreichen Funktionen – fein säuberlich in ­seinem Ämterbuch› aufgelistet – war jene als Schützenmeister von besonderer Bedeutung. Es war zwar unbesoldet, ermöglichte ihm aber, sich im Rappenkrieg als Kommandant zu profilieren und für weitere Aufgaben in der städtischen Politik zu empfehlen (vgl. S. 165–167).28

Wichtig waren solche Ämter in den Zünften und Gesellschaften, weil sie das soziale Netzwerk erweiterten, das beim politischen Aufstieg behilflich sein konnte. Zudem repräsentierte das Amt die eigene gesellschaftliche Bedeutung. Um sich im Sozialgefüge der Stadt zu positionieren, wurden die weitreichenden Beziehungen öffentlich sichtbar gemacht. Dazu dienten gemeinsame Scheibenzyklen oder ­Einträge in die Stamm- und Freundschaftsbücher, die gerade zu jener Zeit in der Basler Elite weit verbreitet waren.29 So stifteten Onophrion Merian und Hans ­Jakob Stähelin eine gemeinsame Wappenscheibe für das Schützenhaus, nachdem sie 1605 zusammen ein Schützenfest organisiert hatten, das weit über Basel hinaus Beachtung fand [17]. Sie wählten damit nicht nur einen zentralen Raum des städtischen Soziallebens, sondern fügten sich auch ein in eine bereits bestehende Folge von Wappenscheiben, welche die Vernetzung der städtischen Elite untereinander und in der Region manifestierte.30 Zu den Stiftern von Scheiben gehörten sämt­liche eidgenössischen Orte, die Adelsfamilie Schenck zu Schenckenberg oder ­Andreas Ryff und Jacob Götz (1555–1614), die 1594 anlässlich der Übergabe des Schützenmeisteramtes eine gemeinsame Scheibe gestiftet hatten. Das letzte Beispiel unterstreicht nochmals die Bedeutung solcher Stiftungen für die Selbstinszenierung als Mitglied der städtischen Elite, stand Götz doch zu jenem Zeitpunkt am Beginn seiner politischen Karriere.

17 Hieronymus Vischer (zugeschrieben), Wappenscheibe von Onophrion Merian und Hans Jakob Stähelin im Schützenhaus, ca. 1611. Die Wappen und der Text der ­Wappenscheibe verweisen auf die beiden Stifter, die das Grosse Gesellenschiessen› von 1605 organisiert hatten. Die Oberbilder setzen das Schützenfest selbst in Szene. Vor den Toren Basels wurde damals eine Zeltstadt aufgebaut, in der die aus den Nachbargebieten nach Basel kommenden Schützen übernachteten.

Kaufleute wie Ryff und Götz bildeten um 1600 zunehmend die politische Elite der Stadt. Alternative Karrieremodelle wurden seltener, waren aber nicht ausgeschlossen. Auch Offizieren in fremden Diensten und Handwerkern eröffneten sich Chancen auf hohe politische Ämter. Selbst für zugezogene Handwerker aus wenig vermögenden Verhältnissen war ein politischer Aufstieg möglich. Dies bewies gerade der von Hans Bock porträtierte Melchior Hornlocher. Er entstammte in zweiter Generation einer aus Bern zugewanderten Familie, war als Messerschmied in einem Handwerk tätig und Mitglied der wenig einflussreichen Zunft zu Schmieden. Dennoch gelang es ihm, durch seine Heirat und andere soziale Verbindungen Zugang zum elitären Kreis zu finden und seine Karriere über Verwaltungsämter zu organisieren. Sein Beispiel zeigt, dass sich die politische Elite zwar als exklusive soziale Gruppe verstand, jedoch nicht komplett abgeschlossen war. Eine Integration war möglich durch Anpassung und durch das beharrliche Verfolgen von Heiratspolitik und Vernetzung, Ämterkumulation und Selbstrepräsentation.31

Divergierende Interessen in der politischen Führungsschicht

Ob gesellschaftliche Aufsteiger oder traditionelle Karrierepolitiker: Die Männer der politischen Elite glichen sich in ihren Strategien und Methoden, ihren persönlichen und politischen Zielen. Gemeinsam waren sie bestrebt, die Macht des Rates auszubauen und öffentlichkeitswirksam zu inszenieren. Sie verstanden sich nicht bloss als Vertreter der Stadt, für die sie als Repräsentanten gegen aussen auftraten, sondern mindestens ebenso sehr als Repräsentanten ihrer Zünfte, Familien und anderer Sozialverbände, auf denen ihr Einfluss basierte und deren Interessen sie in ihren politischen Entscheidungen stets mitbedachten.

18 Häuptergestühl im Münster, 1598. Das Häuptergestühl wurde 1598 von Hans Walter, Conrad Giger und Franz Pergo für die reformierte Basler Regierung im Münster neu geschaffen. Durch seine massive Ausstattung und seine zentrale Position innerhalb des Kirchenraums markierte es die Führungsrolle des Kleinen Rates. Wie die Renovation der Münsterfassade sorgte auch die pompöse Gestaltung des Gestühls für eine Kontroverse zwischen Rat und Geistlichkeit.

So ist es nicht überraschend, dass sich innerhalb der politischen Führungsgruppe immer wieder einzelne Interessengruppen gegenüberstanden, die sich ­permanent oder situativ entlang unterschiedlicher Fronten bildeten. Eine dieser Trennlinien verlief im Basel des späten 16. Jahrhunderts – ähnlich wie in anderen eidgenössischen Städten – entlang der aussenpolitischen Orientierung. Im Basler Rat standen sich eine französische› und eine reichsnahe› Gruppe gegenüber, die ihr aussenpolitisches Handeln entsprechend ausrichteten. Die Zugehörigkeit zu der jeweiligen Gruppe beruhte häufig auf gemeinsamen Erfahrungen im Ausland, etwa Aufenthalten an den dortigen Universitäten, und war mit Karrieren im Solddienst und dem Bezug von Pensionen verbunden. Der bereits erwähnte Jacob Götz, der vor seinem politischen Aufstieg in Basel im Dienst des französischen Königs gestanden hatte, gehörte im Rat zur französischen Gruppierung. Als deren führender Exponent war er an allen vier Gesandtschaften beteiligt, die zwischen 1602 und 1608 an den französischen Hof führten. So gestaltete er Basels Frankreichpolitik wesentlich mit und profitierte persönlich von den einflussreichen und karrierefördernden Gesandtschaften.32 Die unterschiedlichen aussenpolitischen Interessen des Rates führten jedoch weder zu einem dauerhaften Auseinanderdriften der Ratsherren noch zu nachhaltigen Divergenzen in der Basler Aussenpolitik. Denn trotz konkurrierender Interessen fand die politische Führungs­gruppe in wichtigen aussenpolitischen Fragen immer wieder zusammen, wenn es darum ging, Basel im eidgenössischen und europäischen Mächtegefüge zu ­positionieren.

Die aussenpolitische Orientierung einzelner Ratsherren war in der Regel über längere Zeit beständig, in vielen Familien überdauerte sie sogar mehrere Generationen. In anderen Fragen hingegen bildeten sich situativ kurzlebige Allianzen. Diese waren zwar keine Gefahr für die Einheit der politischen Elite als Gruppe, führten aber bei schwerwiegenden Verstössen gegen die politische Mehrheits­meinung zum Ausschluss einzelner Mitglieder. So musste der Kleine Rat 1587 darauf reagieren, dass mehrere Bürger aus politischen und konfessionellen Gründen trotz eines geltenden Reislaufverbots auf die Anwerbeversuche für den Feldzug Heinrichs von Navarra eingegangen und damit in den Kampf um die französische Thronfolge verwickelt waren. Unter den Angeworbenen waren auch Kleinräte, darunter Friedrich Ryhiner (ca. 1532–1587), der selbst Truppen rekrutierte und als Hauptmann in den Krieg zog. Auf diesen Verstoss gegen Ratsbeschlüsse reagierte der Rat vehement. Er schloss Ryhiner und andere Reisläufer aus dem Rat aus und entzog ihnen das Bürgerrecht. Die Allianzen innerhalb der politischen Elite spielten aber auch in diesem Fall und reduzierten das Strafmass: Seinen guten Beziehungen zu den politischen Entscheidungsträgern verdankte Ryhiner nämlich, dass weder der Besitz noch die Ehre seiner Familie von der Strafe betroffen und somit die Zugehörigkeit der Ryhiner zur Basler Führungsschicht nicht bedroht war.33

Universität und Gelehrte zwischen Wissenschaft und Politik

Zur Elite der Stadt gehörten neben den Ratsherren auch Gelehrte. So waren die führenden Theologen wie Antistes Johann Jakob Grynaeus in die Beziehungs­geflechte der politischen Entscheidungsträger eingebunden. Grynaeus hatte zahlreiche Verwandte und Freunde im Basler Rat, die sich – trotz der erwähnten ­Differenzen – in ihren Karrieren und der Durchsetzung ihrer Anliegen gegenseitig unterstützten. Er selbst nahm beim Kleinen Rat zugunsten seiner Freunde Einfluss bei der Besetzung kirchlicher Verwaltungsämter, während diese wiederum seine religiösen Reformanliegen unterstützten.34 Ähnliche persönliche Beziehungen, Verwandtschaften und Verschwägerungen bestanden an der Universität und innerhalb der Gelehrtenwelt. Grynaeus’ Verbindung zu seinem Professorenkollegen an der theologischen Fakultät, Amandus Polanus von Polansdorf (1561–1610), dem späteren Ehemann seiner Tochter, ist nur ein besonders anschauliches Beispiel, wie Gelehrte untereinander familiäre und verwandtschaftliche Bande knüpften. Auch deren Ziel bestand letztlich darin, ihre Stellung in den unterschiedlichen Sozialgefügen, in denen sie sich bewegten – in der städtischen Gesellschaft und in der europäischen Gelehrtenwelt –, zu festigen und ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Unter diesen Voraussetzungen zeichnete sich bereits im 16. Jahrhundert eine Tendenz zu Gelehrtendynastien ab, etwa jene der Amerbach oder der Platter. Solche Dynastien manifestierten sich dann im Laufe des 17. Jahrhunderts auch bei der Besetzung der Professorenstellen – nicht zum Vorteil des internationalen Profils der Universität –, mit Familien wie den Burckhardt, Faesch oder Wettstein.35

19 Caspar Bauhin, Kartoffelpflanze, Auszug aus seinem Herbarium, um 1600. Unter ­naturwissenschaftlich interessierten Gelehrten war das Sammeln und Trocknen von Pflanzen im 17. Jahrhundert eine weit verbreitete Praxis. Die ersten Herbarien in Basel stammten von Felix Platter und Caspar Bauhin. Beide legten selbst Gärten an, unternahmen Exkursionen in die nähere und weitere Umgebung und nutzten ihre gelehrten Netzwerke, um sich Pflanzen aus ganz Europa und Übersee zu ­besorgen. Die Kartoffelpflanze, bei der es sich um den vermutlich ältesten erhaltenen Beleg handelt, hatte Bauhin in seinem eigenen ­Garten angepflanzt.

Trotz dieser ambivalenten Tendenz war die Universität um 1600 in der europäischen Hochschul- und Wissenslandschaft von einiger Bedeutung. In gewisser Hinsicht kompensierte sie die abnehmende Rolle der Druckereien, die bis 1580 Basels Reputation als Stadt des Humanismus wesentlich geprägt, seither jedoch erheblich an Produktivität und Einfluss eingebüsst hatten. Nun war es vorrangig die Universität, die für die intellektuelle Profilierung der Stadt sorgte. In dieser Rolle profitierte sie einerseits von ihrer konfessionellen Hybridität als protestantische Universität, die noch immer dem Fürstbischof von Basel und damit einem Katholiken unterstellt war. Dies machte sie für katholische wie reformierte Absolventen gleichermassen attraktiv.36 Andererseits verliehen ihr gebildete Refugianten seit der Mitte des 16. Jahrhunderts neue Impulse. Auch um 1600 prägten deren Nachkommen das universitäre Leben. Die Auslegung antiker Texte wurde von einigen Professoren weiterhin auf hohem Niveau betrieben; Johannes Buxtorf d. Ä. (1564–1629) und sein Drucker Konrad Waldkirch (1549–1615) beispielsweise machten Basel zu einem europaweiten Zentrum der Hebraistik.37 Andere Gelehrte befassten sich vornehmlich mit den historischen Bezügen der Stadt und versuchten, Basel in der Vergangenheit zu verorten. Als Humanisten interessierten sich Basilius Amerbach (1533–1591) und Andreas Ryff für die Ausgrabung des römischen Theaters in Augst, die ab 1582 vom Rat unter Führung von Ryff vorange­trieben und von Amerbach gemeinsam mit Hans Bock dokumentiert wurde.38 Insgesamt hatten jedoch die humanistischen Disziplinen ihre Position eingebüsst. Dagegen erwiesen sich nun die Naturwissenschaften und die Medizin als besonders dynamisch. An der medizinischen Fakultät lehrten mit Theodor Zwinger, ­Felix Platter (1536–1614) und Caspar Bauhin (1560–1624) Professoren, die nicht nur ihre Wissenschaft auf hohem Niveau betrieben, sondern auch in der europäischen Gelehrtenwelt gut vernetzt waren. Studenten und Gelehrte aus ganz Europa fanden sich in den Hörsälen ein oder trafen sich in anderen der Bildung dienenden Einrichtungen in der Stadt zum gelehrten Austausch. Ein solcher von gebildeten Reisenden häufig aufgesuchter Raum war die Wunderkammer›, in der der Arzt und Medizinprofessor Felix Platter naturwissenschaftlich interessante Kuriositäten, aber auch Kunstgegenstände, Münzen und Textilien sammelte.39 Hier diskutierten die Gelehrten über die gesammelten und ausgestellten Objekte und knüpften Kontakte, die sie über Briefe und den Austausch von Büchern und Objekten fortsetzten. Auf diese Weise nahmen die Basler Mediziner und Naturwissenschaftler am florierenden europäischen, teilweise sogar globalen Wissensdiskurs teil.

Diese internationale Vernetzung der Professoren hatte Rückwirkungen auf die Universität. Die medizinische Fakultät – teilweise auch die juristische – waren in Lehre und Forschung auf der Höhe der Zeit.40 Dies zeigte sich in der Erschliessung neuer Wissensfelder und der Anwendung neuer Methoden. In der Medizin und den Naturwissenschaften wurden neue Ansätze zur Erforschung des Menschen und der Natur institutionalisiert, die auf Erfahrungen, Beobachtungen und Experimenten beruhten. So erweiterte die Basler Universität zeitgleich mit anderen im Jahr 1589 das Lehrangebot an der medizinischen Fakultät [20]41 um Anatomie und Botanik. Die Universität richtete im Unteren Kollegium, der sogenannten Alten Universität am Rheinsprung, einen Raum für anatomisches Sezieren sowie einen botanischen Garten ein, die sich alsbald zu Brennpunkten des akademischen und gesellschaftlichen Lebens entwickelten. Während das Theatrum Anatomicum öffentlicher Schauplatz der Autopsie von Leichnamen war, tauschten sich Platter und Bauhin bezüglich der Ausstattung des botanischen Gartens, des ersten solchen Gartens auf dem Gebiet der heutigen Schweiz, über konfessionelle und geografische Grenzen hinweg mit Gelehrten aus ganz Europa aus und liessen sich Samen und Blüten schicken, die neben der Erforschung von Flora und Fauna auch dem Experimentieren mit Heilkräutern dienten.42 Dass die Medizin, wie diese Beispiele zeigen, als experimentelle Wissenschaft und nicht mehr in der Tradition von Galen und Aristoteles betrieben wurde, machte die Basler Universität zu einem europaweit anerkannten medizinwissenschaftlichen Zentrum. Zwischen 1600 und 1625 wurde allein an der Medizinischen Fakultät die vergleichsweise hohe Zahl von vierhundert Promotionen abgelegt.43

Als Wissenschaftler und praktizierende Ärzte standen die Basler Mediziner am Schnittpunkt unterschiedlicher Beziehungsstränge des sozialen und gesellschaftlichen Lebens. Als Professoren waren sie in die internationale Gelehrten­welt eingebunden und pflegten Kontakte an andere Universitäten, an Höfe und zu Privatgelehrten. Mit der politischen Elite der Stadt waren sie eng verflochten. Sie wohnten in denselben Quartieren am Nadelberg, begegneten sich in den ­Gassen und Gasthäusern der Stadt und knüpften hier verwandtschaftliche oder freundschaftliche Bande. Der Arzt Felix Platter wohnte in unmittelbarer Nach­barschaft von Bürgermeister Remigius Faesch (1541–1610), und mit Caspar Krug (1518–1579) war ein anderer Bürgermeister sogar sein Trauzeuge gewesen.44 Als Arzt behandelte er zudem zahlreiche Patienten aus der städtischen Oberschicht und ­hatte folglich Zugang zu deren Häusern und Körpern. Zugleich betreute Platter – ähnlich wie Caspar Bauhins Bruder Johannes in der württembergischen Residenzstadt Mömpelgard (Montbéliard) – als Hofarzt› verschiedene Adelshäuser im Elsass und in Württemberg. Dies machte die Ärzte auch als inoffizielle Unterhändler für städtische Angelegenheiten oder für persönliche Anliegen attraktiv. Davon profitierte nicht zuletzt der Maler Hans Bock, dem Platter beispielsweise Malerarbeiten bei den Grafen von Rappoltstein vermittelte.45

Zwischen Askese und Sinnlichkeit: Die Suche nach Freiräumen

Die Arbeiten von Hans Bock waren in vielerlei Hinsicht eingebunden in die religiösen und gesellschaftlichen Ambivalenzen und Spannungslagen, welche die Stadt um 1600 prägten. Sittlichkeit und Askese, wie sie Bock auf den Porträtbildern zum Ausdruck brachte, waren denn auch nur ein möglicher Charakterzug und eine Form der Präsentation seiner Figuren. Auf anderen Gemälden inszenierte er sie als wenig sittsam und tugendhaft. Auf dem als Bad zu Leuk› bekannten Gemälde, das eine Szene in einem imaginären Wildbad zeigt, legte der Maler vielmehr Wert auf eine Sinnlichkeit, die zu Laster und Sünde neigte. Die Figuren sind mehrheitlich nackt und während des Badens weltlichen Sinnesfreuden zugeneigt: Männer und Frauen baden gemeinsam in demselben Becken, scheinen angeregt zu diskutieren, trinken Wein, singen, musizieren auf Instrumenten und berühren sich gegenseitig mit anzüglichen, erotischen Gesten. Sie scheinen sich nicht daran zu stören, dass drei Männer, im Bildhintergrund auf das Geländer gestützt, die ­Szenerie beobachten. Deren Anwesenheit suggeriert vielmehr, dass das freizügige Verhalten der Badenden gewollt oder ungewollt Aufmerksamkeit weckte und bei den Beobachtern Fantasien freisetzte.46 Die drei Männer spiegeln die Betrachter von Bocks Bild. Das Bad zu Leuk› ist damit ein Beispiel dafür, wie die Kunst dem Maler und seinen Auftraggebern, aber auch den Betrachterinnen einen zumindest imaginären Freiraum bot, in dem Sittenzucht und asketische Idealvorstellungen nicht oder nur teilweise griffen [21].

Imagination von Freiräumen

Die Reformation hatte in Basel zu einem Verlust an Bildern und damit an Kunst geführt. Zahlreiche Sakralräume, etwa die Klöster, waren aufgehoben und aus den erhaltenen Kirchenräumen Gemälde und Statuen entfernt worden. Dennoch blieb, wie die Renovationen am und im Münster zeigen, auch in der reformierten Stadt die Malerei häufig religiös geprägt und übersetzte Vorschriften und Tugendideale in eine Bildsprache.47 Darüber hinaus war die Kunst eine Form der Kommunikation, die gemeinsame Vorstellungswelten eröffnete, welche jenseits der öffent­lichen Norm liegen konnten. In diesen geistigen Freiräumen boten sich Möglichkeiten für Provokationen, Anspielungen und verschlüsselte Botschaften. So mokierte sich Hans Bock mit dem geschlechtergemischten Bad zu Leuk› über die asketisch-frommen Ideale, die im nachreformatorischen Basel galten. Geradezu verhöhnt wurden die Geistlichen als Wächter des Sittenprogramms von Bocks ­Venustanz›, der vermutlich anlässlich der Renovation des Basler Münsters ­entstand. Hier provozierte – und amüsierte – der Maler die Bildbetrachtenden dadurch, dass er einen Innenraum, der auffällig dem des Münsters ähnelte, mit erotisch ­inszenierten mythologischen Figuren besetzte und so zumindest imaginär das ­religiöse Zentrum der Stadt mit einer alternativen Bedeutung auflud [22].48

Solche Anspielungen waren wohl vor allem an Bocks Freunde aus dem Basler Bürgertum gerichtet, die humanistisch gebildet und in der Lage waren, mythologische Figuren und Allegorien zu entschlüsseln und zu interpretieren. Darin waren die Basler Bürger spätestens seit dem frühen 16. Jahrhundert geübt. Seit Hans Holbeins d. J. Malereien am Haus zum Tanz› waren Fassaden mit derartigen Szenen fester Bestandteil der städtischen Architektur [23].49 Auch um 1600 wurden sie von der städtischen Elite nachgefragt. Dabei oszillierten die Abbildungen zwischen der Inszenierung bürgerlicher Tugendideale und der freimütigen Selbst­repräsentation der Hausbewohner. So versah Hans Bock neben dem Rathaus und dem Münster auch mehrere Bürgerhäuser mit dekorativen Fassadenmalereien. Bereits zwischen 1571 und 1573, als noch junger Geselle, fertigte er fünf Entwürfe an. Wie die weiteren Skizzen lassen sich diese zwar nur in seltenen Fällen bestimmten Häusern zuordnen; teilweise ist sogar unklar, ob sie ausgeführt wurden. Dennoch zeigen die Entwürfe, wie Bock bürgerliche Tugendideale unter Rückgriff auf die griechische Mythologie in eine teilweise sehr aufwendige Bildsprache übersetzte und Programme schuf, die auf die humanistische Bildung der Haus­bewohner anspielten und diese im öffentlichen Raum widerspiegelten.50

21 Hans Bock d. Ä., Bad zu Leuk›, 1597.
Das Bad zu Leukzeigt ein imaginäres ­Wild­bad. Freizügige Personen und ihre teilweise ­obszönen Gesten prägen die Szenerie.

22 Hans Bock d. Ä., Venustanz›, 1580/1590. Im Venustanz› inszenierte Hans Bock mythologische Figuren in einem Kirchenraum, der an das Innere des Basler Münsters erinnert.

Auch in anderen Künsten wurden ähnliche Freiräume imaginiert und bisweilen in den öffentlichen Raum transportiert. Die Basler Drucker sahen sich zwar, wie bereits erwähnt, mit einer zunehmend rigiden Zensur konfrontiert, die ihre Spielräume einengte. Ihre Pressen standen vorwiegend im Dienst der Kirche und der Universität, und insbesondere letztere versorgte die Druckereien mit Lehrbüchern und umfassenden Enzyklopädien, mit Disputationen und Dissertationen. Daneben fanden fiktive und erzählerische Werke Aufnahme in die Verlagsprogramme. Mithilfe des Rhetorikprofessors Friedrich Castellio (1563–1613) und ­anderer Basler Gelehrter wurden französische und italienische Novellen sowie Adelsromane ins Deutsche übersetzt. Obwohl die städtischen Autoritäten in der ganzen Frühen Neuzeit gegen deren Verbreitung opponierten, fanden diese Bücher auch in der Basler Gesellschaft ihr Lesepublikum, das sie zur Bildung und Erziehung las, aber auch um sich an den entgrenzenden Geschichten zu unterhalten.51

War die Lektüre auf ein alphabetisiertes, gebildetes Lesepublikum beschränkt, so waren in öffentlichen Theateraufführungen inszenierte Stoffe einer breiteren Bevölkerung zugänglich. Auch das Theater diente der Vermittlung von Tugendidealen und der Unterhaltung, vor allem aber als Reflexionsraum für Themen der städtischen Politik und der politisch-moralischen Ordnung. Seit dem Mittelalter waren Fasnachtsspiele in Basel fester Bestandteil der städtischen Kultur und wurden in gedruckter Form verbreitet. Bibeldramen, Adaptionen antiker Stoffe und selbst konzipierte Stücke kamen in der Regel auf dem Kornmarkt, dem heutigen Marktplatz, zur Aufführung. Hier hatte schon in der Reformationszeit Pamphilus Gengenbach in seinen Theaterstücken das Verhalten der Basler Bürger angeprangert. Nach der Reformation sorgten die Humanisten und andere Gelehrte für ein Weiterbestehen einer Theaterkultur, die Moralvorstellungen mit aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen verband.52 Die Theater­bühnen wurden so geradezu zu Bühnen des städtischen Alltags; umso mehr, als die Bürger selbst – vor allem die Jungbürger – als Schauspieler figurierten und sich mit ihren Rollen identifizierten.53 Aufgrund der hohen Anzahl Rollen hatten Theaterauf­führungen dabei eine bedeutende gesellschaftliche Funktion. Das vom Dichter Matthias Holtzwart (ca. 1530–1580) adaptierte Stück Saul› beispiels­weise, 1571 aufgeführt, sah nicht weniger als hundertzehn Sprecherrollen und zweihundert stumme Statisten vor.54 Dass in theatralischen Inszenierungen die Grenzen von Moral und Sittlichkeit ausgelotet wurden und die Grenzüberschreitung bisweilen ihren Reiz bewies, zeigt sich daran, dass Kirche und Rat im Zuge der strengeren Auslegung der reformierten Orthodoxie das Theater als ordnungsgefährdend einstuften. Hier würde, hiess es etwa in einer Disputation von 1632, das Übel den potenziellen Nutzen immer übertreffen und das Wort Gottes spasses­halber – und damit schändlich – verdreht.55

Daneben gab es literarische Formen, die nicht für ein breites Publikum ­bestimmt waren und deshalb noch grössere Spielräume dafür boten, aus den gewohnten Gesellschaftsnormen auszubrechen oder diese zu ironisieren. Einen Eindruck davon vermitteln Korrespondenzen zwischen Basler Gelehrten, die sich häufig künstlerischer Stilmittel bedienten. Theodor Zwinger und Bonifacius Amerbach beispielsweise tauschten als Studenten Briefe aus, die sie in die Form von Gedichten im sogenannten Makkaroni-Stil kleideten, wie er vor allem von italienischen Humanisten gepflegt wurde. Dieser vorgeblich gehobene Stil kon­trastierte nicht selten mit dem derben oder sogar obszönen Inhalt der Briefe, die etwa von erotischen Verführungen oder gewalthaften Fantasien handelten.56 Auf diese Weise nutzten Zwinger und Amerbach ihre Bildung zu einem poetischen Spiel und schufen sich einen imaginären Raum, in dem sie den hohen religiös-­sittlichen Anforderungen entflohen, mit denen sie sich an der Universität, in ihren Familien und in der Stadt konfrontiert sahen. Eine ähnliche Korrespondenz ­führte Amerbach später auch mit Felix Platter.57 Gerade für die jungen Männer erfüllten diese Spielereien eine wichtige soziale Funktion. Indem sie gemeinsam Normen überschritten und die Grenzen des Sag- oder Machbaren ausloteten, vergewisserten sie sich ihrer Männlichkeit, festigten ihre Freundschaften und ihre Zugehörigkeit zu einer gemeinsamen Gruppe. So ist es auch nicht überraschend, dass sich in den Stamm- und Freundschaftsbüchern der Basler Bürger jener Zeit [25]58 ähnliche ­Andeutungen finden, wobei als Räume der Entgrenzung – wie im Bad zu Leuk› – Badstuben eine auffallend prominente Rolle einnehmen.

23 Haus zum Löwenzorn›, Fassadenmalerei aus dem 16. Jahrhundert. Die Fassadenmalereien am Haus zum Löwenzorn am Gemsberg (Nr. 2–4) gab der Eigentümer des Hauses, der aus Italien zugewanderte Kaufmann Balthasar Ravelasca, Mitte des 16. Jahrhunderts in Auftrag. Sie zeigen exemplarisch, dass Basel um 1600 eine bunte Stadt war. Ravelasca liess auch den Festsaal mit Wand­malereien ausschmücken.

Die Kunst der Basler Goldschmiede

(Michael Schaffner)

Die Bearbeitung von Edelmetallen war ein ­fa­cettenreicher Vorgang, der Menschen im frühneuzeitlichen Basel auf verschiedenen Ebenen zu faszinieren vermochte. Dies hatte viel mit handwerklichem Wissen, aber auch mit Herrschaft und zeitgenössischen Debatten rund um Konsum zu tun. Beispielhaft zeigen sich diese Dimensionen an der Grossen Gelte der Basler Weinleutenzunft. 1613 vom Goldschmied Hans Lüpold aus Silber gefertigt, greift die Form des repräsentativen Trinkgefässes das Zunftwappen der Weinleute auf: Die Gelte war ein geeichtes Gefäss, mit dem das Wein-
umgeld› bemessen wurde, die wichtigste von der Herrschaft erhobene Konsumsteuer. Die Kontrolle über die Ablieferung des Umgelds lag bei der Weinleutenzunft. In einem Zunfthaus mit prächtiger Renaissancefassade am Kornmarkt ansässig, gehörten ihr unter anderem wohlhabende Weinhändler an.59

Bei der Fertigung der Grossen Gelte wandte Hans Lüpold mehrere Techniken an. Auf der Aussenwand sind neben gegossenen und ver­goldeten Bauernfiguren auch getriebene Herbstszenen zu sehen, auf dem Deckel brach­te er filigrane Gravuren mit Darstellungen
eines Trinkgelages an. Am Henkel findet sich ein nach druckgrafischen Vorlagen gestaltetes Relief.60 Die Grosse Gelte belegt auf diese Weise, dass Basler Goldschmiede ihren Kollegen in den grossen Zentren der Edelmetallbearbeitung wie Augsburg und Nürnberg hinsichtlich Können in keiner Weise nachstanden. In Bezug auf die personelle Dichte dieses Handwerks profitierte Basel von der Zuwanderung aus dem süddeutschen und elsässischen Raum. Um 1560 belief sich die Anzahl der Meister auf rund dreissig. Auf dem Gebiet der Eidgenossenschaft waren ausser in Zürich nirgends so viele Goldschmiede aktiv.

Die hiesigen Goldschmiedewerkstätten waren in globale Handelsnetzwerke eingebunden. So erwähnen handschriftlich überlieferte Inventare umfangreiche Bestände an Edelsteinen, darunter auch Rubine und Saphire. Sie gelangten meist via den Markt von Goa in Indien über den Seeweg nach Lissabon und Antwerpen, von wo aus sie weiterverteilt wurden.61 Darüber hinaus verzeichnen die Inventare in Silber ­gefasste Naturalien wie Biberzähne, Elchsklauen oder sogar ein Stück Einhorn (wahrscheinlich aus dem Horn eines Narwals) sowie antike Münzen. Für solche Objekte interessierten sich gelehrte Sammler, die ebenfalls zur Kundschaft der Basler Goldschmiede gehörten und sich mit diesen über metallurgische Prozesse und alchemistische Praktiken austauschten.

Ein genauerer Blick auf die Grosse Gelte offenbart auch spannungsreiche Dimensionen von Herrschaft und Konsum: Bei dem Relief am Henkel handelt es sich um eine Allegorie des Lasters der Gefrässigkeit. Sollte sie die Mitglieder einer der wohlhabendsten Zünfte davor warnen, ihren Reichtum in ein allzu exzessives Konsumverhalten umzusetzen? Ferner mögen die tanzenden Bauern und die Gravur mit dem ausgelassenen Trinkgelage überraschen. Feiern die Figuren nicht viel eher die Ausserkraftsetzung als die Geltung der herrschenden Ordnung? Diese Fragen verweisen auf Spannungen in einer Gesellschaft, in welcher die Obrigkeit ab der Wende zum 17. Jahrhundert zunehmend nachdrücklich «alle Uppigkeit und Hoffart»62 in ihren Mandaten verbot, gleich­zeitig aber zahlreiche Zünfte repräsentative Goldschmiedearbeiten in Auftrag gaben, um in einem das Bisherige weit übersteigenden ­Ausmass ihren Reichtum zur Schau zu stellen. Michael Schaffner

Verbale Freiräume? Gotteslästerung als Habitus und Sünde

Entgrenzende Formen der Kommunikation zeigten sich nicht nur in der Literatur und in Korrespondenzen der Elite, sondern auch im alltäglichen verbalen Handeln: im Schwören und Fluchen, im Kritisieren oder gar Leugnen Gottes. Blasphemie, worunter solche Äusserungen subsumiert wurden, wird häufig mit den Unterschichten und Randgruppen assoziiert, mit Knechten, Gesellen und Fahrenden, notorischen Trinkern und Spielern. Auch der Adel und das gehobene Bürgertum griffen in bestimmten sozialen Situationen zu Flüchen und Schwüren, um Gott, die Obrigkeit oder eine Person zu beleidigen oder zu verwünschen.63 So beschimpfte die Basler Bürgerin Ursula Ermännin 1599 eine Gegnerin mit den Worten, sie sei eine «hundert tausendt thonnen Voll sacraments huor».64 Eine solche Lästerung konnte teuer zu stehen kommen. Denn bei Blasphemie handelte es sich um ein schweres Delikt, das gerade im 16. und 17. Jahrhundert rigoros verfolgt und im Extremfall – in Basel im 16. Jahrhundert mindestens einmal – mit dem Tod bestraft wurde.65

Die Kriminalisierung der Gotteslästerung fügt sich in das bereits skizzierte Sittlichkeitsprogramm ein, das Rat und Kirche intensiv verfolgten. Es war in theologischen Traktaten und in den Sittenmandaten fast schon Allgemeingut, dass Gott die Bevölkerung wegen des vielen Fluchens und Schwörens bestrafen würde. In den um 1600 erlassenen Mandaten wurde dies in der Regel eher beiläufig ­erwähnt, in der Reformationsordnung von 1637 dann weitschweifig ausgeführt. Im 18. Jahrhundert nahmen Gesetzgebung und Verfolgung deutlich ab, weshalb das späte 16. und das 17. Jahrhundert als intensivste Phase des Kampfes gegen die Gotteslästerung gelten können. Bezeichnend war vor allem die Intensität dieser Auseinandersetzung und die Dringlichkeit der gesetzgeberischen Aktivität; die eigentliche Kriminalisierung hingegen war, wie bei zahlreichen anderen zu jener Zeit strafbaren Verhaltensweisen, bereits im 14. Jahrhundert erfolgt. Nach der ­Reformation kam es bloss zu einer Anpassung des Delikts an den neuen Kontext. Gotteslästerung wurde bereits in der Reformationsordnung von 1529 an die neue Lehre angepasst, indem die Tatbestände um Schmähungen gegen das Abendmahl und die Taufe erweitert wurden.66 Insbesondere in der Reformationszeit wurde auch die bildliche Darstellung von Heiligen mit Gotteslästerung assoziiert.67 In dieser Hinsicht lässt sich die Debatte um die Münsterfassade als Fortsetzung ­dieser Auseinandersetzung betrachten, wenngleich Antistes Grynaeus diesen Vorwurf gegenüber dem Rat nicht explizit artikulierte.

25 Anonym, Fressender Narr› aus dem Stammbuch von Jacob Götz, 16. Jahrhundert. Stammbücher waren wichtige ­Medien der sozialen Vernetzung. Das Bild eines fressenden Narren› aus dem Stammbuch von Jacob Götz spielt auf Exzesse während der Badeausflüge an. Im dazugehörigen Gedicht wird das «sufen» und «fressen» auf der Badenfahrt ironisch als «vom Tüfel» herkommend verurteilt.

Der verbale Exzess der Gotteslästerung war zwar gesetzlich verboten, ­sozial aber oft toleriert oder sogar gestützt. Dazu trug bei, dass Gotteslästerung ein flüchtiges Delikt war. Es hinterliess keine materiellen Spuren, sondern existierte bloss in den Ohren von Zeugen. Entsprechend war die Obrigkeit darauf angewiesen, dass diese Blasphemie als solche erkannten und das Delikt zur Anzeige brachten. Für Amtleute und Wirte galt eine Denunziationspflicht, letztlich kam es aber häufig auf die Gemeindepfarrer an, ob ein Delikt angezeigt wurde.68 Auch dann konnten Gotteslästerer bisweilen mit Nachsicht rechnen. Dies lässt sich damit erklären, dass in bestimmten Alltagssituationen Fluchen und Schwören geradezu Teil des männlichen Rollenbildes und eine Begleiterscheinung von Konflikten um die Ehre waren. So gehörte Blasphemie zum sozialspezifischen Habitus von ­Rebleuten oder Metzgern69 und war etwa eine Möglichkeit, während des Kartenspiels im Wirtshaus ein freundschaftliches oder kumpelhaftes Verhältnis zu den Mitspielern herzustellen.70 Ähnlich wie die erotisch aufgeladenen Korrespondenzen war Gotteslästerung also nicht nur ein Delikt, sondern auch eine soziale Praxis, mit der sich Gruppen und Zugehörigkeiten konstituierten oder festigten.

Körperliche Freiräume: Sinnlichkeit und Geselligkeit in Badestuben

Neben der Imagination und dem Wort suchte sich die Gesellschaft ihre Exzesse auch in körperlichem Handeln. Prädestiniert hierfür waren die Bäder. Zwar sind Gemälde wie das Bad zu Leuk› oder die Gedichte, die Zwinger und Amerbach austauschten, in erster Linie kunstvoll verpackte Imaginationen und nicht als getreue Abbilder der Realität zu lesen. Dennoch hat die Forschung gerade für die Zeit um 1600 gezeigt, dass Mitglieder der städtischen Gesellschaft sich immer wieder in realen Räumen Situationen schufen, wo die Disziplinierungsbemühungen von Rat und Kirche nicht oder nur teilweise griffen, normüberschreitende Praktiken toleriert oder teilweise sogar gefördert wurden.

Zu jenen Räumen gehörten die Becken und Badstuben der Kur- und Heilbäder, in denen vor allem Kaufleute, Ratsherren und Gelehrte – teilweise auch nicht-bürgerliche Stadtbewohnerinnen und -bewohner – in geselliger Atmosphäre aufeinandertrafen, beisammensassen und dabei Grenzen ausloteten oder neu definierten.71 In den Jahren um 1600 waren Bäder besonders beliebt, da zu jener Zeit Heilwasser als geeignetes Mittel gegen eine Reihe von Krankheiten galt. Felix Platter, Caspar Bauhin und andere Basler Ärzte schickten ihre Patienten häufig zur Therapie in die Bäder und hielten sich auch selbst immer wieder als medizinische Experten, als Ratgeber oder als Badegäste an den Kurorten auf.72 Auf Stadtgebiet gab es keine derartigen Badestuben. Die Badeorte der Basler Bürger und Ärzte lagen ausserhalb der Stadtmauern, etwa in den nahe gelegenen Dörfern Brüglingen und Ettingen, oder etwas weiter entfernt in Plombières, Leuk oder im eidgenössischen Tagsatzungsort Baden. Entsprechend dauerten die Reisen und die Aufenthalte nicht selten mehrere Tage oder sogar Wochen, während denen sich die Badegäste zum gemeinsamen Bad und in den umliegenden Wirtshäusern oder Herbergen trafen. Gerade diese lange Verweildauer an einem Ort ausserhalb der Stadt machte die Bäder für die städtische Gesellschaft einerseits zu wichtigen sozialen Räumen, in denen Männer und Frauen sowohl innerhalb der Basler Bürgerschaft wie auch über geografische, soziale und konfessionelle Grenzen hinweg Beziehungen knüpften, Freundschaften pflegten, Geschäfte oder Hochzeiten anbahnten. Andererseits waren die Bäder dadurch auch Räume, die ausserhalb der Reichweite des in der Stadt geltenden Moralregimes lagen [26].

Heil-, Kur- und Wildbäder – Treffpunkte der Basler Elite

26 Die Heil-, ­Kur- und Wildbäder ­waren für die Basler Eliten wichtige soziale Räume. In den nahe der Stadt gelegenen Bädern trafen sie sich untereinander und mit dem Adel aus der Region. In weiter entfernten Orten wie dem Tagsatzungsort Baden vernetzten sie sich mit den eidgenössischen und europäischen Eliten.

Kontaktaufnahmen und Gespräche wurden dadurch begünstigt, dass im Bad viele soziale und kulturelle Distinktionsmarker, insbesondere die Kleider, wegfielen. So ergaben sich Gesprächssituationen, die unter anderen Umständen kaum zustande gekommen wären. Der Kaufmann Andreas Ryff beispielsweise berichtet in seinem Reisebüchlein, dass er in Baden gemeinsam mit dem Bischof gebadet und mit ihm «nach nothurft barlementiert» habe,73 und Felix Platters Vater lernte im Bad von Leuk den Abt von Muri kennen, was am Beginn mehrmaliger gegenseitiger Besuche stand.74 Felix Platter seinerseits nutzte seine Aufenthalte in den Bädern nicht nur zur Akquise neuer Patientinnen und Patienten und zur Festigung seines Status als Hofarzt› umliegender Adelshäuser, sondern auch zum Austausch von Objekten für seine Kunstkammer.75

Allerdings waren die Bäder keine rechts- und normfreien Räume, im Gegenteil: Umfangreiche Badeordnungen regelten Zugang und Verhalten, ihre Einhaltung wurde von Badeknechten und -meistern überwacht. Die sittlichen, häufig mit therapeutischen Ratschlägen verbundenen und entsprechend begründeten Vorschriften reichten von der empfohlenen Aufenthaltsdauer in den einzelnen ­Bädern bis zum massvollen Konsum von Wein und Speisen. Auch eine soziale ­Separierung war vor allem an den grossen Badeorten häufig vorgesehen, wo der Zutritt zu den einzelnen Bädern nach Geschlecht und nach Stand geregelt war. Dennoch boten die Badstuben für die sich im Bad formierende Gesellschaft ­Räume und Gelegenheiten für Freizügigkeit, Geselligkeit und anzügliche Avancen. Davon berichten Badetraktate, Briefe und andere Gelegenheitsschriften von Badegästen. Mit unverkennbar ironischem Unterton werden darin die Badeordnungen beschrieben und gerade dadurch ausschweifendes Verhalten sichtbar gemacht und geradezu heroisiert. Felix Platter nahm in einem umfangreichen Gedicht die Badeordnung aufs Korn, indem er erläuterte, wie ein Verstoss gegen die Ordnung mit Weinbussen› und Schlägen auf den nackten Körper bestraft würde. Durch Analogien parodierte Platter dabei zugleich die gute Ordnung in seiner Heimatstadt, die von einer Elite ausgearbeitet worden war, welche für sich selbst jedoch – zumindest im Bad – andere Massstäbe anlegte.76

Beim übermässigen Essen und Trinken und anderen Verstössen gegen die moralische Ordnung ging es, wie diese Beispiele zeigen, nicht nur darum, sittliche Freiräume auszuloten. Vielmehr stabilisierten gerade Grenzüberschreitungen die soziale und gesellschaftliche Ordnung. Sie festigten die Zugehörigkeit zu einer bestimmten, in diesem Fall elitären sozialen Gruppe und deren Exklusivität – auf dem Bad zu Leuk› symbolisiert durch die auf das Geländer gestützten, beobachtenden Männer, die nicht zur Badegesellschaft gehörten. In diesem Sinne waren Badstuben denn auch nicht vom normalen› städtischen Leben losgelöste Räume. Vielmehr wurden hier Zugehörigkeiten und Konventionen neu ausgehandelt, die – gerade durch das Sprechen, Schreiben und die in Zeichnungen freigesetzten Imaginationen – auch in den städtischen Raum hineinwirkten. So veränderte sich in den Jahren um 1600 nicht nur Basels Religiosität, sondern auch die Orte und Praktiken exzessiven Verhaltens.

Daniel Sidler, Marcus Sandl

Mandate regelten die ­öffentliche Ordnung und das individuelle Verhalten

20 Wappenscheibe der Medizinprofessoren der Universität Basel (Detail), 1613. Die von vier Basler Medizinprofessoren gestiftete Scheibe setzt das neue pharmazeutische Interesse der Mediziner ins Bild. Im Hintergrund ist ein botanischer Garten zu sehen, wie ihn Caspar Bauhin 1589 bei der Alten Universitätam Rheinsprung eingerichtet hatte. Im Vordergrund pflegen Frauen Pflanzen und sortieren Kräuter. Ein Gehilfe der im Bildzentrum abge­bildeten Mediziner arbeitet an einem Destillierofen zur Herstellung von Kräuterdestillaten.

24 Hans Lüpold, Die Grosse Gelte› der Weinleutenzunft, 1613.

Regieren und ­Entscheiden (1500–1800)

Die politischen Strukturen, die Machtverteilung und die Mechanismen der Entscheidungsfindung änderten sich von der Reformation bis in die Zeit der Helvetik kaum. Nachdem Basel sich ­zu ­Beginn des 16. Jahrhunderts vom Bischof und vom Reich emanzipiert hatte, dominierte der ­Kleine Rat das politische Geschehen. Dieser befand sich in der Hand weniger Familien, welche die wichtigsten Ämter und Beamtenstellen unter sich aufteilten. Familienherrschaft› und Klien­telismus führten immer wieder zu innenpolitischen Konflikten. 1691 kam es zu einer Verfassungs­reform, in deren Folge der Grosse Rat als Bürgerschaftsvertretung an Bedeutung gewann. Allerdings blieben auch danach verwandtschaftliche Netzwerke ein wesentlicher Bestandteil politischer Machtverteilung innerhalb der Stadtmauern. Aussenpolitisch war Basel in mannigfaltige, ­geografisch teils weitreichende Zusammenhänge eingebunden. Es besass ein Hinterland, war Teil der Eidgenossenschaft, pflegte vielfältige Kontakte ins Reich und nach Frankreich und kommuni­zierte mit den wichtigsten europäischen Städten und Höfen.

Die Ratsverfassung

Die Stadtherrschaft des Bischofs, die das politische Gefüge Basels jahrhundertelang geprägt hatte, war durch die Reformation beendet worden. Die Stadt gewann erheblich an innerer und äusserer Autonomie. Gleichzeitig veränderten sich die Inhalte obrigkeitlicher Gestaltungsaufgaben. Neben den weltlichen Belangen sollte die christliche Obrigkeit› von nun an auch das sittlich-moralische Verhalten der Einwohnerschaft regulieren. Gewählt wurde sie durch die Bürgerschaft, zu der allerdings nur eine Minderheit der Einwohnerinnen und Einwohner Basels zählte. Voraussetzung für die Teilhabe an Wahlen waren das Bürgerrecht sowie die Zunftzugehörigkeit, die nur Männern offenstand. Noch kleiner war der Kreis jener, die wichtige Ämter übernahmen und als Ratsmitglieder infrage kamen.

Die Dominanz des Kleinen Rats im 16. und 17. Jahrhundert

In den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts erhielt die Basler Ratsverfassung eine neue Form. Schon zu Beginn des Jahrhunderts wurde die Vorherrschaft der dominierenden patrizischen Gesellschaft gebrochen. Mit dem Beitritt zur Eidgenossenschaft 1501 wandte sich die Stadt nicht nur vom Reich ab, sondern schränkte auch den Aktionsradius des reichstreuen Basler Adels ein. Der Bischof, der mit seiner adelsfreundlichen Politik wesentlich zur patrizischen Herrschaft beigetragen hatte, war von dieser Entscheidung unmittelbar betroffen. Vor allem gegen ihn richteten sich in der Folge die weiteren Schritte städtischer Emanzipation. Gestärkt durch die eidgenössische Rückendeckung wurden 1515 die Ritter› und die Achtburger› – letztere setzten sich vor allem aus Grosskaufleuten zusammen – entmachtet, und 1516 gelangte mit Jakob Meyer zum Hasen erstmals ein nicht-­patrizischer Ratsherr in das Bürgermeisteramt. 1521 wurde beschlossen, von nun an ausschliesslich die zünftisch organisierte Bürgerschaft über die Zusammensetzung des Rats entscheiden zu lassen – was den endgültigen Bruch der Stadt mit der bischöflichen Oberhoheit bedeutete. 1529 gelang es, auch die letzten Vertreter der adligen Führungsschicht aus dem politischen Machtzentrum zu verbannen. Zwölf adlige Ratsherren mussten, nachdem sie sich der Reformation verweigerten, die Stadt verlassen. 1533 wurde schliesslich eine neue Ratsordnung verfügt, welche die Umgestaltungen im Sinne eines Handwerksregiments› bestätigte. Gleichzeitig wurde aber auch verhindert, dass die Zunftbasis weiter an Macht gewann. Das Zunftregiment und nicht die einfachen Zunftmitglieder entschieden über die ­Beschickung des Rats mit je zwei Zunftmeistern und zwei Ratsherren.1

27 Johann Sixt Ringle, Bürgermeister der Stadt Basel, mit Oberstknecht und zwei Ratsdienern, um 1625. Farben, Zeichen und Insignien drückten die Basler Staatsgewalt und Rechtshoheit aus. Neben dem Bürgermeister besass der Oberstknecht, hier in Begleitung zweier Ratsdiener in Amtstracht dargestellt, weitgehende Befugnisse.

Damit waren die Grundlagen für ein politisches System geschaffen, das sich in den folgenden Jahrzehnten immer stärker um den Kleinen Rat formierte. Der Kleine Rat bestellte die Häupter›, also den Bürgermeister und den Oberstzunftmeister, und er beanspruchte, die höchste gesetzgebende, vollziehende und richterliche Gewalt zu sein. Eine Mitgliedschaft im Kleinen Rat bedeutete, sich im Zentrum der Macht zu befinden. Demgegenüber verlor der Grosse Rat, der bereits vor der Reformation wenig Einfluss besessen hatte, weiter an Bedeutung. Vor allem konnte er nicht mehr aus eigenen Stücken tagen, sondern musste vom Kleinen Rat einberufen werden.2 In der Regel geschah das nur, um besonders wichtige oder heikle Entscheidungen wie Steuererhöhungen auf eine breitere Basis zu stellen und durch einen grösseren Personenkreis abzusichern. Im 17. Jahrhundert war dies nur fünfzehn Mal der Fall. Zudem hatten die Mitglieder des Kleinen Rats auch Sitz und Stimme im Grossen Rat. Schon dadurch war ausgeschlossen, dass letzterer eine eigenständige politische Rolle spielen konnte.

28 Basler Blutgerichtsstab, aus Elfenbein geschnitzt, vor 1763. Zu den Amts­insignien des Oberstknechts gehörte der Blutgerichtsstab mit einem auf zwei ­gekreuzten Knochen liegenden Toten­schädel, der bei der Verkündigung von Todesurteilen zum Einsatz kam.

Um in den Kleinen Rat zu gelangen, musste man Mitglied einer der fünfzehn städtischen Zünfte sein.3 Die vier Herrenzünfte – Schlüssel, Hausgenossen, Weinleuten und Safran – standen an der Spitze der Zunfthierarchie. Dahinter ­kamen mit den Rebleuten, Brotbecken, Schmieden, Schuhmachern und Gerbern, Schneidern und Kürschnern, Gartnern, Metzgern, Spinnwettern, Himmel und Goldener Stern, Webern sowie Fischern und Schiffleuten die elf Handwerkerzünfte. Die Kaufleute der Stadt, eine im 16. Jahrhundert nur zehn Prozent der zünftigen Bürger umfassende, aber an Bedeutung zunehmende Gruppe, organisierten sich vor allem in den Herrenzünften. Sie nahmen aber auch das in der Gewerbeordnung von 1552 geschaffene Recht auf Doppelzünftigkeit in Anspruch. So sassen reiche Kaufmänner seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auch in den Zunftvorständen der Handwerker und nutzten ihre Position, um ihre wirtschaftlichen und politischen Interessen gegen diejenigen der einfachen Zunftmitglieder durchzusetzen.

Schon wenige Jahrzehnte nach seiner Einführung wurde das Handwerksregiment somit durch Entwicklungen unterlaufen, in deren Folge sich die politische Macht wieder in den Händen von wenigen konzentrierte.4 Dies zeigte sich in den Machtverhältnissen im Kleinen Rat, aber auch auf der Ebene der verschiedenen Regierungskollegien. Insbesondere der sogenannte Dreizehnerrat gewann im Laufe des 16. Jahrhunderts immer grössere Bedeutung. Die Dreizehner bestanden aus den Häuptern des Kleinen Rats, dem Oberstknecht [28]5 als höchstem Ratsdiener sowie weiteren Kleinräten. Schon bald versammelte sich hier eine kleine städtische Führungsschicht, welche die politische Macht unter sich aufteilte und tradierte. Sie beriet alle Ratsgeschäfte vor, beanspruchte weitgehende Überwachungs- und Kontrollrechte und wurde schliesslich zum eigentlichen Exekutivorgan.

Neben dem Dreizehnerrat gab es eine Reihe weiterer Ausschüsse und Ämter, die zum Teil mit erheblichen Einflussmöglichkeiten verbunden waren. Dazu zählten an erster Stelle die sieben Landvogteien, welche die Herrschaft über die Basler Landschaft ausübten. Mit Ausnahme Liestals, das der städtische Schultheiss verwaltete, wurde aus dem Kreis des Rats für jedes Amt ein Landvogt gewählt, der für die niedere Gerichtsbarkeit, das Militär, die Polizei sowie die Finanzangelegenheiten verantwortlich zeichnete. Hinzu kamen für die vier oberen Ämter Liestal, Homburg, Waldenburg und Farnsburg ebenso wie für die drei unteren Ämter Münchenstein, Riehen und Kleinhüningen jeweils ein vom Rat bestimmter Landschreiber sowie verschiedene Untervögte, die für die Gerichte und die Gemeindeverwaltungen zuständig waren. Eine zweite Möglichkeit für eine bürokratische Laufbahn eröffnete sich seit der Reformation im Bereich der Kirchengut- und Klosterverwaltung. Die vom Rat eingesetzten Schaffner und Pfleger verfügten über beträchtliche Einkünfte (vgl. S. 108–109).

Der höchste und auch bestbezahlte Beamte der Stadt war der Stadtschreiber. Er stand der Kanzlei und ihren Angestellten vor, organisierte die Geschäfte beider Räte und leitete die Protokollführung. Häufig diente diese Stelle als Sprungbrett zu höheren politischen Positionen wie dem Bürgermeisteramt. Daneben existierten weitere innen- und aussenpolitische Kommissionen, die Geldflüsse regulierten, Wirtschaftsabläufe organisierten, Bauvorhaben überwachten, Staatseinkünfte verwalteten oder Nutzungsrechte regelten. Wenngleich all diese Ämter nominell ehrenamtlich waren, boten sie doch vielfältige Möglichkeiten, Einfluss auf die Geschicke der Stadt zu nehmen. Dasselbe galt für den Einsitz in einem der vielen Stadtgerichte. Neben den Schultheissgerichten, die über Zivilsachen entschieden, gab es das Gericht des Vogtes bei Vergehen gegen Leib und Leben, das Konsistorium für Verfahren gegen Universitätsangehörige, das für Scheidungen und Prostitution zuständige Ehegericht sowie das Fünfergericht, das bei Baustreitigkeiten tätig wurde. Als letzte Instanz fungierte auch in dieser Hinsicht der Kleine Rat.

Die Amtsbezirke der Herrschaft Basel

29 Die Landschaft Basels war in sieben Verwaltungsbezirke unterteilt: die Landvogteien Farnsburg, Homburg, Waldenburg, Liestal, Münchenstein, Riehen und Kleinhüningen. An der Spitze jeder Vogtei stand ein Landvogt, der im Auftrag des Rats das Polizei-, Steuer- und Militär­wesen regelte.

Städtische Wahlen

Alle wichtigen Ämter und Positionen wurden im frühneuzeitlichen Basel mittels Wahlen vergeben. Nicht nur die Häupter und die Stadträte, auch Zunftvorstände, Beamte und Professoren wurden durch Wahl bestimmt6 – entsprechend dem zeitgenössischen Selbstbild der Stadt als Gemeinschaft freier, gleicher und durch Eid verbundener Bürger. Ein demokratisch verfasstes Gemeinwesen im modernen ­Sinne war Basel dennoch nicht. Vorrechte, Ausnahmeregelungen und Privilegien sicherten die Führungsposition einer Minderheit und zementierten bestehende Ungleichheiten. So waren nur Männer wahlberechtigt, die das volle Bürgerrecht und ein gewisses Mindestalter besassen. Diese Einschränkung schloss einen Grossteil der Einwohner und alle Einwohnerinnen Basels von Wahlen aus. Zudem war der Wahlvorgang selbst kein Verfahren, in dem grundsätzliche Alternativen zwischen verschiedenen Personen und Programmen zur Entscheidung standen. Vielmehr diente er der Absicherung des Status quo auf der Basis von wechselseitigen Amtsübergaben, Kooptationen und Selbstergänzungen. So teilte sich der Kleine Rat in zwei gleich grosse Personenkreise, die jährlich alternierend die Regierungsgeschäfte übernahmen. Er besass vierundsechzig Mitglieder, nämlich sechzig ­Delegierte der Zünfte – pro Ratshälfte jeweils einen Zunftmeister und einen Zunftsratsherren aus den fünfzehn Zünften – sowie pro Ratshälfte einen Bürgermeister und Oberstzunftmeister. Ratswahlen waren also im Grunde die jährlich erfolgende Delegation von Herrschaftsrechten von einem Ratsteil zum anderen. Die Kleinräte selbst behielten ihr Amt in der Regel ein Leben lang. Nur wenn ein Ratsmitglied starb, wurde es durch Zuwahl aus dem Kreis der Grossratsmitglieder ersetzt. Im Grossen Rat wiederum sassen alle Zunftvorstände, die sogenannten Sechser, sowie der Zunftmeister und der Zunftratsherr. Ebenso wie im Kleinen wechselten sich im Grossen Rat alter und neuer Vorstand im Jahresturnus ab, ­sodass jede Zunft sechzehn Personen in den Grossen Rat schickte. Hinzu kamen die Schultheissen beider Stadtgerichte sowie die Meister der drei Kleinbasler ­Gesellschaften zum Rebhaus, zur Hären und zum Greifen. Auch in diesem Fall wurden Neumitglieder durch amtierende Mitglieder kooptiert.

Wenngleich Wahlen kein ergebnisoffener politischer Entscheidungsprozess waren, hatten sie für die Stadt doch eine zentrale Bedeutung. Vor allem die einmal jährlich stattfindenden Ratswahlen wurden mit grossem Aufwand vollzogen. Sie begannen jeweils am Samstag vor dem 24. Juni mit einem Gottesdienst im Münster, an dem sowohl der neue, aktuell zu wählende als auch der alte Rat teilnahmen. Nach Ende des Gottesdiensts formierten sich alle Ratsmitglieder zu einer Prozession, die sich feierlich vom Münsterplatz zum Rathaus bewegte. Dort angekommen, begann hinter verschlossenen Türen das Prozedere der Ratserneuerung. Nachdem die Mitglieder des alten und des neuen Rats ein Gebet gesprochen hatten und vereidigt worden waren, bestätigte man gemeinsam die Ablösung des alten Bürgermeisters und des alten Oberstzunftmeisters. Daraufhin trat der alte Rat ab und es erfolgte die Wahl der neuen Ratsherren nach der Reihenfolge der Zünfte.7

Die Basler Ratsverfassung

30 Das politische System war durch ein komplexes Geflecht von Ämtern und Institutionen geprägt. Es beruhte wesentlich auf Ungleichheit. Wahlberechtigt waren nur männliche Bürger.

Zur feierlichen Verkündung des Wahlergebnisses und zur Vereidigung der neuen Ratsmitglieder kam es dann am darauffolgenden Sonntag. Der Schwörtag› vollzog sich nach einem festen, zwischen 1521 und 1797 fast unveränderten Ritus. Um halb sieben rief die Rathausglocke die Häupter, Ratsherren und Meister zusammen. Nachdem sich diese in feierlich-repräsentativer Amtstracht versammelt hatten, wurden zunächst noch einmal die Namen der neuen Ratsherren verlesen. Dann nahm jeder von ihnen einen grünen Zweig oder eine Blume – einen Maien› – auf und bezog Aufstellung vor dem Rathaus. Auf diese Weise formierte sich erneut ein feierlicher Prozessionszug der städtischen Obrigkeit. An der Spitze standen die Häupter, gefolgt von den Ratsherren in der hierarchischen Folge der fünfzehn Zünfte sowie den Kanzleibediensteten. In dieser Ordnung setzte sich die Prozession in Richtung Petersplatz in Bewegung, wo sich schon die gesamte Bürgerschaft – eidgemäss – versammelt hatte. Nach der von Fanfaren begleiteten ­Ankunft der Obrigkeit vor dem Stachelschützenhaus verkündete der alte Bürgermeister die erfolgreich vollzogene Wahl und erbat Gottes Beistand für die Stadt. Anschliessend gab der Stadtschreiber der anwesenden Bürgerschaft offiziell die Namen der Gewählten bekannt. Zum Zeichen der Machtübertragung wurden den neuen Häuptern vom alten Bürgermeister und vom alten Oberstzunftmeister Kränze aufs Haupt gesetzt. Eine feierliche Vereidigung schloss das Wahlritual schliesslich ab.

Die aufwendige Inszenierung der jährlichen Ratswahl zielte darauf, Öffentlichkeit herzustellen. Vor den Augen und in Anwesenheit der Basler Bürgerschaft wurde die Macht vom alten auf den neuen Rat übertragen. Inszeniert wurde dabei nicht in erster Linie die neuerliche Verteilung der Macht, inszeniert wurde vielmehr die Macht an sich. Ja mehr noch, durch den in Anwesenheit der Bürgerschaft geleisteten Amtseid konstituierte sich die Stadt als kollektiver politischer Körper. Die Wahlen hatten also vor allem die Funktion, einen Raum für Aufführungen zu schaffen, die das, was sie aufführten, auch herstellten: nämlich die politische Einheit der Stadt.

Die Basler Klöster und ihr Vermögen nach der Reformation

(Carla Roth)

Während der Reformationszeit, als sich die Basler Klöster auf Druck der protestantischen Obrigkeit nach und nach entleerten, sicherte sich der Rat die Kontrolle über die Einkünfte und Besitztümer der Gotteshäuser. Im Gegensatz zu anderen protestantischen Obrigkeiten schlug er das sogenannte Klostergut aber nicht direkt dem städtischen Haushalt zu. Weil die Basler Klöster einen beträchtlichen Teil ihrer Einnahmen aus Gebieten ausserhalb des städtischen Herrschaftsgebietes und auch aus katholischen Gegenden bezogen, war der Rat hier darauf bedacht, die Klöster weiterhin als eigenständige Stiftungen auftreten zu lassen.8 Die direkten Verwalter der Klöster, die Schaffner, zogen auch nach dem Ende des Klosterbetriebs die den jeweiligen Gottes­häusern zustehenden Zehnten und Zinsen ein und sollten diese Mittel in erster Linie zu kirchlichen Zwecken einsetzen, etwa zum Unterhalt von Pfarrern und Kirchen oder zur Finanzierung des Armen- und Schulwesens. Anders als vor der Reformation wurden die Schaffner nun aber durch den Rat eingesetzt und unterstanden gleichzeitig mehreren Pflegern, die aus den Reihen der Ratsmit­glieder gewählt wurden.

Mit der Kontrolle über die Verwaltung des Klostergutes erlangte der Rat indirekt auch die Verfügungsgewalt über beträchtliche Ressourcen. Neben dem materiellen Besitz der Klöster und den Klostergebäuden, die im Verlauf der Frühen Neuzeit unter anderem als Getreidespeicher, Verwaltungsgebäude, Waisen- und Zuchthäuser genutzt wurden, gehörten dazu in erster Linie Zins- und Zehnteinnahmen in Geld, Getreide und Wein. Allein die jährlichen Einkünfte in Geld entsprachen zum Zeitpunkt der Reformation etwa einem Drittel der städtischen Geldeinnahmen. Auch wenn das Klostergut formal eigenständig blieb, vermochte es der Rat in vielfältiger Weise zu nutzen, indem er etwa die Löhne städtischer Amtsträger mit Zuschüssen aus dem Klostergut aufbesserte oder der Stadt günstige Kredite aus dem Klostergut verschaffte. Zunehmend scheint das Klostergut auch der Vernetzung der Stadt mit ihren politischen Nachbarn gedient zu haben. So erhielten zu Beginn des 17. Jahrhunderts beispielsweise der Herzog von Württemberg, der Markgraf von Baden-Durlach sowie die Äbte von St. Blasien und Lützel wiederholt ­grössere Kredite aus dem Klostergut, obwohl sie in Basel bereits hoch verschuldet waren. Nicht zuletzt aufgrund dieser Politik geriet das Klostergut im Verlauf des 17. Jahrhunderts in finanzielle Schwierigkeiten. Der Dreissigjährige Krieg führte dazu, dass ein Grossteil der erwarteten Zinszahlungen ausblieb. Gleichzeitig brachen wegen kriegsbedingter Ausfuhr­verbote für elsässisches Getreide die Einnahmen in Naturalien ein. Die Zinsausfälle, die sich über die Kriegsjahre akkumulierten, belasteten das Klostergut weit über das Ende des Krieges hinaus [31].

Am Beispiel des Klosterguts wird sichtbar, wie eng die wirtschaftlichen und politischen ­Verflechtungen zwischen Basel und seinem Umland waren – über herrschaftliche und ­konfessionelle Grenzen hinweg. Gleichzeitig entzündeten sich an der Verwaltung und ­Verwendung des Klostergutes aber auch innerstädtische Konflikte. Den Schaffnern und ­Pflegern wurden besonders im 17. Jahrhundert Misswirtschaft und Veruntreuung vorgewor­fen. Trotz mehrerer Verwaltungsreformen, im Zuge derer die einzelnen Klosterschaffneien schrittweise zusammengeführt wurden, blieb die Verwaltung des Klostergutes umstritten. Noch während des 1691er-Wesens war eines der zentralen Anliegen der Bürgerausschüsse eine Reform der Klostergutsverwaltung. Im Nachgang der Unruhen wurde jene schliesslich dem neu gegründeten Direktorium der ­Schaffneien› überantwortet, das sie bis zum Ende des Ancien Régime führte. Carla Roth

Schuldner des Basler Kartäuserklosters 1660

31 Die Karte zeigt die säumigen Schuldner und Schuldnerinnen des Basler Kartäuserklosters im Jahr 1660. Weitere, auf der Karte nicht ­dargestellte Schuldner waren der ­römisch-deutsche König (1743 lb), das Fürstentum ­Österreich (4876 lb) und die Landschaft ­Baden (9250 lb).

Politische Rituale und Entscheidungen

Wie bedeutend performative Akte und Rituale in der politischen Kultur der frühneuzeitlichen Stadt waren, zeigt nicht nur ein Blick auf den alljährlichen Wahl- und Schwörtag.9 Auch Bürgermeisterbegräbnisse, Fürsteneinzüge und Strafrituale konnten zu Aufführungen gemacht werden, in denen sich die anwesende Bürgerschaft nach zeitgenössischer Vorstellung zu einem politischen Körper – dem Körper der Stadt – formierte. Daneben gab es eine ganze Reihe von kleineren Ritualen, die ebenso wichtig für die politisch-soziale Ordnung waren: etwa Bürgermeister-, Doktor-, Rektorats- oder Zunftessen, Begräbnisse von Angehörigen der angesehenen Familien oder Feste.10 Ein solch kleines› Ritual fand auch am Sonntag nach dem Wahltag statt, wenn der Oberstzunftmeister auf allen Grossbasler Zunft­stuben den Jahreseid auf die politische Ordnung der Stadt abnahm. Acht Tage später passierte dasselbe dann in den drei Kleinbasler Gesellschaften. Erst auf ­diese Weise wurde die jährliche Wahl zum Abschluss gebracht.

Rituale waren darüber hinaus von Bedeutung, wenn es um die Entscheidungsfindung im Rat und den politischen Alltag ging. Um Entscheidungen treffen zu können, bedurfte es einer Art Drehbuch, durch welches Verfahrensweisen festgelegt wurden. Die wichtigsten diesbezüglichen Festlegungen standen in der ­Ratsordnung, die in regelmässigen Abständen verlesen und auf diese Weise als Entscheidungsgrundlage immer wieder neu bekräftigt wurde. Durch die Verlesung erhielt die Ordnung normativen Charakter für die einzelnen, regelmässig anberaumten Sitzungen, die selbst wiederum rituell gerahmt wurden. Zunächst informierte das Läuten der Ratsglocke die Ratsmitglieder darüber, dass sie sich ins Rathaus zu begeben hatten. Nachdem sich der Rat dann vollständig im Rathaus versammelt hatte – Absenz war nur in Ausnahmesituationen entschuldigt –, sprachen die Ratsmitglieder ein gemeinsames Gebet. Anschliessend eröffnete der ­Bürgermeister die Sitzung und verkündete die zur Aussprache anberaumten Themen und die Reihenfolge der Wortmeldungen. Aussenpolitische Angelegenheiten wurden an anderen Wochentagen behandelt als die städtischen Finanzen oder Rechtsfälle.

Auch die Abstimmung, die am Ende jeder Sitzung stand, war streng reguliert. Es gab zunächst eine Umfrage, um den Meinungsstand zu einem Thema zu eruieren. Eine Ablehnung des vorher diskutierten Vorschlags konnte nur durch einen Gegenvorschlag erfolgen, was dem Zweck diente, möglichst wenig Dissens zu produzieren. Die Entscheidungsfindung war der neuralgische Punkt der Basler Ratsverfassung. Zwar legitimierte sich jeder Ratsentscheid dadurch, Ergebnis einer Aussprache und damit eines offenen Verfahrens zu sein. Gleichzeitig war es aber für die Gültigkeit aller Entscheidungen unabdingbar, dass die Obrigkeit die in den Wahlen rituell hergestellte Einheit der Bürgerschaft auch im politischen Alltag ­verkörperte. Meinungsverschiedenheiten tatsächlich auszutragen, war deshalb hochproblematisch und nicht vorgesehen. In der Praxis führte dies dazu, dass die Ratsversammlung allein schon aufgrund ihrer Grösse nicht als Ort der politischen Auseinandersetzung dienen konnte. Entscheidungen wurden nicht durch den Austausch von Argumenten im Plenum herbeigeführt. Stattdessen kam es immer wieder zu Vorbesprechungen in kleineren Gruppen; sie reichten von der notwendigen Suche nach Kompromissen zwischen Meinungsführern und Interessenvertretern bis zu Mauscheleien und geheimen Absprachen.

Konsens und Konflikt

Da es die Funktion von Wahlen und Entscheidungen war, Konsens herzustellen und die städtische Einheit anschaulich zu machen, durfte ihr Ausgang nicht offen sein. Im Gegenteil: Ziel war es, gerade keine einheitsgefährdende Veränderung zuzulassen. Diesem Anliegen entsprach nicht nur die Einheitssymbolik, die alle Phasen des Wahl- oder Entscheidungsvorgangs prägte, sondern auch deren religiöse Aufladung.11 Durch die Adaption liturgischer Begrifflichkeiten und Elemente wie dem gemeinsamen Gebet erhielten die Wahlen eine zeitlos-transzendente Dimension. In der Einheit der Bürgerschaft war Gott anwesend, der Dissens hingegen gehörte zur Wesenseigenschaft des Bösen und wurde dementsprechend ­verurteilt. Dies schränkte die Möglichkeiten der Bürgerschaft ein, Kritik zu üben und Reformen zu fordern. Aber auch die Obrigkeit musste sich stets am Konsens orientieren, mangelte es ihr doch an handfesten Sanktionsmitteln, sobald es zu einem Konflikt kam.

Korruption und Wahlabsprachen

Zwei Vergehen, die der Obrigkeit immer wieder vorgeworfen wurden, gefährdeten den städtischen Konsens besonders. Der erste Vorwurf war der der Korruption. An der Uneigennützigkeit politischen Handelns durfte kein Zweifel aufkommen. In Basel gab es deshalb immer wieder den Versuch, die weitverbreitete Praxis des Schenkens zu regulieren und vom Korruptionsverdacht zu befreien. Geschenke zu überreichen und sich auf diese Weise gegenüber Amtleuten, vom Torhüter bis hin zu den Häuptern der Obrigkeit, erkenntlich zu zeigen, gehörte zur politischen Kultur der vormodernen Stadt.12 Gerade bei niederen Amtspersonen stellten sie häufig die Haupteinkünfte dar. Auch Geldgeschenke gab es, die häufig – der Metaphorik des Aus-Schenkens› entsprechend – in Weinkrügen überreicht wurden. Andere Geschenkpraktiken spielten auf althergebrachte Bewirtungsrituale an, die ihren mittelalterlichen Ursprung in der Gastung› eines Herrschers und seines Gefolges hatten. Dies diente dazu, von vornherein dem Verdacht entgegenzutreten, dass Geschenke auch Bestandteil situationsgebundenen politischen Kalküls sein konnten.

Ein zweiter Konfliktherd ergab sich mit Blick auf die Wahlverfahren. Immer wieder wurde der Verdacht geäussert oder der Vorwurf erhoben, dass es zu ­Absprachen bei der Vergabe von Ämtern gekommen sei. Auch hier versuchte die Obrigkeit ihren Willen zu demonstrieren, Wahlvorgänge gegen unberechtigte Einflussnahme abzusichern. Ende der 1680er-Jahre wurde deshalb die sogenannte Ballotierordnung erlassen. Sie sah bei Personalentscheiden ein kompliziertes Losverfahren vor, durch das im Verlauf des Wahlprozesses immer wieder Teile der Wahlberechtigten ausgeschlossen und neue kooptiert wurden.13 Die zufällige Auswahl der wahlberechtigten Personen sollte sicherstellen, dass es bei der Vergabe von Rats-, Verwaltungs- und Zunftämtern ebenso wie bei der Besetzung von Professorenstellen zu keinen irregulären Absprachen oder Beeinflussungen kommen konnte. Auch dieses komplizierte und aufwendige Wahlverfahren verhinderte ­jedoch nicht, dass Gaben, Geschenke und Gefälligkeiten weiterhin eine wichtige Rolle spielten. So blieb das sogenannte Praktizieren nicht nur ein zentrales Thema in den politischen Diskussionen, sondern konnte auch Anlass zu gewalttätigen Auseinandersetzungen sein.

Familienherrschaft und Oligarchisierung

Trotz aller Ankündigungen und Beteuerungen der städtischen Eliten folgten die politischen Entscheidungsprozesse in den seltensten Fällen sittlich-moralischen Grundsätzen. In der Regel orientierten sich die politischen Akteure an Methoden, die dem Machterwerb und -erhalt unter dem Vorzeichen institutionell wenig verfestigter Strukturen am dienlichsten erschienen. Ein obrigkeitliches Gewaltmonopol war kaum durchzusetzen und die wenigsten politischen Prozesse waren durch gesatztes, verschriftlichtes Recht kodifiziert. Kaum erworben, musste eine Machtposition gerechtfertigt und verteidigt werden. Der notorisch drohende Macht­verlust war ein Grund, warum die politisch führenden Schichten die politische Hierarchie unter Rückgriff auf weitere, vor allem ökonomische Ressourcen zu stabilisieren versuchten. Politische Entscheidungen fanden ihre Richtschnur insofern immer wieder in den wirtschaftlichen Vorteilen, die sie den Entscheidern brachten. Familien- und Verwandtschaftsverbände waren hierfür besonders geeignet. Sie fungierten als Netzwerke, über die sich politischer Einfluss und ökonomischer Vorteil miteinander in Verbindung bringen und sozialer Vorrang – über Generationen hinweg – auf Dauer stellen liessen.14 Die wichtigsten Basler Familien waren dementsprechend durch Heirat, Verschwägerungen oder die wechselseitige Unterstützung bei der Besetzung von Ämtern eng verbunden. Häufig waren es die ­Frauen, die informelle Netzwerke herstellten und pflegten und es den männlichen Familienangehörigen damit ermöglichten, im politisch-administrativen Gefüge der Stadt aufzusteigen.15

Die institutionellen und rechtlichen Möglichkeiten, diesen Oligarchisierungstendenzen entgegenzutreten, waren gering. Seit die Stadt sich vom Bischof emanzipiert hatte, waren konkurrierende Gewalten ausgeschaltet.16 Alle politischen Ämter wurden allein aus dem Kreis der Bürgerschaft und durch die Bürgerschaft besetzt, Kontrollmechanismen waren dabei nicht vorgesehen. So hatte im Grunde die zunehmende städtische Autonomie die Grundlage dafür geschaffen, dass der Zugang zu den wichtigsten politischen Ämtern schon im Laufe des 16. Jahr­hunderts immer stärker von kleinen, in sich geschlossenen Gruppen kontrolliert werden konnte. Zwar gab es, wie die Ratsverfassung von 1533 zeigt, von Beginn an ein Bewusstsein, dass Wahlen manipuliert werden konnten. Ein Verbot, Familienan­gehörigen ungerechtfertigte Vorteile zu verschaffen, war darin ausdrücklich festgeschrieben. Gleichzeitig jedoch beschwor die Verfassung die Einheit der Bürgerschaft. Insbesondere dem Kleinen Rat wurde als wichtigste Aufgabe zugewiesen, die «burgerliche einigkeit [zu] erhalten».17 Die Einheit der Stadt als oberste Prämisse hebelte im Zweifelsfall alle formalen Festlegungen und Verfahrensregeln aus. Auch das Nepotismusverbot fand, wie in einer der Ratsverfassung von 1533 beigefügten «Ratserkanntnis» niedergelegt wurde, seine Grenzen im Gutdünken des Regiments, das es «je nach gelegenheit der sachen» anpassen, ja gegebenenfalls auch ignorieren konnte.18 Die Folge war, dass die politische Kultur der Stadt über Jahrhunderte durch Familienherrschaft [33]19 und Klientelismus geprägt wurde.

33 Stammbaum der Familie Burckhardt, 1816. Ausgehend von den Stammeltern Christoph ­Burckhardt (1490–1578) und seiner zweiten ­Ehefrau Gertrud Brand (1516–1600), stellten die Burckhardt über Jahrhunderte hinweg Bürger­meister, Diplomaten und Gelehrte und gehörten ­damit zu den einflussreichsten Familien Basels. Stammbäume ­dokumentierten diese Bedeutung der führenden Familien.

Verfassungsrechtlicher Wandel und politische Kontinuität

Letztlich waren es vor allem moralisch-sittliche und nicht politische Argumente, die gegen die Herrschaft der wenigen führenden Familien in Anschlag gebracht wurden. Immer wieder stellten sich einzelne Pfarrer oder gar die Gesamtheit der Basler Prädikanten gegen den Rat, warfen ihm Nachlässigkeit und Unwillen bei der Durchsetzung der geltenden Normen vor und beklagten die «Gabenfresserei» und die Sittenlosigkeit seiner Mitglieder.20 Die Praxis des Ämterkaufs und alle Arten von persönlicher Vorteilnahme wurden mit dem Argument kritisiert, dass sich Amtsträger eines Meineids schuldig machten. Tatsächlich war die Versicherung, das verliehene Amt rechtmässig erlangt zu haben, Teil des Eids, den alle Vertreter des Rats leisteten, und der öffentlich erhobene Vorwurf des Meineids konnte ­Konflikte eskalieren lassen. Die Obrigkeit reagierte auf diesen Vorwurf mit einer endlosen Ankündigungspolitik, welche die Verchristlichung der Welt in Aussicht stellte. Geistlichkeit und Obrigkeit erliessen gemeinsam immer neue Mandate, die im Namen der Reformation immer detailliertere Vorschriften und Regeln setzten, deren Formelhaftigkeit letztlich vor allem eines sichtbar machte: den Mangel an entsprechenden inneren Einstellungen und Haltungen.21

Trotz all dieser auf Stabilität ausgerichteten Mechanismen kam es Ende des 17. Jahrhunderts vor dem Hintergrund der beschriebenen Klagen zu einer weitreichenden Verfassungsreform. Die herrschende Praxis der Ämtervergabe hatte dazu geführt, dass die Amtsträger nur noch aus dem kleinsten Kreis weniger Basler Familien – namentlich der Burckhardt, Socin und Faesch – kamen. Auch die zu dieser Zeit zunehmend unübersichtliche Lage der Staatsfinanzen sowie eine aussenpolitische Bedrohungssituation durch die Feldzüge Ludwigs XIV. (1638–1715) und den Bau der Festung Hüningen trugen dazu bei, dass die schwelenden politischen Konflikte obrigkeitlich nicht mehr einzuhegen waren. 1691 eskalierte die Situation und es kam zu tumultartigen Protesten, die im Wesentlichen von den Basler Zünften getragen wurden und das Gemeinwesen nachhaltig erschütterten. Zwar gelang es, den Aufstand niederzuschlagen. Um Zugeständnisse, die eine ­Änderung der politischen und verfassungsrechtlichen Strukturen einschlossen, kam der Rat indes nicht herum. Dem Grossen Rat, der bislang so gut wie keine Rolle gespielt hatte, wurde eine grössere Bedeutung gegeben. Formal galt er von nun an als zentrales politisches Gremium und oberstes Staatsorgan. Die Grossräte bestimmten die Zusammensetzung des Kleinen Rats und wählten mit den zwei Bürgermeistern und Oberstzunftmeistern auch die Spitzen der Stadt. Zudem fiel jetzt die Besetzung der Landvogteien sowie die Haushaltung› in ihre Kompetenz. Mit der Haushaltung, die seit 1616 die Aufsicht über Einnahmen und Ausgaben, über Zölle und Steuern sowie die jährliche Rechnungslegung innehatte, gewann der Grosse Rat die Herrschaft über eines der wichtigsten wirtschaftspolitischen Gremien der Stadtverwaltung. Neu geschaffen wurde zudem das Direktorium der Schaffneien zur Verwaltung des verstaatlichten Kirchen- und Klosterguts, um dort weitere Misswirtschaft zu verhindern.

Die Veränderungen infolge des sogenannten 1691er-Wesens hatten bis 1798 Bestand. Der Grosse Rat wurde von nun an in regelmässigen Abständen einberufen und besass das Recht, Gesetze zu initiieren und zu beschliessen. Die Steuererhebung und Verwaltung fielen in seine Kompetenz. Er wählte die Häupter und die Zunftratsherren und bestimmte den gesamten Bereich der Aussenpolitik, angefangen von der Zusammenstellung von Gesandtschaften bis hin zum Abschluss von Staatsverträgen. Nicht zuletzt hatte er das Ernennungsrecht für wichtige ­Verwaltungsstellen wie den Stadtschreiber, die Landvögte und die Direktoren der Schaffneien. Der Kleine Rat musste sich demgegenüber formal mit minder wichtigen Besetzungsrechten und untergeordneten Aufgaben zufriedengeben. Der Einfluss der führenden Kaufmannsfamilien indes, der Auslöser für die Verfassungsreform, wurde dadurch kaum gebrochen. Dies hatte nicht zuletzt mit einem im 18. Jahrhundert stetig wachsenden Berufsbeamtentum zu tun, das sich zur wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Ressource der Basler Elite entwickelte. Vor allem im Bereich der Klosterverwaltung, über welche der Kleine Rat auch nach Einrichtung des Direktoriums die Verfügungsgewalt besass, wurden Bürokratisierungsprozesse vorangetrieben, die im Sinne der bestehenden klientelistischen Versorgungspolitik genutzt wurden.22 Nicht nur die Einnahmen aus den ehemals klösterlichen Besitzungen ausserhalb der Stadtmauern, sondern auch die Umnutzung und Verpachtung klösterlicher Immobilien in der Stadt selbst versprachen hohe Renditen.23

Stadt, Eidgenossenschaft und Aussenpolitik

In den innerstädtischen Entwicklungen und Konflikten Basels spielten aussenpolitische Konstellationen immer wieder eine grosse Rolle. Angesichts der geografischen Nähe zu Frankreich und den vorderösterreichischen Gebieten Habsburgs musste die Stadt auf ihre Beziehungen zu den beiden Konkurrenten um die Vorherrschaft in Europa besonderes Augenmerk legen. Vor allem unter wirtschaftspolitischen Vorzeichen waren zudem gute Kontakte auch zu entfernt gelegenen Städten und Höfen in Oberitalien ebenso wie in Flandern oder den Niederlanden von Bedeutung. Schliesslich hatten sich mit dem Beitritt zur Eidgenossenschaft für Basel neue aussenpolitische Verpflichtungen, aber auch Möglichkeiten ergeben. Ein dichtes institutionelles und informelles Geflecht von Austauschbeziehungen spann sich vor allem um die Tagsatzung, zu der sich Bürgermeister und Angehörige der politischen Elite regelmässig in Baden versammelten. Sie spielte in der einvernehmlichen Verwaltung der gemeinsamen Untertanengebiete eine Rolle, war zudem ein Gremium, in dem gemeinsame aussenpolitische Positionen definiert wurden, und nicht zuletzt Ort innereidgenössischer Konfliktkommunikation. Auch im Verhältnis zwischen Stadt und Landschaft war die Tagsatzung von Bedeutung, konnte sie im Konfliktfall doch von beiden Parteien angerufen werden.

Das politische Selbstverständnis der Stadt zwischen Bürgerschaft und Souveränität

Innen- und Aussenpolitik wurden im Selbstverständnis der Basler Obrigkeit lange Zeit nicht prinzipiell unterschieden. Das wichtigste Leitbild politischen Handelns und Entscheidens war das der guten und gerechten Regierung.24 Dieses Leitbild resultierte nicht aus einer staatstheoretischen Reflexion, sondern gründete auf sittlich-moralischen Verhaltenslehren und Stadtvorstellungen, die ihren sicht­baren Ausdruck in den gemeinschaftsstiftenden Ritualen und performativen Handlungen der gesamten Bürgerschaft fanden. Das Politische gewann hierbei nicht vom Staatsgedanken her sein Profil, sondern vom politischen Kollektiv als einer Gemeinschaft tugendhaft – beispielsweise gerecht, besonnen und weise –handelnder Menschen. Entsprechend war die Stadt als Bürgergemeinde definiert. Aber auch regional übergreifende Zusammenhänge wie die Eidgenossenschaft und andere politische Zusammenschlüsse liessen sich so beschreiben.

Im Laufe des 17. Jahrhunderts gewann, insbesondere mit Blick auf die aussenpolitische Situation der Stadt, ein zweites Prinzip an Bedeutung: jenes der Souveränität. Schon vor 1501 hatte die Basler Obrigkeit die Überzeugung vertreten, dass Basel als Freie Stadt› innerhalb des Reichs dem Kaiser zwar als Reichsoberhaupt, jedoch nicht als Stadtherrn unterstand. Der Beitritt zur Eidgenossenschaft hatte die aussenpolitische Unabhängigkeit gegenüber dem Reich weiter befördert, und die Befreiung von der Herrschaft des Bischofs 1521 vergrösserte nochmals die städtischen Handlungsmöglichkeiten. Mit der zunehmenden Unabhängigkeit Basels korrespondierte das Bewusstsein einer stetig wachsenden politischen Selbstbestimmung – was letztlich in die Vorstellung mündete, dass die Stadt die höchste Gewalt innehabe, aus der jede einzelne politische Handlung und Entscheidung ihre Legitimität bezog.25

Die theoretischen Grundlagen für dieses Politikverständnis schuf Jean ­Bodin (1529/30–1596) mit seinem 1576 erschienenen Werk Les six livres de la République›. Bodins staatstheoretische Überlegungen wurden in Basel wie in der gesamten Eidgenossenschaft intensiv rezipiert und in einen politischen Diskurs übersetzt, der seit dem 17. Jahrhundert um den eingedeutschten Begriff der ­Republik› kreiste und sich schliesslich im 18. Jahrhundert in der Überzeugung verdichtete, dass eine städtische Obrigkeit «durch die Gnad Gottes keinem anderen gewalt unterworfen ein freyes und independentes Regiment» sei.26 Diese ­Definition richtete sich sowohl gegen ein monarchisches Verfassungsverständnis als auch gegen die Ansprüche der Kirche oder anderer Korporationen, die politische Mitspracherechte reklamieren konnten.

Basel, die Eidgenossenschaft und Europa

Die Souveränität Basels spielte vor allem dann eine Rolle, wenn es um die äusseren Angelegenheiten der Stadt ging. Über aussenpolitische Bündnisschlüsse sowie Fragen von Krieg und Frieden entschied bis 1691 offiziell der Kleine, danach der Grosse Rat. De facto wurden die aussenpolitischen Weichenstellungen im Dreizehnerrat vorgenommen. Dieser war allerdings nicht frei in seinen Entscheidungen. Durch den Beitritt zur Eidgenossenschaft war Basel viele Verpflichtungen eingegangen, die seine Souveränität einschränkten. So besass die Tagsatzung nicht nur das Recht, sich in Konflikte zwischen Obrigkeit und Untertanen einzuschalten. Sie übernahm auch das Konfliktmanagement, wenn es zu Auseinandersetzungen zwischen zwei oder mehreren eidgenössischen Orten kam.27 Dabei galt das Prinzip des neutralen Dritten, der in der Lage war, die Verhandlungen zu dirigieren und Kompromisse auszuloten. Basel selbst war aufgrund seines Bündnisvertrags von 1501 zur Neutralität und aktiven Friedensdiplomatie angehalten und deshalb auf eine Mittlerrolle festgelegt. Diese Rolle einzunehmen gelang nicht mehr, sobald es um religiös konnotierte Auseinandersetzungen ging. In diesem Fall gab es keine neutrale Position, sondern nur zwei nach den Konfessionen klar getrennte Lager, die sich auch getrennt versammelten. Während sich die katholischen Orte jährlich sieben- bis neunmal trafen und die reformierten einschliesslich Basels ein- bis dreimal zusammenkamen, fanden gemeinsame Tagsatzungen aller Eidgenossen nur noch dreimal im Jahr statt.28

Die konfessionellen Differenzen machten nicht nur die innereidgenössische Friedenswahrung schwierig, sondern wirkten sich auch darauf aus, wie die eidgenössischen Orte im europäischen Zusammenhang agierten. Auch in diesem Fall mussten alle Entscheidungen, welche die Eidgenossenschaft insgesamt betrafen, auf der Tagsatzung abgestimmt werden. Eine gemeinsame Linie liess sich angesichts der inneren Zerrissenheit aber kaum finden. Einigkeit bestand lediglich über die wechselseitige Unterstützung im Falle eines Angriffs von aussen. Ansonsten waren die einzelnen Orte vor allem bestrebt, ihre Eigenständigkeit zu wahren. Erst seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert, als der konfessionelle Gegensatz zurücktrat, gelang es, eine weitergehende gemeinsame Aussen- und Wirtschaftspolitik zu betreiben.29 Immer häufiger traf man den Entscheid, diplomatische Beziehungen als Eidgenossenschaft aufzunehmen, also einen gemeinsamen Gesandten zu bestimmen, der die Interessen aller vertrat. Auch Geschäftsbeziehungen wurden nun öfters gemeinsam angegangen. Durch diese Linie konnten alle Orte an den Sold- und Pensionenzahlungen der europäischen Mächte für Schweizer in fremden Diensten partizipieren, Zoll- und Handelsprivilegien für eidgenössische Kaufleute im Ausland durchsetzen und sichern oder an günstige Importe wie beispielsweise Salz aus Frankreich und dem Burgund kommen.

35 Silberne, teilweise vergoldete Basler Botenbüchse, 1553. Die politische ­Kommunikation zwischen entfernten Orten wurde in der Regel durch Boten organisiert, die Briefe und Geschenke mit sich führten. Basel stattete seine Boten unter anderem mit einer kleinen Botenbüchse aus, die mit dem Baselstab als Erkennungszeichen versehen war.

Die Spannung zwischen Eigenständigkeit und Souveränität der Orte einerseits und ihrer eidgenössischen Bündnistreue andererseits kennzeichnete auch die Aussenpolitik Basels. Die Stadt vermied es, Bündnisverträge und Abmachungen zu schliessen, die das innere Gleichgewicht der Eidgenossenschaft zu gefährden drohten. Auch bei Bestrebungen, das eidgenössische Bündnissystem zu erweitern und beispielsweise die bestehenden Verbindungen zu Mülhausen auszubauen, hielt sie sich zurück. Militärische Interventionen in den europäischen Kriegen waren angesichts ihrer geografischen Lage und geringen Stärke ohnehin kaum ratsam. So konzentrierte sich Basel, seit 1648 häufig auch im Namen der gesamten Eidgenossenschaft, auf eine Politik der Vermittlung. Die Äquidistanz zwischen Frankreich und dem Reich, aber auch die partielle Kooperation mit beiden brachte der Stadt und der Eidgenossenschaft insgesamt viele Vorteile. Insbesondere Frankreich zeigte sich häufig bereit, Basler Anliegen zu berücksichtigen, sofern sie eigenen Interessen entgegenkamen. Ludwig XIV. sicherte 1678 beispielsweise die Neutralität der vier Waldstädte› Rheinfelden, Säckingen, Laufenburg und Waldshut zu, um damit nicht nur Basels Sorgen wegen allfälliger Konflikte am Oberrhein zu beruhigen, sondern auch, um die Habsburger Partei inner- und ausserhalb der Stadt zu schwächen. Letztlich führte die Basler Maxime, immer auch im Namen der Eidgenossenschaft zu sprechen, dazu, dass sich die Frage nach der politischen Souveränität verlagerte. Frankreich behandelte im Gefolge der durch Johann ­Rudolf Wettstein (1594–1666) auf dem Westfälischen Frieden erreichten Exemtion› nicht mehr die Stadt Basel, sondern die Eidgenossenschaft als souveränen Staat und machte sie damit zum eigentlichen Akteur auf dem Feld der europäischen Politik. Voraussetzung dafür war allerdings, dass die Eidgenossenschaft in den europäischen Konflikten Neutralität bewahrte.30 Für Basel selbst bedeutete dies keinen Nachteil. Es konnte sich auch weiterhin mit einer geschickten Aussenpolitik zwischen Habsburg und Frankreich behaupten, ja von den europäischen Spannungslagen sogar profitieren.

Marcus Sandl, Daniel Sidler

32 Wahlinstrumente für die Besetzung der Basler Staats-, Universitäts- und Zunft­ämter nach der Ballotierordnung von 1688, 17./18. Jahrhundert. Um die vielfach ­beklagte Korruption bei der Ämtervergabe zu verhindern, versuchte man in Basel seit 1688 das Wahlverfahren durch das sogenannte Ballot zu anonymisieren. Es bestand aus einem Holzkasten und aus Kugeln, die aus unterschiedlichen Materialien gefertigt waren. Mithilfe der Kugeln liess sich die ­Anzahl der ­Wahlberechtigten jeweils um ein ­Drittel reduzieren. So entschied letztlich das Los darüber, wer zu Amt und Würden gelangte.

34 Johann Jakob Handmann, goldene Basler Verdienstmedaille, 1769. ­Weibliche Allegorien spielten in der politischen Symbolik der Stadt eine grosse ­Rolle. Die mit Mauerkrone, Wappenschild, Freiheitshut und Füllhorn dargestellte Basilea symbolisierte die Wehrhaftigkeit und Souveränität der freien Republik›.

Urbane Orte und Rhythmen (1500–1800)

Der Alltag der Menschen – bestimmt durch Wohnen und Arbeiten, Essen und Trinken, Sexualität, Geburt, Krankheit und Tod – wandelte sich im Laufe der Frühen Neuzeit nur langsam. Die Stadt gab mit ihren Gebäuden, Strassen und Plätzen den Rahmen vor, in dem sich das Leben abspielte. Natürliche Zyklen wie Tages- und Jahreszeiten sowie kirchliche Rituale prägten den Rhythmus. Vor allem im 18. Jahrhundert gab es zwar vielfältige technische und wirtschaftliche Veränderun­gen. Insgesamt blieben deren Auswirkungen auf das Leben der Bevölkerung aber überschau­bar. Einschneidender war es, wenn Unvorhergesehenes eintrat. Epidemien und Kriege zerstörten die stabilen Routinen. Ebenso waren Überschwemmungen, Trocken- oder Kälteperioden eine ­stän­dige Bedrohung, ­hingen vom Wetter doch alle zur Verfügung stehenden Ressourcen ab. So ­oszil­lierte die frühneuzeit­liche Erfahrungswelt zwischen Krisenbewusstsein und existenzieller Unsicherheit einerseits und der Beständigkeit von Gewohnheiten und – meist religiös konnotierten – Deutungsmustern andererseits.

Stadtraum und Lebensraum

Das frühneuzeitliche Basel umfasste viele und mannigfaltige Räume und Bauten: religiöse Räume wie Kirchen, politische wie das Rathaus, soziale wie Gast- und Wirtshäuser oder korporativ verfasste wie die Zunft- und Gesellschaftsbauten. Dazwischen standen die zahlreichen grösseren und kleineren Wohnhäuser, in denen gearbeitet, geschlafen und gelebt wurde. Hier sowie auf den Plätzen, Strassen und Gassen spielte sich ein Grossteil des Alltags ab. Der Merianplan von 1617 visualisiert die Stadt in diesem Sinne als Ensemble von grosszügigen überbauten und öffentlichen Räumen, zentralen Orten und dominanten Achsen, aber auch als kleinräumige Ansammlung von Wohnhäusern und engen Gebäudereihen [36]. Den Eigentümlichkeiten und Gestaltungselementen der Basler Plätze, Häuser und ­Gärten schenkt er viel Aufmerksamkeit; es sind zahlreiche Details zu erkennen. Personen, Reiter und Fuhrwerke bevölkern die Strassen, und Schiffe und Boote befahren den Rhein. Mit Blick auf die Fassaden entsteht der Eindruck architektonischer Einheitlichkeit und Geschlossenheit im Äusseren. Gleichzeitig verweisen die Fenster und Türen auf das Geschehen im Hausinneren, auf das soziale, ökonomische und kulturelle Leben, das sich in den Gebäuden abspielte.

Das Haus – aussen und innen

In der zeitgenössischen Vorstellung war das Haus nicht nur ein architektonisches, sondern auch ein sozioökonomisches Grundelement der Stadt. Häuser liessen sich nicht isoliert von ihren Bewohnerinnen und Bewohnern betrachten, jene wiederum konnten nicht von den Ordnungen und Tätigkeiten getrennt werden, die sich im, am und um das Haus arrangierten. So wurde das Haus häufig zur Chiffre für die Familie, die es bewohnte. Umgekehrt beschränkte sich das, was als Familie verstanden wurde, keineswegs nur auf die Familie im engeren Sinne. Zu ihr gehörten der Hausvater›, seine Ehefrau und die gemeinsamen beziehungsweise aus vorangegangenen Ehen mitgebrachten Kinder. Hinzu kamen bei wohlhabenden Haushalten Gesellen, Mägde und Ammen, weitere Verwandte wie Grosseltern und häufig temporäre Gäste. Aber auch in ärmeren Schichten umfasste das Haus keineswegs nur die Kernfamilie, sondern beherbergte stets mehrere Generationen; zudem teilte man sich den Haushalt meist mit weiteren vielköpfigen Familien sowie allerhand Nutztieren, insbesondere Schweinen und Hühnern.

Die Raumaufteilung innerhalb des Hauses entsprach den jeweiligen Formen des Zusammenlebens. In ärmlichen Verhältnissen waren die Räume kaum nach Nutzung unterschieden. In Haushalten, in denen mit Weben, Zwirnen oder ähnlichen einfachen, schlechtbezahlten Arbeiten das tägliche Brot verdient wurde, wohnten, arbeiteten und schliefen die Bewohnerinnen und Bewohner im gleichen Zimmer. Da in der Regel nur ein Raum – nämlich die Küche – zu beheizen war, wurden im Winter die meisten Tätigkeiten und Verrichtungen dorthin verlegt. Auch aufgrund anderer architektonischer Voraussetzungen war eine Trennung zwischen den einzelnen Familien nicht möglich. Die schmalen mittelalterlichen Riemenparzellen, die den Grundriss der Häuser noch in der Frühen Neuzeit bestimmten, verhinderten häufig, dass es ein zentrales Treppenhaus gab. Um das Stockwerk zu wechseln, mussten fremde Schlafräume, gemeinsam bewirtschaftete Kammern, Ställe oder Scheunen passiert werden. Überdies trug der Umstand, dass in vielen Wohnhäusern nur eine Latrine existierte und keine hausinterne Wasserversorgung vorhanden war, dazu bei, dass man sich permanent begegnete. Auch die Höfe und gegebenenfalls vorhandene Gärten wurden gemeinsam genutzt.

Anders gestalteten sich die Wohnverhältnisse in den Häusern der zünftisch organisierten Handwerker und Gewerbetreibenden. In Handwerkerhäusern fanden sich neben dem Wohnbereich die Werkstätten und Kammern, in denen Waren gefertigt und Werkstoffe gelagert wurden. Häufig kam, beispielsweise bei Bäckern oder Metzgern, ein Verkaufsraum hinzu, der von der Strasse oder Gasse her zugänglich war. Durch ein grosses Eingangstor konnten die Gewerberäume im Erdgeschoss betreten werden. Auslagen und grosse Fensterfronten liessen sich mittels eines Ladens öffnen und schliessen.1 Ähnlich sah es bei Druckern aus, wie das Haus zum Luft› in der heutigen Bäumleingasse zeigt. Um 1400 erstmals im Zinsbuch des Klosters St. Alban erwähnt, beherbergte es bereits zwischen 1479 und 1491 eine Druckwerkstatt. 1531 erwarb es Hieronymus Froben, Sohn des Erasmusverlegers Johannes, als «Hus und Gesess mit samt Stallung und der Schüren», also als Wohnstallhaus. Ein grosser Raum im Erdgeschoss bot die Möglichkeit, die vom Vater übernommene Offizin an neuer Stelle zu errichten. Durch ein Spitzbogentor, das sich zum Luftgässlein hin öffnete, liessen sich nicht nur die für den Druck benötigten Materialien ohne Schwierigkeiten in die Werkstatt bringen. Auch Kunden und Autoren hatten hier ihren Zugang. Im ersten und zweiten Stock lagen dagegen die Wohn- und Aufenthaltsräume für die Familie, für Gäste und gegebenenfalls befreundete Gelehrte. So hielt sich dort 1535/36 auch Erasmus von Rotterdam auf, um den Druck seines Werkes Ecclesiastes› vor Ort zu begleiten. Hieronymus stellte ihm ein mit einem Kamin beheizbares Zimmer im ersten Stock zur Verfügung, wo er bis zu seinem Tod 1536 arbeitete.2

Ähnlich wie bei den Druckern ging es bei den wohlhabenden Kaufmannsfamilien zu und her: Wohnen und Gewerbe waren an einem Ort verbunden. Wurde bei Froben im Erdgeschoss eine Druckwerkstatt betrieben, so befanden sich in den Kaufmannshäusern neben den Wohnräumen Kontore und Gewerberäume, in denen Angestellte und Kunden ein- und ausgingen. Überdies hatte – dies unterschied die Häuser der begüterten Basler Bürgerinnen und Bürger von den Behausungen der ärmeren Bevölkerung – auch jeder Raum im Wohntrakt eine spezifische Funktion. Es gab Schlafzimmer, die Küche, Aufenthaltsräume und verschiedene Kammern. Im Esszimmer, Empfangszimmer oder Salon des 18. Jahrhunderts wurden Gäste und Kunden willkommen geheissen. Im Fall der zahlreichen Gelehrtenhäuser kamen Laboratorien und Bibliotheken hinzu. So führte der Jurist und Kunstsammler Remigius Faesch (1595–1667) beispielsweise gerne durch sein Museum›, das seit 1653 am Petersplatz untergebracht war und bedeutende Kunstwerke, Raritäten und Bücher beherbergte. Die für die Öffentlichkeit bestimmten Räume waren repräsentativ eingerichtet und ausgestattet.3 Aber auch die äusseren Bauelemente und Fassaden dienten vor allem seit dem letzten Drittel des 16. Jahrhunderts als Medien gelehrter Selbstdarstellung und bürgerlicher Repräsentation.4

Das frühneuzeitliche Haus war also weit mehr als ein Ort des Wohnens und Arbeitens. Es sollte vor allem ein öffentlich wahrnehmbares Selbstbild entwerfen. Haus, Karriere und öffentliches Ansehen hingen in Basels Oberschicht eng ­zusammen. Nur wer Besuche empfangen konnte, wurde auch eingeladen.5 Erst wenn man einen eigenen Haushalt besass, war es möglich, Kontakte mit anderen Familien und Häusern herzustellen und zu pflegen. Über das Haus entstanden Verbindungen zwischen einzelnen Personen, Familien und ganzen Netzwerken. Besonders der Zugang zu den Häusern der Ratsfamilien war begehrt, für Aussen­stehende aber schwierig zu erlangen. Für die meisten blieben deren Türen buchstäblich verschlossen. Dieses Verschliessen spiegelt sich in den Besitzverhältnissen einzelner Immobilien wider. Gerade die grossen Liegenschaften blieben als Folge der Heiratspolitik über Generationen in den Händen der führenden Familien. Die Geschichte des Hauses zur Augenweide› auf dem Münsterhügel ist hierfür ein Beispiel.6 Im Historischen Grundbuch tauchen mit Iselin, Faesch, Ryhiner, Battier und Burckhardt die Namen von fünf der wichtigsten Basler Familien auf, obwohl das Haus stets durch Vererbung im engeren Verwandtenkreis übertragen wurde.7 Dies zeigt, wie eng diese Familien untereinander verschwägert waren, aber auch, dass Hausbesitz, generationenübergreifender Reichtum und soziale Anerkennung nicht zu trennen waren. Wer kein Haus erbte, kaufte eines, wollte er in der Basler ­Gesellschaft aufsteigen und sich etablieren. Entsprechend schwierig gestaltete sich der städtische Immobilienmarkt im oberen Preissegment. Insbesondere die Gegend um den Petersplatz und Nadelberg sowie die Rheinfront vom Totentanz bis hinüber zur Augustinergasse waren bevorzugte Wohngebiete, zum Beispiel für Mediziner.8 Da Immobiliengeschäfte hier grosse Gewinne versprachen, gab es schon in der Frühen Neuzeit Akteure, die bewusst auf diesen Markt setzten. So erwarb der Bürgermeister Johann Rudolf Faesch (1572–1659) Mitte des 17. Jahrhunderts zahlreiche Liegenschaften, die er zum grossen Teil vermietete.9 Die Nachfrage war gross, da sich die meisten Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt einen Hauskauf nicht leisten konnten. Aber auch Leerstände – bedingt durch ­Epidemien und eine restriktive Einwanderungspolitik – gab es immer wieder.

38 Giessfass und Handbecken aus Zinn, vermutlich 17. Jahrhundert. Zur ­unentbehrlichen Einrichtung in den frühneuzeitlichen Stadthäusern gehörten ein Giessfass und ein Handbecken, die meist in der Küche standen und als ­zentrale Waschstelle dienten.

Nachbarschaften – Fenster, Gärten, Plätze

Die enge Bebauung der Stadt, wie sie auf dem Merianplan eindrücklich zu sehen ist, war eine Folge der frühen Ummauerung. Die Innere Stadtmauer – sie wurde in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts um die Grossbasler Altstadt gebaut – und die Kleinbasler Stadtmauer aus dem dritten Viertel desselben Jahrhunderts be­sassen vier Tore auf der links- und zwei auf der rechtsrheinischen Seite. Ein zweiter Grossbasler Mauerring, die Äussere Stadtmauer, grenzte ab Ende des 14. Jahrhunderts die Vorstädte vom Umland ab. Diese Mauern gaben Basel jenen Grundriss, der im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit das Leben, Wohnen und Arbeiten prägte. Die Vorstädte zeichneten sich durch eine wesentlich losere Bebauung aus. Zwischen den einzelnen Häusern und Höfen lagen grössere, landwirtschaftlich genutzte Flächen, Gärten, Felder, Rebberge und Viehweiden. Die Innere Stadtmauer verlief vom Peters- über den Leonhards- bis zum St. Alban-Graben, während die Äussere Stadtmauer vom Thomasturm über den Steinengraben, die Elisabethenschanze und den Aeschengraben bis zum Letziturm reichte. Der äussere Mauerring besass fünf Tore, die nach den Vorstädten St. Johanns-Tor, Spalentor, Steinentor, Aeschentor und St. Alban-Tor benannt waren. Durch sie verliefen die zentralen Verkehrsachsen, die Händler, Bauern, Reisende und Handwerker in die Stadt ­hinein beziehungsweise aus der Stadt hinaus brachten. Die Tore wirkten also als Verkehrsknotenpunkte, sie steuerten mit ihren Öffnungs- und Schliesszeiten Bewegungen, waren aber auch Hotspots, an welchen unter anderem besonders viele Diebstähle stattfanden.10

Besonders innerhalb Grossbasels war der zu bebauende Raum knapp. Neu- und Umbauten waren auf die durch die Riemenparzellen vorgegebenen Grundrisse festgelegt. Das führte immer wieder zu Konflikten, die vor dem für Baufragen zuständigen Gremium verhandelt wurden. Auseinandersetzungen gab es beispielsweise, wenn Grundstücksgrenzen vermeintlich oder tatsächlich verletzt wurden. So wurde Andreas Cratander, Drucker und Herausgeber von Werken der Theologen Oekolampad und Grynaeus sowie enger Freund von Bonifacius Amerbach, 1528 von seiner Nachbarin Agatha von Pfirt beschuldigt, in der heutigen Peters­gasse 34 unrechtmässig eine Wand zwischen beiden Häusern hochgezogen zu ­haben. Noch schwerer wog allerdings der Vorwurf, er habe den nachbarlichen Frieden mit «einem Dachfenster, so der Beklagte Cratander gegen der Klägerin von nüwen gebauen», gestört. Beobachtet und gegebenenfalls kontrolliert zu werden, war aus Sicht der Nachbarin ein massiver Eingriff in das Gefüge freundnachbarschaftlichen Auskommens. Auch Klagen über nachbarliche Lärmbelästigung häuften sich in der Frühen Neuzeit.11

39 Matthäus Merian d. Ä., Petersplatz mit Zeughaus, 1642. Der Petersplatz bildete im Westen der Stadt einen innerhalb der Stadtmauern gelegenen zentralen Treffpunkt, wo nicht nur der alljährliche Schwörtag›, sondern auch Musikaufführungen, Schau­spiele und sportliche Wettkämpfe stattfanden.

Nicht nur für das nachbarschaftliche Verhältnis war die Fensterfrage von zentraler Bedeutung.12 Fenster bildeten neben der Haustür das architektonische Element, welches das Haus nach aussen öffnete. Durch Fenster liess sich beobachten, was auf der Gasse oder beim Nachbarn geschah. Umgekehrt konnte man am und durch das Fenster einen Einblick in das häusliche Leben gewinnen. Das Fenster beinhaltete damit die Möglichkeit, sich zu begegnen und – relativ frei von Regelungen und Konventionen – miteinander in Kontakt zu treten. So nutzten unverheiratete Männer und Frauen häufig das Fenster für eine erste Kontaktaufnahme. Mit all dem war das Fenster ein neuralgischer Ort, wenn es um die Herstellung und Aufrechterhaltung sozialer Ordnung ging. Dies wusste die Obrigkeit und versuchte, die Präsenz am Fenster mithilfe von Ordnungen und Erlassen zu regulieren. Im Falle von öffentlichen Ereignissen wie Stadtumzügen oder Hinrichtungen wurde auf die Anwesenheit von Zuschauenden am Fenster gedrungen. Insbesondere die weibliche Präsenz am Fenster wurde aber auch kritisch gesehen.13

Eine ähnliche Zwischenstellung zwischen Öffentlichkeit und Privatheit ­besassen Gärten und Höfe. Auch sie eröffneten bis zu einem gewissen Grad ­Freiräume. Stadtarzt Felix Platter berichtete, wie er seine Nachbarin Dorothea Gemusein (1542–1599), die Ehefrau des auf dem Nadelberg ansässigen Druckers und Ratsherrn Hieronymus Gemuseus (1542–1610), auf dem Weg zu ihrem Garten antraf und in ein erotisch aufgeladenes Spiel verwickelte, das beide öffentlich desavouiert hätte.14 An den Grenzen des Hauses, so zeigen auch andere Quellen, entstanden Zwischenräume, in denen gesellschaftliche Regeln aufgeweicht und gegebenenfalls ignoriert werden konnten. Aber auch Gassen und Strassenzüge bildeten ­Umgebungen und Nachbarschaften, die unmittelbar mit dem Haus und seinen Bewohnerinnen und Bewohnern verbunden waren. Vor allem auf den Plätzen und um die vielen Brunnen, die in der täglichen Praxis eine besondere Rolle spielten, entfaltete sich ein dichtes Gewebe von Interaktionen. Man traf und kannte sich, plauderte, stritt oder tauschte die neuesten Gerüchte und Nachrichten aus. Alte Freundschaften wurden gepflegt und neue Verbindungen geknüpft, Heirats­absprachen getroffen und Beziehungsnetzwerke gesponnen. Zur Praxis nach­barschaftlichen Miteinanders gehörte wechselseitige Unterstützung ebenso wie soziale Kontrolle.

Quartiere und Vorstädte

Neben der räumlich-sozialen Dimension besassen Nachbarschaften eine institutionell-organisatorische Bedeutung. Es war Usus, dass Nachbarn sich im Brandfalle und beim Hausbau gegenseitig halfen, die Strassenerhaltung gemeinsam bewerkstelligten oder sich bei Hochzeiten und Todesfällen tatkräftig unterstützten. Diese organisierte Nachbarschaft war auf ihrer untersten Ebene eng mit anderen Formen der städtischen Vergemeinschaftung – insbesondere der Verwandtschaft und der Zunftmitgliedschaft – verbunden und insofern einem genossenschaftlichen Prinzip verpflichtet. Allerdings nutzte auch die Obrigkeit die Nachbarschaften als Organisationseinheiten, indem sie ihnen weitere Aufgaben übertrug. Schon im 15. Jahrhundert unterteilte der Rat die Stadt in sieben Quartiere, zu welchen neben dem innerhalb der Inneren Stadtmauer gelegenen Hauptquartier› und Kleinbasel die fünf Vorstadtgesellschaften gehörten. Ihnen wurden bestimmte Rechte verliehen, aber auch Aufgaben und Pflichten auferlegt.15 Jede Vorstadt­gesellschaft war dazu aufgefordert, in ihrem Quartier die «gute Policey und Ehrbarkeit» zu sichern, also Ruhe und Ordnung zu garantieren und auf die Einhaltung der Sittenordnung zu achten. Darüber hinaus gehörten die Brunnen- und Strassenpolizei, die Feuerschau, die Regelung des Weiderechts sowie die Bestrafung von Schmäh- und Schlaghändeln zu ihren Aufgaben.16 Schliesslich waren die Quartiere in die Organisation des städtischen Wehrwesens eingebunden und bildeten die Grundlage für Steuererhebungen. Organisiert wurde diese Stadtteilverwaltung jeweils vom Sitz der Vorstadtgesellschaft aus. So gab es in jedem Quartier ein Gesellschaftshaus, in dem sich eine grosse Stube für Versammlungen befand, welche auch als Gerichtsstätte diente. Jedes dieser Häuser trug einen Hausnamen, der sich auf die jeweilige Vorstadtgesellschaft übertrug. Im Quartier St. Alban befand sich die Gesellschaft zum Hohen Dolder›, im St. Johann die Gesellschaft zur Mägd› und am Spalentor jene zur Krähe›. Die Hausnamen unterstrichen die enge Verbindung von Haus, sozialer Identität sowie nachbarschaftlicher Organisation und Administration [40].17

40 Haus zum Hohen Dolder›, St. Alban-Vorstadt 35, Basel. Die Vorstadtgesellschaft in St. Alban richtete Mitte des 16. Jahrhunderts im dreigeschossigen Haus zum Hohen Dolder› eine grosse Stube mit Bildern von Tells Apfelschuss, vom Tellensprung und vom Rütlischwur ein.

Jenseits der organisatorischen Parallelen zwischen den Vorstädten gab es viele Unterschiede. So siedelten sich je nach den Umständen und der Lage des Quartiers unterschiedliche Berufsgruppen an. Während im St. Johann aufgrund der Nähe zum Rhein vor allem Fischer und Schiffsleute wohnten, waren das ­Aeschen-, Steinen- und Spalenquartier durch eine grössere Bandbreite von Handwerksberufen geprägt. Häufig betrieben Bäcker, Schuster oder Schindler neben ihrer Hauptbeschäftigung noch eine kleine Landwirtschaft mit Gänsen, Schweinen und gegebenenfalls Kühen zur Selbstversorgung. Ähnlich sah es in St. Alban aus, wobei hier zusätzlich viele Rebleute ansässig waren. Auch gab es im St. Alban-Tal Mühlen und Papierfabriken, was dem Quartier eine gewisse ökonomische ­Eigenständigkeit und Prosperität sicherte. Eine Verschiebung im Verhältnis der Vorstädte gab es erst im 18. Jahrhundert, als im Aeschenquartier immer mehr herrschaftliche Häuser gebaut wurden.18

In der Grossbasler Altstadt hatten ebenfalls Berufsgruppen und Gesellschaftsschichten an einigen Orten enger zusammengefunden. So wohnten viele wohlhabende Einwohnerinnen und Einwohner, vor allem Ärzte und Gelehrte, am und um den Nadelberg. Auch am Rheinsprung und um den Münsterplatz waren die Gebildeten und reichen Kaufleute meist unter sich. Viele kleinere Handwerksbetriebe, die sich auf den Bedarf der städtischen Oberschicht spezialisiert hatten, fand man in den angrenzenden Strassen und Gassen. Dazu gehörten Hutmacher, Schuster, Goldschmiede, Kannenschmiede oder Lebensmittelhändler. Am Birsig und Rümelinbach waren all jene Gewerbe angesiedelt, die Wasser benötigten. Entlang der Freien Strasse, der Hauptachse innerhalb der Inneren Stadtmauer, hatten sich vor allem Händler niedergelassen. Die sozial geächteten und ärmsten Schichten siedelten am Kohlenberg, der damit eine Art Ghetto in der Stadt war. Kleinbasel wiederum war durch Handwerksbetriebe geprägt, die sich auf die Herstellung von Materialien und Werkzeugen sowie die Versorgung der weit weniger wohlhabenden Bevölkerung des eigenen Quartiers mit Lebensmitteln und Kleidung konzentrierten.19 Grundsätzlich aber lebten in allen Quartieren Haushalte, die verschiedenen sozialen Schichten angehörten, häufig in engem räumlichen Zusammenhang.

Zentrale Orte und öffentliche Bauten

Neben den Privathäusern, Nachbarschaften und Quartieren war eine Vielzahl von öffentlichen Orten und Bauten über den Stadtraum verteilt. Sie besassen unterschiedliche, für das städtische Leben jedoch stets wesentliche Funktionen, schufen somit Asymmetrien und lenkten Bewegungen innerhalb der Stadt und über die Stadtgrenzen hinaus. So entfaltete die Lebensmittelversorgung eine andere Raumordnung als der Glaubensvollzug, Herrschaft und Verwaltung oder die handwerkliche Produktion. Je nach Bedarf mussten also unterschiedliche Orte aufgesucht und andere Wege gegangen werden. Gleichzeitig standen all diese Orte zueinander in Beziehung und überlagerten sich, sodass sie im Alltag kaum getrennt werden konnten.

Kirche und Marktplatz

Die Grenzen der Vorstädte fielen weitgehend mit den alten Kirchspielen zusammen. Die St. Alban-Vorstadt deckte sich beispielsweise ziemlich exakt mit dem alten innerstädtischen Rechtsbezirk des Benediktinerklosters, das der Rat im Zuge der Reformation unter seine Verwaltung gebracht hatte. St. Alban und die anderen Vorstädte sowie Kleinbasel, das mit St. Theodor eine eigene Pfarrkirche besass, sorgten allein schon für eine erhebliche Dichte an sakralen Gebäuden. In Grossbasel existierten mit St. Leonhard und St. Peter zwei weitere Pfarrkirchen. Die Kirchspiele besassen auch nach der Reformation noch eine grosse Bedeutung. Meist entschied der Wohnort darüber, wohin man zum Gottesdienst ging. Ebenso fanden zentrale biografische Ereignisse wie Taufe, Heirat oder Beerdigung in der Regel im eigenen Kirchspiel statt. Nur in Ausnahmefällen wie bei Erasmus, Johann Rudolf Wettstein, Thomas Platter, Isaak Iselin oder Jakob I. Bernoulli wurden berühmte Persönlichkeiten im Innenraum des Münsters beigesetzt. Das Münster überstrahlte als grösste Kirchgemeinde alle anderen Pfarreien. Hier fanden neben den Gottesdiensten auch offizielle Feiern statt und wurden für die Stadt bedeutende Ereignisse begangen. Zur Münstergemeinde gehörten die alten Pfarrkirchen St. Martin, St. Ulrich und St. Alban, die zwar kein eigenes Gemeindegebiet mehr besassen, in denen aber weiterhin Gottesdienste abgehalten wurden. Dasselbe galt für die Kirchen und Kapellen der aufgelösten Klöster. Hingegen wurden die Klostergebäude selbst kaum mehr für religiöse Belange genutzt, sondern dienten weltlichen Zwecken. Sie verschwanden aus dem sakralen Raum. Dennoch gab es als Erbe der mittelalterlichen Stadtanlage auch in der Frühen Neuzeit nur wenige Strassen oder Plätze, von denen aus nicht ein Sakralbau das Blickfeld beherrschte.20 Zudem war das Schlagen der Kirchturmglocken im gesamten Stadtraum zu hören und gab den Takt des Alltags wie der Sonn- und Feiertage vor.

41 Emanuel Büchel, Predigerkirche mit Friedhof und umgebender (Totentanz-)Mauer, um 1770. Friedhöfe, sogenannte Gottesäcker, waren nur selten Orte der Stille und Andacht. Tagsüber ­verkauften Handwerker und Händler dort ihre Produkte und Waren, und nachts störten streunende Tiere und gelegentlich auch Leichen­räuber die Totenruhe. Notorisch waren auch die ­Klagen über Geruchsbelästigungen, die mit der häufigen Überbelegung zusammenhingen.

Mit dem Kornmarkt, dem heutigen Marktplatz, auf dem vor allem Fertigwaren gehandelt wurden, und dem Barfüsserplatz, dem Absatzmarkt für bäuerliche Produkte, lagen zwei der bedeutendsten Handelsorte in unmittelbarer Nähe der wichtigsten Kirchenbauten. Ebenso bildeten das Rathaus zwischen St. Martin und dem Marktplatz sowie das Spital zwischen Münster und Barfüsserplatz mit den Kirchenbauten einen städtebaulich-architektonischen Zusammenhang, der auch nach der Reformation im Bewusstsein der Menschen präsent war. Der Marktplatz, auf welchen mit der Freien Strasse die zentrale, von Osten kommende Verkehrsachse einmündete, war das wirtschaftliche Zentrum der Talstadt. In seiner frühneuzeitlichen, nahezu quadratischen Form bot er Platz für zahlreiche Verkaufsstände und Buden, die sich zum Teil im Erdgeschoss der umstehenden drei- bis vierstöckigen Häuser befanden. Hier hatten sich viele Handwerker nieder­gelassen. Für die Ausübung der Marktaufsicht, zu welcher die Kontrolle der Lebensmittel, die Preisregulierung sowie die Überprüfung der Masse und Gewichte gehörten, gab es auf dem Marktplatz zahlreiche Einrichtungen. Im am nördlichen Ende gelegenen Haus zum Pfaueneck› war die Münze untergebracht, am Kornmarktbrunnen befand sich die sogenannte Sinn als Eichstätte für die Weinfässer. Ähnlich sah es auf dem Barfüsserplatz aus, der sich im 16. Jahrhundert zum zweiten wichtigen Handelsplatz unter anderem für Holz und Kohle entwickelte. Auch der Handel mit Huftieren fand hier statt. Fische hingegen wurden in der Nähe des Rheins auf dem Fischmarkt von lizensierten Basler und auswärtigen ­Fischern verkauft. Zumindest lebende Tiere durften, wie eine Marktordnung von 1557 festlegte, nicht anderswo gehandelt werden.21

42 Jakob Meyer, Prospect des Kornmarckts zu Basel›, 1651. Der Marktplatz war mit ­seinem geschäftigen Treiben das wirtschaftliche Zentrum der Stadt.

Rathaus, Zunfthaus, Wirtshaus

Zur Marktplatzbebauung gehörten neben den Gewerbegebäuden und Werkstätten auch das Rathaus sowie die Zunfthäuser zu Weinleuten› und zur Gelten›. Im Falle der Zunfthäuser erleichterte die räumliche Nähe die wirtschaftliche Vernetzung und Kommunikation. Sie boten mit ihren Räumlichkeiten die Möglichkeit, Geschäfte vorzubereiten und abzuschliessen sowie festliche Anlässe und korporative Zusammenkünfte abzuhalten. So beschränkte sich das wirtschaftliche Handeln keineswegs auf den öffentlichen Raum des Marktplatzes, sondern erstreckte sich auch auf die umliegenden Gebäude. Das Rathaus erfüllte ebenfalls vielfältige ökonomische Funktionen. Es war Sitz der städtischen Finanz- und Wirtschaftsverwaltung und damit Anlaufstelle für alle Anliegen, die mit Gewerbe und Handel zu tun hatten.22 Dies stand in engem Zusammenhang mit den politischen Aufgaben, die hier ebenfalls ihren Ort hatten. In jedem Fall gab es zwischen dem wirtschaftlichen und dem politischen Zentrum der Stadt eine enge Verbindung. Über den Marktplatz kamen die Ratsherren zur Ratsversammlung, Richter und Angeklagte zur Gerichtsverhandlung, auswärtige Delegationen ebenso wie Basler Bürger und Bürgerinnen zu offiziellen Anlässen und Terminen.

Diese vielfältigen Verbindungen spiegelten sich auch in den Bauelementen, die das Basler Rathaus prägten.23 Der zu Beginn des 16. Jahrhunderts errichtete und im 17. Jahrhundert erweiterte Neubau beherbergte neben den zwei Versammlungsräumen für den Grossen und den Kleinen Rat und dem Bürgermeisterzimmer einen Kanzleibau› als Zentrale der städtischen Verwaltung, Räumlichkeiten für das Stadtgericht, Archivkammern, Zimmer für die Aufbewahrung von Geld und edlem Geschirr sowie eine Wohnung für den Richthausknecht. Die reich ­gestaltete Fassade demonstrierte den Herrschaftsanspruch der Obrigkeit nach aussen und verpflichtete sie im Zusammenspiel mit den biblischen und antiken Motiven der Malereien im Inneren auf die Ideale einer gerechten Regierung. Das Rathaus besass im städtebaulichen Gesamtkontext damit eine ebenso herausgehobene wie integrative Position. Es repräsentierte die Stadt als ökonomischen, religiösen und politischen Zusammenhang, verwies gleichzeitig aber auch auf eine Differenz von Machtzentrum und Peripherien, Exklusivität und Zugänglichkeit, Geheimnis und Öffentlichkeit.

43 Wirtshausszene im Gästebuch der Herberge Zum Wilden Mann› an der Freien Strasse, frühes 17. Jahrhundert. In den Wirtshäusern der Stadt trafen sich nicht nur Bauern und Kleinhändler aus der Umgebung, sondern auch Fernhandelsleute, Diplomaten, Adlige, Bürgerinnen und Bürger sowie Studenten.

Die städtischen Marktorte, das Rathaus und die Zunfthäuser waren unabhängig von ihren spezifischen Funktionen vor allem Orte der Kommunikation. Dabei ging es nicht nur um Gerüchte und Tratsch, die das nachbarschaftliche Geschehen betrafen. Um an Nachrichten und Informationen über weit entfernte politische und militärische Ereignisse oder ökonomische Begebenheiten zu kommen, die sich in Preisentwicklungen und Konjunkturen niederschlagen konnten, musste man sich begegnen. Zwar gab es auch gedruckte Nachrichten in Form von Flugblättern und seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert periodisch erscheinende Zeitungen, die über das Weltgeschehen berichteten. Der direkte mündliche Austausch blieb jedoch die wichtigste Form der Übermittlung. Auch Kirchen dienten nicht nur als Gotteshäuser, sondern waren ebenso Informationsbörsen. In ihnen fanden Versammlungen, politische Verlautbarungen und wirtschaftliche Transaktionen statt. Multifunktionalität war im Grunde ein Kennzeichen aller öffentlichen Orte in der Stadt.

Eine besondere Rolle im städtischen Leben spielten Wirtshäuser und Weinschenken. Schon akustisch waren sie nicht zu ignorieren. Auf Plätzen und Gassen, vor Wirtshäusern und auf dem Marktplatz standen sogenannte Weinrufer, die ­Passanten lauthals über Weinpreise und Ausschankorte informierten. Die zahl­losen kleinen Weinschänken, die auf diese Weise Werbung machten, wurden vor allem von einfachen Stadtleuten sowie Bauern, Bäuerinnen und Kleinhändlern aus der Umgebung frequentiert, die ihre Waren auf den Wochenmärkten verkauften. Das städtische Bürgertum bevorzugte hingegen Gasthäuser, die gehobeneren Ansprüchen genügten und teurer waren. Hier konnte man nicht nur aus einem grösseren Weinangebot wählen, sondern auch Speisen zu sich nehmen. Darüber hinaus warben Gasthäuser mit speziellen Angeboten, um sich gegen die Konkurrenz zu behaupten, die auch in diesem Segment zahlreich war. In der seit 1681 existierenden Herrenherberge zu den Drei Königen auffem Blumenplatz› wurden seit 1734 beispielsweise Wetttrinken veranstaltet, bei welchen dreizehn mit den Wappen der eidgenössischen Orte gezierte Becher in der richtigen Reihenfolge leergetrunken werden mussten. Solche Herrenherbergen gehörten zu den teuersten Lokalen, die sich nur wenige leisten konnten. Hier kehrten neben der einheimischen Elite Fernhandelsleute, Diplomaten und Adlige ein.

Unabhängig von ihrem Angebot und dem Preissegment, das sie bedienten, besassen Weinschänken, Trinkstuben, Wirts- und Gasthäuser eine wichtige soziale Funktion. Man trank und ass, unterhielt sich, tauschte Meinungen und Informationen aus, pflegte Kontakte, schloss Freundschaften oder entwickelte neue Geschäftsbeziehungen. Aber auch Ausserordentliches konnte passieren. Wirtshäuser waren, wie die zeitgenössischen Gerichtsakten zeigen, Hotspots von Streitereien und Gewalthändeln. Zudem formierten sich politische Widerstände in erster Linie dort, wo viele Menschen zusammenkamen, debattierten und Alkohol konsumierten. Nicht zuletzt deshalb behielt die Obrigkeit die Wirtshäuser und Trinkstuben stets im Blick. Sie regelte die Qualität und das Angebot, die Preistarife, die Öffnungszeiten und das Umgeld›, das heisst die städtische Umsatzsteuer auf Wein und Bier. Und sie verpflichtete die Wirte, jederzeit auf die Einhaltung von Normen zu achten und jedes rechtswidrige Verhalten zu melden.24

Die Jahrtausenddürre von 1540 und das Basler Klima

(Oliver Wetter)

«Anno 1540. [] da fieng der hornung an warm und truckhen, der mertz [] wardt [] ganz warm […]; der apprill wardt ganz dür und truckhen, [], der meyen ganz truckhen und schöhn [] Der brachmonat im anfang ganz truckhen [], der heuwmonat fieng an ganz dür zu werden so grausam, [], dass so ein schröckhliche wassertheuüren anfieng [].»25 Mit diesen ­Worten beschrieb der elsässische Weinbauer Hans Stolz das Wetter des Sommers 1540. Es war ein Extremereignis. Im Jahr 1539 hatte sich über der Iberischen Halbinsel und Italien ein Hochdruckgebiet gebildet, dessen Zentrum sich im Winter 1539/40 in Richtung Mitteleuropa verschob. Die Folgen waren im nächsten Jahr zu spüren. Niederschläge ­blieben aus und die Temperaturen erreichten Höchstwerte. ­Wiesen verdorrten, Flüsse verwandelten sich in Rinnsale oder verschwanden vollständig. Der Rhein etwa führte rund neunzig Prozent weniger Wasser als normal. Ver­mutlich floss nur noch Schmelzwasser aus den ­damals noch schneereichen und von mächtigen Gletschern be­deckten Alpen durch Basel.26 Die Auswirkungen ­waren dramatisch. In ganz Europa kam es zum Ausbruch von Seuchen, und vor allem die ­ärmeren Bevölkerungsschichten litten an Hunger und Krankheiten.

44 Die Temperaturrekonstruktion zeigt, dass die Anomalie im Jahr 1540, der keine langan­haltende Klimaerwärmung folgte, sogar den «bisher heissesten» Sommer 2003 übertraf (Wetter; Pfister 2011).

Stolz’ Aufzeichnungen gehören zu einer Reihe von über dreihundert Chroniken und Berich­ten, die einen Einblick in die zeitgenössische Er­fahrungswelt ermöglichen und die Schwierigkeiten der Menschen dokumentieren, mit den ungewöhnlichen Wetterbedingungen jenes Jahres umzugehen. Auch andere Quellen ­helfen, die klimatologischen Ursachen und Folgen der damaligen europäischen Grosswet­terlage zu rekonstruieren.27 So schlugen sich die Ereignisse des Jahres 1540 in den buchhalterischen Aufzeichnungen des Basler Spitals nieder. Das Spital beschäftigte Tagelöhnerinnen und Tagelöhner für die Bestellung seiner Reb­berge in der Umgebung der Stadt. Die ausbezahlten Löhne und die jeweiligen Tätigkeiten wurden tag­täglich in Register eingetragen.28 Der Beginn der Weinlese variierte erheblich, denn die ­Reife der Trauben hing von den Witterungs­bedingungen im Vorfeld der Ernte ab. Der ­heisse Sommer des Jahres 1540 führte dazu, dass die Weinlese bereits am 12. August ­begann und damit deutlich vom langjährigen Mittel, dem 26. September, abwich.

Die Auswertung serieller Quellen, die im konkreten Fall bis ins Jahr 1444 zurückreichen, er­möglicht es, auch Aussagen über langfristigere Temperaturentwicklungen und grundlegen­dere historisch-klimatologische Veränderungen zu machen.29 Der epochale Klimazusammenhang, in welchen das Jahr 1540 einzuord­­nen ist, erscheint dann gerade nicht durch eine dauerhafte Klimaerwärmung gekennzeich­net. Im Gegenteil, im 15. Jahrhundert setzte eine langandauernde Kältephase, von der Forschung als kleine Eiszeit› bezeichnet, ein. Die Normaljahre waren vor allem im ausgehen­den 16. und frühen 17. Jahrhundert durch kalte Winter und regenreiche Sommer gekenn­zeichnet. Die Anzahl und Länge warm-trockener Phasen hingegen nahm im Vergleich zu den vorangegangenen Jahrhunderten ab. Auf die Landwirtschaft in der Region Basel, etwa den Rebbau, hatte diese langfristige Veränderung jedoch nur geringfügige Auswirkungen. Auch in der Frühen Neuzeit boten die nach Süden ausgerichteten, durch gute Bodenbeschaffenheit geprägten Hänge des Tüllinger- und des Dinkelberges günstige Voraussetzungen für die Kultivierung ver­schiedener Rebsorten. Nicht nur das Spital, sondern auch einzelne Stadtbürger bauten roten und weissen Clevener an – sogar ­auf Rebber­gen­ innerhalb der Stadtmauern.30 Für die Bevölkerung, deren Versorgung von den landwirtschaftlichen Erträgen abhing, war das Wetter stets Gegenstand ihrer Sorgen und Nöte. Nur im Falle extremer Ausschläge allerdings prägte es auch die historische ­Entwicklung. Oliver Wetter

Lebenszeiten und Lebensrhythmen

Die räumlichen Strukturen waren nicht die einzigen Gegebenheiten, die die Lebens­welt der Baslerinnen und Basler prägten. Auch die Zeit strukturierte die Gewohnheiten und den Alltag. Im Tages-, Wochen- und Jahresverlauf gab es Ereignisse, die zuverlässig wiederkehrten oder sich mit grosser Sicherheit wiederholten. Sie waren in gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen oder durch obrigkeitliche Erlasse auf bestimmte Tages-, Uhr- oder Lebenszeiten festgelegt. Dazu gehörten etwa Öffnungs- und Schliesszeiten oder die Zeiten des Gebets und der Arbeit. Diese wiederkehrenden Ereignisse sorgten für Stabilität und gaben der Stadt ihren spezifischen Rhythmus. Veränderungen vollzogen sich, wenn überhaupt, langsam. Das bedeutete allerdings nicht, dass die Zustände in der Dauer eines Menschenlebens stets dieselben blieben. Die alltägliche Regelmässigkeit und Erwartbarkeit kontrastierte mit zahlreichen Unsicherheiten und Unbeständig­keiten, welche die Welt jederzeit aus den Fugen geraten lassen konnten. Kriegszüge und Überschwemmungen, Krankheiten und Todesfälle traten unvermittelt ein und führten für einzelne Menschen in der Stadt oder das gesamte städtische Kollektiv immer wieder zu radikalen Brüchen und Ordnungsverlusten.

Natürliche Rhythmen und kulturelle Codierungen im Tages- und Jahresverlauf

Das wichtigste Medium der Basler Zeitordnung war die Uhr. Die mechanisch ­getaktete Zeit legte sich über den natürlichen Tag- und Nachtwechsel und unterschied die Stadt vom Umland. Für Basel galt dies umso mehr, als hier die Uhren, wie vor allem im 18. Jahrhundert von Besucherinnen und Besuchern häufig ­beobachtet und diskutiert wurde, gegenüber jenen in der Umgebung um eine Stunde vorgingen. Der stündliche Glockenschlag gab also nicht die abgelaufene, sondern die beginnende Stunde an. So begann mit dem Betreten des städtischen Raums gewissermassen auch eine eigene Zeit.31 Bereits in der Frühen Neuzeit kursierten verschiedene Legenden über den Ursprung der Basler Uhr›, die sich bis in die Zeit vor der Reformation zurückverfolgen lässt. Die genaue Festlegung der Stunden und ihre akustischen Markierungen waren in der Vormoderne nicht Standard. Erst im späten 18. Jahrhundert versuchten Kaufleute mit Unterstützung von Gelehrten die Basler Uhr› an die in Europa übliche Stundenzählung anzugleichen. Aus ihrer Sicht war eine Vereinheitlichung durch den verstärkten Handel sowie das Verkehrs- und Nachrichtenwesen notwendig geworden. Bis in die ­Revolutionszeit wehrten sich Handwerker und Zünfte jedoch erfolgreich gegen die Aufgabe dieses Sonderwegs.

45 Monatsblatt Februar aus dem Kalender von ­Jakob Rosius (Detail), 1745. Der 1745 in Basel gedruckte Schreibkalender des Bieler Mathematikers und Astrologen Jakob Rosius (1598–1676) enthielt die Wochen-, ­Namens- und Feiertage und gab auf der Grund­lage astrologischer Berechnungen und langjähriger Beobachtungen auch Handlungsempfehlungen. Zudem führte er die Jahrmarktstermine in der Eidgenossenschaft und weiteren Regionen auf.

Strukturierte die Uhr die Tageszeit, so tat dies der Kalender für das Jahr. Seit der Erfindung des Buchdrucks gehörten Kalender zu den kommerziell erfolgreichsten Druckerzeugnissen. Auch auf Basler Pressen wurden Kalender für unterschiedliche Zwecke und Zielgruppen produziert. Es gab spezifisch für die Stadt bestimmte Kalender, die von der Obrigkeit als Medien zur Kommunikation von Daten und Zeiten genutzt wurden, und solche für die weitere Region, Kalender mit historischen Daten oder astrologischen Prognosen und – insbesondere seit dem 17. Jahrhundert – vermehrt auch Kalender mit leeren Seiten, mit deren Hilfe sich jeder Nutzer und jede Nutzerin selbst die eigene Zeit einteilen konnte.32 Viele Kalender waren Mischformen und erschienen in immer neuen Auflagen [45]. ­Besonders relevant war die Einteilung in Arbeitstage und arbeitsfreie Sonn- und Feiertage, wenngleich die freien Tage nach der Reformation durch die Abschaffung der meisten Heiligenfeste erheblich reduziert worden waren. An den Arbeitstagen bestimmten die Tageslängen, also der Wechsel von Tag und Nacht, den Rhythmus von Arbeit und Erholung. Am Sonnenauf- und Sonnenuntergang orientierten sich sowohl die Öffnung und Schliessung der Stadttore als auch die Arbeitszeiten und damit das gesamte wirtschaftliche Treiben und öffentliche Leben in der Stadt. Entsprechend unterschieden sich die Arbeitszeiten je nach Jahreszeit. Gemäss ­einer Ordnung von 1767 arbeiteten die Zimmer-, Steinmetz-, Maurer- und Gipser-Gesellen und -Handlanger im Sommerhalbjahr›, das acht Monate von Mitte ­Februar bis Mitte Oktober dauerte, von 6 Uhr morgens bis 8 Uhr abends, während sie im Winterhalbjahr› die Arbeitszeit ganz nach dem Sonnenauf- und Sonnenuntergang ausrichteten. Auch ihre Pausen orientierten sie an den Jahreszeiten: Im Sommerhalbjahr unterbrachen sie die Arbeit am Morgen, Mittag und Abend, im Winterhalbjahr nur während einer Stunde über Mittag.33

Der Lichttag war folglich ein grundlegender Ordnungsfaktor, auch wenn im Laufe der Frühen Neuzeit konkrete Zeitangaben immer bedeutender wurden. Ereignisse, die den gewohnten Tages- und Nachtrhythmus durchbrachen, wurden vor allem akustisch kommuniziert. So läuteten bei Gefahrensituationen wie einem Feuer, einer Überschwemmung oder einer drohenden Belagerung der Stadt die Glocken.34 Aber auch alltäglich festgelegte Zeitordnungen und Handlungsabläufe wurden durch Glockengeläut angekündigt. Das Arbeitsglöcklein›, das erste ­Geläut am Morgen, signalisierte den Beginn des Arbeitstages, die Ratsglocke berief die Ratsversammlungen ein, die Marktglocke markierte um 8 und um 10 Uhr – respektive um 9 und um 11 Uhr im Winterhalbjahr – Beginn und Ende der Marktzeiten,35 und die Muesglocke› läutete täglich um 10 Uhr die einheimischen ­Bedürftigen zu Brot und Gemüsesuppe zusammen.36 Wichtig waren natürlich die Kirchenglocken, die in der nachreformatorischen Stadt nicht bloss auf den Beginn der Predigten und Bibellesungen aufmerksam machten, sondern zugleich weit über die Stadttore hinaus das konfessionelle Territorium markierten. Einen Fixpunkt in der Arbeitswoche bildete insbesondere die Dienstagspredigt, die auf 9 Uhr angesetzt war. Mit ihrem Beginn setzte das gesamte öffentliche Leben aus: Geschäfte und Werkstätten mussten schliessen, und in den Wirtshäusern durfte kein Wein gezapft werden.37 Ähnliches galt auch für den noch wichtigeren arbeitsfreien Sonntag, an dem zahlreiche Handlungen untersagt wurden. In den Zunft- und Wirtshäusern waren gesellige Spiele während der Mittagspredigt verboten und mussten, sofern sie nachher wieder aufgenommen wurden, um 4 Uhr nachmittags definitiv beendet werden. Das letzte Glockengeläut des Tages war schliesslich um 9 Uhr abends jenes der Nachtglocke›, das kommunizierte, dass sich von nun an niemand mehr ohne zwingenden Grund auf den Gassen aufhalten durfte.38

Die Nacht war eine besondere Tageszeit, die als unsicher und ungeordnet galt. Sie war nicht nur die Zeit der Erholung und des Schlafs, sondern auch jene des gesteigerten Alkoholkonsums, der Kriminalität und der Raufereien. Die Wahrung nächtlicher Ruhe und Ordnung war deshalb ein vorrangiges Regulierungsanliegen des Rates. Immer wieder verboten Reformations- und Policeyordnungen› nächtliches «gassatem gehen», also das Umherstreifen, Johlen und Jauchzen in den Gassen.39 Wer sich wegen «redlicher Geschefften» im öffentlichen Raum aufhalten musste, hatte sich aller möglichen Laster zu enthalten und ein Licht bei sich zu tragen, um von den Nachtwächtern gesehen und erkannt zu werden.40 ­Diese Vorschriften zielten insbesondere auf Jugend- und Studentengruppen sowie auf Wirtshausbesucher, die wiederholt als Ruhestörer auffielen. Im vermeintlichen Schutz der Dunkelheit und unter Einfluss von Alkohol vermengten sich Verstösse gegen die Sittlichkeitsgebote mit gewaltsam ausgetragenen rituellen Ehrkonflikten oder sonstigem devianten Verhalten.41 Die Einträge in den Urfehdebüchern›, in welchen Verurteilte und deren Vergehen verzeichnet wurden, zeugen von diesem nächtlichen Alltag: So trugen im September 1564 ein Geigen- und ein Uhrmacher bei einer nächtlichen Begegnung in der Schneidergasse gewaltsam einen Ehrkonflikt aus.42 Im November 1564 brach eine bereits früher aus der Stadt verwiesene Frau im Schutze der Dunkelheit in ein verlassenes Haus ein. Im Oktober 1565 wurden Studenten dabei erwischt, wie sie nachts «uff der gassen umbher zogen und muotwillen» trieben, und auf Drängen der Universität inhaftiert. Im Oktober 1566 prügelten sich Knechte, die sich nachts auf der Gasse begegneten, und im Mai 1569 setzten zwei Bürger eine im Zunfthaus begonnene Streiterei «by nacht und by näbell» auf der Freien Strasse fort.43

Die kommerzielle Nutzung der Nacht wurde durch das fehlende Licht erschwert und vom Rat aus ordnungspolitischen Gründen verunmöglicht. Dennoch wurden gewisse Arbeiten nachts verrichtet, etwa jene in der eigenen häuslichen Ökonomie, für die tagsüber keine Zeit blieb, sowie die Wartung und Instand­setzung der städtischen Infrastruktur. Vor allem die Bewohner des Kohlenbergs waren zur Verrichtung dieser unehrenhaften› Arbeiten nachts unterwegs. Sie reinigten die Abtritttürme der Bürgerhäuser, was, wie ein Fall aus dem Jahr 1765 zeigt, mehrere Nächte dauern konnte.44 Ebenfalls des Nachts wurden die Kanäle und Dolen von Stroh oder Holz befreit, die Funktionstüchtigkeit der Siebe zwischen den privaten Brunnen und den öffentlichen Dolen kontrolliert, allfällige Schäden aufgenommen und auf Kosten der betroffenen Brunnenbesitzer behoben.45

Lebenszeiten und ihre Rituale

Neben wiederkehrenden und sich rhythmisch wiederholenden Tätigkeiten gaben Lebensereignisse und die damit verbundenen Rituale dem Alltag eine Struktur. Kalender hielten, basierend auf astrologischen Berechnungen, auch hierzu Informationen bereit. Sie zeigten an, wann «gut Kind entwehnen», «gut Aderlassen» oder «gut Artzneyen» sei.46 Astrologische Vorstellungen und Praktiken waren weit verbreitet, ebenso modellhafte Vorstellungen über den Verlauf des Lebens. So durchliefen die Menschen nach einer verbreiteten Annahme in Zyklen von ­sieben – nach anderen Theorien von zehn – Jahren Lebensphasen, die ihre je eigenen Formen und Praktiken kannten und deren Übergänge durch Rituale markiert waren. Dazu gehörten religiöse Riten wie Taufe, Hochzeit und Begräbnis, oder die Praktiken von Studenten oder Gesellen, die sich durch exzessives Trinken, das nächtliche Verursachen von Lärm und ritualisierte Gewaltkonflikte um die männliche Ehre auszeichneten.47 Wie diese Lebensphasen und -zeiten erlebt und gestaltet wurden, unterschied sich natürlich je nach sozialem Stand und Geschlecht. Dennoch lassen sich einige Gemeinsamkeiten feststellen.

Eine wichtige Gemeinsamkeit war die stete Präsenz des Todes. Schon die Geburt stand unter seinem Vorzeichen. Nur etwa zwei Drittel aller Kinder erreichte, wie aus anderen frühneuzeitlichen Städten bekannt ist, das fünfte Lebensjahr, und ungefähr die Hälfte das Erwachsenenalter.48 Die Eltern mussten folglich mit dem frühen Tod eines Kindes rechnen, was allerdings nicht zwingend, wie die ­ältere Forschung behauptet hat, zu einem Mangel an emotionaler Bindung zwischen Eltern und Kindern führte.49 In Basler Leichenpredigten wurde nicht nur um die im Kindbett verstorbenen Mütter – die wohl häufigste Todesursache junger Frauen –, sondern auch um die toten Säuglinge getrauert. Die Pfarrer trösteten die Hinterbliebenen damit, dass die Kinder selbst dann, wenn sie nicht getauft waren, der Gnade Gottes sicher seien.50 Die Taufe fand im Normalfall erst drei bis fünf Tage nach der Geburt statt.

Spezialistinnen für die Geburt, allenfalls auch für Nottaufen, waren die Hebammen. Sie kamen entweder nach Hause oder boten ihre Dienste im vorderen Spital an der Freien Strasse an, das für die Beherbergung von Gebärenden eingerichtet war.51 Zudem waren sie von der Obrigkeit damit beauftragt, ledige Mütter zu denunzieren und sich in den Dienst der reformatorischen Sittenzucht zu stellen.52 Neben der Hebamme waren bei der Geburt Freundinnen und weibliche Verwandte anwesend, was das Gebären zu einem halböffentlichen Ereignis machte.53 Die Väter blieben dem Geschehen hingegen fern. Auch Ärzte und ­Chirurgen wurden nur in seltenen, komplizierten Fällen gerufen. Zwar setzten sie sich an der Universität seit dem 17. Jahrhundert vertieft mit den Krankheiten und Gebrechen von Säuglingen und Kleinkindern auseinander, die Geburt selbst blieb im Normalfall jedoch eine Angelegenheit der Frauen.54 Erst im 18. Jahrhundert kam es zu Veränderungen. 1771 ordneten Rat und Universität das Hebammenwesen neu und professionalisierten es nach dem Vorbild Strassburgs durch die Einrichtung einer Hebammenschule.55 Zudem wurden nun auch verstärkt Ärzte zur Geburt hinzugezogen.

Kindheit und Jugendzeit standen ganz unter dem seit der Reformation geltenden Primat der Sittlichkeit.56 Häufig erfolgte das Erlernen elementarer schulischer Fähigkeiten, insbesondere des Lesens und Schreibens, bereits in der frühen Kindheit, sei es durch die Eltern, Hauslehrer57 oder, wie etwa aus dem Haushalt des Astronomen und Naturwissenschaftlers Johann Jakob Huber (1733–1798) bekannt ist, durch die älteren Geschwister.58 Diese Fähigkeiten standen stets im Dienst christlicher Bildung und Erziehung; so waren die Kirchgemeinden für die niederen Schulen zuständig. Dort lernten Knaben und Mädchen in getrennten Klassen Lesen und Schreiben mittels Lektüre und Rezitation des Katechismus und anderer religiöser Texte. Der Schulunterricht wurde allerdings längst nicht von allen besucht. Gerade Kinder aus ärmeren Haushalten mussten stattdessen häufig Erwerbsarbeit verrichten. Waisen oder Kinder aus prekären Familienverhältnissen wurden sogar ohne weitere pädagogische Absichten im 1667 eingerichteten Waisen­haus zur Arbeit erzogen.59 Auf die frühe Schulbildung folgte allenfalls der Besuch der Münsterschule, die 1589 aus der Fusion der drei städtischen Lateinschulen entstanden war. Ungefähr die Hälfte ihrer Schüler begann hier die Vorbereitung auf ein Studium an der Universität oder auf einen Posten in der städtischen Verwaltung.60 In der Münsterschule wurden die alten Sprachen, Geschichte, Musik und Mathematik gelehrt – Bildungsziele, die im 18. Jahrhundert zunehmend infrage gestellt wurden. Isaak Iselin (1728–1782), Ratsschreiber und Aufklärer, arbeitete eine Reform des Schulwesens aus, die neben neuen, etwa an die Bedürfnisse der Landwirtschaft angepassten Bildungszielen insbesondere eine verbesserte und vom Rat kontrollierte Ausbildung der Lehrer vorsah. Sie wurde allerdings nicht umgesetzt, sodass noch in der Helvetik der teilweise mangelhafte Zustand der Schulen und der unregelmässige Schulbesuch moniert wurden.61

Die Phase der Kindheit und Jugend endete mit der Hochzeit, die in Basel gemäss der Ehegerichtsordnung von 1533 mit achtzehn (Frauen) respektive ­zwanzig (Männer) Jahren möglich war. Das effektive Heiratsalter dürfte jedoch wesentlich höher gelegen haben.62 Die Ehe war mit der Reformation zum einzig legitimen Ort der Sexualität geworden – die Reformationsordnung von 1637 kriminalisierte voreheliche Sexualität selbst dann, wenn danach die eheliche Trauung erfolgte.63 Der Eheschluss war aber auch in rechtlicher und ökonomischer Hinsicht ein wichtiger Einschnitt. Bis zur Hochzeit unterstanden die Männer und Frauen dem Hausvater›, der entweder ihr leiblicher Vater sein konnte oder, wenn sie als Knechte, Mägde oder Gesellen unterwegs waren, der Vorsteher des jeweiligen Haushalts.64 Die Eheschliessung ermöglichte die Gründung einer neuen häuslichen Ökonomie und führte rechtlich zu einer neuen Selbstständigkeit respektive zu einer neuen Abhängigkeit vom Ehemann. Folglich spielten bei Eheschliessungen materielle Interessen und die sozialen Allianzen, die damit zwischen Familien geschlossen wurden, eine wichtige Rolle.65

Ernährung und Ressourcen

Essgewohnheiten waren in mehrfacher Hinsicht zeitabhängig. Zum einen entschied der kirchliche Kalender darüber, was auf den Tisch kam. Auch nach der Reformation war es vor Weihnachten und Ostern ebenso wie am Freitag üblich, die Fastengebote einzuhalten. Zum anderen gab der Jahresrhythmus die zur ­Verfügung stehenden Nahrungsmittel vor. Die Möglichkeiten der Konservierung waren begrenzt, sodass sich der Speiseplan abhängig von den Erntezeiten gestaltete. Gemüse wie Linsen, Erbsen, Lauch und Gurken sowie Obst, meist in den Gärten innerhalb des äusseren Stadtmauerrings angebaut, kamen auf den Tisch, sobald sie reif waren.66 Relativ jahreszeitenunabhängig waren hingegen Lebensmittel, die durch Milchsäuregärung haltbar gemacht werden konnten. Vor allem Sauerkraut gehörte deshalb ganzjährig zur Küche der Basler Stadtbevölkerung. Auch durch Trocknen, Räuchern, Dörren, Pökeln und Beizen liessen sich Lebensmittel bis zu einem gewissen Grad konservieren. Trocken gelagert werden konnte überdies das Getreide, das in der Regel aus dem Sundgau kam, wo die Stadt zahlreiche, ehemals klösterliche Besitzungen hatte. Der Grossteil dieses Getreides wurde zu Brot verbacken und in den zahlreichen städtischen Bäckereien verkauft. Aber auch Mehlspeisen wie Küchel› oder Nudeln sowie verschiedene Getreidebreie (Hirsebrei und ­Hafermus) gehörten zu den üblichen Zubereitungen. Die ­Obrigkeit war deshalb gut beraten, die Getreideversorgung durch Vorratshaltung ganzjährig sicherzustellen und gegebenenfalls in den Markt einzugreifen. Besonders dringend ­waren solche Interventionen, wenn durch Truppenbewegungen und Kriegshandlungen in der Nähe der Stadt die Felder zerstört wurden. Dann geschah es – wie in den Jahren 1712 und 1713 –, dass Getreide ­rationiert werden musste und es bei der Verteilung zu Tumulten kam.67

Wein war wie Brot ein essenzielles Lebensmittel, welches das gesamte Jahr verfügbar sein musste. In welchem Umfang dies der Fall war, hing vom Witterungsgeschehen ab. Dürren oder lange Kälte- und Regenperioden wirkten sich sowohl auf die Erntemengen als auch auf die Qualität des Leseguts aus. Auch hier griff der Rat durch eine aktive Preis- und Steuerpolitik in das Marktgeschehen ein. Das Weinumgeld› gehörte zu den wichtigsten städtischen Einnahmequellen. Die Qualität des Weins unterlag ebenfalls der städtischen Kontrolle und war durch zahlreiche Normen geregelt. Konsumiert wurde vor allem der aus den nahen Weingärten stammende rote Klevner›, der kostengünstig in Weinschänken und auf dem Markt erworben werden konnte. Begüterte Bürgerinnen und Bürger konnten aber auch aus einer grossen Auswahl von Importweinen unter anderem aus Frankreich und Norditalien wählen. Insbesondere Burgunder› und Malvasier› erfreuten sich grosser Beliebtheit. Ihr Besitz und Konsum waren ein Mittel der sozialen Distinktion. Darüber hinaus dienten sie als wertvolle Geschenke, um gesellschaftliche Beziehungen anzubahnen und zu pflegen.

48 Hieronymus Vischer, Festmahl der Seiler, Glasmalerei, 1615. Seit dem 16. Jahrhundert wurde das soziale Leben der Zünfte mit ihren regelmässigen Trink- und Tafelrunden auf Zunft- und Gesellschaftsscheiben festgehalten. Die Scheibe zeigt vierzehn Seiler in Schweizertracht bei einem Festmahl im Zunfthaus zu Gartnern. Die Gedecke bestehen aus Tellern, Messern und Trinkbechern, serviert wird Brot und Fleisch. Oben sind die Arbeitsschritte des Seilmachens zu sehen, unten die Namen und Wappen der Meister.

Qualitativ hochwertigere Weine wurden häufig bei Festlichkeiten wie Zunftessen oder Ratswahlen getrunken, in den führenden Kreisen aber auch zur Verfeinerung von Speisen verwendet. Im Kochbuch von Magdalena Ryhiner-Platter (1573–1651) spielt Wein bei vielen Gerichten – seien es Suppen, Fleischgerichte oder die süssen Tirggel – eine grosse Rolle. Ausdrücklich sollte dafür kein billiger Kochwein verwendet werden. Gedämpfte Tauben etwa sollten, so die Empfehlung Platters, mit «ein[em] becher voll deß besten roten Weins» gekocht werden.68 Aufwendig zubereitete Speisen wurden, wie in den ebenfalls erhaltenen Koch- und Rechnungsbüchern der Safranzunft nachzulesen ist, mit einer Vielzahl von Gewürzen wie Salz, Pfeffer, Safran, Ingwer, Nelken, Muskatblüte und Zimt verfeinert, die von den Basler Gewürzhändlern zu teils horrenden Preisen angeboten wurden.69

Letztlich entschied der Geldbeutel über die zur Verfügung stehenden Lebensmittel. Die Kochbücher Platters und der Safranzunft sind ein Spiegel der Esskultur der Basler Oberschichten. Die breite Bevölkerung ass wesentlich einfacher, und viele Familien litten immer wieder unter Mangelernährung. Auch und vor ­allem tierische Produkte konnten sich nur wenige regelmässig leisten. Milchprodukte wie Sahne, Butter, Milch und Quark spielten in der Alltagsküche somit eine geringe Rolle. Auch Käse kam, wenn überhaupt, nur in Form von Frischkäse auf den Tisch. Besonders wichtig in den einfachen Haushalten war hingegen Schmalz, das zum Braten und als Brotaufstrich Verwendung fand. In seltenen Fällen wurde Schweinefleisch verzehrt. Es war vergleichsweise günstig und wurde mitsamt den Innereien gekocht oder zu Würsten verarbeitet.

Lämmer und Rinder, Hühner, Gänse oder die von Platter genannten Tauben waren hingegen den Wohlhabenden vorbehalten und wurden meist zu besonderen Anlässen auf den Tisch gebracht. Seit dem 17. Jahrhundert ergänzten Wildbret wie Hasen-, Reh- und Hirschbraten und neue Geflügelarten wie der Kapaun und Truthahn die Fleischauswahl. Auch Drosseln und Lerchen wurden gefangen und verzehrt. Nicht selten entsprach dem festlichen Anlass eine aufwendige Zubereitung, wie das bei der in Basel beliebten Galrey(eine Fleisch- oder Fischgallerte) der Fall war. Neben Wein und Gewürzen kamen dann unter anderem Zwiebeln und Schalotten und für Süssspeisen ein von den Kanarischen Inseln stammender Rohrzucker zum Einsatz. Rindfleisch wurde zudem mit Speck gespickt und mit Senf verfeinert. Als Beilagen gab es – vermehrt seit dem 17. Jahrhundert – neben dem obligatorischen Brot auch Gemüse und Reis, der aus der Lombardei importiert wurde. Kapern und Oliven erfreuten sich zunehmender Beliebtheit.

Der Basler Fleischmarkt wurde, sofern es sich nicht um in den hauseigenen Gärten und Höfen gezüchtete Hausschweine und Hühner handelte, von ausserhalb – wiederum vorwiegend aus dem Sundgau – beliefert. So entwickelte sich auch in diesem Bereich ein reger Güterverkehr zwischen der Stadt und ihrem Umland, der allerdings immer wieder durch die häufig auftretenden Viehseuchen unterbrochen wurde. Der Rat reagierte in solchen Fällen mit Einfuhrverboten und Grenzkontrollen. 1723 kam der Handel ganz zum Erliegen, als in Mülhausen und Colmar die Lungenfäule› grassierte und die Stadt die Grenzen dichtmachte, um eine Ausbreitung der Krankheit und Gefährdung des städtischen Viehbestands zu verhindern.70 Nicht zuletzt in solchen Situationen der Fleischknappheit erhielt Fisch als Nahrungsmittel eine besondere Bedeutung. Seit jeher beliebt waren zum einen der Karpfen, der aus den Weihern der Umgebung stammte, zum anderen die im Rhein und in den städtischen Gewässern lebenden Hechte, Äschen, Forellen und Krebse. Besonders nachgefragt und entsprechend teuer war der Salm›, also der Lachs, dessen Fang nicht zuletzt deshalb durch besondere Vorschriften geregelt wurde. Auch in diesem Fall übernahm der Rat die Verantwortung für eine ­sichere Nahrungsmittelversorgung.

Der Fluss und seine Nebengewässer und Zuläufe waren aber auch in anderer Hinsicht für die Versorgung der Stadt mit lebenswichtigen Ressourcen von herausragender Bedeutung. Ohne sie konnten zentrale Gewerbe nicht betrieben werden. Schon lange vor 1500 waren deshalb Gewerbegewässer angelegt worden, indem das Wasser der drei bei Basel in den Rhein mündenden Flüsse kanalisiert und auf diese Weise vielfältig nutzbar gemacht wurde. An den sogenannten Teichen, die durch eine künstliche Wasserführung aus der Birs, dem Birsig sowie – auf Kleinbasler Seite – der Wiese gespeist wurden, siedelten sich Gewerbe an, die einen hohen, nur durch Wasserräder zu deckenden Energiebedarf hatten. So befanden sich am St. Albanteich und am Rümelinbach verschiedenste Mühlen und Schmiede­werkstätten. Auch Gerber, Färber und Walker betrieben ihre Geschäfte an den Teichen. Darüber hinaus hatte die Papiererzeugung, die für die Basler Druckwerkstätten von zentraler Bedeutung war, hier ihren Ort. Ähnlich gestaltete sich die Situation bei den Kleinbasler Gewerbekanälen, an denen seit dem 18. Jahrhundert vor allem die Indienne-Fabriken entstanden. Zudem arbeiteten hier eine stattliche Anzahl von Sägewerken, darunter die vor dem Riehentor betriebene Stadtsäge.

49 Matthäus Merian d. Ä., Flösser auf der Birs bei Zwingen, um 1620/1622. Die Birs war ein wichtiger ­Verkehrsweg. Über sie und den St. Albanteich wurde ein grosser Teil des Bauholzes nach Basel gebracht.

Die Teiche und Kanäle halfen allerdings nicht nur bei der Herstellung verschiedenster Produkte, sondern dienten auch zur Abfuhr von Fäkalien und Abfällen aller Art. Dies bedeutete, dass sie erheblich verunreinigt waren; ein Umstand, der immer wieder zu Konflikten führte und Gegenstand obrigkeitlicher Regelungen war. Ein weiterer Konfliktherd ergab sich aus den ungleichen Interessen der Gewerbetreibenden und der Flösser, die auf den Kanälen Waren und Materialien transportierten. Immer wieder wurden Wasserräder dabei beschädigt. Das wichtigste Material, das über den Wasserweg nach Basel gebracht wurde, war Holz, an dem während der Frühen Neuzeit – dem sogenannten hölzernen Zeitalter – ein nicht endender Bedarf bestand.71 Holz diente als Heizmaterial für den persönlichen Hausbrand und als Energielieferant für die Herstellung unterschiedlichster Produkte. Gleichzeitig war es das Hauptmaterial für Werkzeuge und Geräte, ­angefangen beim Wasserrad bis hin zum Spinnrad und Webstuhl. Nicht zuletzt bildete es den Grundstoff für den Hausbau. Der Holzbedarf Basels wurde vor ­allem aus dem nahen Schwarzwald gedeckt. Die Stämme wurden auf dem Landweg zum Hochrhein transportiert, wo sie zusammengebunden und rheinabwärts verschifft wurden. Zum Anlanden der zum Teil riesigen Flösse eigneten sich vor allem die Flachufer auf der Kleinbasler Seite. Hier befanden sich dementsprechend die wichtigsten Basler Handels- und Umschlagplätze, wo die Stämme direkt an die ­lokalen Interessenten verkauft, in einer der vielen Sägereien weiterverarbeitet oder für das Weiterflössen in entferntere, rheinabwärts gelegene Orte neu zusammengestellt wurden.

Zeiten des Sterbens: Krankheiten und Epidemien

Die schlechten hygienischen Verhältnisse, die sich unter anderem in den offenen Abwasserkanälen manifestierten, trugen dazu bei, dass Seuchen und Epidemien grassierten. Typhus forderte immer wieder zahlreiche Todesopfer, ohne dass die Zeitgenossen in der Lage gewesen wären, der Infektion mit geeigneten Mitteln und Massnahmen zu begegnen. Ebenso hilflos stand man den Pestepidemien gegenüber, die bis 1666 in Basel ungefähr alle fünfzehn Jahre auftraten, sich jeweils rasch ausbreiteten und für eine hohe Mortalität sorgten. So erkrankte während der Pestepidemie der Jahre 1609–1611, über die wir dank des Pestberichts› von Felix Platter besonders gut informiert sind, rund die Hälfte der städtischen Bevölkerung, und ein Drittel starb.72 Auch die folgenden Pestepidemien sorgten immer wieder für einen Bruch in der demografischen Entwicklung. Je häufiger sie auftraten, desto schwieriger, aber auch wichtiger war es, die Bevölkerungszahl zwischenzeitlich vollständig zurückzuerlangen. Wellenbewegungen waren die Folge. Nach jeder Krisenzeit stiegen die Geburtenrate und die Zahl der Hochzeiten – letztere allein schon wegen der Witwen, die sich zur Sicherung der eigenen Existenz und der ihrer Kinder wiederverheiraten mussten. Für die Überlebenden ergaben sich damit neue Chancen, auch und vor allem beruflich, da die entstandenen Lücken eine soziale Mobilität beförderten, die ansonsten kaum vorgesehen war. Ein weiterer Faktor der Dynamisierung infolge der Pestwellen war die Einwanderung. Um die Bevölkerungsverluste auszugleichen, wurden obrigkeitliche Restriktionen auf­gehoben oder gelockert. Die wirtschaftliche Dynamik, die Basel in der Frühen Neuzeit kennzeichnete, hing so gesehen eng mit den Pestwellen und den durch sie verursachten Sterberaten zusammen.

Bevölkerungsentwicklung und Pestepidemien, 1500–1700

Für die Zeitgenossen blieb jeder Pestzug eine Katastrophe, deren wahre Ursache sich nicht feststellen liess. Selbst in ärztlichen Traktaten wie dem 1564 verfassten Pestbüchlein› von Heinrich Pantaleon (1522–1595) standen religiöse und medizinische Erklärungen nebeneinander. Die Pest galt als Strafe Gottes für das Verhalten der Gemeinschaft und wurde auf Grundlage der Miasmenlehre auf verunreinigte Luft oder verunreinigtes Wasser zurückgeführt. Pantaleon sah Ursachen für die Verbreitung aber auch in der Nahrung – leicht verderbliche Kost, Hülsenfrüchte, Schweinefleisch etwa galten als gefährlich –, in starken Gemütsregungen oder in unkontrolliertem Aderlassen.73 Im Laufe des 17. Jahrhunderts gewann jedoch die Kontagionstheorie, die von einer Ansteckung von Mensch zu Mensch ausging, als Erklärungsansatz allmählich die Oberhand. Folglich galt eine Stadt, in der die Menschen auf engem Raum lebten, als besonders gefährdet.

Entsprechend veränderten sich die Massnahmen, die zur Bekämpfung der Pest ergriffen wurden. Diese umfassten hygienische, soziale und sittlich-religiöse Vorschriften. Die Sonntagsheiligung wurde eingeschärft, Glücksspiele, Singen und Jauchzen dagegen verboten, um Gott gnädig zu stimmen. Die Lüftung oder Ausräucherung der Innenräume sollte zur Reinigung der Luft beitragen. Ab dem ­frühen 17. Jahrhundert wurden immer häufiger Massnahmen ergriffen, welche die Stadt bereits vor einem Pestausbruch abriegelten und Kranke isolierten.74 So reagierte der Rat 1626, als ihn Nachrichten von der Pest in anderen Teilen Europas erreichten, zunächst mit einem Verbot des Gassenbettels und einer konsequenteren Abschottung der fremden Armen auf ihrem Weg in die Elendenherberge. ­Wenig später durften nur noch Personen die Stadt betreten, die den Nachweis erbringen konnten, vor Ankunft mindestens drei Wochen in pestfreiem Gebiet gewesen zu sein. All diese vorbeugenden Massnahmen konnten den Ausbruch der Pest jedoch nicht verhindern. Deshalb liess der Rat ein Traktat der medizinischen Fakultät drucken, die als Expertengremium in Fragen der Seuchenabwehr über Möglichkeiten des Schutzes und der Heilung von Erkrankten informierte. Das Traktat war in ähnlicher Form bereits 1564 und 1610 gedruckt worden, enthielt aber auch neue, nun sehr konkrete Massnahmen, die den Menschen erheblichen Handlungsspielraum zugestanden. So sollten Verstorbene innerhalb von 24 Stunden bestattet werden, Geheilte weder den Gottesdienst noch den Markt auf­suchen, Kleider und Bettwäsche von Erkrankten in Rhein oder Birs statt in den Brunnen ausgewaschen werden, und durch die Reinigung von Gassen und Strassen die Luft sauber gehalten und die Wohnung mit Hölzern, Rosmarin und Eichenlaub ausgeräuchert werden.75

Dieses Pestbüchlein› liess der Rat letztmals 1667 veröffentlichen, als die Pest erneut grassierte.76 Seither konnten Ausbrüche der Pest frühzeitig erkannt und eingedämmt werden, obwohl weder die eigentliche Ursache noch Therapie­möglichkeiten bekannt waren. Nun begann die Obrigkeit für mögliche zukünftige Ausbrüche zu planen und Massnahmen zu ergreifen, bevor die Pest da war. Der Basler Rat erliess nach der letzten Pestepidemie mehrere Verordnungen zur Verbesserung der hygienischen Verhältnisse in der Stadt. 1709 gründete er schliesslich einen Sanitätsrat›, dessen Aufgabe es war, neben der Pest auch andere Infektionskrankheiten, etwa die im 18. Jahrhundert immer wieder aufflammende Ruhr, zu bekämpfen.77

Marcus Sandl, Daniel Sidler

36 Matthäus Merian d. Ä., Basler Merianplan, 1617. Matthäus ­Merian d. Ä. (­1593–1650) erstellte 1617 auf der Basis umfangreicher ­Vorarbeiten eine ­Radierung von Basel aus der Vogelperspek­tive, die einen detaillierten Eindruck von der Stadt gibt (Masse: 70 × 105 cm). Am linken unteren Bildrand ­findet sich eine ­Figurengruppe. Sie umfasst neben einem Bürgermeister, Ratsherrn und Bürger auch einen jungen Mann sowie eine verheiratete und eine ledige Frau. Auf den Gassen und Plätzen der Stadt sind Menschen und Fuhrwerke zu sehen, und der Rhein wird von Schiffen befahren.

37 Matthäus Merian d. J., Bildnis der ­Familie Merian, um 1642/43. Matthäus Merian d. J. (1621–1687) präsentierte sich und seine Angehörigen in humanistischer Manier als Künstlerfamilie. Im Bildmittelpunkt sind die Eltern Matthäus Merian d. Ä. und seine erste Frau Maria Magdalena de Bry zu sehen, umringt von ihren sechs Kindern: Matthäus Merian d. J., ­Susanna Barbara, Margaretha, Caspar, der ­seinem Vater eine Zeichnung des ­antiken Torso vom Belvedere zeigt, Maria Magdalena und Joachim, der ihm eine Gipskopie des antiken Laokoonkopfes entgegenstreckt. Der Maler blickt die Betrachtenden vom linken Bildrand aus an.

Temperaturabweichungen in °C, 1444–2011

46 Zinnerne Saugflasche, 17. oder 18. Jahrhundert, hergestellt von der Basler Zinngiesser-­Familie Scholer. Vor der Erfindung von Gummisaugern im 19. Jahrhundert waren Zinnflaschen für die Säuglingsernährung im Gebrauch. Das Mundstück wurde mit einem Leinenstoff überzogen.

47 Lumpeditti›, Puppe mit Papiermaché­-Gesicht aus Indienne-Stoff, 18. Jahrhundert. Das ­Lumpeditti› ist eine Spielzeugpuppe mit einem Kopf aus ­Papiermaché, wie er im 18. Jahrhundert aufkam. Der Körper der Puppe war aus dem Rest eines Indienne-Stoffes gefertigt.

Die Möglichkeiten
der Konservierung
waren begrenzt

50 Bis ins 17. Jahrhundert brach in der Stadt ­ungefähr alle fünfzehn Jahre eine Seuche oder die Pest aus und forderte häufig tausende ­Opfer. So stieg die Zahl der Stadtbewohnerinnen und -bewohner kaum an. Erst nach der ­letzten grossen Pestwelle 1666/67 setzte ein kontinuierliches Bevölkerungswachstum ein, dem der Rat im 18. Jahrhundert mit einer ­restriktiven Einwanderungspolitik entgegenwirkte. Bei der Volkszählung im Jahr 1779 wurden 15 040 Personen erfasst. Für die Zeit davor liegen keine exakten Zahlen vor. Mithilfe von Tauf- und Geburtsregistern, Verzeichnissen der Bürgeraufnahmen, Häuserverzeichnissen, ­Steuerrödeln und des Pestberichts› des Stadtarztes Felix Platter lassen sich aber Näherungswerte abschätzen (Angaben nach Gschwind 1977, S. 172–174. Hatje 1992, S. 164 f.).

Kriege, Krisen und Profit (1580–1700)

Der Oberrhein rückte im 17. Jahrhundert immer mehr in den Fokus gesamteuropäischer Entwicklungen. Die Region um Basel wurde erschüttert von Krisen unterschiedlicher Art: von Kriegen und Verwüstungen, von politischen Spannungs­lagen wie auch von kalten Wintern und kühl-feuchten Sommern, die für schlechte oder aus­fallende Ernten sorgten. Diese trugen dazu bei, schwelende Konflikte zwischen der städtischen Obrigkeit und den Untertanen auf der Landschaft weiter zu schüren. Von 1591 bis 1594 sowie 1653 kam es zu längeren Auseinandersetzungen mit der Bauernschaft. Auch innerhalb der Stadt ­brodelte es. Politische und wirtschaftliche Dynamiken führten 1691 zur grössten innenpolitischen Krise seit der Reformation. In den Dreissigjährigen Krieg (1618–1648) und andere europäische Kon­flikte, die die Region in Atem hielten, war Basel zwar militärisch nicht involviert, doch wirkten sich diese in vielfältiger Weise auf die Stadt aus. So erleb­te­­ Basel eine Epoche voller Krisen und Bedrohungen, aus denen die Stadt und ihre ­Bürgerinnen und Bürger aber auch immer wieder wirtschaftlichen und politischen Nutzen zogen.

Der Krieg als Krise: ­Gefahr, ­Chance und Inszenierung

Am 27. Mai 1594 hatte sich Basel herausgeputzt. Die Rückkehr des städtischen Heeres, das gut zwei Wochen zuvor unter dem Kommando von Andreas Ryff die Stadt verlassen hatte, sollte würdig gefeiert werden. Von den äusseren Mauern aus liess sich beobachten, wie sich der aus dreizehn berittenen und gut hundert Fusssoldaten bestehende Zug, angeführt von Ryff und einigen Ratsherren, die zuvor in den Dörfern die Huldigung der Untertanen entgegengenommen hatten, der Stadt näherte. Vor dem St. Alban-Tor nahm das Heer nochmals Aufstellung, Ryff stieg vom Pferd und zog an der Spitze seiner Soldaten feierlich in die Stadt ein. Begleitet von den Hochrufen der versammelten Bevölkerung marschierte der Tross zum Münsterplatz. Nach einer kurzen Empfangszeremonie durch die Zunftmeister und weitere Amtsträger ging es weiter Richtung St. Ulrich, die Freie Strasse hinunter bis zur Brückenkapelle und wieder zurück, über den Fischmarkt und schliesslich vor das Rathaus. Hier, im Zentrum der politischen Macht, befahl Ryff seinen «kriegslith», sich ringförmig aufzustellen. In einem letzten offiziellen Akt sprach er ihnen den Dank für die der Stadt geleisteten Dienste aus, bevor sie aus ihrer militärischen Pflicht entlassen wurden.1

Mit diesem feierlichen Umzug endete ein Konflikt, der unter dem Namen Rappenkrieg› bekannt wurde. Schon seit einigen Jahren war es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen der Stadt und der Landschaft gekommen. Die Botschaft des 27. Mai 1594 war, dass es sich dabei um einen Krieg gehandelt hatte, der für die Stadt sieg- und ruhmreich beendet worden war. Einen Krieg im engeren Sinne jedoch hatte es nie gegeben. Die Spannungen waren nicht zuletzt dank Ryffs Engagement kurz vor einer militärischen Eskalation friedlich gelöst worden. So war der Krieg nichts anderes als das Ergebnis einer Inszenierung – der Inszenierung seiner aus Sicht der Stadt erfolgreichen Beendigung. Der Adressat dieser Inszenierung war die Stadt selbst, deren Macht demonstriert und deren Einheit zur Schau gestellt wurde. Die städtische Einheit nämlich hatte sich als durchaus brüchig ­erwiesen. Obwohl die aufständische Landbevölkerung in der Stadt kaum Sympathien genoss, hatte der Heereszug Missfallen ausgelöst. Insbesondere in den ersten Monaten des Jahres 1594 hatten die aufgebotenen Soldaten ihren Unmut über ihre Einberufung lautstark kundgetan.2 Darauf nahm Ryff in seiner Ansprache nochmals Bezug, indem er daran erinnerte, dass es nicht der Rat, sondern die gesamte «gemeine burgerschaft» war, die über die Landschaft herrschte.3

51 Illustration zum Rappenkrieg aus der von Andreas Ryff verfassten Chronik Zirkel der ­Eidgenossenschaft›, 1597. Nach dem Ende des Rappenkriegs setzte der Kaufmann und Ratsherr Andreas Ryff sich selbst und seine Rolle in der Konfliktbeilegung geschickt in Szene. Bei Schloss Wildenstein stand Ryff zu Ross demnach einer bewaffneten Menge gegenüber, die er dank diplomatischem Geschick beschwichtigen konnte.

Schauplätze städtischer Herrschaft: Vom Rappen- zum Bauernkrieg

Der Rappenkrieg war ein ungewöhnlich langer, in vielerlei Hinsicht indes typischer Konflikt zwischen der Stadt und der Landschaft. Die städtische Herrschafts- und Verwaltungspraxis gab aus Sicht der Landschaft immer wieder Anlass zu Kritik. Die Abgabenlast erschien notorisch zu hoch, die Mitspracherechte hingegen waren gering. Kam es dann noch zu lokalen Missständen, häuften sich die Klagen in den Ämtern gegen die Lasten beziehungsweise gegen einzelne Landvögte als den städtischen Vertretern vor Ort. Solche Klagen wurden teils mündlich, teils schriftlich in Suppliken vorgetragen, blieben in der Regel jedoch örtlich und zeitlich begrenzte Phänomene. Ende des 16. Jahrhunderts allerdings entfalteten die Ereignisse eine neue Dynamik. Seit den 1580er-Jahren wurde der kollektive Unmut grösser und die Klagen angesichts eines Bündels politisch, wirtschaftlich und klimatisch bedingter Probleme dringlicher. Zum einen schränkte der Rat im Zuge des Ausbaus seiner Herrschaft die Selbst- und Mitbestimmungsmöglichkeiten der Landbevölkerung immer mehr ein. Zum anderen führten ungünstige Wetterbedingungen für die überdies stark angewachsene Landbevölkerung zu einer kritischen Versorgungslage, zu Preiserhöhungen und einer generellen Teuerung. Zusätzlich verschärften sich die Zweifel, ob die Stadt überhaupt in der Lage sei, für die Landschaft Schutz und Schirm› zu gewährleisten. 1588 bezog ein französisches Heer auf der Basler Landschaft Quartier und liess sich von den Bewohnerinnen und Bewohnern auf deren Kosten versorgen. Die städtische Obrigkeit nahm diese Einquartierung widerstandslos hin und bewies damit aus Sicht der Landbevölkerung ihren Unwillen beziehungsweise ihre Unfähigkeit, das eigene Territorium vor fremdem Zugriff zu schützen. Dies aber rüttelte am Fundament, nämlich am Einverständnis der Landschaft mit der Herrschaft der Stadt, das auf dem Prinzip von Leistung und Gegenleistung beruhte.4

Angesichts der angespannten Lage bedurfte es nur eines kleinen Tropfens, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. Dieser Tropfen war eine eigentlich geringfügige Erhöhung der ländlichen Steuerlast, die vonseiten des Rats im Frühjahr 1591 einseitig verkündet wurde. Der Grund für diese Erhöhung hatte in erster Linie mit dem Fürstbischof von Basel zu tun, mit dem die Stadt in einen längeren Rechtsstreit verwickelt war. Jakob Christoph Blarer von Wartensee hatte nach ­seinem Amtsantritt als Fürstbischof (1577) die Rekatholisierung im Birseck und im Laufental vorangetrieben und, unterstützt von der katholischen Eidgenossenschaft, seine althergebrachten Herrschaftsrechte über die Stadt und über jene ­Gebiete auf der Landschaft zurückverlangt, die der Stadt bloss verpfändet waren. Der Konflikt zwischen Fürstbischof und Stadt war 1585 durch eidgenössische Vermittlung beigelegt worden. Im Vertrag von Baden trat der Bischof seine Rechte an die Stadt ab, die ihn dafür mit der ausserordentlich hohen Summe von 200 000 Gulden entschädigen musste.5 Zur Tilgung dieser Schulden reichte es nun nicht, dass die Stadt Darlehen aufnahm und ihre Reserven auflöste; der Rat versuchte, über die Erhöhung des Weinumgelds› die Bevölkerung auf der Landschaft am Pfandauskauf zu beteiligen. Sein Argument war, dass der ausgehandelte Vertrag dazu beitrage, die durch den Fürstbischof bedrohte reformierte Konfession auf der Landschaft zu schützen.6 Die Erhöhung betrug genau einen Rappen.

Was aus Sicht der Obrigkeit konfessionell und ökonomisch legitimiert erschien, betrachtete die Landbevölkerung unter den wirtschaftlichen und sozialen Umständen der Zeit als Bedrohung ihrer Existenz, der es mit allen Mitteln zu begegnen galt.7 Sie organisierte sich, erstmals im März 1591 in Liestal, in informellen Landsgemeinden und formulierte Bitt- und Beschwerdeschriften, um die eigenen Forderungen zu artikulieren. Der Rat zeigte sich bedingt verhandlungsbereit und empfing landschaftliche Delegationen zu Gesprächen. Zugleich kam es aber zu kleineren Scharmützeln und ersten Verhaftungen. Zur demonstrativen Durchsetzung der städtischen Herrschaft konnte sich der Rat jedoch nicht durchringen. In erster Linie wollte er eine Ausweitung des Konflikts vermeiden. Diese Strategie scheiterte indes, da die Aufständischen die eidgenössische Tagsatzung als Schlichtungsinstanz einschalteten. Auf deren Kompromissvorschläge reagierte der Rat abwartend und unentschlossen und trug auf diese Weise dazu bei, dass der Konflikt sich in die Länge zog und Monate, ja Jahre weiterschwelte.

Im Verlauf des Jahres 1593 zeigte sich, dass hinter dem Zögern ein Kalkül stand, das nun aufging. Die eidgenössischen Orte verloren langsam, aber sicher das Interesse an der Auseinandersetzung, und unter der Landbevölkerung selbst entstand Uneinigkeit über das weitere Vorgehen. Diesen Moment nutzte der Rat für einen gezielten Schlag. Er liess die Rädelsführer verhaften und brachte seine Truppen in Stellung, sodass eine militärische Eskalation unvermeidlich erschien. Erst im letzten Moment entschärfte sich die Situation dadurch, dass die aufständischen Landbewohner bei Schloss Wildenstein einem Vermittlungsvorschlag Ryffs zustimmten. Ryff selbst führte diese Konfliktbeilegung auf seine überzeugende Rhetorik und geschickte Diplomatie zurück. Begünstigt wurde sie allerdings auch durch die wirtschaftlichen Umstände, die sich im Laufe des Jahres 1593 erheblich gebessert hatten.

Das Bemerkenswerte am Rappenkrieg ist somit, dass er im Grunde nicht stattgefunden hat. Dennoch war er für die weitere Beziehung zwischen Stadt und Landschaft von einschneidender Bedeutung. Der Rat hatte seine Entschlossenheit und seine Fähigkeit gezeigt, die eigenen Interessen gegenüber dem Willen der ländlichen Untertanen durchzusetzen. Der Empfang der ausgesandten Truppen und deren Defilee durch die Basler Gassen demonstrierte diesen städtischen Macht- und Herrschaftswillen und setzte damit ein Zeichen. Die Stadt-Land-Beziehungen in den folgenden Jahrzehnten, ja während des gesamten 17. Jahrhunderts folgten den damit etablierten Maximen eines konsequenten herrschaftlichen Zugriffs.8 So verschärfte der Rat besonders in den 1620er- und 1630er-Jahren ein weiteres Mal die Sittenpolitik und die Verwaltungspraxis und schreckte auch nicht davor zurück, neue Abgaben einzuführen. Immer wieder aufkommenden Protesten begegnete er souverän. Umgekehrt liess sich die Landbevölkerung von dem demonstrativen Herrschaftsanspruch der Stadt nur sporadisch beeindrucken. Zu grösseren Auseinandersetzungen und einem erneuten Konflikt kam es, nachdem 1627 – mitten im Dreissigjährigen Krieg – die sogenannte Soldatensteuer auf die Landschaft ausgeweitet wurde. Die Abgabe war aus Sicht der Landschaft nicht nur eine unzumutbare Belastung, sondern auch insofern illegitim, als sie der Finanzierung der Stadtgarnison diente, deren Einsatzdispositiv den Schutz der Stadt, nicht aber jenen der Landschaft vorsah. Als sie nach 1648 trotz nachlassender Bedrohungslage und sich verschlechternder Konjunktur nicht rückgängig gemacht wurde, brach der Konflikt offen aus. Wieder vermischten sich konkrete Forderungen – neben der Abschaffung der Steuer etwa der Verzicht auf eine Abgabe für zusätzliche Tische bei Hochzeiten – mit grundsätzlicher Kritik an den bestehenden Herrschaftsverhältnissen.9

In die Annalen der Stadt ist dieser Konflikt als ein weiterer Krieg, nämlich als Bauernkrieg›, eingegangen. In mancherlei Hinsicht, beispielsweise was die Protestformen betrifft, erinnert er an den Rappenkrieg. Es gibt aber auch deutliche Unterschiede. Die Stadt sah sich von Beginn an vor allem in den oberen Ämtern – in Waldenburg, Farnsburg, Homburg, Ramstein und Liestal – mit einer hohen Gewaltbereitschaft konfrontiert. Diese gipfelte im Frühjahr 1653 darin, dass die Landbevölkerung erstmals in der Basler Geschichte den ausgesandten städtischen Truppen militärisch erfolgreich begegnen konnte. Wichtig für die Dynamik der Geschehnisse war zudem, dass sich die Basler Bauern – auch dies eine Neuheit in der eidgenössischen Geschichte – über kantonale Grenzen hinweg mit den Landleuten in Bern, Luzern und Solothurn in einem Bauernbund› zusammenschlossen. An den Landsgemeinden in Sumiswald und Huttwil verliehen sie ihren Forderungen nach einer Umgestaltung der Machtverhältnisse mehr Gewicht und versprachen, gegenseitige militärische Hilfe zu leisten. Obwohl die Landleute in Bern und Luzern eine weitaus revolutionärere Stossrichtung verfolgten als die Basler Bauern und diese kompromissloser durchzusetzen versuchten, war die weitere Entwicklung des Krieges in Basel damit an den Verlauf in den übrigen eidgenössischen Orten gekoppelt. Das bedeutete einerseits, dass in Basel die Bedrohungslage stieg, als sich in Luzern und Bern die Lage weiter zuspitzte, andererseits jedoch, dass die Niederlage der Luzerner und Berner Bauernschaft gegen das von der Tagsatzung aufgebotene Heer im Mai 1653 fast zwangsläufig die Kapitulation der Basler Bauern nach sich zog.10

Trotz der kurzen Zeitspanne, in der sich die Ereignisse abspielten, war der Bauernkrieg eine Auseinandersetzung, die aufgrund der engen Verzahnungen von wirtschaftlichen und politischen Forderungen die städtische Herrschaft über die Landschaft in Basel und den übrigen betroffenen eidgenössischen Orten in ihren Grundfesten erschütterte. Mit ihren kantonsübergreifenden Landsgemeinden und Zusammenschlüssen signalisierten die Bauern, der Obrigkeit auf Augenhöhe begegnen zu wollen. Deshalb ist es nicht überraschend, dass die Stadt ihren Sieg und damit ihre Herrschaft erneut inszenierte. Wie in Luzern, Bern und Solothurn hob der Rat örtliche Sonderrechte auf, forderte Reparationszahlungen und verurteilte die Anführer des Aufstands. Die sieben «vornembsten Rebellen» liess er in öffentlichen Schauprozessen hinrichten [52].

Dennoch waren die Auswirkungen vielschichtiger, als es diese Inszenierung vermuten liesse. In ökonomischen Fragen machte der Rat Zugeständnisse, darunter die Aufhebung der Soldatensteuer, die den Konflikt ausgelöst hatte. Geschuldet war dies der Einsicht, dass das Herrschaftsverhältnis der Stadt über das Land nicht allein auf seiner souveränen Durchsetzung beruhen konnte. Selbst Stadtbürger äusserten mit Blick auf die Ursachen des Bauernkriegs die Meinung, dass die Stadt tyrannisches› Verhalten, etwa überhöhte Steuern und Abgaben oder eine willkürliche Justiz, vermeiden müsse, um die städtische Herrschaft auf ein solides Fundament zu stellen.11 So setzte sich im Rat die Einsicht durch, dass neue Fiskalabgaben ohne Zustimmung der Landbevölkerung nicht erhoben werden konnten. Das Aufkommen der Seidenband- und Textilproduktion, mit der sich im späten 17. Jahrhundert die wirtschaftlichen und personellen Verstrickungen zwischen Stadt und Landschaft nochmals veränderten, trug zusätzlich dazu bei, dass nach 1653 offene Herrschaftskonflikte ausblieben.12

Phlegma und Pragmatik: Basel und der Dreissigjährige Krieg

In den Auseinandersetzungen mit der Landschaft hatte die Stadt eigene Truppen ausgesandt, um die Rebellion gegebenenfalls militärisch zu unterbinden. Innerhalb der Stadtmauern und im Alltag der Bevölkerung war von den Kriegen› allerdings wenig zu spüren. Nur dann, wenn die Truppen vor einem Auszug oder nach der Rückkehr den Stadtraum durchquerten, beeinflussten sie für kurze Zeit auch das Leben der Stadtbevölkerung. In den europäischen Konflikten, insbesondere im Dreissigjährigen Krieg, war die Situation genau umgekehrt. So sehr die Stadt sich bemühte, nicht in das Kriegsgeschehen involviert zu werden, so präsent war der Krieg im städtischen Alltag, zumindest als Bedrohungsszenario. Bereits 1618, kurz nach Kriegsausbruch, liessen sich Truppenbewegungen in unmittelbarer Nähe beobachten, als der Söldnerführer Ernst von Mansfeld (1580–1626) mit seinen Landsknechten, die zuvor in Italien gekämpft hatten, in Richtung Böhmen zog. Ab Mitte der 1620er-Jahre, nach dem Kriegseintritt Frankreichs aufseiten der  protestantischen Reichsstände, verlagerte sich dann auch der Krieg selbst allmählich in den Süden des Reiches. Als der schwedische König Gustav Adolf (1594–1632) im Jahr 1630 aufseiten der bislang unterlegenen protestantischen Mächte in den Krieg eintrat, im ganzen Reich aufsehenerregende Erfolge errang und 1632 mit seinen Truppen bis ins Elsass vorrückte, wurde der Oberrhein schliesslich zu einem zentralen Kriegsschauplatz.

53 Anonym, Zwei Kavaliere und der Tod vor Basel, 17. Jahrhundert. Die zwei Kavaliere in Trachten aus der Zeit des Dreissigjährigen Krieges verweisen ebenso auf diplomatische Verhandlungen wie auf Kriegshandlungen, die sich vor den Toren der Stadt abspielten. Krieg, Pest und Seuchen machten den Tod zu einer ständigen Bedrohung.

Basel konnte sich den Auswirkungen des Kriegsgeschehens nun nicht mehr entziehen. Zwar kam es nicht zu einem unmittelbaren Konflikt oder gar zur Besetzung der Stadt durch feindliche Truppen, aber die militärischen Auseinandersetzungen bestimmten von nun an das gesamte städtische Leben. Immer wieder zogen Truppen nahe der Stadt vorbei. 1633 bewegte sich ein kaiserliches Heer unter Führung des spanischen Herzogs von Feria (1587–1634) mit 25 000 Mann vom Fricktal in das von Schweden belagerte Elsass. Die Landsknechte des Kriegsunternehmers Bernhard von Sachsen-Weimar (1604–1639) durchquerten 1638 sogar Basler Territorium.13 Agenten der Kriegsparteien, insbesondere französische und schwedische Offiziere, streiften durch Stadt und Landschaft, um Söldner für ihre Truppen anzuwerben.14 Kriegsvertriebene aus der Markgrafschaft und dem Elsass – österreichische Adlige genauso wie elsässische und Markgräfler Bauern – flüchteten nach Basel. Im Jahr 1638, auf dem Höhepunkt der Fluchtbewegungen, als rund 7500 Personen in Basel Schutz suchten, verdoppelte sich die Einwohnerzahl kurzzeitig beinahe.15 Grosse soziale und administrative Anstrengungen bezüglich der Unterbringung und der aufgrund von Exportsperren ohnehin kritischen Versorgungslage waren nötig, um diese angespannte Situation zu bewältigen. Was die Getreideversorgung betraf, kompensierte die Stadt ausfallende Lieferungen aus dem Sundgau, indem sie Käufe in Bern, Freiburg, Genf, Savoyen und im Fürstbistum Basel tätigte.16 Hinzu kam, dass sich durch die Mobilität und Migration die Pest verbreitete und es in der Stadt mehrmals zu Ausbrüchen mit zahllosen Kranken und Toten kam. Als die Pestwelle 1629 ihren Höhepunkt erreichte, starben hier rund 2500 Personen.17 Basel profitierte aber auch davon, dass herumziehende Händler, Geflüchtete und Soldaten Berichte und Gerüchte über das Kriegs­geschehen brachten. Die Stadt wurde zur Informationsdrehscheibe zwischen dem Oberrhein und der Eidgenossenschaft und somit zur Mittlerin von überregionaler Bedeutung.18

Auf all die Probleme und Herausforderungen, die sich aus der Nähe des Kriegs ergaben, musste der Rat Antworten finden. Vor allem aber war es seine ­Aufgabe, für die eigene militärische Sicherheit zu sorgen. Kam es zu Truppen­bewegungen und militärischen Auseinandersetzungen in der Region, wuchs auch die Gefahr eines Übergreifens auf die Stadt. Um dieser Bedrohung zu begegnen, erwog der Rat verschiedene Möglichkeiten. Auf der Tagsatzung setzte er sich zum Schutz der Grenzen für eine gemeinsame eidgenössische Verteidigungspolitik ein, an der sich alle Orte beteiligen sollten – ungeachtet ihrer konfessionellen Differenzen und der damit einhergehenden Loyalitäten zu den Kriegsparteien. Doch die Interessen gingen so weit auseinander – Zürich etwa plädierte lange für konfessionelle Sonderbündnisse –, dass es erst 1647 mit dem Defensionale von Wil› zu einer gemeinsamen Haltung in der Sicherheitspolitik kam, die zudem vor allem dem Schutz der eidgenössischen Grenzen im Osten diente.19 Deshalb setzte der Rat auf eigene militärische Anstrengungen. Schon 1622 hatte er den Bestand der Stadtgarnison erhöht, der während der Kriegsjahre rund vier- bis neunhundert Bürger, Landbewohner und eigens dafür angeworbene Söldner umfasste.20 Zudem erwog er nach dem Vorbild von Zürich und Genf den Bau einer Festung. Dies war die kostspieligste, angesichts der Bedrohungssituation aber auch überzeugendste Option. Denn eine Festung bot nicht erst bei einer Belagerung wirksamen Schutz. Sie hatte auch eine abschreckende Funktion, demonstrierte eine Stadt damit doch weithin sichtbar ihre Souveränität und Wehrfähigkeit. Festungsbauten konnten militärische Aktionen also schon im Vorfeld verhindern.

Getreidevorräte in der Stadt Basel, 1613–1653

54 Dinkel und – in geringerem Masse – Roggen zum ­Backen von Brot sowie Hafer als Futter für die Pferde waren für die Versorgung der Stadt und ihrer Be­wohnerinnen und Bewohner essenziell. Um Engpässe ausgleichen zu können, legte die Obrigkeit in er­tragreichen Jahren Getreidevorräte an, die sie in ­Krisenzeiten vergünstigt an die Bevölkerung abgab. 1621 etwa – im vierten Jahr des Dreissigjährigen Kriegs – versorgte die Stadt auf diese Weise zahlreiche Flüchtlinge (Angaben nach Stritmatter 1977, S. 115).

Die Ausgangssituation war für Basel allerdings alles andere als optimal. Zu Beginn des Dreissigjährigen Krieges verfügte die Stadt über kaum mehr als die mittelalterlichen Stadtmauern. In diesem Zustand konnten die Mauern einem Artillerieangriff, der dem neuzeitlichen Stand der Militärtechnik entsprach, nicht standhalten. Auch liessen sich auf den schwach ausgebauten Türmen selbst keine Kanonen aufstellen. Die Diskussionen, wie dies zu ändern sei, hatten eine lange Vorgeschichte.21 Bereits 1588 hatte der renommierte Festungsbauer Daniel Specklin (1536–1589) auf die Mängel hingewiesen und vier Varianten er­arbeitet, wie die Stadt durch mehr oder weniger umfangreiche bauliche Mass­nahmen – die Realisierung einer Bastionsanlage› – effizienter geschützt werden könnte.22 Für die Umsetzung seiner Pläne liess sich, nicht zuletzt aus Kostengründen, im Rat allerdings keine Mehrheit finden – eine Haltung, die insbesondere die Basler Geistlichkeit vehement kritisierte. Auch zu Beginn des Dreis­sigjährigen Krieges wurde die Forderung nach einem Aus- und Umbau der Befestigungsanlage als Erstes auf den Kanzeln laut. Ein neuer, dem aktuellen Stand der Bastionsarchitektur entsprechender Entwurf sollte in Auftrag gegeben werden. Der Rat kam nach einigem Zögern dieser Forderung nach und beauftragte 1622 nochmals einige europaweit renommierte Ingenieure und Architekten mit der Planung und Realisierung eines neuen Festungswerks. Auch diesmal kam es nicht zu einem schnellen Beginn von Baumassnahmen, im Gegenteil: Zwar lag schon 1623 ein Plan des französischen Feldherrn und Schriftstellers Théodore-Agrippa d’Aubigné (1552–1630) vor, der nicht weniger als zweiundzwanzig Bastionen rund um die Stadt vorsah. Auch konnte die Obrigkeit zu dessen Umsetzung mit Johannes Faulhaber (1580–1635) einen der angesehensten zeitgenössischen Mathematiker und Baumeister gewinnen, der mit einer Gruppe von Fortifikationsbauern schon bald danach nach Basel kam. Vor Ort aber zeigte er sich wenig angetan von d’Aubignés Plan, redimensionierte ihn erheblich und stellte die Arbeiten schliesslich ganz ein, als er eine Stellung in seiner Heimatstadt Ulm angeboten bekam. Als Prinz Moritz von Oranien (1567–1625), den der Rat um eine zusätzliche Expertise gebeten hatte, d’Aubignés Plan ebenfalls ablehnte, übernahm der Pfälzer Ingenieur Adam Stapf (1550–1624) die Leitung der Baumassnahmen auf der Basis von neuen Plänen, die zunächst der niederländische Festungsbauer Johan van Valckenburgh (1575–1625), dann Stapf selbst erarbeiteten. Erneut wurde die Umsetzung nach kurzer Zeit unterbrochen, als Stapf 1624 verstarb. In der Folge zog sich der Rat wieder auf seine alte, abwartende Position zurück. Man beschränkte sich darauf, anhand von Plänen theoretische Diskussionen über die Befestigung der Stadt zu führen. Sobald es um eine Realisierung ging, zögerte und zauderte man jedoch, bis veränderte Umstände eine erneute Planung nötig machten.23

Die abwartende und zögerliche Haltung der Obrigkeit, wie sie sich mit Blick auf den Ausbau der Festungsanlagen zeigt, ist symptomatisch für die Basler Ratspolitik nicht nur im Dreissigjährigen Krieg, sondern auch in den Auseinandersetzungen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Vor einer klaren Festlegung und den daraus resultierenden Konsequenzen schreckte der Rat meist zurück. Stattdessen versuchte er, die Dinge in der Schwebe zu halten, den Handlungsfluss gegebenenfalls zu unterbrechen, endgültige Entscheidungen hinauszuzögern und so eventuell drohende negative Folgen zu vermeiden. Auch in macht- und bündnispolitischen Fragen verweigerte der Rat eine eindeutige Positionierung. Als in den 1630er-Jahren Rat und Geistlichkeit in Zürich unter Verweis auf konfessionelle und politische Loyalitäten auf ein Bündnis der reformierten Eidgenossenschaft mit Schweden drängten, plädierte er für Zurückhaltung.24 Ebenso strebte der Militärunternehmer Bernhard von Sachsen-Weimar, der in französischen Diensten aufsehenerregende Erfolge am Oberrhein errang, in den 1630er-Jahren vergebens eine wirtschaftliche Annäherung Frankreichs an Basel und andere reformierte Orte an. Vielmehr beklagte der Agent, der in Basel und Bern Bernhards Geschäfte abwickelte, den «phlegmatischen alten Tand» der eidgenössischen Orte, die den Krieg am liebsten weit von ihren Grenzen entfernt sähen, um «in stiller Ruhe sitzen bleiben» zu können.25

Das hier angesprochene Phlegma, das auch in militärstrategischen Traktaten der Zeit als Handlungsoption diskutiert wurde, mit gleichgültiger Passivität gleichzusetzen, wäre allerdings falsch. Denn an der Schwelle von Handeln und Nicht-Handeln, die durch das notorische Zaudern markiert wurde, eröffneten sich immer wieder neue Möglichkeiten – die sich im Falle Basels als lohnend erwiesen. Zum Beispiel bestand eine dieser Möglichkeiten darin, wirtschaftlich vom Schwebezustand zu profitieren. So tätigten Basler Kaufleute mit allen Kriegsparteien Geschäfte. Basler Händler und Bauern versorgten die Truppen Bernhards von Sachsen-Weimar, die er in den Wintermonaten im Fürstbistum Basel einquartierte, mit Lebensmitteln, was der Landbevölkerung, wie diese rückblickend selbst erkannte, eine Kriegskonjunktur› bescherte.26 Ein weiteres wichtiges Exportprodukt› waren die Bürger und Untertanen, die als Offiziere oder Soldaten in den Söldnerheeren dienten. Zudem war Basel als Finanzplatz in das Kriegsgeschehen involviert. Basler Bürger, Zünfte und die Stadt selbst gewährten finanzschwachen Fürsten, etwa in Württemberg oder der Markgrafschaft, Kredite und Darlehen, die sich gemäss einem nach Kriegsende erstellten Verzeichnis auf die hohe Summe von über 500 000 Gulden beliefen.27 Dank solcher Geldgeschäfte und dem Handel konnten einzelne Kaufmanns- und Ratsfamilien ihr Vermögen während des Krieges erheblich vermehren, während andere noch Jahre über das Kriegsende hinaus mit dem Eintreiben ausstehender Zinsen und der Rückzahlung der Gelder beschäftigt waren.28 Phlegmatisches Zögern und pragmatisches Handeln bedingten sich also gegenseitig: Das Zaudern in bündnispolitischen Fragen ermöglichte es Basel, nach allen Seiten Geschäfte zu tätigen. Die emsige Handelstätigkeit und die dadurch geschaffenen Abhängigkeiten und Loyalitäten wiederum erlaubten es der Stadt, Massnahmen zum eigenen Schutz hinauszuschieben. So bewirkte der fortwährende Handlungsaufschub, dass alle Kriegsparteien ein Interesse daran hatten, Basel wie die übrige Eidgenossenschaft bis zum Ende aus dem Kriegsgeschehen herauszuhalten.29

Neue Nachbarn, neue Bedrohungen und neue Chancen nach 1648

Als nach dreissig Jahren Krieg und monatelangen Verhandlungen in Münster und Osnabrück der Westfälische Friede› in Kraft trat, beendete er nicht nur die militärischen Auseinandersetzungen, sondern regelte die Staatenwelt Europas neu. Das Jahr 1648 markiert damit einen Wendepunkt in der europäischen und auch der Schweizer Geschichte, da er die Souveränität der eidgenössischen Orte festschrieb. Eine besondere Rolle spielte hierbei Johann Rudolf Wettstein, der deshalb im Basler kollektiven Gedächtnis seinen festen Platz hat. Wettstein, der als Bürgermeister am europäischen Gesandtenkongress in Westfalen teilnahm, hatte eigentlich den Auftrag, Basel aus der Gerichtsbarkeit des Reichskammergerichts herauszulösen sowie die ihn mandatierenden reformierten Orte in die Friedensverträge einzubinden. Auf Anraten des französischen Kongressgesandten weitete er im Laufe seines elf Monate dauernden Aufenthalts in Westfalen sein Mandat jedoch aus. Nun setzte er auf die vollständige Loslösung der Eidgenossenschaft aus dem Reichsverbund und die Erlangung der völkerrechtlichen Souveränität – ein in der Eidgenossenschaft zuvor noch wenig bekanntes Konzept. Obwohl Wettstein ­weder­ berechtigt war, direkt an den Verhandlungen teilzunehmen, noch die Legitimation aller eidgenössischen Orte besass, gelang es ihm mit diplomatischem Geschick, die Souveränität der Eidgenossenschaft in den Friedensverträgen zu verankern. Der entsprechende Passus bedeutete, dass «die Stadt Basel und die übrigen Orte der Eidgenossenschaft sich im Besitze voller Freiheit und der Exemtion vom Reich befinden und auf keine Weise den Reichsgerichten unterworfen sind».30 Damit war eine Basis geschaffen, auf der Basel, wie die anderen eidgenössischen Orte, in den folgenden Jahren eine neue Politik betreiben konnte. Symbolisch zeigte sich diese «Exemtion» in folgenden Akten: Der Rat entfernte den Reichsadler von den Basler Talern, verzichtete bereits ab 1651 darauf, am Schwörtag die kaiserlichen Privilegien zu verlesen, und unterliess es ab 1672, die Stelle eines Reichsvogts zu besetzen.31

Neben der Befreiung von der Reichsgerichtsbarkeit war aus Basler Sicht eine weitere bedeutende Folge des Westfälischen Friedens, dass sich die territorialen Verhältnisse am Oberrhein veränderten. Der vormals habsburgische Sundgau und zehn elsässische Reichsstädte – mit dem Frieden von Nimwegen (1679) schliesslich fast das gesamte Elsass – fielen an die französische Krone. Frankreich wurde damit zur neuen Hegemonialmacht in der Region [58]. Da die militärische Konfrontation Frankreichs mit dem Reich damit aber nicht beendet war, blieb der Oberrhein bis zum Ende des Jahrhunderts Kriegsschauplatz32 und Basel als Handels- und Finanzplatz sowie als Zufluchtsort für Flüchtlinge aus Frankreich und der Markgrafschaft in den Krieg involviert. Dies zeigte Auswirkungen auf die Gesellschaft wie auf das Stadtbild. Denn unter den Geflüchteten waren, besonders nach der Aufhebung des Edikts von Nantes (1685), zahlreiche Adlige, französische Calvinisten genauso wie der Markgraf von Baden-Durlach selbst. Sie trugen ihr ständisches Selbstverständnis und Repräsentationsbedürfnis ostentativ in den städtischen Raum, wie sich vor allem am neu gebauten Markgräflerhof zeigte [59].33

Die Region Basel 1648

58 Infolge des Westfälischen Friedens verlor Habsburg den Sundgau an Frankreich. Fortan grenzte französisches Territorium unmittelbar an die Stadtgrenze. Der Oberrhein und die Waldstädte blieben aber Teil Vorderösterreichs, ­sodass sich eine komplexe, für Basel gleichermassen gefährliche wie chancenreiche Gemengelage ergab.

Permanent sichtbar wurden die neuen territorialen Verhältnisse am Oberrhein und die damit einhergehende militärische Bedrohung, als Ludwig XIV. zwischen 1679 und 1688 zum Schutz des Elsass und als Ausgangspunkte für Offensiven eine Reihe von Festungen bauen liess, darunter die Festung Hüningen direkt vor den Toren der Stadt. Entsprechend versuchte der Basler Rat den Bau zu verhindern und schlug dem französischen König stattdessen vor, die benachbarten habsburgischen Landstädte mithilfe eidgenössischer Truppen zu neutralisieren oder Hüningen gleich in die Eidgenossenschaft zu integrieren.34 Auch später drängte der Basler Rat immer wieder und teilweise unterstützt von den übrigen eidgenössischen Orten auf die Schleifung der Festung und, als sich dies als aussichtslos erwies, auf einen effizienten Grenzschutz.35 Hinter dem Wunsch nach Schleifung standen nicht zuletzt handfeste wirtschaftliche Interessen, denn Basel erhielt noch immer Abgaben aus dem alten Hüninger Klosterbesitz von St. Alban, die durch die Zerstörung der Felder wegen des Festungsbaus geschmälert wurden.36

Die Festung Hüningen blieb bis zu ihrer Schleifung (1815) eine Bedrohung für Basel, bot aber auch Chancen. Über Hüningen konnte die Stadt ihre Beziehungen zum französischen König pflegen, der noch immer der wichtigste Allianz­partner der eidgenössischen Orte war. Bereits 1681 huldigte eine eidgenössische Gesandtschaft Ludwig XIV., als dieser die Fortschritte des Festungsbaus vor Ort begutachtete.37 Der König sah sich veranlasst, den Bedenken der Basler Elite bezüglich des Festungsbaus mit der Zahlung von Pensionen zu begegnen. Dies war nicht der einzige finanzielle Profit, den die Stadt aus den neuen Verhältnissen schlug. Denn für die französischen Festungen am Oberrhein stellte Basel eine wichtige Drehscheibe für Geld, Getreide und andere kriegswichtige Güter dar. Auch für die Versorgung der rund sechzig Kilometer nördlich von Basel gelegenen Festung Breisach, die seit 1639 von Frankreich kontrolliert wurde, spielten in Basel agierende Kaufleute eine bedeutende Rolle. Im weitreichenden Netzwerk des langjährigen Festungskommandanten, des Berner Militärunternehmers Hans Ludwig von Erlach (1595–1650), bildete Basel einen eigentlichen Knotenpunkt. Zwischen 1638 und 1640 agierte von hier aus Marx Konrad von Rehlingen (1576–1642), der Gelder von Frankreich nach Breisach transferierte, von Erlach Kredite gewährte und die Versorgung der Festung organisierte. Auch Basler Kaufleute ­waren Teil dieses Geschäftsmodells. Daniel Iselin beispielsweise wickelte im Auftrag Frankreichs Wechsel- und Kreditgeschäfte in Breisach ab und unterstützte von Erlach dabei, die Festung mit Informationen und Gütern zu versorgen.38 Dies unterstreicht nochmals, wie sehr die neuen Verhältnisse zwischen Bedrohung und wirtschaftlichem Profit oszillierten und wie wirksam eine städtische Politik war, die sich der eindeutigen Positionierung verweigerte, um Optionen offenzuhalten und neue Möglichkeiten zu schaffen.

Nostalgia› – Heimweh, die Schweizer Krankheit

(Lorenz Heiligensetzer)

Mit Heimweh verbindet man heute ein trauriges Gefühl, das uns in der Fremde als Sehnsucht nach der Heimat befallen kann. Um 1800 galt Heimweh hingegen als eine schwere, ­letztlich tödliche Krankheit, die in der Medizin unter dem Fachbegriff der Nostalgia› dis­kutiert wurde und in Literatur und Kultur sehr ­präsent war. Anders als etwa Hysterie oder Melancholie reicht die Nostalgia› als psycho­somatisches Krankheitsbild nicht in die Antike zurück, sondern wurde Ende des 17. Jahr­hunderts in einer Basler Dissertation erstmals ­wissenschaftlich behandelt. Dass der Heimweh-Begriff seine Prägung in Basel fand, ist kein Zufall, galt doch Heimweh zeitgenössisch als Schweizer Krankheit, die besonders im ­Umfeld der eidgenössischen Söldner in Europa auftrat.

61 Titelblatt der Dissertatio medica de Nostalgia, oder Heimwehe› von Johannes Hofer, 1688.

Begründet wurde die Vorstellung von Heimweh als Krankheit vom Mülhauser Medizin­studenten Johannes Hofer (1669–1752) in seiner 1688 eingereichten Dissertatio medica De Nostalgia, oder Heimwehe›.39 Es handelt sich um eine gewöhnliche Prüfungsarbeit, die ­jedoch ungewöhnlich wirkungsmächtig wurde. In Anlehnung an das volkssprachliche Heimwehe› führte Hofer als Neologismus den ­griechischen Begriff Nostalgia› ein, gebildet aus nóstos (Rückkehr) und álgos (Leid). Heimweh als Schweizer Dialektwort ist nur unwe­sentlich älter, als Erstbeleg gilt eine Sammlung von Schimpfreden 1651. Für die Zeit davor ­behalf man sich sprachlich anders, wie das Beispiel Felix Platters zeigt, den in Avignon seiner Lebensbeschreibung zufolge auf der ­Reise an seinen Studienort Montpellier «ein solch verlangen, in mein vatterlandt ­wider zereißen, ankommen [= überkam], das ich in stal gieng zuo meinem rößlin, umfieng es und weinet».40

Gemäss Johannes Hofer handelt es sich bei der Nostalgie um eine «symptoma imagina­tionis laesae», das heisst um den Ausdruck einer angegriffenen Einbildungskraft, die einseitig Bilder der Heimat hervorbringt, was ­Traurigkeit, Ermattung oder Herzrasen auslöst und sich zu Delirien bis hin zum Tod steigern kann. Als Therapie kommt letztlich nur die Heimreise infrage. Ursache ist eine Fehlleitung der «spiritus animales», der Lebensgeister im Gehirn, die verstärkt diejenigen Faserbahnen durchfliessen, welche das Heimweh-Gefühl evozieren. Da Hofer mit der Spiritus-Lehre ein antikes Konzept mit der cartesianischen Vorstellung der faserartigen Struktur des Gehirns kombinierte, lässt sich seine Dissertation als Ausdruck des Umbruchs deuten, den die Medizin im Spannungsfeld von Tradition (­Antike) und Innovation (Descartes, Harvey) im späten 17. Jahrhundert durchlebte.

Hofers Wortschöpfung wurde im 18. Jahrhundert breit rezipiert. Nebst einigen Nachdrucken und weiteren medizinischen Abhandlungen fand der Heimweh-Begriff rasch Eingang in die Lexikografie, in Wörterbücher und in Reise­berichte. Heimweh blieb jedoch bis etwa 1780 eine als typisch schweizerisch wahrgenommene Krankheit im Kontext des eidgenössischen Söldnerwesens. Wichtige Beiträge zur Theoriebildung lieferten 1705 der Zürcher Naturforscher Johann Jakob Scheuchzer (1672–1733), der im höheren Luftdruck, welcher im Tiefland im ­Gegensatz zur alpinen Heimat herrscht, eine zentrale Ursache für Heimweh erkannte, sowie 1710 der Basler Mediziner Theodor Zwinger (1658–1724), der auf die besondere Gefahr des Kuhreigens hinwies, einer gesungenen oder auf Alphörnern gespielten Schweizer Hirten­musik, welche die Söldner für Heimweh anfällig machen würde.

Nach 1780 überschreitet der Heimweh-Begriff seinen engen medizinischen Bezugsrahmen und wird mit der Romantik zu einem zentralen literarischen Thema, bis hin zu Johanna ­Spyris Heidi(1880), dem Heimweh-Klassiker schlechthin. Wurde das Wort Heimweh noch im 18. Jahrhundert als Helvetismus wahrge­nommen, änderte es sich nun zu einer hochsprachlichen Bezeichnung. Der Nostalgie-­Begriff bleibt gar bis weit ins 20. Jahrhundert ein medizinischer Fachterminus und entwi­ckelte erst in der Moderne das heute geläufige Verständnis einer sentimentalen Sehnsucht nach der alten Zeit.41 Lorenz Heiligensetzer

Unternehmer, Söldner, Diplomaten: Basler Akteure in Europa

Der Erfolg einer Politik, die den Handlungsaufschub zu ihrem Markenzeichen machte und gerade dadurch immer wieder neue Chancen und Möglichkeiten generierte, hing von vielen Voraussetzungen ab. Den einfachen Weg, Eigenständigkeit zu behaupten, indem man sich von den europäischen Geschehnissen abkoppelte, gab es nicht. Im Gegenteil war die Lage der Stadt im 17. Jahrhundert durch ein komplexes Beziehungsgeflecht geprägt. Dieses manifestierte sich vor Ort in der Mannigfaltigkeit möglicher Bewegungen: Truppenaufmärsche und Flüchtlingsströme, diplomatische Missionen und Gesandtschaften, Emigrationen und Remigrationen, Geld- und Warenflüsse. Aber auch ausserhalb der Stadt waren ­Basler Akteure als Unternehmer, Söldner und Diplomaten aktiv, um Kontakte zu knüpfen und Basler Interessen zu vertreten.

Auf diplomatischem Parkett in der Eidgenossenschaft und in Europa

Eine der wichtigsten Gruppen bei der Anbahnung und Pflege der Verbindungen Basels zu anderen Regionen und Akteuren waren die Vertreter des Rats, allen voran die Bürgermeister beziehungsweise die diplomatischen Gesandten, die zu offiziellen Verhandlungen geschickt wurden. Die Eidgenossenschaft war mehr Staatenbund als Staat, und so pflegte Basel diplomatische Beziehungen zu den eidgenössischen Orten ebenso wie zu einzelnen Staaten und Territorien ausserhalb der Eidgenossenschaft. In der Regel bot die Tagsatzung den institutionellen Rahmen für die Kontakte nach innen und aussen. Ständige Vertretungen oder ­professionelle Diplomaten gab es allerdings bis zum Ende der Frühen Neuzeit nicht. Im Laufe des 17. Jahrhunderts entstand dann ein neuer Typus des Spitzenpolitikers, der nicht nur in der örtlichen oder städtischen Politik, sondern auch und vor allem auf diplomatischem Gebiet tätig war und Erfolge feierte.42 Johann Rudolf Wettstein ist hierfür exemplarisch. Er leitete als Bürgermeister die Sitzungen des Kleinen Rats, nahm an den Treffen anderer städtischer Gremien teil und regelte Angelegenheiten in Stadt und Umland, beispielsweise die Strafgerichtsbarkeit nach der Niederschlagung des Bauernkriegs. Zudem war er immer wieder in der Eidgenossenschaft und in Europa unterwegs, sei es als Basels Gesandter an Tagsatzungen, Jahrrechnungen oder Münztagen, sei es als eidgenössischer Diplomat an Fürstenhöfen und Kongressen. Von seinen häufigen Abwesenheiten zeugen seine zahlreichen Briefe an Frau und Familie, die für ihn seine heimischen Geschäfte abwickelten, beispielsweise die korrekte Einlagerung des in seinen Reb­bergen in der Stadt und in Riehen angebauten Weins.43 Verpflichtungen auf eidgenössischer Ebene waren für Basler Bürgermeister und Ratsherren besonders häufig. Basel war wie Solothurn, Freiburg, Schaffhausen und Appenzell seit seinem Eintritt in den eidgenössischen Bund 1501 vertraglich gebunden, bei innereidgenössischen Konflikten stillzusitzen›, also nicht Partei zu ergreifen, sondern im Gegenteil zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln. Dies verlangte teils aufwendige diplomatische Anstrengungen, die neben der Präsenz auf Tagsatzungen und Briefkorrespondenzen häufig auch Sondergesandtschaften in die verschiedenen Orte umfassten.

62 Anonym, Porträt von Johann Rudolf Wettstein, 18. Jahrhundert. Der Basler Bürgermeister Johann Rudolf Wettstein wurde schon von seinen Zeitgenossen verehrt. Für seine Verdienste stifteten ihm Basler Kaufmannsfamilien den berühmten Wettstein-Pokal, und Kaiser Ferdinand III. verlieh ihm 1653 den Adelstitel. Auf dem Porträt aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist er mit der Dokumenten­sammlung zu seiner Mission in Westfalen sowie mit dem Gnadenpfennig des ­Kaisers zu sehen.

In Basel nahmen Bürgermeister und Ratsherren diese Schiedsrolle besonders ernst. Im 17. Jahrhundert, als sich die konfessionellen Blöcke innerhalb der Eidgenossenschaft zunehmend gefestigter präsentierten und religiöse Streitfragen häufig vorkamen, entwickelte sich Basel geradezu zum Vorort› der fünf Schiedsorte. Die Stadt vermittelte in Konflikten zwischen Bern und dem Fürstbischof von Basel, zwischen Bern und Freiburg, zwischen Zürich und den Inneren Orten, im Glarner Religionsstreit (1683) sowie zwischen den reformierten und den katholischen ­Orten in den beiden Villmergerkriegen (1656 und 1712).44 Diese Schiedsrolle gewichtete der Rat häufig höher als die konfessionelle Solidarität. Im Vorfeld des Ersten Villmergerkrieges wirkten Basler Gesandte unter der Führung Wettsteins der religiös begründeten, kriegstreibenden Politik der Zürcher Geistlichkeit und politisch-militärischen Elite mit politischen und rechtlichen Argumenten entgegen, indem sie auf die Autonomierechte der katholischen Orte in religiösen Fragen hinwiesen. Trotz entsprechender Vorhaltungen und Drohungen Zürichs und Berns ergriff Basel auch während der militärischen Auseinandersetzung nicht Partei. So gelang es Wettstein, der sich in jenen Jahren geradezu zur Integrationsfigur der vermittelnden Orte entwickelte, auf einen Waffenstillstand und nach mehreren Einzelverhandlungen schliesslich auf einen neuen Landfrieden hinzuwirken.45

Die Schiedsrolle darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch Basler Spitzenpolitiker des 17. Jahrhunderts unterschiedliche aussenpolitische ­Präferenzen hatten. Wettstein orientierte sich am Wiener Hof und gehörte damit zu jener Gruppe von Ratsmitgliedern, die in den guten Beziehungen zu Habsburg eine entscheidende Prämisse der Basler Politik sahen. Ihnen stand eine bedeutende profranzösische Partei gegenüber, die guten Beziehungen zum französischen Hof Priorität einräumte – nicht zuletzt, weil Frankreichs Territorium seit den Westfälischen Friedensverträgen unmittelbar an den Stadtgrenzen begann. Darüber hinaus pflegten Ratsmitglieder intensive Kontakte zu einzelnen Reichsständen, wobei es zum Markgrafen von Baden besonders enge Verbindungen gab. Wie sich all diese Elemente in einer diplomatischen Basler Karriere verdichten konnten, zeigt die Biografie von Johann Rudolf Faesch (1668–1751). Nach einem Jurastudium trat er zunächst in den Dienst des Markgrafen, in dessen Auftrag er etwa als Gesandter am französischen Hof war. Schon in dieser Zeit hielt er engen Kontakt mit dem Trierer Kurfürsten und dem Herzog von Württemberg, an dessen Hof er später Geheimer Rat wurde. Als württembergischer Minister leitete er wiederum eine Gesandtschaft in Paris, wo er auch in Basler Angelegenheiten tätig wurde. Später kehrte er nach Basel zurück, um hier seinen Lebensabend zu verbringen.46

Die Vielfalt der Beziehungen, die Baslerinnen und Basler unterhielten, lässt sich, wie die Beispiele von Wettstein und Faesch zeigen, nicht auf einen bestimmten politischen Nenner bringen. Trotz oder möglicherweise gerade auch wegen der divergierenden Interessen innerhalb der Stadt plädierte Basel auf den Tagsatzungen auch in bündnispolitischen Fragen für Zurückhaltung – im Unterschied beispielsweise zu Zürich, das sich nicht nur während des Dreissigjährigen Krieges stärker an konfessionspolitischen Prämissen ausrichtete.47 Auch in europäischen Konflikten konnte Basel unter diesen Voraussetzungen als Vermittlerin auftreten und damit auf diplomatischem Feld die Politik der militärischen und wirtschaftlichen Offenheit absichern. Vor allem die Lage am Oberrhein hielt man dabei stets im Blick und versuchte sie so zu gestalten, dass eine militärische Bedrohung ausgeschlossen war, ökonomische Transaktionen hingegen befördert wurden. Insbesondere die Basler Kaufleute waren an offenen Märkten und dementsprechend guten Beziehungen zu den nördlichen Nachbarn interessiert. Ihnen gelang es ­immer wieder, sich als Zwischenhändler zu positionieren, wenn das Reich und Frankreich sich gegenseitig mit Wirtschafts- und Handelsboykotten belegten, und sie begannen selbst französische Textilprodukte nachzuahmen und ins Reich zu verkaufen.48

Militärunternehmer, Offiziere und Söldner in fremden Diensten

Die politische Prämisse, nicht in einen militärischen Konflikt involviert zu werden, galt für die Stadt als Ganzes, nicht jedoch für alle Einwohner und Bürger. Zwar waren die fremden Dienste› in Basel nicht so verbreitet wie in anderen eidgenössischen Orten. Aber auch Basler fanden, häufig zum Ärger von Rat und Geistlichkeit, hierin ihr finanzielles Auskommen, einige machten sogar Karriere in den europäischen Kriegen ihrer Zeit. Junge Männer verpflichteten sich zum Dienst in einem fremden Heer, der nicht nur einen regelmässigen Sold versprach, sondern im Falle des militärischen Erfolgs auch Beuteanteile in Aussicht stellte. So nahmen Basler im 17. Jahrhundert als Reisläufer› unter anderem in französischen, spanischen, schwedischen, sächsischen und bayerischen Heeren an den europäischen Kriegen teil.49 Der Kriegsdienst führte sie teilweise auch weit über Europa hinaus, etwa nach Indonesien, wo Johann Heinrich Sulger (1646–1699) in niederländischen Diensten kämpfte.50 Das Risiko, den fremden Dienst nicht zu überleben, war hoch. Aber aus dem Kriegs-Handwerk›, denn als solches galt der fremde Dienst, konnten sich auch Chancen ergeben. Wer mehr oder weniger unbeschadet nach Basel zurückkehrte, dem stand es offen, seine Erfahrungen und Kompetenzen ökonomisch und sozial zu nutzen.51

Neben einzelnen kriegserprobten Söldnern galt dies besonders für die ­Offiziere, die in ganz Europa gefragt waren. Diese Nachfrage brachte – auch das eine Innovation des 17. Jahrhunderts – eine Kommerzialisierung des Krieges und eine entsprechende Kriegsorganisation hervor. Eigentliche Militärunternehmer rekrutierten und finanzierten ganze Einheiten, die sie häufig unter dem eigenen Kommando situativ in den Dienst einer Kriegspartei stellten. Auch Basler Bürger und andere eidgenössische Eliten, die wie der bereits erwähnte Berner Ratsherr Hans Ludwig von Erlach teilweise von Basel aus agierten, praktizierten dieses ­riskante, aber lukrative Geschäftsmodell.52 So kämpften Kompanien für die unterschiedlichsten Interessen. Die Niederlande, Spanien, Venedig oder der Heilige Stuhl beschäftigten eidgenössische Truppen. Besonders eng aber waren und blieben die Beziehungen zur französischen Krone, mit der Basel, wie die meisten ­anderen eidgenössischen Orte, durch Allianz- und Solddienstverträge verbunden war. Gerade eine militärische Karriere in französischen Diensten war für die Söhne der Basler Elite attraktiv, liess sich das symbolische Kapital eines Offizierspatents doch in der Heimatstadt in politische Macht ummünzen. Bis ins 18. Jahrhundert war es möglich, unmittelbar an den Offiziersdienst in der Fremde eine Karriere im Kleinen Rat oder einem anderen politischen Amt anzuschliessen, wie die Laufbahn eines Namensvetters des Diplomaten Johann Rudolf Faesch zeigt. Dieser Johann Rudolf Faesch (1680–1762) nahm gegen Ende seiner Offizierskarriere in kurbrandenburgischen und französischen Diensten verschiedene Ämter in seiner Heimatstadt an, um 1728 schliesslich in den Kleinen Rat einzutreten.53

Im Umkehrschluss bedeutete dies, dass die Planung einer politischen ­Karriere in Basel einen militärischen Dienst im Ausland umfassen konnte. Basler Aspiranten griffen zur Beförderung ihrer Karrieren entweder auf familiäre Kontakte ins Ausland oder auf Vermittlerdienste zurück. Auch an dieser Stelle profitierten sie von den personellen Verflechtungen zwischen der Stadt und dem französischen Hof. Unter anderen fungierte Johann Peter Stuppa (1621–1701) in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts als wichtige Mittlerfigur in den französisch-eidgenössischen Beziehungen. Stuppa stammte ursprünglich aus dem bündnerischen Chiavenna, war jedoch spätestens seit 1666 auch Basler Bürger. In französischen Diensten stieg er bis zum Generaloberst aller Schweizer und Bündner Truppen und schliesslich zum Kommandanten der Schweizergarde auf. Daneben rekrutierte er sein eigenes Regiment, mit dem er für die französische Krone etwa im holländischen Krieg kämpfte. Sein Einfluss war so gross, dass er Offiziersstellen in den eidgenössischen Truppen nach eigenem Gutdünken vergeben konnte – und Basler Bürger nutzten diese landsmannschaftlichen Verbindungen. Stuppa vergab 1671, als er rund zehntausend Mann für den französischen Solddienst rekrutierte, Kompanien an Emanuel Faesch (1646–1693) und Felix Platter (1632–1705), die ihm wohl auch bei der Truppenrekrutierung behilflich gewesen waren.54 Die beiden Basler nutzten diese Chance auf unterschiedliche Weise: Während Platter sein gesamtes Leben als Karrieresoldat verbrachte, trat Faesch, der später auch in den Diensten des Kurfürsten von Köln und des Kaisers stand, nach seiner Rückkehr nach Basel in den Rat ein.55

Die Auswirkungen dieser militärischen und politischen Karrieren auf die Stadt und ihre Politik waren vielfältig. Ehemalige Offiziere brachten einen um die europäische Dimension erweiterten Blick ein und besassen militärisches Wissen, das sich im Bedarfsfall abrufen liess, ohne dass Basel selbst Geld für die militärische Ausbildung in die Hand nehmen musste. Hans Jakob Zörnlin (1588–1659) etwa, der als Offizier in venezianischen Diensten stand, wurde nach seiner Rückkehr nicht nur Ratsherr und Schultheiss von Liestal, er diente auch im Defensionale von Wil› als Oberst der eidgenössischen Artillerie und 1653 als Kommandant der Basler Truppen im Bauernkrieg.56 In ähnlicher Weise stellte Emanuel Socin (16281717) nach seiner Zeit in schwedischen Diensten während des Dreissigjährigen Krieges seine militärische Expertise seiner Heimatstadt zur Verfügung. Er war unter anderem Hauptmann des Spalenquartiers, befehligte als Kommandant im Ersten Villmergerkrieg eine Basler Kompanie, mit der die Stadt ihre Vermittlungsbemühungen zu unterstreichen versuchte, und war ab 1670 Teil des im Defensionale von Wil› gegründeten eidgenössischen Kriegsrats.57 Auch Johann Jakob Hebdenstreit (1641–1707), der ab 1672 im Regiment Stuppa diente, ging diesen militärisch-politischen Weg. Als er 1690, von Ludwig XIV. für seine Verdienste mit dem Beinamen La Roche› geehrt, aus Frankreich nach Basel ­zurückkehrte, befehligte er unter anderem ab 1702 die Landmiliz. Vor allem aber nutzten die La Roche, von denen auch im 18. Jahrhundert mehrere männliche Nachkommen im Kriegsgeschäft aktiv waren, das ökonomische Potenzial, das sich ihnen bot. Sie stiegen im grossen Stil in den Handel und ins Bankgeschäft ein.58

Trotz des Profits, den die Stadt aus ihren ehemaligen Militärunternehmern zog, waren deren Karrieremodelle nicht vor Kritik gefeit. Denn Basler Politiker erhielten häufig weiterhin Gelder vonseiten jener Mächte, in deren Diensten sie in der Vergangenheit gekämpft hatten. Diese Pensionen boten immer wieder Anlass, Interessenkonflikte zu vermuten und die Loyalität einzelner Angehöriger der Basler Obrigkeit anzuzweifeln. Insbesondere während des Baus der Festung Hüningen (1679–1691) wurde aus Teilen der Bürgerschaft wiederholt und zum Teil lautstark der Verdacht geäussert, dass Ratsmitglieder mit den Franzosen allzu eng verbunden seien und mit ihnen zu ihrem eigenen Profit gemeinsame Sache machten. Auch in dieser Hinsicht war Basel kein geschlossener Raum, sondern eher ein Knotenpunkt im Geflecht vielfältiger Beziehungen.

Innere Konflikte und die gewalttätigen ­Auseinandersetzungen von 1691

Die aussenpolitische Lage Basels im 17. Jahrhundert sowie die vielfältigen Beziehungen einzelner Angehöriger der Basler Elite innerhalb Europas blieben nicht ohne Folgen für das politische und soziale Leben innerhalb der Stadt. Wachsende Interessenkonflikte führten gegen Ende des Jahrhunderts zu einer Situation, in der das Gemeinwesen in einer Weise gefährdet erschien, wie es seit der Reformation nicht mehr der Fall gewesen war. Zum wiederholten Male kam es zunächst zu ­einem für Basels Politik typischen Wechsel von vorsichtigem Abwarten und pragmatischem Handeln. Die Konsequenz, mit der die Obrigkeit gegen ihre innerstädtischen Kontrahenten letztlich vorging, ist in der frühneuzeitlichen Basler Geschichte allerdings einmalig.

Das Ende einer gescheiterten Revolution

Auch die grösste innenpolitische Krise im frühneuzeitlichen Basel endete mit einer Inszenierung. Wehklagen war zu hören, als am 28. September 1691 Johannes Fatio (16491691) zum Schafott geführt wurde. In engen Reihen säumten die Baslerinnen und Basler den Weg des 42-jährigen Arztes vom Spalenturm zum Hinrichtungsort auf dem Kornmarkt.59 Dort war tags zuvor in Eile ein «Theatrum» errichtet worden, das nun von bewaffneten «Stadt Soldaten» umringt war. Nach «CriegsManier» wurde der Delinquent, begleitet von Bewaffneten aus allen Quartieren, mit «Dromen u. Pfeiffen» vorgeführt.60 Fatio selbst liess sich jedoch keine Nervosität anmerken. Frisch ging er daher, betend, wie es in einem Bericht heisst, «als wann er an eine Hochzeit wollte», während um ihn herum «überhaupt Niemand [] sich vest des Weynens enthalten» konnte. Nachdem er den Richtplatz erreicht hatte, wandte er sich mit der Bitte um Vergebung an die anwesenden Ratsmitglieder und forderte die Bürgerschaft auf, sich «an ihm ein Exempel zunehmen, dasz ein Jeder seinem Beruf fleissig abwarten, [und] in keine fremden Händel die sie nicht verstehen sich mischen» sollte. Daraufhin schritt der Scharfrichter zur Tat und enthauptete den Mann. Fatios Rumpf fiel vom «Theatrum» zu Boden und wurde schnell von den wartenden Totengräbern in einen Sack gesteckt. Das abgeschlagene Haupt jedoch setzte der Scharfrichter «in einem tuch auf das Richtstühlein zum Spectacul bisz die Burger abgezogen». Danach wurde es «zu jedermanns Schrecken u. Exempel an einer eisernen Stangen aufgesteckt» und noch lange am Rheintor zur Schau gestellt.

Der Basler Maler Johann Rudolf Huber (1668–1748) hat Fatios Hinrichtung in einem Gemälde festgehalten [63]. Huber betont das Spektakelhafte des Geschehens. Zu sehen ist eine auf dem Basler Marktplatz aufgebaute Holzbühne, auf der sich das Schauspiel vollzog. Den Mittelpunkt bilden der Scharfrichter mit erhobenem Richtschwert sowie, mit entblösstem Oberkörper vor ihm sitzend, der Delinquent, dessen Gesicht mit einer Kappe verhüllt ist. Vom Aufgang der Bühne aus beobachten zwei Geistliche das Geschehen. Um die Bühne herum haben sich Soldaten aufgestellt, die den störungsfreien Ablauf der Hinrichtung gewährleisten. Demselben Zweck scheinen die Kanonen zu dienen, die gegen die Stadt gerichtet sind. Der Oberstknecht, der vor dem Rathaus steht und an seinem Gerichtstab zu erkennen ist, unterstreicht die aus Sicht der Ratsherren – sie sehen von den Fenstern des Rathauses zu – unbedingte Rechtmässigkeit der Handlung.61

63 Johann Rudolf Huber, Hinrichtung von Johannes Fatio, Konrad Mosis und Johann Müller, um 1700. Mit der Hinrichtung des Arztes Johannes Fatio und zweier weiterer Anführer beendete die Obrigkeit die grosse Verfassungskrise von 1691.

Neben Johannes Fatio wurden an diesem Tag zwei weitere Männer, der Weissgerber Johannes Müller und der Barbier Hans Konrad Mosis, enthauptet. Huber wies auf seinem Gemälde auch auf sie hin, indem er drei Särge unter der Holzbühne positionierte. Auch ihnen war vorgeworfen worden, sich gegen die bestehende politische Ordnung erhoben zu haben. Vor allem an Fatio wollte der Rat ein Exempel statuieren. Seine Hinrichtung sollte der Bürgerschaft verdeutlichen, dass die jedem Bürger zustehende politische Partizipation nicht mit Aufruhr und Revolte zu verwechseln sei. Der Einzelne, der sich wie Fatio das Recht anmasste, die Verfassung der Stadt infrage zu stellen, musste vor der Souveränität und Einheit der Stadt Basel kapitulieren. Eben diese Einheit wurde durch das Straftheater präsent gemacht, ja mehr noch, durch die Anwesenheit der Bürgerschaft geradezu hergestellt. Der Rat hielt die Stadttore geschlossen und verpflichtete alle Quartiere, offizielle Abordnungen zu schicken. Die versammelten Menschen verkörperten die politische Einheit der Stadt, deren Willen die Obrigkeit Ausdruck zu verleihen beanspruchte. In dieser Form restituierten die Ratsherren ihre zwischenzeitlich fragil gewordene Legitimität und öffentliche Anerkennung.

1691 – Kontinuität und Bruch

Die Geschehnisse, die zur Hinrichtung von Fatio, Müller und Mosis führten, wurden von den nachfolgenden Historikerinnen und Historikern als 1691er-Wesen› oder auch 1691er-Revolution› bezeichnet. Sie lassen sich als Ausdruck verschiedener Spannungslagen begreifen, die für die Innenpolitik Basels in der gesamten Frühen Neuzeit charakteristisch waren, nun jedoch – gegen Ende des 17. Jahrhunderts – nochmals an Stärke gewannen: Korruption, Ämterhäufung und Familienherrschaft. Begonnen hatte das 1691er-Wesen unspektakulär. In den 1680er-Jahren mehrten sich die bekannten Beschwerden, dass es in der Basler Oberschicht, insbesondere im Kreis der ratsfähigen Familien, zu Bestechungen gekommen sei. Zahlreiche Personen hatten sich demnach der Annahme oder Verteilung von Geschenken schuldig gemacht, deren Zweck es war, politische Entscheidungen zu beeinflussen und bestimmten Personen lukrative Posten zuzuschanzen. Besonders die Angehörigen und Freunde der Familien Socin und Burckhardt, die in diesen Jahren die wichtigsten politischen Ämter besetzten, schienen begünstigt worden zu sein. Da Amtsträger, die unter irregulären Bedingungen zu ihren Stellen gekommen waren, gegen den obligatorischen Wahleid verstiessen, sah sich auch die Basler Geistlichkeit aufgefordert, die Angelegenheit zu thematisieren. Von der Kanzel herab prangerte sie den Meineid› an, der durch die Annahme und Zusprache von Miet› und durch das Praktizieren› verursacht worden sei.62

Das 1691er-Wesen spielte sich im Rahmen der traditionellen politischen Kultur der vormodernen Stadt ab. Die Einheit der Stadt war demnach identisch mit dem Konsens der Bürgerschaft und der tätigen Herstellung des gemeinschaftlichen Besten. Praktiken des Schenkens gehörten durchaus zum legitimen politischen Beziehungshandeln und waren meist in politische Rituale und kollektive Interaktionen eingebettet. Zum verwerflichen Praktizieren› wurden sie, wenn sie – bewusst der öffentlichen Aufmerksamkeit entzogen – persönlichen Absprachen und individueller Vorteilsnahme dienten. Der Vorwurf, der gegen die Amtsträger erhoben wurde, lautete also, dass sie durch sittlich-moralisch fragwürdige Verhaltensweisen und Motivlagen dieses Beste› gefährdet hatten. So kam 1690 der Verdacht auf, Teile des Rats hätten heimlich mit den Franzosen und anderen auswärtigen Mächten zum eigenen Vorteil paktiert und sich zudem zum Zweck der persönlichen Bereicherung an Spekulationsgeschäften mit Lebensmitteln beteiligt. Die unguten Reden› über einzelne Vertreter der Obrigkeit und den Kleinen Rat wurden noch lauter, als im Herbst französische Truppenbewegungen bei Kleinhüningen stattfanden, die mit einigen Ratsmitgliedern abgesprochen schienen.63

Die Frage, was öffentlich und was geheim war, trug ganz wesentlich zur Eskalation bei. Tatsächliche oder vermutete Geheimhaltung nährte den Verdacht persönlicher Vorteilsnahme. Dabei war die vormoderne Struktur der Öffentlichkeit selbst ein Katalysator der Eskalation. Obwohl es um 1700 schon Zeitungen gab, wurden Informationen in der Regel noch mündlich weitergegeben. Eine grosse Rolle spielten Gerüchte, die zum Beispiel durch Händler von ausserhalb in die Stadt getragen wurden, aber auch innerhalb der Stadt entstehen und sich rasch verbreiten konnten. Auch Predigten konnten zur Informationsquelle werden, wenn die Geistlichen sie dementsprechend nutzten. Die ersten Angriffe auf die meineidigen› Ratsmitglieder kamen von der Kanzel. Schliesslich waren persönliche Gespräche nach dem Kirchgang, auf dem Markt oder im Wirtshaus von wesentlicher Bedeutung. Auch in den Privathäusern und auf den Zunftstuben wurden politische Fragen ausgiebig und emotional besprochen.

All diese Diskussionen und Formen des Informationsaustausches waren, weil sie stets in Interaktionen unter Anwesenden eingebunden waren, untrennbar mit politischer Aktion verbunden. Wer beobachtete und sich informierte, war politisch aktiv; wer politisch agierte, war gleichzeitig Teil der Öffentlichkeit. So trafen sich die ersten Aufständischen im Haus des Arztes und Grossrats Jakob ­Henric-Petri (1644–1695), um sich über die neuesten Entwicklungen auszutauschen, aber auch, um sich auf ein gemeinsames Vorgehen einzuschwören.64 Ebenso entwickelte sich aus den Gesprächen auf den Zunftstuben schnell eine Dynamik, die zu politischen Aktionen und Forderungen führte. Die Zünfte drangen angesichts der anstehenden Fragen und Probleme als Erste auf die Einberufung des Grossen Rats und erhoben damit früh eine der zentralen Forderungen der entstehenden Protestbewegung.

Da schon in der Art und Weise, wie sich die Proteste formierten, eine ausgesprochen grosse und schwer zu kontrollierende Sprengkraft steckte, sah sich der Rat dazu angehalten, vorsichtig auf öffentliche Kritik zu reagieren und nicht von vornherein auf Konfrontation zu setzen. Die Kleinräte stimmten der Forderung aus den Kreisen der Zünfte ohne ernstzunehmenden Widerstand zu und beraumten am 18. November 1690 eine seit Jahrzehnten nicht mehr durchgeführte Grossratssitzung an. Sie signalisierten in der Sitzung, grundsätzlich kompromissbereit und an einer einvernehmlichen Lösung interessiert zu sein. Alle offiziellen Informationen zur französischen Festungsanlage in Hüningen wurden offengelegt und einer zukünftigen politischen Aufwertung des Grossen Rats zugestimmt. Insbesondere sollte er darauf hinwirken, die beklagten Missstände in der Ämtervergabe zu beheben. Gleichzeitig versuchte der Kleine Rat die entstehende politische Dynamik einzuhegen. Er schickte in den Tagen nach der Grossratssitzung Abgeordnete auf die Zünfte, um die Stimmung zu beruhigen. Sie appellierten an die Einheit der Bürgerschaft und versuchten im persönlichen Gespräch auf die Anwesenden ein­zuwirken. Diese Gespräche folgten festgelegten Regeln und Höflichkeitsformen. Als ein Kupferstecher namens Thurneysen dem Oberstzunftmeister Christoph Burckhardt (1631–1705) bei einem solchen Besuch auf die Schulter klopfte und ein Entgegenkommen mit dem Satz «Zuvor musz der Meineid ausgerottet seyn» ablehnte, war dies ein bewusster Bruch mit gängigen Verhaltenskonventionen.65

Angesichts des offensichtlichen Eskalationspotenzials beschloss der Kleine Rat, sich brieflich an die Tagsatzung zu wenden und um die Abordnung einer eidgenössischen Delegation zu ersuchen, die zu den Basler Verhältnissen schlichtend und vermittelnd Stellung beziehen sollte. Diese traf tatsächlich bald ein und ­begann, auf den Zünften Vernehmungen durchzuführen, um dem Unmut in der Bürgerschaft auf den Grund zu gehen. Auch die Geistlichen wurden vernommen, und zwar vom städtischen Ratsschreiber. Hier ging es darum, einer weiteren Zuspitzung der Situation von der Kanzel herab Einhalt zu gebieten. All diese Massnahmen nutzten indes wenig. Anfang 1691 wurden grosse Teile der Zunftmitglieder immer unzufriedener nicht nur mit der Politik des Kleinen Rats, sondern auch mit ihren Vertretern im Grossen Rat, die ihnen allzu kompromissbereit erschienen. Der Missmut artikulierte sich in Zunftversammlungen und führte Ende Januar 1691 zur Gründung von Ausschüssen, die von nun an die Interessen der Bürgerschaft vertreten sollten. Die Führung dieser Ausschüsse übernahm zunächst Jakob Henric-Petri und nach dessen wenig später erzwungenem Ausscheiden Johannes Fatio. Vor allem unter Fatios Vorsitz hoben die Ausschüsse den Protest auf eine neue Stufe. Gesteigerte Agitation, politische Aktion und Präsenz im öffentlichen Raum sollten die herrschende Elite noch stärker unter Druck setzen. Besonders deutlich zeigte sich das am «groszen Kürchlin Tag» beziehungsweise dem «wilden Dienstag», wie er von den Räten später genannt wurde.66 Aus Anlass einer Grossratssitzung zogen Mitglieder der Ausschüsse zum Rathaus und besetzten dort die Stuben, Gänge und Treppen. Sie verriegelten zudem die Zugänge und postierten Wachen an den Toren. Den Ratsmitgliedern, die daraufhin die Sitzung abbrachen, wurde der Ausgang verwehrt und gleichzeitig verboten, sich mit Wein und Essen zu versorgen. Die Ausschussmitglieder hingegen bereiteten sich selbst mit den im Rathaus vorgefundenen Lebensmitteln ein üppiges Mahl – was den Kleinräten nicht verborgen blieb, da es von feixendem Gelächter und Hohngeschrei begleitet wurde. Das gemeinsame Essen, das in vielen rituellen Kontexten eine verbindende Rolle spielte, wurde symbolisch neu aufgeladen und gegen die Mächtigen gekehrt. Anschliessend sprengten die Aufständischen die Tür zur Waffenkammer und zogen in kleinen Gruppen lärmend und lachend durch die Stadt. Als Zeichen des Triumphs wurden aus den Fenstern der Zunfthäuser die Fahnen gehängt. Auf diese Weise konnten die Ausschüsse nach und nach die Oberhand gewinnen und dem Rat über die folgenden Wochen ihre politische Agenda diktieren.

Politische Aktion und Reflexion

Um den eigenen politischen Zielen Geltung zu verschaffen, setzten die Aufständischen allerdings nicht nur auf physische Präsenz auf der Strasse und an zentralen Orten der Stadt. Parallel dazu definierten sie ihre Positionen auch schriftlich und forderten von der Gegenseite, dies ebenfalls zu tun. So lautete eine der ersten Forderungen an den Rat, die verbürgten Privilegien und Rechte der Bürger­gemeinde zu verschriftlichen und ihnen auf diese Weise zugänglich zu machen.67 Später verlangten die Ausschüsse Einsicht in die alten kaiserlichen Privilegien, die Vorlage aller Gesetzesvorhaben, ehe sie zur Ratifikation in den Grossen Rat gelangten, ­sowie die Ratsprotokolle über die bisherigen Verhandlungen.68 Auch selbst setzten sie immer wieder Schriftstücke auf.69 Auf diese Weise entstand eine zweite Ebene der Auseinandersetzung. Anhand schriftlicher Satzungen konnten Einzelentscheide auf ihre rechtliche Gültigkeit überprüft und entsprechend bewertet werden. Gleichzeitig machten sie die Dauerhaftigkeit der politischen Ordnung und die Autonomie ihrer Institutionen sichtbar. Die Stadt rückte also als staatsrechtlicher Zusammenhang auch jenseits aktueller Proteste und Reaktionen in den Blick; sie wurde zum Gegenstand kritischer Reflexion.

Zur Verschriftlichung des Konflikts und damit zur Trennung von politischem Beobachten und politischer Aktion trug auch die Anrufung der Tagsatzung, eigentlich eine traditionelle Form der Konfliktregulierung, durch den Kleinen Rat bei. Die eidgenössischen Abgeordneten, die zeitgleich mit der Gründung der Ausschüsse Ende Januar 1691 in Basel eintrafen, berichteten regelmässig brieflich an die Tagsatzung, diese wiederum wandte sich ebenfalls in schriftlicher Form an die Konfliktparteien. Daraus entspann sich ein umfassender Schriftverkehr, in dem auf Ratsordnungen und Rechtsgutachten, Protokolle, Erlasse und «Erkanntnusse» rekurriert wurde. Gegen den Widerstand der Ausschüsse forderte der Grosse Rat von den eidgenössischen Repräsentanten schliesslich ein Gutachten über die Verhandlungen und den Stand der Dinge an. Dieses Gutachten beinhaltete den Entwurf einer Vermittlung zwischen den Parteien.70 Hinter diesen Entwurf stellten sich die Geistlichen mit einer umfangreichen, gedruckten Abhandlung. Aber auch viele Bürger und Zunftangehörige, die der Eskalation durch die Ausschüsse zunehmend skeptisch gegenüberstanden, trugen sich in entsprechende Namenslisten ein.

Obwohl schriftliche Aufzeichnungen, Gutachten und Darlegungen im Laufe der Auseinandersetzungen immer wieder eng mit politischer Aktion verbunden wurden, beispielsweise wenn Briefe auf den Zünften verlesen oder der Obrigkeit Bittschriften und Forderungskataloge übergeben wurden,71 trug der Schriftgebrauch letztlich dazu bei, dass die Ereignisse einen neuen Verlauf nahmen. Es entstand ein Raum, in dem Gedanken und Gegengedanken aufeinander bezogen werden konnten und sich dadurch Alternativen zur Hervorbringung politischer Ordnung durch Rituale und performative Handlungen ergaben. Letztlich scheiterte die Ausschussbewegung mit ihren Forderungen daran, dass die politischen Aktionen zunehmend ins Leere liefen und immer weniger Unterstützung erfuhren. Der herrschenden Elite gelang es, ihre Machtposition zu behaupten und weitergehende Strukturveränderungen zu verhindern. Sie nutzten die zunehmende ­Uneinigkeit in den Ausschüssen, um die Rädelsführer› zu isolieren und mit ihnen kurzen Prozess zu machen. Die Hinrichtung Fatios, Müllers und Mosis’ beendete für lange Zeit alle Bestrebungen, über das damals politische Erreichte hinauszugehen, und sicherte, ja vergrösserte auf mittlere Sicht sogar die Macht weniger Basler Familien. Was sich indes änderte, war die Form, Politik zu beobachten und politisch zu handeln. Nicht zuletzt als Folge des 1691er-Wesens setzte sich im Laufe des 18. Jahrhunderts ein neues, moderneres Verständnis der Stadt› be­ziehungsweise der Republik› Basel, ihrer Regierung und Verwaltung sowie ihrer ­Souveränität durch.

Marcus Sandl, Daniel Sidler

52 Anonym, Execution [] der 7 vornembsten

Rebellen›, 1653. Am Ende des Bauernkriegs verurteilte der Basler Rat sieben Bauern als ­Anführer zum Tod. Die Hinrichtungen ­waren ­öffentliche Ereignisse, die andere potenzielle Aufwiegler abschrecken sollten. Die ­grosse Menschenmenge war genauso Teil der herrschaftlichen Inszenierung wie das Schwert und der Galgen.

55 Joseph Werner d. J., Porträt von Jakob Meyer, 1654. Der Basler Mathematiker und Lehrer ­Jakob Meyer (1614–1678) liess sich noch 1654 mit einem der vielen nie realisierten Pläne zum Basler Festungsbau abbilden.

56 Hinterlader-Geschütz, 1614. Während des Dreissigjährigen Krieges investierte die Obrigkeit in grösserem Umfang in die militärische Aufrüstung. Das Hinterlader-Geschütz, das Basel vor 1634 kaufte, konnte auf Türmen positioniert werden und auch weiter entfernte Ziele treffen.

57 Daniel Specklin, Entwurf zur Befestigung ­Basels, 1588. An den Plänen zur Befestigung Basels arbeiteten verschiedene berühmte ­Ingenieure und Baumeister. Die ersten Entwürfe stammten von Daniel Specklin, dessen weit­reichendster Vorschlag vorsah, die bestehende Mauer durch eine mit Bastionen verstärkte ­Ringmauer zu ersetzen. Jede Bastion sollte so ausgerichtet werden, dass sie im Falle eines ­Angriffs von der Nachbarsbastion aus gedeckt werden konnte. Letztlich scheiterte jedoch ein umfassender Umbau der Festungsanlagen.

59 Emanuel Büchel, Skizze des Markgräflerhofs, 1746. Die Markgrafen von Baden-­Durlach waren seit dem 14. Jahrhundert in der Stadt präsent. Im Zuge des Pfälzischen ­Erb­folgekriegs (1688–1697) verlegte Markgraf Friedrich VII. Magnus 1689 seinen Wohnsitz für einige Jahrzehnte nach Basel. Nach einem Brand seines Hauses liess er um 1700 seine ­Besitzungen an der Hebelstrasse zu einem barocken Stadtpalais von eindrücklichen und das Stadtbild in der Folgezeit noch lange prägenden Ausmassen ausbauen.

60 Emanuel Büchel, Lage von Klein Hüningen›, 1749. Unmittelbar vor den Toren der Stadt zeigt Emanuel Büchel die Festung Hüningen. Sie wurde zwischen 1679 und 1691 nach Plänen des berühmten französischen Festungsbauers Sébastien Le Prestre de Vauban (1633–1707) errichtet und ­bestand, dem zeitgenössischen Ideal entsprechend, aus einem Pentagon mit fünf Bastionen.

Ehemalige Offiziere ­brachten einen ­europäischen› Blick ein

64 Anonym, Porträt von Salome Schönauer, 2. Hälfte 17. Jahrhundert. | 65 Johann Rudolf Huber, Christoph Burckhardt, 1683. Salome Schönauer (1640–1691), die Ehefrau des Oberstzunftmeisters Christoph Burckhardt, wurde während der Unruhen von 1690/91 beschuldigt, mit ihren Helferinnen die Karrieren ihrer Ehemänner und Söhne mit illegalen Absprachen und Bestechungen gefördert und ein eigent­liches Weiberregiment› errichtet zu haben. Wegen Praktizierens› wurde sie zu einer hohen Busse und langjährigem Hausarrest verurteilt.

Unterschiede machen und Einheit herstellen: Die soziale Ordnung der städtischen ­Gesellschaft ­(15001800)

Dem zeitgenössischen Ideal entsprechend verstand sich Basel während der gesamten Frühen Neuzeit als konfessionelle und politische Einheit, in die alle Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt integriert waren. Zugleich war die städtische Gesellschaft hochdifferenziert und durch Ungleichheit geprägt. Bürger, Bürgerinnen, Hintersassen und weitgehend rechtlose Untertanen, Männer und Frauen, Ver­mögende und Mittellose, Reformierte und Andersgläubige, Einheimische und Fremde lebten eng zusammen. Sie verfügten je nach Herkunft und Zugehörigkeit über je eigene Rechte und Pflichten, Werte, Umgangsformen und Handlungsmöglich­keiten. Die Gesellschaftsordnung wurde, vor allem seit dem 18. Jahrhundert, von unterschiedlichen wirtschaftlichen und religiösen Entwicklungen herausgefordert, ohne indes bis zur Zeit der Helvetik ihre Verbindlichkeit zu verlieren. Sie war in Mandaten festgeschrieben und wurde in Predigten immer wieder verkündet und aktualisiert. Auch in alltäglichen Begegnungen und gesellschaftlichen Ritualen wurden Gemeinsamkeiten und Unterschiede sichtbar gemacht und hergestellt.

Feine Unterschiede: Stand, Geschlecht, Vermögen

In den Jahren 1624 und 1634, also während des Dreissigjährigen Kriegs, veröffentlichte der Basler Künstler Hans Heinrich Glaser (1585/86–1673) zwei Kostüm­bücher, wie sie besonders im 16. und 17. Jahrhundert vielerorts beliebt waren. Sie enthielten Radierungen, auf denen «hoh- und nidrige [] Standts-Personen» die in der Stadt übliche «Basler Kleidung» trugen. Glaser zeigte Ratsherren in ihren ausschweifenden Amtstrachten auf dem Weg in den Ratssaal, einen frisch promovierten Doktor mit dem charakteristischen Hut, einen Schul- und einen Werkmeister in Berufs- respektive Arbeitskleidung. Auf anderen Bildern sind Bräutigam und Braut in Hochzeitskleidern abgebildet oder Frauen, die sich in Röcke und Schleier gehüllt auf dem Weg zur Kirche, auf dem Heimweg von der Badestube oder vom Markt befinden.1 Mit seinen Darstellungen setzte Glaser die damalige Basler Mode in Szene, deren Eigenheiten er in jenen Jahren, als sich viele Flüchtlinge in der Stadt aufhielten, besonders betonte. Er machte darauf aufmerksam, dass Kleidung mehr als ein funktionales Mittel zum Schutz vor Wetter und Blicken war; sie machte auch die soziale Ordnung der städtischen Gesellschaft lesbar. Die Kleidung erlaubte es, Rückschlüsse auf die Herkunft und das Vermögen, auf den Beruf und die gesellschaftliche Funktion, den Zivilstand und das Geschlecht der Trägerinnen und Träger zu ziehen. Insbesondere Hüte, Schmuck, Halskrausen und andere Accessoires hatten eine wichtige Signalfunktion, ja sie waren eigentliche Codes, welche die Einbindung in eine gesellschaftliche Gruppe öffentlichkeitswirksam markierten [66 | 67].

Basel als Ständegesellschaft

Zu der Zeit, als Glaser seine Kostümbücher veröffentlichte, intensivierte der Basler Rat den Versuch, mittels Bekleidungsvorschriften das soziale Gefüge der Stadt zu regulieren. Bereits im Spätmittelalter hatte die Obrigkeit Kleiderordnungen als Instrument politischer Steuerung genutzt. Die Reformatoren schlossen mit ihren Regulierungsmassnahmen hier an und verboten 1529 die damals modischen weiten Söldnerhosen. In den kommenden Jahrzehnten folgten immer ausführlichere und restriktivere Vorschriften, bis sie in der neuen Reformationsordnung von 1637 schliesslich neunzehn Druckseiten umfassten. Die Ordnung war nicht nur besonders detailliert, sondern differenzierte erstmals auch explizit nach Ständen›. Mit den ausführlichen Kleidervorschriften verfolgte der Rat zwei Ziele: Er wollte die unteren Stände von übermässigem Luxus abhalten, vor Schulden schützen und damit die ganze Stadt vor göttlichen Strafen bewahren. Zugleich ging es ihm darum, die Grenzen zwischen den Ständen, die in der Vergangenheit immer wieder verwischt worden seien, und damit die Standeszugehörigkeit aller Individuen sichtbar zu halten. Gemäss dieser Ordnung gliederte sich die Gesellschaft Basels in drei Gruppen. An der Spitze der städtischen Hierarchie standen «Standspersonen» und andere angesehene Bürger, worunter die Reformationsordnung insbesondere Rats- und andere Amtspersonen sowie vermögende Kaufmanns- und Handwerkerfamilien verstand. Ihnen – und damit nicht zuletzt sich selbst – erlaubten die Ratsherren, sich nach «Maaß und Bescheidenheit» in feine Stoffe und Gewänder zu kleiden. Einfache Handwerker und andere «gemeine» Bürger und deren Familien bildeten den mittleren Stand. Auch sie durften ihre Kleidung mit Stoffen schmücken, dafür allerdings nicht mehr als drei Gulden ausgeben. Den Angehörigen des dritten Standes schliesslich, zu dem der Rat alle Nicht-Bürger, also Dienstknechte und -mägde, Tagelöhnerinnen und Tagelöhner, Aufenthalter und Hintersassen sowie anderes «Gesinde» zählte, waren nur günstige Tuche, etwa das sogenannte Baseltuch, erlaubt. Auf teureren Kleiderschmuck sollten sie selbst dann verzichten, wenn sie diesen als Geschenk erhalten hatten [68].2

Standeseinteilung, Basel 1637/38

Bezeichnung

Spezifizierung

Standespersonen

Obrigkeit: Bürgermeister, Oberstzunftmeister, Ratsherren, Kanzleiverwandte, Schultheissen, Reichsvogt, Landvögte, Gerichtsbesitzer, Gerichtsschreiber, Salz- und Kaufhausschreiber, Mitglieder der ­Universität, Professoren, Graduierte, Doktoren, Lizentiati, Magistri, Geistliche, Offiziere, Kommissare, Obristen, Kapitäne, Soldaten, ­angesehene Bürger, Kaufleute

Gemeine Bürger

Gemeine Bürger, «schlechte» Krämer, Handwerker, Neubürger

Nicht-Bürger

Gesinde, Tagelöhner, Aufenthalter, Hintersassen, Näherinnen, ­Kröslerinnen [Verfertigerinnen von Halskrausen], Fabrikarbeiter, Fremde, nicht in der Stadt Ansässige

68 Die Aufwandgesetze sahen in Basel drei Klassen von Stadtbewohnern vor (Angaben nach Calvi 2018, S. 263).

Gemäss dem in der frühneuzeitlichen Gesellschaft vorherrschenden Verständnis beruhte die soziale Zugehörigkeit nicht nur auf dem rechtlichen Status, auf Amt, Beruf, Vermögen und den damit verbundenen Privilegien. Auch das ­öffentliche Ansehen entschied über die Position im Sozialgefüge. Der zur Schau gestellte Besitz, zu dem die Kleidung gehörte, war wichtig, um die Differenz zu anderen Personen und Gruppen zu markieren, ebenso der Zugang zu bestimmten Kreisen sowie die Position an festlichen Empfängen, in Gottesdiensten oder während anderer Rituale. In den Kirchen beispielsweise zelebrierte die Pfarrei oder die gesamte städtische Gesellschaft nicht nur ihre Einheit. In den Sitzordnungen wurden auch soziale Unterschiede markiert, Hierarchien hergestellt und Beziehungen definiert. Kirchstühle blieben häufig über Generationen hinweg im Familienbesitz, frei gewordene waren heiss begehrt und wurden noch im späten 18. Jahrhundert regelrecht gehandelt. Ähnliches galt für Grabstätten: Das Bürgertum liess sich in den Pfarrkirchen bestatten, während Hintersassen und Untertanen auf den Friedhöfen in den Vorstädten beigesetzt wurden.3

Obrigkeitliche Mandate, die solche gesellschaftlichen Vorschriften einschärften, wurden immer wieder neu aufgelegt und präzisiert. Noch Ende des 18. Jahrhunderts, als sich die Ständegesellschaft und mit ihr die Mode allmählich zu wandeln begannen, erliess der Rat Kleiderordnungen. Verstösse dagegen wurden weiterhin konsequent verfolgt. Über zweitausend Mal wurden die Reformationsherren deshalb aktiv, wobei zwischen 1727 und 1753 besonders viele Fälle aktenkundig wurden.4 Wie die Vorschriften umzusetzen waren und im konkreten Fall der Stand einer angeklagten Person festgestellt werden konnte, erwies sich allerdings häufig als weniger eindeutig, als dies die Mandate suggerierten. Im Zweifelsfall lag es im Ermessensspielraum der Reformationsherren, über die Standeszugehörigkeit und die damit verbundenen Verbote respektive Privilegien zu bestimmen.5

Die Stände und innerhalb der Stände die einzelnen Berufsgruppen oder Korporationen bildeten je eigene Rituale, spezifische Normen und Wertvorstellungen aus. Dabei spielten der Begriff und die zeitgenössische Vorstellung von Ehre›, von der auch die Reformationsordnung von 1637 in Bezug auf die Kleidervorschriften sprach, eine herausragende Rolle. Die Ehre einer Person war eng an ihre soziale Position, ihren Stand, ihre Herkunft und ihr Geschlecht gebunden, zugleich aber auch das Resultat ihres Verhaltens, das durch das soziale Umfeld kontrolliert und bewertet wurde. Ehre war also weniger eine Eigenschaft, die ein Mensch besass, als das Resultat von Beziehungen zwischen Menschen und Gruppen. Zu Ehrverletzungen kam es durch Fehlverhalten, Beleidigung oder Beschimpfung. In solchen Fällen musste die eigene Ehre, notfalls mit Gewalt, verteidigt und wiederhergestellt werden. Wer seine Ehre verlor, büsste auch sein soziales Ansehen ein. Das konnte schon bei vermeintlichen Kleinigkeiten der Fall sein. Zur Ehre von Handwerksgesellen gehörte es beispielsweise, nicht für Meister zu arbeiten, die dafür bekannt waren, ihre Mitarbeiter zu beleidigen. Wer sich nicht daran hielt, galt in den Augen anderer Gesellen als ehrlos, was die Arbeitssuche in Basel und der gesamten Region erheblich erschwerte.6 Die Ehrbarkeit von Dienstboten und Mägden wiederum war an ihre Ehrlichkeit, Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit geknüpft. Wer in den Ruf geriet, nicht sorgsam mit dem anvertrauten Besitz umzugehen oder diesen sogar mutwillig zu entwenden, verlor das für den Beruf zentrale Ehrkapital.7

Die Zugehörigkeit zu einem Stand oder zu einer sozialen Gruppe war ­wesentlich durch die Geburt bestimmt. Zwar prägten auch Umstände und Fähigkeiten die persönliche und berufliche Laufbahn, doch waren diese sowohl in den Ratsfamilien wie in den Gelehrtenhaushalten, bei den Handwerkern wie den Kaufleuten weitgehend vorgespurt.8 Die Söhne übernahmen den Betrieb der Eltern, schlugen dieselbe Ämterkarriere ein und heirateten die Töchter aus standesgemässen› Familien. Unter diesen Umständen formte sich nicht nur die gesellschaftliche Elite zunehmend zu einer geschlossenen, beinahe aristokratischen Schicht. Auch in den unteren Ständen lassen sich Abschliessungsmechanismen feststellen. So bildeten sich insbesondere in jenen Berufen und Ämtern Dynastien› heraus, die als ehrlos galten. Die Familien der Günther, Näher und Mengis, die ab Mitte des 17. Jahrhunderts für gut zweihundert Jahre das Amt des Henkers ausübten, waren untereinander mehrfach verwandt und verschwägert.9

Dennoch waren die Standesgrenzen weder starr noch undurchlässig. Eine geschickte Heiratspolitik und wirtschaftliche Leistungen ermöglichten den sozialen Aufstieg einer Familie über Generationen hinweg, wie das Beispiel der Kaufleute und Fabrikanten zeigt, die im Laufe der Frühen Neuzeit zur gesellschaftlich führenden Gruppe wurden. Auch individuelles Verhalten, geschäftlicher Erfolg oder Misserfolg begünstigten sozialen Auf- und Abstieg. Sichtbar wird dies vor allem, wenn soziale mit räumlicher Mobilität einherging. Sebastian Güntzer (1590–1638) beispielsweise, der in jungen Jahren als einfacher Handwerker aus dem Elsass nach Basel kam, gelang es dank seiner geschäftlichen Erfolge als ­Wurzkrämer, Beziehungen in die Basler Oberschicht zu knüpfen und zu einem der vermögendsten Bürger seiner Zeit aufzusteigen. Sein Vetter Augustin Güntzer (1596–ca. 1657) hingegen nahm den umgekehrten Weg. Der vormals angesehene Colmarer Zuckerbäcker hielt trotz widriger Umstände am calvinistischen Glauben fest und verweigerte sich den geselligen Ritualen. Ihm gelang es deshalb nicht, sich in die Handwerksgilden am Oberrhein zu integrieren. Nach seiner Emigration nach Basel 1653 verbrachte er seine letzten Lebensjahre als bedürftiger Hausierer.10

Soziale Ordnung als Ordnung der Geschlechter

Kleider markierten nicht nur die ständische Zugehörigkeit. Sie waren auch wichtige Medien, um den Wechsel zwischen Lebensphasen [72]11 und die Beziehungen zwischen den Geschlechtern her- und darzustellen. In Kostümzyklen wie jenem von ­Glaser sind die Kleider der Frauen augenfällig, insbesondere die unterschiedlichen Formen der Kopfbedeckung, die teilweise die Haare, teilweise fast das gesamte Gesicht verhüllen. Wie im gesamten Zyklus orientierte sich Glaser auch hier an den geltenden Kleidervorschriften. In der Reformationsordnung von 1637 waren sie für Frauen besonders detailliert ausgefallen; entsprechend war der Verstoss gegen Kleiderordnungen auch ein Delikt, für das sich vor allem Frauen verantworten mussten.12 Die Mandate verpflichteten verheiratete Frauen dazu, beim Kirchgang den Sturz› zu tragen, der das Gesicht weitgehend verhüllte. Damit wurde dem reformierten Idealbild der bescheidenen, zurückhaltenden, ihrem Gatten ergebenen Ehefrau sichtbarer Ausdruck verliehen. Ledige Frauen hingegen erschienen ohne oder mit weniger elaborierter Kopfbedeckung in der Kirche. Der Familienstand war somit an der Art des Gesichtsschleiers zu erkennen. Ganz eindeutig war diese Codierung allerdings nicht, zumal der Schleier bis Ende des 18. Jahrhunderts mehrere Umdeutungen erfuhr. Als Symbol der Geschlechterordnung besass er jedoch über die gesamte Frühe Neuzeit eine wichtige Bedeutung [71].13

Der Sturz› verdeutlicht, wie eng die geschlechtsspezifische Ausdifferenzierung von Kleiderordnungen mit den zeitgenössischen Ehevorstellungen korrespondierte. Seit der Reformation galt die Ehe als Idealbild und Norm für die ­Beziehung zwischen den Geschlechtern. Andere – klösterliche oder zölibatäre – Lebensmodelle waren nicht mehr vorgesehen. Die Klosterauflösungen des 16. Jahrhunderts hatten besonders für die Frauen weitreichende Konsequenzen. Für sie verschwand nicht nur die privilegierte Möglichkeit, unverheiratet zu bleiben, sondern auch der Zugang zu höherer Bildung. Hinzu kam, dass der Rat und die Kirche mit der Aufhebung der Klöster ihren Kampf gegen die Unzucht›, also gegen jegliche Form vor- und ausserehelicher Intimität, verschärften. 1532 hob der Rat das Bordell in der Malzgasse auf und stellte, explizit allerdings erst 1637, «vorehelichen Beischlaf» unter Strafe.14 Dadurch wurde die Ehe zum einzigen Ort legitimer Sexualität. Ihr oblag es fortan, die sexuelle Reinheit› jedes und jeder Einzelnen zu gewährleisten – und damit zugleich die moralische Reinheit der ganzen Gemeinschaft.

71 Johann Rudolf Huber, Basler Trachten von Anno 1600, 18. Jahrhundert. Der Sturz› diente den verheirateten Basler Frauen als Kirchenschleier. Er symbolisierte die eheliche Ordnung und war zugleich ein Privileg der Frauen der oberen Stände. Klagen von Frauen, die aus finanziellen oder gesundheitlichen Gründen keinen Sturztragen wollten, wies der Rat ab. Erst im späten 18. Jahrhundert ­änderte er diese Politik.

Die sittlich-moralische Aufladung und Überhöhung der Ehe führte dazu, dass die gelebten Ehen vermehrt zum Gegenstand von Konflikten wurden. Die Scheidung war eine nach der Reformation neu geschaffene Option, die hier Handlungsspielräume eröffnete, aber auch ein Einfallstor für obrigkeitliche Regulierungen bildete. So schuf der Rat nach dem Vorbild Zürichs bereits 1529 als eine der ersten nachreformatorischen Institutionen ein Ehegericht. Darin richteten Ratsherren und Pfarrer gemeinsam über Fälle vorehelicher Sexualität, über die Rechtmässigkeit von Ehen, über Scheidungsbegehren und Fälle häuslicher Gewalt. Die Urteile und Argumentationslinien des Gerichts trugen wesentlich dazu bei, die Verhältnisse der Geschlechter, deren Rollenerwartungen und Handlungsweisen festzuschreiben. Bereits die erste, 1533 erlassene Ehegerichtsordnung gründete auf der Definition geschlechtsspezifischer Merkmale und Stereotypen. Verführung beschrieb sie als ausschliesslich weibliche Praxis, während sie sexuelle Gewalt männlich konnotierte. In den Gerichtsverfahren zeigten diese geschlechtsspezifischen Deutungsmuster Wirkung. Vor allem männliche Angeklagte versuchten, das Stereotyp der verführerischen Frau zu nutzen, um einer Bestrafung für vorehelichen Geschlechtsverkehr zu entgehen.15

In ihren Anklagen bezichtigten die Richter in der Regel beide Geschlechter gleichermassen der Unzucht. Im 16. Jahrhundert finden sich viele Fälle, in denen zugunsten der angeklagten Frauen entschieden wurde. Vor allem der Hinweis, vor dem vorehelichen Beischlaf ein Eheversprechen erhalten zu haben, wirkte strafmildernd, wenn die eingeholten Zeugnisse von Verwandten und Bekannten die moralische Integrität der betroffenen Frau belegten. Im Laufe des 17. Jahrhunderts verschoben sich die Gewichte. So verschlechterten sich die Chancen von unverheirateten Schwangeren, ihre Interessen bei Vaterschaftsklagen durchzusetzen.16 Dies hatte für die verurteilten Frauen weitreichende Konsequenzen. Sie trugen die alleinige finanzielle Verantwortung für uneheliche Kinder. Zudem war die weibliche Ehre – im Gegensatz zu jener der Männer – unmittelbar an Jungfräulichkeit und sexuelle Integrität gekoppelt.17 Eine Verurteilung hatte dementsprechend den Ehrverlust zur Folge, der wiederum durch die Kleidung zum Ausdruck gebracht wurde. Die 1717 neu erlassene und nochmals verschärfte Ehegerichtsordnung sah vor, dass wegen Unzucht oder Ehebruch verurteilte Frauen beim Kirchgang weder einen Jungfernkranz noch den Sturz› tragen durften. Sie wurden damit für alle sichtbar als unrein› und unehrenhaft› stigmatisiert.18

Die moralisch-sittliche Aufladung der Ehe war eng verbunden mit der Hierarchisierung der Beziehungen zwischen den Eheleuten. Der Ehemann übernahm mit der Hochzeit die rechtliche Vormundschaft über die Ehefrau von deren Vater, stand als Patriarch der Familie vor und verwaltete den gemeinsamen Besitz. Die Ehefrau arbeitete im Haus, wo sie die Kinder grosszuziehen, ihren Ehemann von der «Haußhaltungs-Sorg» zu entlasten und ihm im «Beruff wol an die hand» zu gehen hatte. Dies war das Idealbild der Ehefrau, das der Münsterpfarrer Peter Werenfels (1627–1703) im Jahr 1681 in der Leichenpredigt für Monica Miville (1609–1681) entwarf.19 In der Praxis gab es allerdings einige Unterschiede, die mit der sozialen Herkunft und der Standeszugehörigkeit der Eheleute zusammenhingen. In den unteren sozialen Schichten gingen häufig beide einer ab­hängigen Lohnarbeit nach und erlebten dabei das Geschlecht als wichtige Differenzkategorie. Im Rebbau beispielsweise wurde zwischen weiblichen› Arbeiten und – doppelt so gut bezahlten – männlichen› Arbeiten unterschieden.20 Im 18. Jahrhundert bildeten sich für die Unterschichten weitere geschlechtsspezi­fische Arbeitsfelder heraus. Mit dem Doppeln› und Zwirnen› etwa waren vor allem Frauen, insgesamt mehrere hundert Städterinnen, beschäftigt. Einige ­Frauen besassen eigene kleine Zwirnereien mit Bandmühlen, die ihnen eine gewisse Selbstständigkeit ermöglichten, ohne sie jedoch aus der Abhängigkeit von der Auftragslage und damit von den Fabrikanten zu lösen.21

72 Anonym, Auszug aus dem Stammbuch der Falkner, 1690. Das Beispiel der Männer der ­Familie Wittnauer-Falkner zeigt, wie die Kleidung den Wandel vom Kind zum Mann mar­kierte: ­Hosen statt Röcklein, Dolch und Degen statt ­Steckenpferd und Windrad, ein Barett für die ­ledigen jungen Männer und ein Federhut für das Familien­oberhaupt.

In den Kaufmanns- und Handwerksfamilien hingegen agierte das Ehepaar als Arbeitspaar›, das gemeinsam und in sich ergänzenden Rollen für den Betrieb und den Haushalt zuständig war. Ursula Peyer-Im Hoff (1567–1655) beispiels­weise war, wie es in ihrer Leichenpredigt heisst, ihrem Ehemann, dem Kaufmann Hans Christoph Peyer (1562–1610), eine «getrewe Gehůlffin» gewesen und hatte «der Haußhaltung sonderlich in ernstlicher Zucht der Kinderen wol vorgestanden». In die Geschäfte ihres Ehemanns war sie so sehr involviert, dass sie diese nach dessen Tod im Jahr 1610 mit «großer Fürsichtigkeit und Auffrichtigkeit» bis ins hohe Alter weiterführte.22 In der städtischen Elite, besonders in den Haushalten der Spitzenpolitiker, wurde aus dem Arbeitspaar› häufig ein Amtspaar›. Hier übten die Frauen trotz formeller Machtlosigkeit viel Einfluss aus, indem sie Kontakte knüpften und pflegten und die familieneigenen Güter und Besitztümer verwalteten, wenn der Ehemann wochen- oder monatelang abwesend war.23

Wie die Standeszugehörigkeit wurden auch die vorherrschenden Geschlechterbeziehungen im Laufe des 18. Jahrhunderts, zunächst vor allem in den Kreisen der Kaufleute und Gelehrten, zunehmend infrage gestellt. In den Stuben und Kämmerlein diskutierten Männer, in den Salons Männer und Frauen über die Gleichheit der Geschlechter und übten neue Umgangsformen ein. Gerade an der Person des wichtigsten Basler Aufklärers, Isaak Iselin, zeigt sich jedoch die Ambivalenz dieser Debatten. Iselin setzte sich beispielsweise für die Verbesserung der weiblichen Schulbildung in der Stadt ein und legte Wert darauf, seine Töchter bereits im frühen Kindesalter selbst zu unterrichten. Jedoch sah er, wie viele seiner Zeitgenossen, das Ziel dieser Bildungsbemühungen weiterhin darin, die jungen Frauen zu guten Müttern und Hausfrauen zu erziehen. Die bestehende Ordnung des Familiengefüges blieb für ihn gültig.24

Armut, Fürsorge, Disziplinierung

Neben dem Stand und dem Geschlecht visualisierten Hans Heinrich Glasers Kostümbilder Reichtum und Vermögen, aber auch Armut in der Basler Bevölkerung. Der Reichtum der höheren Stände ist auf den zahlreichen Abbildungen von Angehörigen des Basler Bürgertums dargestellt. Die mittellose Stadtbevölkerung hingegen rückt nur auf einer Radierung in den Blick, auf der ein Bettelvogt einem Bettler seine «Gewalt» «erzeigt». Von oben schaut er auf den Bettler herab, der unterwürfig den Hut gezogen hat, und ermahnt ihn mit ausladender, disziplinierender oder belehrender Geste. Die in der Gestik zum Ausdruck gebrachte Bildaussage wird durch die Darstellung der Kleidung unterstrichen. Der aufwendigen Amtstracht des Bettelvogts stehen die zerrissenen Hosen der beiden abgebildeten Bettler gegenüber, die der Obrigkeit als Indiz für Armut und damit als Indikator galten, ob jemand berechtigt war, Almosen aus dem städtischen Haushalt zu empfangen.25 Zu Armen wurden die beiden Bettler, so lässt sich diese Abbildung lesen, also nicht nur durch ihre Lebensumstände und sozialen Praktiken, sondern auch durch deren Inszenierung und die Zuschreibung durch die Obrigkeit [73].

73 Hans Heinrich Glaser, der bättler vogt[Bettelvogt], Kostümfolge, 1634. Ein Amtszeichen mit Bettelstab kennzeichnete den Bettelvogt als Amtsträger. Er hatte die Aufgabe, die Einhaltung der Bettel- und Almosenordnung zu über­wachen, die ­Armen zu kontrollieren und mit falschen Bettelbriefen ausgestattete Be­trüger und Betrügerinnen zu entlarven. Die Bettel­vögte wurden in der Regel aus den unteren Schichten rekrutiert. Sie kannten also die Lebensumstände der Bettelnden und ­hatten zugleich das Bedürfnis, sich von ­diesen abzugrenzen.

Zunächst jedoch waren Armut und Bettelei während der gesamten Frühen Neuzeit eine in der Stadt weit verbreitete gesellschaftliche Realität. Da es, abge­sehen von der Familie, keine soziale Absicherung gab, drohte mit dem Verlust des Einkommens stets das Abdriften in Armut. Alter und Krankheit waren, neben der Verwitwung der Frauen, die grössten Risikofaktoren. Besonders davon betroffen waren die Unterschichten, die permanent in prekären Lebensverhältnissen lebten. Dazu gehörten Knechte und Mägde, Ammen, Tagelöhnerinnen und Tagelöhner, im 18. Jahrhundert zudem viele der in den neuen Industrien beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen. Sie machten insgesamt rund einen Fünftel der städtischen ­Bevölkerung aus.26 Wegen ihres geringen Einkommens litten die Unterschichten direkt unter konjunkturellen und saisonalen Schwankungen. Zudem griff die Obrigkeit zu ihren Ungunsten in das Lohngefüge ein. So wies die erstmals 1649 erlassene Gesindeordnung die Bürger an, ihren Knechten und Mägden nicht zu hohe Löhne zu bezahlen, um die Mitbürger nicht zu Lohnerhöhungen zu ­zwingen.27 Aber auch Bürgerrecht und Zunftmitgliedschaft schützten nicht vor prekären Lebensverhältnissen, da nur ein kleiner Teil der Bevölkerung in der Lage war, Vermögen zu akkumulieren.28 Als die wirtschaftliche Lage Ende des 18. Jahrhunderts besonders schwierig war, lebte zeitweise ein Achtel der städtischen ­Bevölkerung unter der von der Obrigkeit definierten Grenze für den Erhalt von Fürsorgeleistungen.29

Zuständig für die Zusprache der Berechtigungen und das Erbringen dieser Fürsorgeleistungen war der Rat. Er hatte diese Aufgabe nach der Reformation übernommen, nachdem die Klöster als karitative Institutionen weggefallen waren. Bereits 1526 arbeitete er, in engem Austausch mit anderen Städten am Oberrhein, eine Almosen- und Bettelordnung aus, die kurz nach der Reformation in Kraft trat. Die darin vertretene Armenpolitik basierte zum einen auf dem Gebot christlicher Nächstenliebe und Fürsorge. Zum anderen lag ihr die Ansicht zugrunde, dass ­Armut in erster Linie selbst verschuldet sei. Entsprechend unterschied der Rat in der Ordnung und in seiner politischen Praxis zwei Formen von Armut: Als würdige› Arme galten fromme und ehrbare Personen, die aufgrund äusserer Umstände ihren Lebensunterhalt vorübergehend oder langfristig nicht selbst bestreiten konnten. In diese Kategorie fielen insbesondere Witwen, verlassene Ehefrauen und deren Kinder sowie Alte und Kranke.30 Als unwürdig› galt, wer als arbeitsfähig eingestuft wurde, aber «under dem schyn der armuot» aus Faulheit oder aufgrund seines Lebenswandels um Almosen bat. Diese Zuschreibung zielte vor allem auf Männer ab, für die es ausser Alter und Krankheit kaum Kriterien gab, die sie zu würdigen› Bedürftigen machten. Wer als würdig› eingestuft wurde, erhielt eine Erkennungsmarke, um von den Bettelvögten und bei der Verteilung von Almosen sogleich identifiziert werden zu können. Insofern war die städtische Armenpolitik ein Instrument der Fürsorge, das aber auch eine indirekte Stigmatisierung und Ausgrenzung der Armutsbetroffenen nach sich zog.31

Für die Verteilung der Almosen und andere Fürsorgeleistungen sorgte ein Geflecht von Institutionen, das sich seit dem Spätmittelalter herausgebildet hatte. Es wurde nach der Reformation aus dem Klostergut(vgl. S. 108), dem Vermögen der Zünfte und mit Kollekten finanziert. Im Grossen Almosen› am Barfüsserplatz konnten Bedürftige täglich eine Mahlzeit, wöchentlich einen Geldbetrag und jährlich ­Kleider und Schuhe beziehen. Das im 16. Jahrhundert erweiterte Spital beim Barfüsserplatz beherbergte hilfs- und pflegebedürftige Arme, jenes an der Freien Strasse Frauen im Kindbett und in einem separaten Haus psychisch Erkrankte. Den Charakter einer eigentlichen Armenanstalt hatte das Zucht- und Waisenhaus, das der Rat 1667 im ehemaligen Steinen-, zwei Jahre später im Kartäuserkloster einrichtete. Hier arbeiteten Waisenkinder, Kinder aus mittellosen Familien sowie Gefangene in der Bandfabrikation.32 Ähnlich funktionierte das 1785 gegründete Arbeitshaus, in dem bis zu siebzig Personen das Baumwollspinnen erlernten und ausübten.33 Dabei ging es weniger um den Verdienst, der ohnehin nicht zur Finanzierung des eigenen Lebens reichte.34 Vielmehr hatten diese Massnahmen zum Ziel, den Arbeitswillen und damit die Ehrbarkeit der Armutsbetroffenen zu prüfen, von der letztlich die Almosenberechtigung abhing.35 Fürsorge wurde in diesen Institutionen also mit Disziplinierung verbunden, Wissen über die Armutsbetroffenen gesammelt und deren Armut durch alltägliche Routinen sichtbar gemacht.

Neben der Ehrbarkeit und Würde› war die Herkunft ein wichtiges Kriterium der Almosenberechtigung. Denn die Bettelpolitik zielte auf eine Abgrenzung nach aussen und damit auf eine Herstellung der städtischen Einheit. Nur einheimischen Bedürftigen, also Basler Bürgerinnen und Bürgern sowie den Hinter­sassen, gewährte der Rat vollumfänglichen Zugang zum Almosenwesen. Dessen ungeachtet war die Stadt Anziehungspunkt für Bedürftige aus dem nahen Umland oder für nicht sesshafte Bettlerinnen und Bettler, die wegen ihrer Heimatlosigkeit als besonders unehrenhaft galten. In den Jahren um 1600 beispielsweise zog die verwitwete Margreth Vögtlin aus Riehen immer wieder alleine, mit ihren Töchtern oder gemeinsam mit anderen Bedürftigen durch Basel. Sie bat in den Bürgerhäusern um Almosen, bot aber auch Heilkräuter und andere magische› Mittel an, die in den Bürgerfamilien bei Krankheit gefragt waren.36 Armen wie Vögtlin gegenüber changierte das Verhalten des Rates zwischen Fürsorge und Abschreckung respektive Kriminalisierung, um sie vom städtischen Territorium fernzuhalten. 1573 verbot der Rat auswärtigen Bedürftigen den Aufenthalt auf dem Kohlenberg, dem traditionellen Armenviertel der Stadt, und in der Folge verhängte er immer wieder öffentlichkeitswirksame Strafen gegen fremde Bettler sowie gegen jene Stadtbewohnerinnen, die ihnen Almosen gaben.37 1692 etwa liess er fremde Bettlerbuben an den Füssen gefesselt und mit einem Besen auf den Achseln durch die Gassen führen, um eine abschreckende Wirkung zu erzielen.38

Selbst die Hilfe der Elendenherberge am Petersplatz, seit dem 14. Jahrhundert Anlaufstelle für fremde Bedürftige, vereinte Fürsorge mit Abschreckung. Wer in die Herberge gelangen wollte, musste sich an den Stadttoren einfinden, wo die Bettelvögte zweimal täglich nach den ehrbaren Bedürftigen unter den Anwesenden sondierten. Den Abgewiesenen gaben sie allenfalls etwas Geld, die anderen führten sie in einer Art öffentlicher Prozession zur Herberge. Hier erhielten diese unter Aufsicht der Kollektherren eine Mahlzeit und eine Übernachtungsmöglichkeit, ehe es am Folgetag, erneut unter Begleitung der Bettelvögte, zum Stadttor hinaus ging.39 Trotz ihrer Härte war die Stadt besonders in Krisenzeiten ein wichtiger Zufluchtsort. 1694 rapportierten die Kollektherren, dass sich täglich bis zu dreitausend Menschen vor den Stadttoren versammelten und sich teilweise gewaltsam, häufig aber erfolglos Einlass in die Stadt zu verschaffen versuchten.40 So trug die Obrigkeit mit ihrer Armuts- und Kriminalitätspolitik gegenüber nicht sesshaften Bevölkerungsgruppen, die in Krisenjahren auf Einkünfte aus der Bettelei angewiesen waren, dazu bei, diese an den Rand der Gesellschaft und in die Nähe krimineller Milieus zu drängen.41

74 Johann Sixt Ringle, Innenansicht des Basler Münsters (Detail), 1650. Im nachreformato­rischen Münster wurde in der Mitte der Kirche ein Opferstock mit Heischebild aufgestellt, auf dem es hiess: «Gebt um Gott’s Willen den ­Armen, so will sich Gott auch Euer erbarmen». Der Sigrist ging mit dem Sammelbeutel umher und sorgte für Ruhe und Ordnung.

75 Almosenbüchse, 1. Viertel 16. Jahrhundert. Vor der Reformation standen in den Kirchen Büchsen, mit denen für durchreisende Pilger ­gesammelt wurde.

Von Eseln, Bienen und Tauben: Tiere in der Stadtgesellschaft

(Anna Reimann, Alexander Engel, Lars Dickmann)

Eine Stadt voller Menschen ist zugleich eine Stadt voller Tiere. Im frühneuzeitlichen Basel wurde eine grosse Anzahl von ihnen gehal­ten – zunächst wegen ihrer Nützlichkeit, ja Unentbehrlichkeit für verschiedene Zwecke, von Ernährung und Transport (Geflügel und Huftiere) bis hin zu Schutz und Schädlings­bekämpfung (Hunde und Katzen). Besonders beim Blick in das seit 1729 wöchentlich er­scheinende Anzeigenblatt, das Avis-Blatt, wird aber auch deutlich: Tiere waren ganz allgemein ein wichtiger Aspekt bürgerlicher Wohn-, ­Lebens- und Konsumkultur, Gegenstand ­eigener Ökonomien, die einigen Baslerinnen und Baslern (und manchen Durchreisenden) ein Einkommen sicherten.

Esel etwa wurden nicht nur als Last- und Reittiere gehalten, sondern auch wegen ihrer Milch, die als eine Art Superfood galt. Über mehrere Wochen täglich getrunken versprach sie Hilfe gegen allerlei Gebrechen. ­Anbieterinnen und Anbieter verkauften ­dafür über das Avis-Blatt Abonnements und lieferten das Getränk nach Wunsch auch ­eselswarm› direkt ins Haus. Frische und ­Qualität der Milch waren besonders wichtig: In ­Werbeanzeigen beschrieb man die gute Haltung der Tiere, liess sich die Milchqualität von Ärzten bestätigen und bot misstrauischen Abnehmenden an, beim Melken dabei zu sein. Neben Milch-Abos war auch das Mieten einer Eselstute beliebt. Um sich Kosten und Milchertrag zu teilen, wurden die Tiere oft von mehreren Personen in einer Art Esel-Sharing gehalten. Die Milch war auch ausserhalb der Stadtmauern begehrt: Die Tiere wurden aus städtischen Ställen in die Landsitze in der ­Umgebung ausgeliehen, in den Kurhäusern gehörten Eselsmilch-Kuren zum Standard­angebot.

Neben tierischen Produkten dienten auch die Tiere selbst dem städtischen Konsum, etwa in unterhaltsamen Spektakeln, die im Avis-Blatt angekündigt wurden. So konnte man gegen Eintritt 1748 ein Rhinozeros bewundern, 1761 einen Pelikan, 1768 zwei Affen und andere asiatische und amerikanische Säugetiere (käuflich zu erwerben!), 1788, 1801 und 1802 Löwen, Tiger und Leoparden. Schaulust wurde, mit aufklärerischem Bildungsanspruch verknüpft (oder verbrämt), auch für Verkaufsveranstaltungen genutzt: 1774 führte der notorische Bienenbändiger› Wildman neben einigen Kunststücken auch einen Bienenkorb für das eigene Wohnzimmer vor: «Man kan hierinn alle Arbeiten dieses geschäftigten und nützlichen Thieres sehen, ohne daß selbiges ins Zimmer wird hinein kommen können. Diese Körbe sind eben so, wie sein vollständiger Wegweiser zur Verpflegung und Wartung der Bienen [] bey ihm zu haben.»42 Ob das Infotainment-­Mobiliar tatsächlich Absatz fand, ist schwer zu sagen. Häufige Inserate zu Bienenstöcken verweisen jedenfalls auf eine rege Imkerei innerhalb der Stadtmauern.

Ebenso und mehr noch wurde die Taubenzucht als Nebenerwerb oder zum Zeitvertreib gepflegt. Anders als die heute dominierenden Stadttauben hielten die Baslerinnen und ­Basler in ihren Schlägen eine bunte Vielfalt unterschiedlichster Arten. Taubenhändler und Privatpersonen boten ihre Vögel zum Verkauf oder Tausch an, ebenso Nester, Taubenschläge und Anleitungen zur Zucht und Pflege der ­Vögel. Taubenhaltung konnte allerdings auch zu Missmut führen: Verflog› sich eine Taube in den falschen Schlag oder fiel sie des Nachbars Katze zum Opfer, führte dies nicht selten zu eskalierenden Streitigkeiten, wobei sogar mit Waffengewalt gegen die Tauben der Nachbarin gedroht werden konnte. Dass das Auf­fangen› fremder Tauben sozialen Konfliktstoff mit sich brachte, wird auch in den zeitgenös­sischen Taubenzucht-Ratgebern deutlich – ­eigens ausgewiesene Kapitel mahnen zur nachbarschaftlichen Toleranz. Tiere waren mithin integraler Bestandteil nicht nur der ökonomischen, sondern auch der sozialen Ordnung der Stadt. Anna Reimann, Alexander Engel, Lars Dickmann

77 Darstellung aus der Serie ­Basslerische Ausruff-Bilder› von David Herrliberger, 1749.

76 Anzeige im Avis-Blatt vom 3. Juni 1745.

Abweichendes Verhalten: ­Kriminalität, ­Heterodoxie, Rechtsprechung

Neben der inneren Ausdifferenzierung der sozialen Ordnung war es Aufgabe der Obrigkeit, deren Grenzen festzulegen und zu sichern. Insofern bestimmte das dichte Netz an Normen nicht nur das Zusammenleben in der Stadt, sondern legte auch fest, was abweichendes und folglich unerwünschtes Verhalten war. Die ­Abweichung von einer Norm, also ein Verbrechen oder Vergehen, bedrohte im zeitgenössischen Verständnis die soziale Position der Involvierten, ja stellte mitunter das gesamte Sozialgefüge der städtischen Gesellschaft infrage. Wenn sich Nach­barinnen beleidigten, wenn junge Männer im Wirtshaus rauften oder wenn jemand im Gedränge auf dem Marktplatz einen Diebstahl beging, stand stets die Ehre aller Beteiligten, der Opfer wie der Täter, auf dem Spiel. In Rechtsquellen, in Gerichts- und Prozessakten wird soziale Ordnung deshalb in besonderem Masse greifbar: als Zusammenspiel von Rechtsnormen und deren Durchsetzung, von Verhaltensweisen und deren Beurteilung, dessen Ziel es war, Kriminelle› zu identifizieren und zu bestrafen.

Recht setzen, einklagen und durchsetzen

Den Rahmen, innerhalb dessen ein Verhalten als abweichend oder kriminell eingestuft und sanktioniert wurde, bildeten die Rechtsnormen. Diese basierten teilweise auf Gewohnheitsrecht, das im Verlauf der Frühen Neuzeit jedoch gegenüber dem gesetzten Recht zunehmend in den Hintergrund trat. Seit dem 15. Jahrhundert beanspruchte der Kleine Rat mehr und mehr Teile der Rechtsetzung für sich. Mit der Reformation baute er seine Kompetenzen weiter aus und griff auch in Bereiche wie Sittlichkeit und Ehe ein, für die zuvor die Kirche zuständig gewesen war. In der Regel entschied der Rat allein über neue Erlasse, konnte bei Bedarf jedoch ihm untergeordnete Kommissionen und Amtsträger mit einbinden, etwa die Landkommission oder die Landvögte für Gesetze, die vorwiegend die Landschaft betrafen. Die neuen Gesetze verbreitete der Rat, indem er sie in gedruckter Form an den Stadttoren, in Wirtshäusern und an Kirchentüren anbrachte und durch die Pfarrer von der Kanzel verkünden liess.

In den Jahren nach der Reformation, besonders ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, intensivierte der Rat seine Gesetzgebungsaktivitäten. Mit Verweis auf die Reformation und die Reformationsordnung, die Strafbestimmungen zu einzelnen Delikten enthielt, verfolgte er das Ziel, das Ideal eines gottgefälligen, wohlgeordneten Gemeinwesens zu verwirklichen. Die Gesetze zielten darauf ab, über die Regulierung des individuellen Verhaltens die öffentliche Ordnung zu stabilisieren. Die Mandate verboten Fluchen und Schwören, Luxus und Spiele immer wieder mit der Begründung, dass Gott die gesamte Gesellschaft für die Vergehen Einzelner bestrafen würde. Diese Vorstellung eines göttlichen Strafgerichts verschwand bis Ende des 18. Jahrhunderts nicht aus den Ordnungen, wenngleich zunehmend innerweltliche Argumentationen und Gestaltungsansprüche an Bedeutung gewannen.43

Zwischen 1492 und 1797 erliess der Rat für die Stadt und Landschaft Basel mehr als 1200 gedruckte Mandate.44 Darunter waren zahlreiche gleich oder ähnlich lautende Vorschriften, da der Rat die Mandate häufig wiederholte, teilweise wortwörtlich, teilweise mit Präzisierungen und Ergänzungen. Das Delikt der Gotteslästerung beispielweise wurde zwischen 1637 und 1798 in nicht weniger als vierzig Gesetzestexten unter Strafe gestellt.45 Die wichtigsten Bestimmungen fasste der Rat 1637, 1715 und letztmals 1780 in den «Reformations- und Policeyordnungen» sowie 1719 in der Stadtgerichtsordnung zusammen. Sie bildeten die Grundlage des städtischen Rechts, das folglich aus einer Vielzahl von Einzelerlassen ­bestand. Sie hatten, trotz ähnlich lautender Gesetzestexte in anderen Territorien, bloss ­innerhalb des Basler Herrschaftsgebiets Gültigkeit. Einzig für Kapitalverbrechen wie schwere Eigentumsdelikte, Mord, Hexerei und Sodomie, für Delikte also, auf die Landesverweis oder die Todesstrafe stand, kam in ­Basel – im Gegensatz zu anderen eidgenössischen Orten – mit der Carolina›, dem 1532 von Kaiser Karl V. für das Reich ­erlassenen Strafgesetzbuch, überregional gültiges Recht zur Anwendung. Hier zeigte sich Basels anhaltende Nähe zum Reich. Dafür waren auch die Professoren an der juristischen Fakultät der Universität verantwortlich, die das Reichsrecht weiterhin rezipierten.46

Der Kleine Rat war nicht nur rechtsetzende, sondern auch oberste ermittelnde und urteilende Instanz. Wenn Gerüchte über auffällige Verhaltensweisen und kriminelle Handlungen in der Stadt kursierten, beauftragte er die Siebnerherren› – drei Kleinräte, drei Bürger sowie der Bürgermeister – mit Nachforschungen. Häufiger als Verfolgungen von Amtes wegen waren jedoch Anzeigen aus dem sozialen Umfeld der beschuldigten Person oder durch die Geschädigten selbst. Für sie waren Anzeige und Gerichtsverfahren meist das letzte Mittel, um im Falle eines Diebstahls, einer Beleidigung oder einer (verlorenen) Schlägerei die eigene Ehre zu retten. Der Stadtbeamte Onophrio Merian (1705–1758) beispielsweise zeigte im April 1755 beim Kleinen Rat zwei Metzger an, die ihn zunächst beleidigt und ihm im anschliessenden Kampf seinen Degen abgenommen hatten. Beide Seiten interpretierten sowohl die Beleidigungen als auch die Entwendung der Waffe als Ehrverletzungen, was diesen Fall charakteristisch macht für derartige Auseinandersetzungen. Er zeigt, dass bei Gewalthändeln und daraus folgenden Gerichtsverfahren weniger die konkreten Umstände entscheidend und schon gar nicht die Körperverletzung oder die Tötung des Gegenübers das Ziel waren, sondern die Verteidigung und Wiederherstellung der eigenen Ehre.47

Für die Durchsetzung der Rechtsnormen war die Obrigkeit auf Anzeigen und Denunziationen, also auf die Kooperation der Bevölkerung und deren Bereitschaft zur wechselseitigen sozialen Kontrolle angewiesen. Daneben setzte der Rat zur Überwachung und zur Durchsetzung des Rechts auf städtisches Sicherheitspersonal. Die Stadtgarnison und die nach Quartieren organisierte Bürgerwache sicherten nicht nur die Tore, sondern patrouillierten nachts durch die Gassen. Ähnliche Aufgaben erfüllten die Rats- und die Wachtknechte, die Überreiter sowie die Stadtboten, die Verhaftungen vornahmen und die in den Türmen und Bögen der Stadtmauern inhaftierten Gefangenen bewachten. Die Rats- und Wachtknechte, die selbst in den Gefängnistürmen wohnten, unterstanden wie auch der Folterknecht und der Henker dem Oberstknecht, welcher der wichtigste Sicherheitsbeauftragte der Stadt war.48

Daneben gab es ein dichtes Geflecht von über zwanzig Ämtern und Kommis­sionen, die selbst über rechtsprechende Kompetenzen verfügten. Ihre Zuständigkeiten hingen von Art, Ort und Schwere des Delikts ab, ohne jedoch exakt ­festgeschrieben zu sein. Wichtig waren die beiden Stadt- respektive Schultheissengerichte im Gross- und Kleinbasel, die als Appellationsinstanzen für zivilrechtliche Belange fungierten. Die Vorstadtgesellschaften waren für Delikte in ihren Quartieren, das Gescheide für Streitigkeiten ausserhalb der Stadtmauern zuständig. Das universitäre Konsortium richtete über leichte Vergehen von Universitätsangehörigen. Das Waisengericht kam bei Vormundschaftsangelegenheiten, das Ehegericht bei Ehe- und das Fünfergericht bei Baustreitigkeiten zum Einsatz. Von besonderer Bedeutung waren die Bann- und ab 1637 die Reformationsherren, die Verstösse gegen die Sittlichkeit verfolgten. Über leichte Delikte, etwa Fluchen, Schwören, Trinken oder unregelmässigen Kirchenbesuch, urteilten sie selbst,49 gravierende Fälle leiteten sie an den Kleinen Rat weiter. Ebenso verfuhren sie mit renitenten Wiederholungstätern, bei denen sich auch nach dreimaliger Ermahnung keine Besserung einstellte.50 Einzig für schwerwiegende Verbrechen, für Diebstähle, ­Tötungsdelikte oder Hexerei, musste zwingend der Rat eingeschaltet werden, da nur er dazu berechtigt war, die Todesstrafe zu verhängen.

78 Anonym, Basler Harschier überprüft einen Mann, ca. 1770/1780. Die nackten Füsse und die kurzen Hosen verraten ihn: Der junge Mann, dessen Passierschein von einem ­Harschier überprüft wird, ist ein Bettler oder Landstreicher. Als solcher stand er stets im Verdacht, kriminelle Handlungen vorzu­bereiten oder bereits durchgeführt zu ­haben. Die Einheit der Harschierer war 1744 eingerichtet worden. Sie hatte die Aufgabe, «Strolchen-Gesind» aufzuspüren, zu kon­trollieren und gegebenenfalls auszuweisen.

Zum Justizapparat im weiteren Sinn gehörten auch die Gemeindepfarrer, die ­gerade im Bereich der Sittenmandate zwischen Bevölkerung und Gerichten vermittelten. Vor allem auf der Landschaft, aber auch in der Stadt war die weltliche Obrigkeit auf ihre Kooperation angewiesen, um die Mandate zu verkünden und die Bevölkerung zu ermahnen. Bisweilen ordnete der Rat an, Predigten zu bestimmten Themen zu halten, so etwa 1778 gegen die Unsitte, Schlägereien anzuzetteln.51 Auch in der Durchsetzung der Mandate und der Kontrolle der Bevölkerung spielten die Pfarrer eine wichtige Rolle. Sie kontrollierten die Regelmässigkeit des Kirchenbesuchs und der Glaubensunterweisung und waren häufig die erste Anlaufstelle für Denunziationen. Bei Sittendelikten sprachen sie selbst Ermahnungen aus und entschieden, ob die nächsthöhere Instanz eingeschaltet werden sollte. Der Wagnermeister Johann Georg Meyer und dessen Frau beispielsweise mussten sich zwischen 1769 und 1775 wegen einer ganzen Reihe von Verstössen gegen die Sittlichkeit – darunter Fluchen, Schwören, Trinken, Streiten, schlechte Erziehung der Kinder und unregelmässiger Kirchenbesuch – mehrmals vor dem Gemeindepfarrer verantworten, der, als sich keine Besserung einstellte, zunächst den Antistes und anschliessend die Bannherren einschaltete. Zum Schluss landete der Fall vor dem Kleinen Rat. Er verurteilte die Ehefrau zu zwei Monaten Zuchthaus, während Meyer selbst mit einer Warnung vor schärferen Sanktionen davonkam.52

Von normabweichendem Verhalten zu strafbarem Handeln

Ob Verhalten effektiv verfolgt und bestraft wurde, hing jedoch nicht nur davon ab, ob es von Normen abwich. Wesentlich war auch, ob die Obrigkeit einer Handlung soziale Sprengkraft attestierte. Diese Beurteilung war einem steten Wandel unterworfen. In der Zeit um 1600 ging der Rat Verdachtsfällen der Hexerei und Zauberei, die häufig den Endpunkt langwieriger Streitigkeiten bildeten, konsequent nach. Er führte zwischen 1602 und 1627 fünf grössere Hexenprozesse – eine verglichen mit anderen Territorien jedoch eher geringe Zahl. Selbst die politische und gesellschaftliche Elite war weder vor entsprechenden Anschuldigungen und Verfolgungen gefeit noch vor der Stigmatisierung und der sozialen Ausgrenzung, die mit einer Bestrafung einhergingen. So verfolgte der Kleine Rat sein eigenes Mitglied Adelberg Meyer (1560–1629) wegen Zaubereivorwürfen, als bei ihm im Zuge eines Erbschaftsstreits verdächtige Gegenstände gefunden wurden. Er schloss ihn aus und stellte ihn für den Rest seines Lebens unter Hausarrest.53 In den folgenden Jahrzehnten verfingen Vorwürfe der Zauberei und Hexerei als Mittel der Anschuldigung und sozialen Ausgrenzung allerdings nicht mehr. Im 18. Jahrhundert sah der Rat darin allenfalls noch auffällige Verhaltensweisen der Untertanen, stufte sie aber kaum noch als gesellschaftsgefährdend ein. Anschuldigungen, welche die ­soziale Elite betrafen, liess er ins Leere laufen.54

Wohl galten die Mandate und Ordnungen, sofern sie sich nicht explizit an eine bestimmte Personengruppe richteten, für alle unabhängig von Herkunft, Stand oder Geschlecht. In der konkreten Praxis spielte das Ansehen der beschuldigten Person dennoch eine grosse Rolle. Im Rahmen eines Prozesses wegen Sittenverstössen beklagten sich die Reformationsdiener im Jahr 1740 über die Konsequenzen, die es für sie hätte, wenn sie «die hochen Persohnen» beschuldigen würden.55 Standespersonen wurden deshalb weniger häufig vor die Reformationsherren zitiert und öfters freigesprochen als die Angehörigen der unteren Stände.56 Dazu trug zusätzlich bei, dass der Kleine Rat neben den Verhörprotokollen und Zeugenaussagen auch Bittschriften um Gnadenerlasse, die alle Bürger an ihn richten konnten, in seine Urteilsfindung miteinbezog. Da hierbei das soziale Ansehen einer Person ins Spiel kam, waren Bittschriften häufig wichtiger als Rechtsgutachten, die der Rat einholte. Diese Gutachten stammten von den Stadtkonsulenten, den juristischen Beauftragten der Stadt, von auswärtigen Rechtsgelehrten, der Juristischen Fakultät oder, etwa bei Hexenprozessen, von der Theologischen ­Fakultät der Universität.57 Doch der Rat war weder dazu verpflichtet, seine Urteile auf juristische Gutachten zu stützen, noch dazu, Beweise zu erheben oder die von den Parteien vorgeschlagenen Zeugen zu befragen. Als wichtigster Beweis galt ­ohnehin das Geständnis. Es war Ziel der Verhöre und Voraussetzung für eine Verurteilung und wurde bei schweren Delikten nötigenfalls unter Folter oder, was häufiger der Fall war, deren Androhung erzwungen.58 Auch hier gab es allerdings Ausnahmen: Bürger wurden in der Regel sanfter angefasst als Nicht-Bürger, bei Ratsherren war die Folter ganz verboten.

79 Basler Brandmarkeisen, 17. Jahrhundert. Das Basler Wappen war ein Zeichen der ­Integration und städtischen Einheit, aber auch des Ausschlusses. Der Rat liess Verbrecher mit glühenden Eisen brandmarken, um ihre Verbannung aus der Stadt sichtbar zu machen. Brandmarkung wie Verbannung zielten auch auf die Ehre der betroffenen Person – mit ­weitreichenden Folgen für die Zukunft der Verurteilten.

Im Falle einer Verurteilung stand dem Gericht ein breites Repertoire an Strafen zur Verfügung, von Bussen über kurze Haft sowie Arbeits- und Zuchthausstrafen bis hin zur Todesstrafe, die der Kleine Rat zwischen 1550 und 1788 in rund 250 Fällen verhängte, mit im Laufe des 18. Jahrhunderts deutlich abnehmender Tendenz.59 Nicht nur die Hinrichtungen, sondern auch andere Strafen wurden in der Regel öffentlich inszeniert und waren damit stets auch Ehrstrafen, die auf eine Ab- oder sogar Ausgrenzung der verurteilten Person abzielten. Wie im gesamten Verfahren waren auch hinsichtlich der Bestrafung die sozialen Stände ungleich betroffen. Haftstrafen verbüssten ehrbare Bürger in einem der komfortableren Gefängnisse, etwa im Aeschen-Schwibbogen, während Verurteilte aus den unteren sozialen Schichten im Eselturm oder im St. Alban-Schwibbogen, der wegen der prekären Verhältnisse berüchtigten Bärenhaut›, inhaftiert wurden.60 Häufiger als Haftstrafen war bei schweren Delikten jedoch die Verbannung. Dabei zeigt sich, wie sehr der Rat nicht nur in der Strafverfolgung, sondern auch in der Durch­setzung seiner Urteile auf die Kooperation der Bevölkerung und letztlich sogar der Delinquentinnen und Delinquenten selbst angewiesen war. Institutionalisierte Form dieser Kooperation war die Urfehde. Damit schworen, zumindest bis ins 17. Jahrhundert, aus der Haft Entlassene, trotz des mit dem Freiheitsentzug verbundenen Ehrverlusts auf Rache gegenüber der Obrigkeit zu verzichten. Noch im 18. Jahrhundert beinhaltete die Urfehde den Schwur, im Falle eines Landesverweises das Basler Territorium nicht mehr zu betreten.

Religiöse Devianz im reformierten Gemeinwesen

Besonders rigoros ging die Obrigkeit gegen Normverstösse in Glaubensfragen oder im Bereich religiöser Praktiken vor. Denn die reformierte Konfession war wichtiger und integrierender Teil der kollektiven Identität des städtischen Gemeinwesens. Wie andere Städte und Territorien pflegte Basel das Selbstverständnis eines konfessionell einheitlichen Herrschaftsgebiets, in dem Rat und Kirche über die theologische Ausrichtung und damit den richtigen Glauben bestimmten. Alle Bewohnerinnen und Bewohner von Stadt und Landschaft wurden mit der Taufe, im Fall von Immigranten mit dem Ablegen des alten und der Annahme des neuen kon­fessionellen Bekenntnisses in das Gemeinwesen integriert. Das reformierte Glaubensbekenntnis war Voraussetzung für die Aufnahme in die Zunft und damit ins Bürgerrecht. Die gesamte Gesetzgebungstätigkeit, insbesondere die Moral- und Sittenpolitik, Schulbildung und Predigten zielten permanent darauf ab, die reformatorischen Ideale im Gemeinwesen zu verwirklichen.

Unter diesen Bedingungen waren die Handlungsspielräume für Andersgläubige eng beschränkt. In den Quellen werden sie häufig erst als Gruppe greifbar, wenn sie verfolgt, also offiziell als deviant betrachtet wurden. Die Abweichung von der reformierten Lehre war nicht nur eine Opposition gegen die kirchlichen ­Verhältnisse, sondern zugleich ein Widerstand gegen die politische und soziale Ordnung. Entsprechend ging der Rat, der sich als christliche Obrigkeit› verstand und inszenierte, konsequent gegen Ketzer› und Häretiker› vor. Dies bekamen bereits vor der Reformation die Täuferinnen und Täufer zu spüren. Im Gegensatz zu Johannes Oekolampad und anderen Reformatoren lehnten sie die Kindertaufe zugunsten einer Erwachsenentaufe ab und propagierten damit eine Freiwilligkeit der Kirchenmitgliedschaft, welche die Einheit der städtischen Gemeinschaft ­infrage stellte. Radikale Exponenten des Täufertums, etwa Lorenz Hochrütiner (ca. 1490–1528), verweigerten zudem Eid und Kriegsdienst und wirkten damit auf einen Bruch mit der weltlichen Obrigkeit hin. Rat und Kirche bekämpften die Täuferbewegung deshalb ab 1525 mit Verhaftungen und Ausweisungen.61 Nach 1529 wurden die Massnahmen sowohl gegen die Täuferinnen wie gegen jene Basler verschärft, die beim alten Glauben geblieben waren. Die Reformationsordnung und ein kurz darauf erlassenes Täufermandat sahen die Verhaftung der «rotten­geyster, die man widertoeuffer nempt», vor und drohten all jenen mit Verbannung und letztlich Hinrichtung, die nicht von ihrem Glauben abrückten.62 Auf Grundlage dieses Mandats kam es bis 1531 zu mindestens drei Hinrichtungen.63

In der Markierung religiöser Differenz ging der Rat jedoch nicht immer so konsequent vor wie in der frühen Reformationszeit, als es darum ging, konfessionelle Einheit überhaupt erst herzustellen. Von den 1530er- bis in die 1580er-Jahre entwickelte sich in Basel ein gegenüber heterodoxen Strömungen relativ tolerantes Klima, in dem Rat und Kirche ökonomische Überlegungen häufig höher gewichteten als konfessionelle Erwägungen. So war in den späten 1530er- und den 1540er-Jahren weitherum bekannt, dass auf Basler Territorium das Täufertum zwar offiziell verboten war, aber kaum verfolgt wurde. Andere Bewohnerinnen und ­Bewohner der Stadt besuchten aus blossem Interesse oder aus religiöser Überzeugung die Gottesdienste in benachbarten lutherischen oder katholischen Gemeinden. Im 17. Jahrhundert reisten sie zudem ins solothurnische Dornach, um von den Heilkräften der dortigen Kapuziner zu profitieren.64

Ab den 1580er-Jahren, als sich Rat und Kirche auf die reformierte Orthodoxie festlegten, wurden die Handlungsspielräume für Andersgläubige wieder kleiner. Zu jener Zeit verlieren sich denn auch die Spuren des Täufertums in der Stadt, das nur in einzelnen Gemeinden auf der Landschaft bis ins 17. Jahrhundert weiterbestand.65 Gleichwohl oszillierte die Haltung der Obrigkeit in vielen Fällen zwischen pragmatischer Duldung und Ausgrenzung. Dies galt insbesondere für den Umgang mit den Angehörigen der lutherischen und der katholischen Konfession, die häufig aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen auf Basler Territorium geduldet wurden. Markgraf Friedrich VII. Magnus von Baden-Durlach (1647–1709) integrierte um 1700 in seine neu gebaute Basler Residenz an der Hebelstrasse eine Kapelle, in der im lutherischen Stil gepredigt wurde, und seine Frau Augusta Maria (1649–1728) liess in städtischen Druckereien lutherische Gebets- und Gesangsbücher drucken.66 Seit 1734 residierte mit dem kaiserlichen Gesandten ein prominenter Katholik in der Stadt. Dessen Gesandtschaftspriester betreute gemeinsam mit den Kapuzinern von Dornach die in der Stadt weilenden Katholiken, sofern diese nicht die Gottesdienste im Umland, etwa in Dornach, Arlesheim oder ­Hüningen, besuchten. 1787 war die Rede von rund vierhundert Katholiken in der Stadt, darunter Handwerksgesellen, aber auch Dienstboten aus dem katholischen Umland. Langfristig geduldet waren katholische Gläubige grundsätzlich nur dann, wenn sich die Stadt oder einzelne ihrer Bürger davon einen Nutzen versprachen.67 Der katholische Maler Joseph Esperlin (1707–1775) aus Oberschwaben ist hierfür ein Beispiel. Ihm verbot der Rat zwar die Herstellung religiöser Kunst, wollte aber nicht auf seine Porträts und Historienbilder verzichten.68

Für die soziale Ordnung bedrohlicher als Katholikinnen oder Lutheraner war aus Sicht der Obrigkeit die religiöse Devianz innerhalb der reformierten Kirche. Wenn sich im Rahmen von Visitationen herausstellte, dass ein Geistlicher unkonventionelle Ansichten vertrat, wurde er sanktioniert und gegebenenfalls des Amtes enthoben.69 1730 verlor Johann Jakob Wettstein (1693–1754), Diakon von St. Leonhard, nach einer langwierigen Untersuchung seine Stelle, weil er im Verdacht stand, gegen die Trinität gepredigt zu haben. Wettstein emigrierte daraufhin in die Niederlande.70 Auch Bürgerinnen und Bürgern begegnete der Rat bis ins 18. Jahrhundert mit Repression, wenn er ihr Verhalten missbilligte. Dem frühen Pietismus, der sich in der Stadt erstmals in den 1710er-Jahren bemerkbar machte, stand der Rat skeptisch gegenüber, weil er, ähnlich wie zuvor das Täufertum, Kindertaufe und Gottesdienst ablehnte und so die konfessionelle Einheit des Gemeinwesens infrage stellte. Selbst das Verhalten der Vertreterinnen und Vertreter eines gemässigten Pietismus, die weiterhin die reformierten Gottesdienste besuchten, galt zunächst nicht als konform. Die Konventikel› genannten Privatversammlungen, die ausserhalb der kirchlichen Strukturen standen, erregten den Verdacht der Kirchen- und Stadtoberen.71 1722 zog der Rat deshalb eine Trennlinie zwischen pietistischer Frömmigkeit und reformierter Orthodoxie. Auf Empfehlung der Pfarrer verbot er das Abhalten von Privatversammlungen, den Druck und die Verbreitung verdächtiger Schriften sowie die Beherbergung fremder Pietisten.72 Damit verhinderte er indes nicht, dass pietistische Gruppen in der Stadt weiterhin existierten. So kam es Mitte des Jahrhunderts nochmals zu Konflikten. In einer Reihe von Prozessen verurteilte der Rat separatistische› Tendenzen und scheute sich nicht, auch gegen Mitglieder angesehener Basler Familien vorzugehen und ihnen mit dem Entzug des Bürgerrechts zu drohen.73 Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts verlor die eng gefasste Orthodoxie allmählich ihre Wirkkraft, zumal der Pietismus mit der Staatskirche verschmolz und selbst Bestandteil der baslerischen reformierten Identität wurde (vgl. S. 296–300).

Fremde in der Stadt: ­Immigration, ­Integration und Ausgrenzung

Die Konzepte sozialer Ordnung beruhten auf Vorstellungen der Einheit und Integrität der Stadt. Diese Einheit entsprach jedoch nicht der frühneuzeitlichen Realität. Denn Basel war kein geschlossener Raum. Immer wieder gab es aus unterschiedlichen lokalen, regionalen oder gar gesamteuropäischen Ursachen Ein- und Auswanderungsbewegungen. Religiöse Gründe spielten ebenso eine Rolle wie das nicht endende europäische Kriegsgeschehen, politische Umbrüche oder Wirtschaftskonjunkturen. Auch die europäischen Bildungs- und Handelsströme, in die Basel eingebunden war, führten zu Verflechtungen und zu Migration. Für Basel bestand die Herausforderung darin, die Einheit der Stadt immer wieder mit diesen Migrationsbewegungen in Einklang zu bringen.

Handelsreisende und Dienstmägde, Flüchtlinge und Studenten

Ein Kommen und Gehen, eine ständige und unauffällige Mobilität, war für Basel genauso charakteristisch wie für andere frühneuzeitliche Städte. Es umfasste die alltäglichen Beziehungen zum nahen Umland sowie die vorübergehende oder dauerhafte Immigration aus weiter entfernten Gebieten. Die daraus resultierende Heterogenität der städtischen Gesellschaft war zunächst darauf zurückzuführen, dass Basel Handels-, Messe- und Universitätsstadt war. Während der Fronfastenmärkte, die viermal jährlich stattfanden, und besonders während der Herbstmesse war Basel ein Brennpunkt, der Bauern, Handwerker und Kaufleute aus dem Reich, aus Frankreich, aber auch aus Italien anzog.74 Einigen fremden Händlern, etwa den Gewürzkrämern, war es nur an den Messen erlaubt, ihre Waren ausserhalb des Kaufhauses zu verkaufen, womit Stellung und Privilegien der Zünfte gesichert werden sollten. Verstösse gegen diese Vorschrift kamen immer wieder vor, und sie waren wegen der günstigen Preise und der Warenvielfalt durchaus im Interesse der Stadtbevölkerung.75 Neben den eigentlichen Messeteilnehmern und -besucherinnen hielten sich in jenen Wochen auch – vorwiegend männliche – Schausteller in Basel auf, die alleine oder in Gruppen von Messe zu Messe reisten. In Basel traten sie trotz des Widerstands der Geistlichkeit auf öffentlichen Plätzen, in Zunft­stuben und seit Mitte des 18. Jahrhunderts im Ballenhaus› an der heutigen Theaterstrasse auf. Als Seiltänzer oder Taschenspieler, durch die Präsentation exotischer Tiere oder das Aufführen von Komödien verdienten sie sich ein bescheidenes Auskommen. Wie jene Bettlerinnen und Bettler, die ihre Dienste als Heil- und Kräuterkundige anboten, befriedigten sie ein unterschwelliges Bedürfnis der ­Bevölkerung, ohne jedoch einen dauerhaften Platz in der nachreformatorischen Stadt zu finden. Nach einigen Wochen zogen sie weiter, um in der nächsten Stadt ihre Dienste anzubieten.76

Daneben gab es Formen der Arbeitsmigration, die auf einen längeren, teilweise dauerhaften Aufenthalt in Basel ausgelegt waren. Eine solche Migration pflegten Gelehrte und Universitätsangehörige, aber auch mobile gemeine› Männer und Frauen, die sich im Tagelohn anheuern liessen, um für den temporären Unterhalt einer Liegenschaft zu sorgen oder auf einer Baustelle zu arbeiten. ­Andere verdingten sich während mehrerer Jahre als Mägde und Knechte in Basler Haushalten. Vor allem die Basler Landschaft, Baden und das Elsass waren die Rekrutierungsgebiete für das Basler Dienstbotenpersonal.77 Längere Wege legten die Handwerksgesellen zurück. Gesellen und Lehrlinge kamen vor allem aus dem deutschsprachigen Ausland nach Basel, während die Söhne der Basler Kaufmannsfamilien für die Lehre in die frühneuzeitlichen Handelszentren, etwa nach Amsterdam, zogen. Einige liessen sich dauerhaft in der Fremde nieder, andere kamen nach der Ausbildung in ihre Heimatstadt zurück und gliederten sich hier mit den in der Fremde erworbenen Fähigkeiten und Zeugnissen wieder in die Gesellschaft ein. Auch Handwerker, Zuckerbäcker und andere junge Berufsleute gingen ähnliche Wege. Johann Jakob Erzberger (1745–1828) beispielsweise zog 1764 für vier Jahre nach Berlin, wo er sich beim ausgewanderten Basler Konditormeister Johann Jakob Meyer (ca. 1712–1773) ausbilden liess. Nach seiner Rückkehr nach Basel trat er der Safranzunft bei und arbeitete fortan als Zucker­bäcker.78

Neben der Arbeitsmigration, die gerade in den Unterschichten häufig konjunkturbedingt war, verursachten Verfolgungen und Kriegsgeschehen wiederholt Fluchtbewegungen. Wie andere eidgenössische Orte war Basel ein wichtiger Zielort. Vor allem im 17. Jahrhundert trieben die nahen Kriege Menschen in die Stadt. In den 1620er- und 1630er-Jahren sowie erneut während der Kämpfe um die sogenannte Reunion, die Ludwig XIV. in den 1670er-Jahren am Oberrhein ausfocht, kamen in kurzer Zeit Tausende Kriegsvertriebene aus den Dörfern und Städten des Elsass und des Sundgaus nach Basel. Sie stellten den Rat vor administrative Herausforderungen und sorgten für einen Bürokratisierungsschub. Der Rat liess die Geflüchteten systematisch erfassen und verteilte sie auf die Quartiere. Im Oktober und November 1676 beispielsweise trug die städtische Behörde 1204 Elsässer ­Namen in einen Rodel ein, was darauf schliessen lässt, dass sich in jenen Monaten rund fünf- bis sechstausend Geflüchtete in der Stadt aufhielten.79 Hier wurden sie versorgt, gingen aber auch selbst weiter ihren Geschäften nach.80

Einige, vor allem kapitalkräftige Kriegsvertriebene liessen sich dauerhaft in der Stadt nieder, wovon die städtische Ökonomie massgeblich profitierte. Die meisten jedoch kehrten in ihre Heimat zurück, sobald sich die Situation beruhigte. Damit unterschieden sie sich von jenen, die in den ersten Jahrzehnten nach der Reformation und erneut im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts wegen ihres Glaubens aus Frankreich, Italien und den Niederlanden flüchteten und in Basel Zuflucht fanden. Vor allem im 16. Jahrhundert liessen sie sich zahlreich in der Stadt nieder. Im 17. Jahrhundert hingegen war Basel für viele Glaubensflüchtlinge nur noch Durchgangsort. Der Rat zeigte sich kaum mehr an einer längerfristigen Ansiedlung der Hugenotten interessiert. Er verwehrte ihnen nicht nur das Bürgerrecht, sondern versuchte gemeinsam mit den übrigen reformierten Orten der Eidgenossenschaft, ihre temporäre Unterbringung wie auch ihre Ausschaffung zu koordinieren.81

Integration und Ausgrenzung über die Bürgerrechtspraxis

Die dauerhafte Integration in das städtische Sozialgefüge erfolgte über die Erteilung des Aufenthalts- und letztlich des Bürgerrechts. Dieses wurde vor allem Männern gewährt, konnte – mit weniger Rechten – aber auch von Frauen erworben werden. Mit dem Bürgerrecht waren Pflichten verbunden, insbesondere die Steuerpflicht und die Pflicht zu Wacht-, Feuerwehr- und Kriegsdienst. Diesen Pflichten standen Rechte gegenüber, die eine volle Teilhabe am städtischen Leben erlaubten. Politische, soziale und wirtschaftliche Partizipation war ohne Bürgerrecht nicht oder nur in sehr beschränktem Masse möglich. Seit dem späten 15. Jahrhundert waren Bürgerrecht und Zunftmitgliedschaft und damit die Möglichkeit, ein eigenständiges Handwerk auszuüben, aneinander gekoppelt. Das Hintersassenrecht berechtigte ebenfalls zur dauerhaften Niederlassung und zog Pflichten nach sich, die mit jenen der Bürger vergleichbar waren, eröffnete aber kaum wirtschaftlichen Handlungsspielraum.82

Der Rat nutzte die Verleihung des Bürgerrechts, um die Integration zu kontrollieren, Bevölkerungsschwankungen auszugleichen und auf wirtschaftliche ­Entwicklungen zu reagieren. Um die Privilegien der eigenen Bürgerschaft zu schützen und wirtschaftliche Konkurrenz fernzuhalten, knüpfte er die Verleihung des Bürgerrechts an Voraussetzungen, die zunehmend schwerer zu erfüllen waren. Dazu gehörten sittlich-moralische Erfordernisse. Seit der Reformation prüften im Zweifelsfall die städtischen Theologen die Rechtgläubigkeit von Bürgerrechts­kandidaten. 1534 wurde der Nachweis des ehrlichen Abschieds›, also der Beweis, nicht leibeigen zu sein, als Vorbedingung festgeschrieben. Die Verordnungen des 17. Jahrhunderts betonten in besonderem Masse die ehrliche Abstammung. Im 18. Jahrhundert kam der Zwang zu konformem Verhalten hinzu, etwa zum Tragen der ortsüblichen Kleidung oder zur Vermeidung von Diskussionen über den Glauben. Mitte des 18. Jahrhunderts waren die Hürden schliesslich so hoch, dass Isaak Iselin, der für eine liberale Bürgerrechtspraxis eintrat, davon sprach, man müsse «ein Engel sein», um in Basel eingebürgert zu werden.83

Zu diesen moralischen kamen finanzielle Hürden. Bereits 1489 sah der Rat für die Verleihung des Bürgerrechts die Zahlung einer Gebühr vor. Sie wurde laufend erhöht, von anfänglich vier auf hundert Gulden im Jahr 1676.84 Zudem war die Bürgerrechtsaufnahme an Vermögen gekoppelt, um das städtische Almosenwesen zu schützen, das ohnehin erst nach einer Karenzfrist von fünf Jahren in Anspruch genommen werden durfte. Die Stadt signalisierte damit, dass ihre Migrationspolitik Kapital- und Fiskalpolitik im Sinne der Wohlhabenden war. 1541 legte der Rat vierzig bis fünfzig Gulden als Mindestvermögen fest, Ende des 17. Jahrhunderts betrug dieser Betrag bereits sechshundert Gulden. Im Jahr 1700 setzte der Grosse Rat, der 1691 die Kompetenz für Bürgerrechtsaufnahmen vom Kleinen Rat übernommen hatte, Neuaufnahmen ganz aus und fasste damit einen Beschluss, der von wenigen Ausnahmen abgesehen bis 1798 Bestand hatte.85

Bisweilen richtete sich die städtische Bürgerrechtspolitik gezielt gegen bestimmte Gruppen. Welsche›, also französische und italienische Zugewanderte, waren im städtischen Migrationsdiskurs besonders präsent. Dies hing mit den neuen wirtschaftlichen Ideen zusammen, die etwa die Hugenotten in die Stadt brachten und mit denen sie die Vormachtstellung der Zünfte bedrohten. Vor dem Hintergrund der Einwanderung von Glaubensflüchtlingen fasste der Rat erstmals 1546 im sogenannten Welschenerlass einen in der Folge mehrmals erneuerten ­Beschluss, keine Welschen› mehr ins Bürgerrecht aufzunehmen. So erhielten bis Ende des 16. Jahrhunderts denn auch nur knapp zweihundert Refugianten das Basler Bürgerrecht, die sämtlich aus vermögenden Familien stammten.86 Selbst prominenten und in der städtischen Gesellschaft bestens vernetzten Einwanderern wie Sebastian Castellio blieb das Bürgerrecht verwehrt. Nach der Aufhebung des Edikts von Nantes (1685), das den Hugenotten die freie Glaubensausübung gewährt hatte, kamen wiederum zahlreiche Glaubensflüchtlinge aus Frankreich in die Eidgenossenschaft und auch nach Basel. Nicht überraschend zeigte die Stadt kein Interesse an deren dauerhafter Aufnahme.

Offen stand das Bürgerrecht also in erster Linie Wohlhabenden, denen eine rasche Integration in die städtische Gesellschaft möglich war. So gelang im 16. Jahrhundert den Socin und d’Annone, später den Bernoulli, Christ, Miville, Ochs, Sarasin und Vischer innerhalb weniger Generationen dank geschickter Heiratspolitik, Patenschaften und anderer Formen der Vernetzung die soziale und kulturelle Integration in die Basler Gesellschaft und der Aufstieg in deren politische und gesellschaftliche Elite. Im frühen 17. Jahrhundert besassen siebzehn der vierzig reichsten Basler Familien einen Migrationshintergrund und erst seit kurzer Zeit das Bürgerrecht. Zudem nutzte der Rat die Bürgerrechtsaufnahmen als bevölkerungspolitisches Steuerungsinstrument. Die verhältnismässig zahlreichen Bürgerrechtsaufnahmen im 16. Jahrhundert sowie die verhältnismässig hohe Zahl neuer Bürgerinnen und Bürger in den 1610er-Jahren lassen sich damit erklären, dass der Rat seine Einwanderungspolitik lockerte, um nach Pestzügen die Bevölkerungsverluste auszugleichen. Im Oktober 1597 hingegen setzte er Neuaufnahmen für einige Monate ganz aus, da die Bevölkerungsgrösse eine kritische Marke erreicht hatte. Als diese Massnahme nicht die erhoffte Wirkung erzielte, beschloss er 1603, in Basel wohnende Welsche›, die weder Bürger noch Hintersassen waren, aus der Stadt auszuweisen.87

Bürgerrechtsaufnahmen, 1400–1798

80 Basels Einbürgerungspolitik wurde im Laufe der Frühen Neuzeit immer ­­restriktiver. Im 18. Jahrhundert kam es kaum noch zu Neu­aufnahmen ins Bürgerrecht (Angaben nach Gschwind 1977, S. 170).

Wahrnehmung, Ablehnung und Aneignung des Fremden

Die ablehnende Haltung gegenüber welschen› Immigrantinnen und Immigranten beruhte nicht nur darauf, dass diese das wirtschaftliche Gefüge der Stadt infrage stellten. Ihre Sitten und religiösen Praktiken bedrohten aus Sicht der Obrigkeit auch die konfessionelle Einheit der Bürgerschaft und damit die soziale Ordnung als Ganzes. Dies war umso mehr der Fall, als die Glaubensflüchtlinge das Bedürfnis nach einem seelsorgerischen und gottesdienstlichen Angebot in ihrer eigenen Sprache äusserten. Der spanische Kaufmann Marcos Pérez trat bereits kurz nach seiner Niederlassung in der Stadt im Jahr 1567 mit dem Wunsch an den Rat ­heran, Predigten in einer welschen› Sprache zu hören und den Gottesdienst nach calvinistischem Ritus abzuhalten. Die Basler Pfarrer standen diesem Vorhaben skeptisch gegenüber. Sie befürchteten «seltzsamme Fantasien» der Glaubensflüchtlinge und betrachteten die Anpassung an kirchlich-religiöse Bräuche als ­unabdingbare Voraussetzung für eine längerfristige Niederlassung.88 1572 führte das Pogrom gegen französische Hugenotten in der sogenannten Bartholomäusnacht zu einer neuerlichen Einwanderungswelle. In Basel wurde die Situation drängender. Da der Rat von einer grundsätzlichen Übereinstimmung des französischen Protestantismus mit der Basler Konfession ausging, erlaubte er 1577 – gegen die Empfehlung der städtischen Geistlichen – französischsprachige Gottesdienste in privaten Räumlichkeiten, allerdings unter der Auflage, dass für Hochzeiten, Taufen und die Feier des Abendmahls weiterhin eine deutschsprachige Kirche besucht werden musste. Damit liess sich nicht verhindern, dass die Mitglieder der Église française nach grösserer Unabhängigkeit strebten. 1614 erhielt die Gemeinde mit der ehemaligen Predigerkirche einen eigenen Kirchenraum, der besonders während des Dreissigjährigen Krieges und nach 1685 von zahlreichen Migrantinnen und Migranten frequentiert wurde.

Zugleich veränderte sich im Laufe des 17. Jahrhunderts die Wahrnehmung der Église française durch das Basler Bürgertum. Französisch gewann als Verkehrssprache in den Kaufmannsfamilien zunehmend an Bedeutung; ihre Kreise bevorzugten französischsprachige Mägde, um den eigenen Kindern für die zukünftige berufliche Tätigkeit im Handelswesen wichtige Sprachkenntnisse beizubringen.89 Sie erkannten in der französischen Sprache ein Distinktionsmerkmal gegenüber der übrigen Stadtbevölkerung und begannen deshalb, den Gottesdienst in der Predigerkirche zu besuchen, den mittlerweile Basler Professoren wie beispielsweise ab 1711 Samuel Werenfels (1657–1740) abhielten. So entwickelte sich die Église française von einer Migrationskirche und einem Hort fremdländischer Religiosität innerhalb der Stadt zu einem Raum, in dem die städtische Oberschicht ihr Selbstverständnis pflegte und schärfte.90

Ein ähnliches Spannungsfeld zwischen Ausgrenzung und Aneignung lässt sich auch im Bereich der Kleidung beobachten. Nicht nur Hans Heinrich Glaser betonte in den 1620er- und 1630er-Jahren die spezifische Basler Kleidung. Auch in den städtischen Ordnungen und Mandaten fand ein ähnlicher Diskurs der Abgrenzung und Abwehr fremder, insbesondere französischer Einflüsse statt. Er stand in Zusammenhang mit der Auflage, dass sich an die hiesigen Gepflogenheiten ­anpassen musste, wer sich dauerhaft in der Stadt niederlassen wollte. Bereits in der Reformationsordnung von 1637 wurden neue Moden verboten und stattdessen Kleider der «alten Eydgenössischen / Patriotischen / und Teutschen manier» anempfohlen.91 Die Ordnung von 1715 legte fest, dass Migrantinnen innert Monatsfrist ihre bisherigen Kleider ablegen und die baslerische Tracht tragen sollten.92 Obwohl sich dieser Diskurs bis ans Ende des Ancien Régime zog, setzte sich die französische Mode in der Basler Oberschicht allmählich durch.

Daniel Sidler, Marcus Sandl

66 Hans Heinrich Glaser, vornehme ­Weiber [ ] sampt den mägten [ ]›, ­Kostümfolge, 1634. | 67 ­vornehme burger›. In seinem Kostümbuch zeigt Glaser die ­Kleidung der verschiedenen Stände. Links sind Frauen aus der Oberschicht mit ­Gesichtsschleier auf dem Weg zur Kirche zu sehen, während ihre Mägde im Hintergrund an den Hüten als ledige Frauen zu erkennen sind. Die beiden Männer auf dem rechten Bild lassen sich anhand ihrer Kleidung der Basler Elite zuordnen.

69 Alexander Roslin, Porträt von Margaretha Bachofen-Heitz, 1766. | 70 Anonym, Porträt von Daniel Hey, 1775. Margaretha Bachofen-Heitz (1735–1780), die Gattin eines Basler Seidenbandfabrikanten, und der Fabrikant Daniel Hey liessen sich beide in luxuriös-modischer Kleidung porträtieren, wie sie für die neue Elite der Kaufleute-Fabrikanten im 18. Jahrhundert typisch war. Sie trägt ein elegantes Seidenkleid mit Schleifen- und Pelzverzierung, er einen modisch-legeren Hausmantel mit gestreifter Weste aus Indienne­Stoff und hält in der Hand eine Schnupftabakdose.

Der Rat erliess
von 1492 bis 1797 mehr
als 1200 Mandate

Aufbruch in den Kapitalismus (1670–1810)

Seit den 1670er-Jahren wurde die Basler Wirt­schaft und Gesellschaft endgültig Teil der ­europäischen Wachstumsökonomie. Kolonialismus, Globalisierung und die sogenannte Fleiss­revolution hatten in England und den Nieder­landen bereits seit Beginn des 17. Jahrhunderts zur Entstehung des Frühkapitalismus geführt. Wichtiger Treiber für diese Entwicklung war in ­Basel vor allem die Massenproduktion von Seidenbändern, aber auch von Seidenstrümpfen und ­Indienne-Stoffen. Die Umstellung auf die Verlags- und Manufakturproduktion führte zu ­langanhaltenden Konflikten um die Einführung technischer Innovationen, neuer Formen der ­Arbeitsorganisation und um die Freizügigkeit von Arbeitskräften. Im 18. Jahrhundert kam es zu ­einem säkularen Exportwachstum. Die Landschaft wurde zu einem wichtigen Produktionsstand­ort. Und es entwickelten sich neue Formen des (­Luxus-)Konsums globaler Güter. Alle diese Pro­zesse führten dazu, dass die Integration der Basler Wirtschaft in den Weltmarkt markant zunahm, während gleichzeitig die gesellschaftliche Desintegration vor Ort wuchs.

Innovation und Transformation in der Textilproduktion

Vom Frühjahr 1666 bis zum Sommer 1667 kam es in Basel zu drei schicksalhaften Entwicklungen: Im April 1666 starb Bürgermeister Johann Rudolf Wettstein, der die Basler Politik lange dominiert hatte. Nach seinem Tod kam Kritik an den bisher dominanten Strukturen von Familienherrschaft und Klientelismus auf. Etwa gleichzeitig etablierte sich mit dem Direktorium der Kaufmannschaft ein neues Gremium, das vor allem die wirtschaftspolitischen Interessen der zunehmend frühkapitalistisch agierenden Kaufleute und Bandfabrikanten vertrat.1 Knapp ein Jahr später kehrte Emanuel Hoffmann (1643–1702) nach einem längeren Aufenthalt bei seinen Amsterdamer Verwandten in den ersten Monaten des Jahres 1667 nach Basel zurück. Als Schmuggelgut brachte er aus Harlem einen neuartigen Webstuhl mit, der in den zeitgenössischen Quellen als Kunststuhl› oder Bändelmühle› bezeichnet wurde. Es handelte sich um eine technische Innovation, die für die Basler Wirtschaft in Stadt und Land weitreichende Folgen haben sollte, konnte ein Einzelner auf diesem neuen Webapparat doch bis zu sechzehn Bänder gleichzeitig herstellen und damit einen markanten Produktivitätsgewinn erreichen.2 Im Sommer desselben Jahres 1667 kam es in Basel, wie auch sonst in Europa, zur letzten grossen Pestwelle, in deren Verlauf in der Stadt ungefähr 2300 Menschen starben.3 Damit war das Ende des traditionellen demografischen Krisen­typus erreicht, bei dem sich die Einwohnerzahl in einem Zickzackmuster zwischen etwa gleichbleibenden Minima und Maxima bewegte (vgl. S. 157). Nun setzte in der Stadt ein deutliches Bevölkerungswachstum ein, das während zweier Generationen anhielt, bevor es durch eine rigorose Einwanderungspolitik gestoppt wurde. Mit der Einführung der neuen Webtechnologie wurde Basel längerfristig zum ­europäischen Marktführer in der Seidenbandproduktion. Alle drei Ereignisse zusammen führten im Verlauf des 18. Jahrhunderts zu einem bislang nicht gekannten, ausserordentlichen Wachstum der Basler Exportwirtschaft.

81 Darstellung eines mehrgängigen Bandwebstuhls in der Encyclopédie› von 1786. Auf solchen hölzernen Webmaschinen, die als Kunststuhloder Bandmühle bezeichnet ­wurden, konnten Weber und Weberinnen gleichzeitig mehrere Seidenbänder weben, indem sie stehend mithilfe eines Hebels regelmässig ­einen ­Mechanismus in Gang setzten.

Der Weg der Seide nach Basel

Kostbare Seidenstoffe und -bänder kamen bereits in der Antike aus China nach Europa. Auch im Mittleren und Nahen Osten, in Byzanz, in der arabischen Welt, im Osmanischen Reich, auf der Iberischen Halbinsel und in Sizilien hatte die Herstellung hochwertiger Seidenprodukte eine lange Tradition. Im 14. und 15. Jahrhundert entstand an vielen Orten auf der gesamten italienischen Halbinsel eine spezialisierte Seidenbandproduktion.4 Bänder dienten zur Befestigung von Kleidungsstücken und -teilen, zum Säumen von Stoffen, aber auch zur Dekoration von Kleidern und Möbeln. Im 17. Jahrhundert führte die Barockmode nicht zuletzt mit dem Aufkommen von Kniebundhosen und Strümpfen zu einer Massennachfrage nach modischen Accessoires wie Strumpfbändern, Borten, Besätzen und Kordeln aus Seide. Gleichzeitig vervielfältigte sich das Angebot an verschiedenen Mustern und Qualitäten, von den einfachen, aus günstiger Florettseide hergestellten Bändern bis zu kostbaren, gemusterten Seiden- und Moirébändern [104]. Von Indien und Südostasien aus hatte sich der Markt für Textilien im Verlauf der Frühen Neuzeit allmählich globalisiert. Seit dem 17. Jahrhundert wuchs nördlich der Alpen die Zahl derjenigen Textilzentren, die Seidenstoffe und Seidenbänder für den europäischen (Luxus-)Konsum herstellten. Im 18. Jahrhundert nahm der Export auch in aussereuropäische Märkte zu. Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts nahmen Basel, Krefeld und etwas später auch Coventry den italienischen Städten die führende Stellung im Massengeschäft der Bandwarenproduktion in Europa ab.5

82 Anonym, Porträt von Emanuel Hoffmann-Müller, um 1700. | 83 Anonym, Porträt von Franz Leisler-Werthemann, 1685. Als Vertreter einer ganzen Gruppe tragen die beiden Kauf­leute und Seidenbandverleger die ­neueste ­Pariser Mode: Allongeperücke, schwarzer Rock und weisse, geränderte Krawatte.

Schon gegen Ende des 16. Jahrhunderts waren kapitalstarke protestantische Migranten aus Flandern und Oberitalien nach Basel gekommen und hatten versucht, hier grosse Betriebe mit bis zu zweitausend Arbeitskräften für die Herstellung von Seidenstoffen aufzubauen. Diese frühen Versuche, Basel als Produktionsstandort für Seiden- und Samtweberei in eine neue, überregionale Dimension zu katapultieren, vergleichbar etwa mit Genua, Venedig oder Rom, scheiterten am gemeinsamen Widerstand der Geistlichen, die den Zuzügern keinen eigenen französischen Gottesdienst zugestehen wollten, und der Zünfte, die um ihre ökonomischen Privilegien fürchteten. In den Jahren nach 1600 gelang es städtischen Kaufleuten allmählich, den zünftigen Widerstand zu umgehen und zunächst in grenznahen Gebieten des Bistums Basel und später auch in stadtnahen Gemeinden des Baselbiets Landleute im Verlagssystem für sich weben zu lassen. Im Zuge dieser Entwicklung, die als Protoindustrialisierung bezeichnet wird, konnten ­kapitalkräftige städtische Bürger dank effizienterer Organisationsstrukturen mit billigen Arbeitskräften auf der Landschaft zu konkurrenzfähigen Preisen für den überregionalen Markt produzieren. Während des Dreissigjährigen Krieges kamen weitere vermögende Migranten aus dem Reich und aus Frankreich nach Basel. Dank ihrer finanziellen Mittel und ihrer europaweiten Handelsnetzwerke gelang es ihnen rasch, sich als erfolgreiche Textilhändler zu etablieren. Gleichzeitig ­verlagerte sich die Handelsroute mit Pariser Waren› zwischen Frankreich und dem Reich ins neutrale Basel und der Handel mit Holländer Waren› gewann an Bedeutung.6

Die Einführung des Kunststuhls› und seine Folgen

In den Niederlanden war der Kunststuhl› seit Anfang des 17. Jahrhunderts bekannt, sein Einsatz durch obrigkeitliche Regulierungen stark eingeschränkt und die Ausfuhr strikt verboten. Weil mit der neuen Technologie ein enormer Produktivitätsschub erzielt werden konnte, war es für die Basler Wirtschaftsentwicklung entscheidend, dass Emanuel Hoffmann im Jahr 1667 nicht nur einen solchen neuen Webapparat importieren konnte, sondern dass es ihm auch gelang, den Basler Rat davon zu überzeugen, die neue Technologie für die Produktion zuzulassen. Damit wurde die Position der Basler Fabrikanten-Verleger auf den internationalen Märkten entscheidend verbessert und der Aufstieg Basels zum europäischen Zentrum der Seidenbandproduktion eingeleitet. Rasch setzten auch andere Produzenten die neue Technologie ein, sodass nur drei Jahre später, 1670, bereits zweiundzwanzig neue Webstuhlkonstruktionen in Betrieb waren.

Zur gleichen Zeit erschwerte Frankreich, der neue starke Nachbar im ­Westen, im Zuge seiner Expansionspolitik an den Rhein und in die spanischen Niederlande den Transithandel der Basler Kaufleute mit Modeartikeln, den Pariser Waren›. Entsprechend interessant war für die Kaufleute der Einstieg in die Verlagsproduktion von Seidenbändern, die sie nun als Eigenproduktion ins Reich liefern konnten. Wenig überraschend klagten im gleichen Jahr die zünftisch organisierten Seidenbandweber gegen jene kapitalkräftigen Marchands-Fabricants (Kaufleute-Verleger), die auf den neuartigen Stühlen Seidenbänder weben liessen. Sie sahen ihre Existenz gleich doppelt bedroht: Neben der Konkurrenz durch die Seidenbandfabrikanten mit ihrem Kapitaleinsatz und ihren neuen Produktionsmethoden fürchteten sie mögliche Sanktionen gegen Basler Bänder, die im Reich als «verstümpelt», also minderwertig, galten und mit einem Einfuhrverbot belegt zu werden drohten.7 Der Rat dagegen, beraten vom neu gegründeten Direktorium der Kaufmannschaft, erkannte in der neuen, als Manufactur› bezeichneten Produktionsweise grosses wirtschaftliches Potenzial für den Export. Nicht zuletzt spielte für seinen Entscheid der Vorschlag der Marchands-Fabricants eine wichtige Rolle, eine neue Exportsteuer auf die Bandmühlenprodukte zu erheben und so zusätzliche Zolleinnahmen zugunsten des Staatshaushaltes zu generieren.8 In den folgenden Jahrzehnten hörten die Konflikte trotz dieser Entscheidung nicht auf.

84 Wappenbuch des Direktoriums der Kaufmannschaft, kolorierte Zeichnung von ­Andreas Holzmüller nach Johann Heinrich ­Glaser, 1716. Als vormoderne Handelskammerberiet das Direktorium den Rat in ­wirtschafts- und handelspolitischen Fragen, seit Ende des 17. Jahrhunderts auch bei der Neuorganisation des Postwesens. Unter dem Schutz von Basilea und Merkur stand nicht nur der Handel der Stadt, sondern auch das Post- und Transportwesen: der Briefbote zu Fuss, der Postreiter, das Lastpferd, der ­Botten- oder Lastenwagen und das Rheinschiff.

Die neuen Kapitalisten setzen sich durch

In den 1680er-Jahren entwickelte sich Basel zum Marktführer für Seidenbänder im Reich und baute eine Monopolstellung auf.9 Als im Reich der Verkauf von Produkten, die auf Kunststühlen hergestellt worden waren, per kaiserlichem ­Erlass verboten wurde, kam es im Jahr 1685 in der Stadt zu neuen Konflikten, die sich diesmal innerhalb der Gruppe der Strumpf- und Bandfabrikanten selbst abspielten. Im Zentrum der Auseinandersetzung standen Franz und Adam Leisler, denen die übrigen Verleger vorwarfen, mit aggressiven Konkurrenzmethoden, Abwerbeversuchen von Arbeitskräften und Preisdumping auf Messen und Märkten eine Monopolstellung in der Basler Seidenbandproduktion anzustreben. Die beiden wurden als Vertreter der neuen Kapitalisten kritisiert und als Zugewanderte› diskreditiert.10 Aber auch dieser Versuch, besonders kapitalkräftige Konkurrenten und deren gewinnorientiertes Geschäftsgebaren zurückzubinden, scheiterte. Vielmehr wuchs die Zahl derjenigen Kaufleute, die gleichzeitig überregional mit Stoffen, Seidenstrümpfen und Seidenbändern Handel trieben, sich regional als Verlagsherren in der Textilproduktion engagierten und darüber hinaus international als Banquiers im Geldverleih und -wechsel aktiv wurden.

Als es zwischen November 1690 und Herbst 1691 zur grössten politischen Krise der Stadt im Ancien Régime kam, ging es nicht zuletzt auch um Modernisierungskonflikte zwischen der Zunftbasis, der alten politischen Führungsgruppe und der neuen wirtschaftlichen Elite, den Marchands-Fabricants-Banquiers, die mit ihren Investitionen die wirtschaftliche Entwicklung Basels nachhaltig prägen sollten. Auch nach der Beilegung der Krise brachten in den folgenden Jahren potenzielle Modernisierungsverlierer immer wieder neue Klagen gegen kapitalkräftige Firmen vor. Ein letztes Mal spitzte sich dieser Konflikt im Jahr 1719 dramatisch zu, nachdem die Bortenwirker von Augsburg erfolgreich die Erneuerung des kaiserlichen Einfuhrverbots für auf Bandmühlen hergestellte Waren durchsetzen konnten. Das Direktorium der Kaufmannschaft sah das Ende «unserer fabriques» drohen und befürchtete die Verelendung von mehreren Tausend Menschen in der Stadt und auf dem Land, die «bitteren Hungers sterben» müssten.11 Das gleiche Schicksal prognostizierte man auch für die Armen auf der Zürcher, Berner und Luzerner Landschaft, die für ihr Überleben auf den Absatz des von ihnen gesponnenen und appretierten Florettgarns in Basel angewiesen waren. Nach wenig ­erfolgreichen diplomatischen Bemühungen am kaiserlichen Hof in Wien gelang es der Stadt schliesslich, eine vergleichsweise kostengünstige Lösung in Frankfurt zu erreichen und sich den Zugang zur dortigen Messe zu sichern, die für die Basler Händler von fundamentaler Bedeutung war.

Analog zur Seidenbandproduktion wurden auch in einem zweiten wichtigen Basler Exportgewerbe, der Strumpfstrickerei, ab den 1670er-Jahren neue mechanische Stühle eingesetzt. Vermutlich brachten Migranten aus dem Burgund, dem Aostatal und aus der Normandie die Technik des Lismens› nach Basel. Bereits 1569 war ein erster sogenannter Hosenlismer Mitglied der Safranzunft. Und schon 1607 erwähnte die Handwerksordnung der Basler Stricker erstmals den von einem englischen Theologen erfundenen Strickstuhl. Zunächst wurden vor allem Stoffe für Mützen, Kappen und Handschuhe gestrickt. Im 17. Jahrhundert kamen Strümpfe für Männer, sogenannte Hosen, in Mode, für die sich der Strickstoff aus Wolle besonders gut eignete. Als Luxusartikel wurden ausgehend vom französischen Hof am Ende des Jahrhunderts nahtlose, auf Rundnadeln gestrickte Seidenstrümpfe modern. Mitte der 1670er-Jahre kam es zwischen der Basler Hosen­lismerzunft und dem Grosskaufmann und Verleger Hans Heinrich Gernler zu ähnlichen Auseinandersetzungen wie bei den Seidenbandwebern. Anlass war Gernlers Angebot, für die Waisenkinder im ehemaligen Kartäuserkloster das Stricken auf Verlagsbasis einzuführen. Der Fabrikant erhielt schliesslich 1667 vom Rat die Erlaubnis, sowohl im Waisenhaus als auch auf der Landschaft verlagsmässig stricken zu lassen. Allerdings durfte er künftig mit seinen Strickwaren nur noch en gros und auf den Messen in Zurzach, Strassburg, Frankfurt oder weiter entfernt Handel treiben. Der Konflikt, an dem auch die beiden Meister Johannes Brenner und Johann Preiswerk beteiligt waren, endete damit, dass für die Hosenstricker der Weg in eine kapitalistisch organisierte Verlagsproduktion unter bestimmten Auflagen frei gemacht wurde. Anders als bei den Seidenbandwebern aber existierten künftig in Basel bei den Strumpfwirkern die handwerkliche und die verlegerische Produktionsweise weiterhin nebeneinander.12

Färben bleibt zünftisch

Für die Konkurrenzfähigkeit der Seidenbandfirmen auf den internationalen Märkten wurde die Ausrüstung der Seide, die Qualität der Farben und der Umfang der Farbpalette nicht zuletzt wegen der wachsenden Bedeutung modischer Trends immer wichtiger. Im Unterschied zu den Posamentern konnten sich aber die Seidenfärber erfolgreich gegen die neuen protoindustriellen Produktionsformen zur Wehr setzen.13 Die Seidenbandfabrikanten unternahmen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zwar immer wieder Versuche, sich von den zünftisch organisierten Färbern zu emanzipieren und den Färbeprozess in ihre Unternehmen zu integrieren. Gesamthaft scheiterten sie aber mit diesem Vorhaben am Widerstand der gut organisierten Färberdynastien. Das Seidenfärben war in Basel wie auch in den anderen eidgenössischen Städten zunächst stark durch italienische und französische Migranten geprägt. Seit 1655 wurde die Seidenfärberei durch eine eigene Zunftordnung reguliert, die Händlern oder Kaufleuten ohne zünftische Ausbildung die Beschäftigung von Gesellen und Lehrlingen untersagte. Damit waren die ­Konflikte mit den Verlegern vorprogrammiert. Immer wieder versuchten Seidenbandfabrikanten, bestimmte Farben – etwa Carmesin-Rot, haltbares Schwarz oder Leibfarbe› – selbst zu färben. Noch in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts kritisierten Verleger wie Emanuel Hoffmann II., Hans Ulrich Passavant, Achilles Leisler und Markus Weiss, dass die Basler Seidenfärber nicht in der Lage seien, neue Modefarben wie Ponceau(tiefrot) in guter Qualität herzustellen, weshalb sie einen erheblichen Teil ihres Bedarfs an modisch gefärbtem Garn in Zürich, aber auch in Bern, in Oberitalien und sogar in Holland färben lassen müssten [85]. Entsprechend erteilte der Rat einzelnen Firmen das Recht, ausgewählte Farben selbst zu färben. Das führte zu neuen Konflikten, bis schliesslich der Rat 1745 den Fabrikanten zugunsten der zünftigen Familienbetriebe das Färben mit nachhaltiger Wirksamkeit verbot. Offensichtlich gelang es den Färbereibetrieben in der Folge besser, sich an die Bedürfnisse der Seidenbandverlage anzupassen. Bis Ende des Jahrhunderts wurde wegen der stark wachsenden Nachfrage die erlaubte Anzahl Arbeitskräfte pro Meisterbetrieb deutlich angehoben und die Verleger ­hatten bei der Preisgestaltung für das Färben ein Mitspracherecht. Entsprechend sind aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch keine weiteren Klagen mehr bekannt.

85 Färbekarte der Berner Firma Jacques Jonquière für Seide mit Preisangaben, 1731. Vor allem Modefarben, wie sie im oberen Teil der Karte zu sehen sind, importierten die Basler Seidenband­fabrikanten aus Zürich und Bern.

Indienne – der neue Boom-Stoff

Als drittes Standbein neben der Seidenbandproduktion und der Strumpfstrickerei etablierte sich in der Basler Textilwirtschaft seit den 1720er-Jahren ein weiterer wirtschaftlicher Wachstumsmotor, die Indienne-Druckerei. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam es in Europa zu einem Boom für farbig bedruckte Baumwolltücher. Hatte man zuvor aus Indien handbemalte Baumwollstoffe importiert, nutzten nun die Europäer zunehmend ihre eigenen Kenntnisse aus dem Druckwesen und kombinierten sie mit indischem Wissen über Farben und Färbetechniken, um selbst mit Holzdruckmodeln neue Modestoffe herzustellen. Als ­Indiennes› wurden sie rasch zu einem beliebten, zunächst noch luxuriösen Konsumartikel.

86 Emanuel Büchel, Ryhiner’sche Fabrik vom Riehenteich aus, 1751. Im Vordergrund ist der Indus­triekanal mit Waschhaus (rechts) zu sehen, dahinter die Bleichwiesen zum Trocknen der bedruckten ­Indienne-Tücher. Das niedrige Gebäude im Hintergrund ­diente der Fabrikation, weiter rechts befindet sich das Haus des Fabrikanten Emanuel Ryhiner.

Nach der Aufhebung des Edikts von Nantes im Jahr 1685, das den französischen Protestanten die freie Religionsausübung garantiert hatte, wanderten zahlreiche Indienne-Händler und -Drucker aus Frankreich nach Genf und in die Westschweiz ein. Dort eröffneten sie Manufakturen, in denen sie die Produktion der neuen Modestoffe – anders als dies in Indien der Fall war – arbeitsteilig mit Zeichnern, Graveuren, Druckerinnen, Färbern und Wäscherinnen organisierten.14 Schon 1669 hatten armenische Händler in Marseille und wenig später auch in Amsterdam Stoffdruckereien gegründet und die indischen Färbetechniken nach Europa gebracht.15 Zu beiden Hafenstädten unterhielten die Basler intensive Handelsbeziehungen. In Holland entstand rasch ein florierendes Kattungewerbe (niederländisch Katoen = Baumwolle), das vom Wissen der armenischen Gemeinde in Amsterdam profitierte.16 In diesem dynamischen Umfeld lernte der junge Basler Samuel Ryhiner (1696–1757) bei seinen Verwandten in Amsterdam das Indienne-Drucken kennen. Nach seiner Rückkehr richtete er 1717 die erste Manufaktur für Zeugdruck (farbig bedruckte Baumwollstoffe) in Basel ein. Ihre Produkte fanden rasch im europäischen Ausland und in Übersee Absatz und intensivierten die Integration der Basler Wirtschaft in die globalen Märkte.17 ­Samuel produzierte die ersten Indienne-Stoffe in der St. Johanns-Vorstadt neben dem elterlichen Handelshaus. 1731 nahmen er und sein Bruder Emanuel am Riehenteich vor der Stadt die Produktion auf. Dieser Industriekanal eignete sich dank des kalkarmen Wassers der Wiese besonders gut für die wasserintensive Herstellung der bedruckten Baumwollstoffe, die mit ihren vielfältigen Mustern vor allem für Kleidung und Möbel beliebt waren. Namen wie Surates› und ­Patnas› für bestimmte Krappstoffe erinnerten an die indische Herkunft der entsprechenden Muster.18 Bis zur Jahrhundertmitte blieben die beiden Ryhiner-Brüder die einzigen Indienne-Fabrikanten in der Stadt.19 Zusammen zahlten sie 1750 etwa gleichviel Pfundzollabgaben wie die grössten Steuerzahler unter den Seidenbandfabrikanten.20

87 Anonym, Porträt von Samuel Ryhiner-Fürsten­berger, um 1723. | 88 Anonym, Porträt von Esther Ryhiner-­Fürstenberger, 1723. | 89 Joseph Esperlin, Porträt von Johannes Ryhiner-Iselin, 1757. Der erste Indienne­Fabrikant in Basel, Samuel Ryhiner-Fürstenberger, und ­seine Ehefrau Esther Ryhiner-Fürstenberger (1702–1764) sind in kostbaren Seidenkleidern dargestellt. Ihr Sohn, der Fabrikant und spätere Bürgermeister Johannes ­Ryhiner, liess sich im luxuriös mit Pelz besetzten Hausmantel und mit einer Tabakspfeife aus Ton als modischer ­Konsument porträtieren.

Der Sohn des Firmengründers, Johannes Ryhiner (1728–1790), machte politisch Karriere: Er wurde 1777 zum Oberstzunftmeister und 1789 zum Bürgermeister gewählt. Wie Ryhiner waren auch andere Kaufleute und Fabrikanten an einflussreichen politischen Ämtern in der Regierung interessiert, um die Rahmenbedingungen für Textilproduktion und -handel vorteilhaft beeinflussen zu können.21 Johannes hinterliess umfangreiche Aufzeichnungen. Sein Traité sur la fabrication et le commerce des toiles peintes› gibt Auskunft über den Umfang der Ryhiner’schen Produktion: Im Jahr 1766 waren in der Manufaktur 96 Personen beschäftigt, die pro Woche 756 Tücher mit unterschiedlichen Mustern und Farben herstellten.22 Gleichzeitig ist das Manuskript dank der Aufzeichnung zahlreicher Farbrezepte auch eine der wichtigsten Quellen für den globalen Wissenstransfer zur Herstellung von Indiennes in Basel, aber auch in ganz Europa geworden.23 Für die Weitergabe von Wissen spielte neben gelehrtem vor allem praktisches Handwerkerwissen eine wichtige Rolle: Über die bereits erwähnte armenische Diaspora in Marseille gelangten bedruckte Stoffe aus Konstantinopel, indisches Know-how und Farbrezepte für Türkisch-Rot nach Europa. Auf ihren Reisen ­informierten sich die Ryhiner bei holländischen Druckern und an den Auktionen der Niederländischen Ostindischen Kompanie über die neuesten Muster.24 Um auf den internationalen Märkten erfolgreich zu agieren, investierte die Firma in die Entwicklung aktueller Designs. So konnte sie die wechselnden Moden auf den amerikanischen wie auf den afrikanischen Märkten bedienen und dadurch höhere Preise erzielen. Im Unterschied zum zünftischen Handwerksbetrieb, der seine Qualitätssicherung durch die Produktion nach traditionellen Vorgaben und überlieferten Mustern sicherstellte, wurde die Fabrique› zum Ort permanenter Innovation. Insbesondere die rasche Anpassung an wechselnde Moden und die Imitation fremder Herstellungsverfahren und Muster wurden zum Kennzeichen des neuen kapitalistischen Wirtschaftens.25

Neue Arbeitsformen und ­wachsende Ungleichheit

Das protoindustriell organisierte Verlagswesen führte zu neuen Organisationsformen im Arbeitsablauf und verschob im Vergleich zur Produktion im zünftischen Handwerksbetrieb das Gewicht von der Arbeit stärker zum Kapital. Damit entstanden neue Arbeitsorte und -geografien: Für die Produktion von Indienne-Stoffen wurden Manufakturen – sogenannte Fabriques – eingerichtet, die Verfahren aus dem Druckwesen in die Textilwirtschaft übertrugen. Bei der Seidenbandproduktion kam es dagegen zu einer neuen Arbeitsteilung zwischen Stadt und Land.

Die protoindustrielle Produktionsweise

Die städtischen Seidenbandfabrikanten stellten den von ihnen verlegten Posamentern auf der Landschaft die Produktionsmittel – das vergleichsweise teure Seidengarn und die ebenfalls teuren Bandwebstühle – zur Verfügung. Dank ihrer ausgedehnten Handelsnetzwerke und ihres Kapitals konnten sich die Kaufleute-Verleger auf den internationalen Beschaffungsmärkten gut mit Rohstoffen versorgen. Vor Ort war für sie vor allem der Zugang zu einem ausreichenden Reservoir an günstigen Arbeitskräften wichtig. In der Stadt konnten die Verleger für Hilfsarbeiten wie Spinnen und Zwirnen auf Frauen aus der städtischen Unterschicht zurückgreifen. Zunächst musste die Seide verlesen, gereinigt und einzelne Fäden auf einer Spule von den schlecht bezahlten Dopplerinnen› zusammengelegt werden. Anschliessend drehten die Zwirnerinnen› mehrere solcher Fäden mithilfe einer kleinen Zwirnmühle zu Garn für den weiteren Produktionsprozess zusammen. Im nächsten Arbeitsschritt musste das Garn in den städtischen Zunftbetrieben gefärbt werden. Im Gegensatz zum Doppeln und Zwirnen handelte es sich dabei um eine angesehene und vergleichsweise lukrative Tätigkeit.26 Alternativ wurden bestimmte Garn- und Farbqualitäten auch aus Zürich, Bern oder von weiter her importiert. Das gefärbte Garn brachten Botten›, die auf eigene Rechnung arbeiteten, zu den Webern auf die Dörfer. Dort übertrugen es Winderinnen› und Spulerinnen›, nicht selten Kinder, auf kleine Spulen, die in das Webschiffchen eingesetzt werden konnten. Anschliessend begannen die Weber und Weberinnen mit dem weitgehend mechanisch ablaufenden Webvorgang auf den Bandstühlen. Diese mehrgängigen, vergleichsweise komplizierten hölzernen Maschinen wurden von den Schreinern und Schlossern auf den Dörfern hergestellt und repariert.

Wissenstransfer, Migration und Mobilitätsbeschränkung

Die Protoindustrialisierung fand aber nicht nur vor Ort statt. Sie verband vielmehr deren regionale Akteure auch über Wissens- und Know-how-Transfers mit Europa und der Welt. Informationen zu Herstellungsverfahren und Mustern zirkulierten international, und die Beschaffung von Rohstoffen wie Seide, Baumwolle oder ­Färbehölzern erfolgte über global verknüpfte Kommunikations- und Handelsnetze. So stammte etwa das in den Ryhiner’schen Fabriken verwendete Gummi aus Senegal, Ägypten und China.27 Aber auch die Mobilität von Arbeitskräften spielte eine wichtige Rolle, wie das Beispiel der armenischen Drucker, aber auch die Wanderungen von Handwerksgesellen und die Ausbildung junger Kaufleute in der Fremde und ihre Reisen zeigen. Von diesem überregionalen und vermehrt auch globalen Wissenstransfer profitierten die Basler Marchands-Fabricants entscheidend. Gleichzeitig schränkte der Rat im Interesse ebendieser Verleger und Fabrikanten den Transfer von Wissen und die Migration von Arbeitskräften aus Basel und seinem Untertanengebiet ein. Als Folge der mittelalterlichen Leibeigenschaft durften die Untertanen nur mit obrigkeitlicher Erlaubnis auswandern und mussten eine sogenannte Abzugs- oder Manumissions-Gebühr bezahlen. Während sich Kaufleute und Fabrikanten als Bürger der Republik Basel Handelsprivilegien mit möglichst freien Beschaffungs- und Absatzmärkten zu sichern versuchten, setzten sie im Umgang mit den von ihnen abhängigen Arbeitskräften auf deren Untertanenstatus. Dabei ging es nicht nur um das Verbot, spezifisches Produktionswissen auszuführen oder ohne explizite obrigkeitliche Erlaubnis aus dem Land wegzuziehen. Vielmehr versuchten die Fabrikanten im Verlauf des 18. Jahrhunderts auch immer wieder, die freie Wahl des Arbeitgebers zu verhindern und so die Mobilität der Arbeiter und Arbeiterinnen einzuschränken und deren Position auf dem Arbeitsmarkt zu schwächen.

Im Jahr 1718 beschloss der Rat, künftig keine Landverleger mehr zu dulden. Damit wurde in Basel, anders als in Zürich, das Verlagswesen zum Privileg der Städter. Darüber hinaus erliess der Rat 1722 ein allgemeines Ausfuhrverbot von mechanischen Bandstühlen für die Landschaft. Städtische Fabrikanten durften dagegen weiterhin mithilfe auswärtiger Niederlassungen expandieren und entsprechend Kunststühle ausführen. Trotz dieser Verbote brachten Basler Unter­tanen immer wieder Wissen in andere Regionen. Bekannt ist der Fall von Hans Peter Thommen. Ursprünglich Landverleger in Münchenstein, hatte Thommen zu Beginn der 1720er-Jahre die selbstständige Produktion von Seidenbändern ­einstellen müssen und war als Handlungsdiener in die damals führende Basler ­Seidenbandfirma Leisler & Weiss eingetreten. 1731 liess er sich vom preussischen Manufakturinspektor Isaak d’Alençon anwerben und wanderte auf der Suche nach besseren Arbeits- und Einkommensbedingungen mit einer ganzen Gruppe von Baselbieter Webern nach Potsdam aus. Dort versuchte er, allerdings ohne grossen Erfolg, eine eigenständige Seidenbandfabrikation aufzubauen. Verschiedene ­Weber aus Basel und dem Baselbiet brachten seit den 1730er-Jahren ihr Wissen nach Marseille und Nîmes, wo sie am Betrieb von Bandmühlen beteiligt waren.28 Der Basler Kaufmann Johann Rudolf Faesch (1715–1785), der zuvor preussischer Agent in Amsterdam gewesen war, hatte sogar von 1750 bis 1777 eine massgebliche Position im Berliner Ministerium zur Förderung von Handel und Industrie inne.29

Besonders erfolgreich war der Wissenstransfer nach Wien. 1762 erhielt der Baselbieter Marx von Känel von Kaiserin Maria Theresia ein Privileg für die Errichtung einer «Schweizer-Bandfabrik» in Penzing bei Wien.30 Weil er nach seiner Handelslehre in der Firma Leisler & Weiss in der Aarauer Bandfirma Rothplez & Brutel gearbeitet hatte, war von Känel im Baselbiet inhaftiert worden. Es gelang ihm zu fliehen und in Penzing eine erfolgreiche Seidenbandfabrikation einzurichten. In den folgenden Jahren zogen immer wieder ganze Baselbieter Weberfamilien ohne obrigkeitliche Erlaubnis in die von Känel’sche Fabrik. Nicht zuletzt ­wegen der Konkurrenz durch die nach wie vor billigeren Basler Bänder machte die Firma 1769 fast Konkurs. Dennoch konnten von Känels Nachfolger die Fabrik ­erfolgreich weiterführen. Bis zum Ende des Jahrhunderts entwickelten sie die ­Seidenbandweberei zum wichtigsten Wiener Gewerbezweig und erschlossen sich Absatzgebiete auf dem Balkan und sogar in der Levante.

Im Jahr 1737 erliess der Rat ein generelles Verbot für alle Untertanen, die bei städtischen Bürgern in Eisenwerken oder in den «Fabriques» arbeiteten, in «fremde oder ausländische Dienste» zu treten. Bei Verstössen drohte der Verlust des Landrechts und die Konfiszierung von Hab und Gut.31 Später stellte der Rat auch das Abwerben oder die Vermittlung von Arbeitskräften in den Dienst auswärtiger Fabrikanten explizit unter Strafe und setzte für Denunzianten eine Belohnung aus.32 Besondere Bedeutung hatten diese Verbote für die Indienne-Industrie, denn dort wiesen die Arbeiter, wie traditionell im Druckergewerbe üblich, eine vergleichsweise hohe Mobilität auf. Das hatte ebenso mit Konjunkturschwankungen und dem dadurch bedingten Arbeitsmangel zu tun wie mit der morte-saison›, dem strukturellen Arbeitsunterbruch während der Wintermonate, wenn die bedruckten Stoffe nicht zum Bleichen und Trocknen ausgelegt werden konnten. In solchen Zeiten versuchten Arbeiter verstärkt, Ort und Arbeitsstelle zu wechseln, um bessere Verdienst- und Arbeitsbedingungen auszuhandeln, während die Arbeitgeber solche Wechsel zu verhindern trachteten, weil sie die Mitnahme und Weiterverbreitung von Betriebsgeheimnissen wie Färberrezepte oder modische Musterkollektionen, aber auch das Entstehen neuer Konkurrenzbetriebe fürchteten. Diese Sorge war nicht unbegründet. Noch bevor Frankreich 1759 das Verbot der Indienne-Produktion aufhob, hatten 1746 bereits vier junge Unternehmer – Samuel Koechlin, Jean-Jacques Schmalzer, Jean-Henri Dollfus und Jean-Jacques Feer – in Mülhausen die erste Indienne-Manufaktur gegründet. Nach der Aufhebung des Verbots in Frankreich entwickelte sich die Indienne-Produktion jenseits der Grenze, in Lörrach und vor allem in Mulhouse, sehr dynamisch. Auch in Basel wuchs die Zahl der Zeugdruckmanufakturen bis 1789 von zwei auf sieben an. Im Sundgau waren Ende des 18. Jahrhunderts bereits vierzigtausend Arbeiter in der Indienne-Industrie tätig. Wie eng hier Wissenstransfer und Konkurrenz ­verbunden sein konnten, zeigt die Geschichte von Vater und Sohn Oberkampf. Philipp-Jakob Oberkampf (1714–1781) kam Ende der 1740er-Jahre aus Vaihingen nach Basel und brachte sein umfassendes Wissen über die Kunst des Blaufärbens in die Firma von Emanuel Ryhiner ein.33 Drei Jahre später verliessen beide die Stadt bereits wieder, um in Lörrach eine eigene Druckerei einzurichten. 1752 wanderten sie nach Aarau weiter, wo sich der Vater erfolgreich als Indienne-Drucker etablierte. Sohn Christoph-Philipp (1738–1815) zog 1758 nach Paris und gründete wenig ­später in Jouy-en-Josas bei Versailles eine äusserst erfolgreiche Textilfabrik, die ab den 1760er-Jahren in ganz neue Grössenordnungen der Produktion vorstiess.34

Angesichts der wachsenden lokalen, regionalen, aber auch überregionalen Konkurrenz blieb das Recht der Arbeiter auf Freizügigkeit umkämpft. 1753 drohte der Basler Rat mit der Lex Ryhiner› vertragsbrüchigen Arbeitern, die sich abwerben liessen, «ernstliche» Strafen an.35 Das Mobilitätsverbot liess ein Arbeitskräftereservoir entstehen, das je nach Konjunkturgang flexibel und kostensparend einsetzbar war. Entsprechend blieben die Auseinandersetzungen um den Arbeitsmarkt auch in den folgenden Jahrzehnten virulent. Im Oktober 1794 kam es sogar zum ersten Streik der Basler Geschichte. Damals traten die dreihundert Drucker und Modelstecher aller Basler Indienne-Fabriken in den Ausstand und erklärten, dass «sie jede tiranney», der sie sich offensichtlich ausgesetzt sahen, «verabscheuen und die sklaverei vernichten wollten».36 Der Streik richtete sich gegen eine Absprache der Fabrikanten, die angesichts des ziemlich ausgetrockneten Arbeitsmarktes und der gleichzeitig herrschenden Lebensmittelteuerung die Abwerbung ihrer Arbeiter verhindern wollten. Damit allerdings waren die Fabrikherren vor der Fabrikkommission, die seit 1761 als Beschwerdeinstanz für alle Arbeiter diente, und vor dem Kleinen Rat nicht erfolgreich. Die Streikenden erhielten in der Sache Recht und die Fabrikanten mussten ihre Absprachen zurücknehmen.37

(Luxus-)Konsum und prekäre Lebensbedingungen

Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts waren Stadt und Land Basel Teil einer protoindustriellen Entwicklung geworden, die verschiedene Gewerberegionen in England, den Niederlanden, der Eidgenossenschaft und im Reich erfasst hatte. Im Verlauf dieses Prozesses entschieden sich immer mehr Menschen, bei gleichbleibenden Löhnen mehr zu arbeiten, um an der wachsenden Konsumentwicklung teilnehmen zu können. Am Ende des 18. Jahrhunderts arbeiteten Tausende von Heimarbeiterinnen und Heimarbeitern für rund zwanzig Basler Kaufleute und Bandverleger. Das Weben für den Verleger war meist mit dem Betreiben einer Kleinstlandwirtschaft verbunden und führte auf der Landschaft zu neuen Verdienstmöglichkeiten vor allem für die unterbäuerlichen Schichten.38 Daneben ­arbeitete in der Stadt eine wachsende Zahl von Arbeitern und Arbeiterinnen [91]39 in den Manufakturen der Indienne-Fabrikanten. In beide Herstellungsprozesse wurden immer stärker auch Frauen und Kinder eingebunden.

Eng verbunden mit der wachsenden Produktion für internationale und ­sogar globale Märkte waren die sogenannte Fleissrevolution (‹industrious revolution›) und die Konsumrevolution. Sie beruhten ebenso auf dem Zusammenbruch ständischer Aufwandsgesetze in Europa wie auf der wachsenden Verfügbarkeit aussereuropäischer Rohstoffe (Seide, Baumwolle, Farbstoffe und Färbemittel) und Waren,40 etwa Tabak, Zucker, Tee, Porzellan und Kaffee, Seidenstoffe und -bänder sowie bedruckte Baumwollstoffe. Noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde der Konsum dieser Waren von der Basler Geistlichkeit als sündhafte Verschwendung im Sinne der alten Luxuria› verurteilt. Aber schnell setzten sich auch in Basel die Argumente der neuen, vor allem in England und Frankreich geführten Luxusdebatte durch, wonach der Konsum solch globaler Güter den allgemeinen Wohlstand fördere. Die Entstehung neuer Märkte und Konsumentengruppen beflügelte den Aufschwung der Basler Exportindustrie. Die damit wachsende Nachfrage nach modischen Exportartikeln wie Seidenbändern und Indienne-Stoffen liess diese «populuxe goods»41 für breitere Schichten erschwinglich werden und führte im Zuge des Transatlantikhandels auch auf den westafrikanischen, karibischen und amerikanischen Märkten zu wachsender Nachfrage.

Exportabgaben und Konsumsteuern, 1690–1798

All diese Entwicklungen hatten deutliche Auswirkungen auf die städtische Wirtschaft und Gesellschaft. Handelsumsätze und Export erlebten im 18. Jahrhundert ein säkulares, lang anhaltendes Wachstum. Die Konsumsteuerabgaben in der Stadt stagnierten dagegen langfristig oder gingen sogar leicht zurück. Von 1670 bis 1690 hatte sich die Anzahl der Bandmühlen von 22 auf 222 erhöht. Das 18. Jahrhundert aber begann schwierig; bis 1720 wuchsen die Handelsumsätze praktisch nicht und es kam zu einem drastischen Rückgang der Konsumsteuer­einnahmen. Seit den 1740er-Jahren aber stiegen die Aussenhandelsumsätze in ­raschem Rhythmus. Die Zahl der Bandstühle verzehnfachte sich bis zum Jahr 1786 auf 2206. Von dieser Entwicklung profitierten in der Stadt vor allem die Grosshändler und Textilfabrikanten. Sie bildeten den Kern einer neuen, kauf­kräftigen Elite für globale (Luxus-)Güter. Ein erheblicher Teil der Stadtbevölkerung konnte dagegen im Verlauf des 18. Jahrhunderts kaum an Kaufkraft gewinnen oder geriet sogar in zunehmend wirtschaftlich prekäre Verhältnisse.42 Nur gerade in den 1720er- und 1760er-Jahren verbesserten sich die wirtschaftlichen Bedingungen für alle sozialen Gruppen so deutlich, dass sich auch die Armen in der Stadt ausreichend ernähren konnten. Besonders dramatisch wurde die Lage während der grossen europaweiten Hungersnot von 1770/71. In Basel und seinem Herrschaftsgebiet kam es damals vor allem wegen Handelssperren für Korn zur grössten Teuerung des Ancien Régime. Damit verbunden waren Konjunktur­einbrüche in der Textilwirtschaft, die zu einer eigentlichen Strukturkrise mit ­erhöhter Arbeitslosigkeit und verschärfter Armut führten.43 Intensiv diskutiert wurden im Zusammenhang mit der Armenfürsorge obrigkeitliche Zwangsarbeitsmassnahmen wie Baumwollspinnen, die Herstellung von Strohmatten und Packtuch oder das Raspeln von Hirschhorn und Farbholz.44 Auf der Landschaft kam es vor allem unter den Posamentern zu einer hungerbedingten Übersterblichkeit und in manchen Posamenterdörfern zu einer eigentlichen Auswanderungswelle.45 Noch am Ende des Jahrhunderts waren in der Basler Indienne-Industrie die Verdienstmöglichkeiten so gering, dass nicht nur die Frauen, sondern auch die Kinder auf die Fabrik gehen› mussten, um das Überleben der Familien zu sichern. Das zeigt etwa die Volkszählung von 1787 für Riehen: Damals waren neben 29 Erwachsenen – mehrheitlich gelernte Drucker – auch 34 Riehener Kinder in den Basler Manufakturen beschäftigt.

Im Gesamtverlauf des 18. Jahrhunderts dagegen wuchs die Basler Wirtschaft insgesamt markant. Das führte zu deutlichen strukturellen Verschiebungen, ohne dass sich deswegen die Lage der Unterschichten und Armen entscheidend verbessert hätte. Vielmehr nahm die Ungleichheit zu.46 Anders als in der Stadt, wo aufgrund der restriktiven Einwanderungspolitik die Einwohnerzahl stagnierte, wuchs die Bevölkerung auf der Landschaft im Laufe des 18. Jahrhunderts vor allem in den Posamenterdörfern dank der Seidenbandweberei. Sie ermöglichte auch Kleinbauern ohne ausreichenden Landbesitz die Gründung einer eigenen Familie und eine bescheidene Existenz. So übertrafen schliesslich die Verbrauchssteuerab­gaben der Landschaft ab 1762/63 regelmässig diejenigen der Stadt.47

Die Stadt wird umgebaut

In der Stadt manifestierte sich die neue Zeit und die wachsende Bedeutung der Seidenbandherren nicht zuletzt im Wandel des Stadtbildes. Im Verlauf des 18. Jahrhunderts bauten drei Architekten – Carl Hemeling (1702–1736), Johann Jacob Fechter (1717–1797) und Samuel Werenfels (1720–1800) – im Auftrag der neuen Wirtschaftseliten Basel zur Barockstadt um. Schon 1705 hatte der Markgraf von Baden in der Neuen Vorstadt ein Palais entre cour et jardin› in einer für Basel ausserordentlichen Grössenordnung nach Pariser Vorbild errichten lassen. Ab Ende der 1720er-Jahre bauten dann auch die reichsten Basler Bürger ihre Stadthäuser nach dem französischen Vorbild des adligen Hôtel entre cour et jardin›. Damit entstanden Barockpalais, die der Stadt ein neues Aussehen gaben: der Ramsteinerhof an der Rittergasse, der Holsteinerhof in der Neuen Vorstadt, das Ensemble aus Rollerhof, Domherrenhöfen und Falkensteinerhof am Münsterplatz, das Blaue und das Weisse Haus am Rheinsprung, das Wildt’sche Haus am Petersplatz, der Raben› in der Aeschenvorstadt, der Württembergerhof am St. Alban-Graben oder das neue Posthaus in der Nähe des Marktplatzes. Vor den Toren wurden barocke Sommerpalais errichtet und alte Landsitze modernisiert. Auf diese Weise begannen die Marchands-Fabricants das Stadtbild innerhalb der Mauern und das städtische Weichbild nachhaltig zu prägen.48 Sie entwickelten das Gebiet am Riehenteich, dem Industriekanal vor dem Riehentor, rasch zu einer intensiv genutzten Gewerbezone für die Indienne-Produktion und legten gleichzeitig in unmittelbarer Nachbarschaft neue, luxuriös ausgestattete Landsitze mit prächtigen Barockgärten an.

Der neue Baustil und vor allem auch der neue Stil der Inneneinrichtung passte sich dem zunehmend kosmopolitisch ausgerichteten Luxuskonsum an, der sich zur gleichen Zeit auch in England, Frankreich und an verschiedenen deutschen Höfen etablierte. In ganz Europa integrierten die adligen und patrizischen Oberschichten in wachsendem Mass globale Güter, die von den kolonialen Handelsgesellschaften importiert wurden, in die Interieurs ihrer herrschaftlichen Häuser. Auch in Basel wurde die neue China-Mode von der Elite begeistert aufgenommen. Man richtete Chinazimmer mit original chinesischen Maulbeerbaumtapeten ein, wie sie heute noch in der Sandgrube› zu sehen sind,49 oder stattete ganze Zimmer mit europäischen Chinoiserien aus, die spätestens seit der Mitte des 18. Jahrhunderts überall in Europa enorm beliebt waren.50 Für die Träger dieser neuen Konsum­kultur – die Basler Fabrikanten, Kaufleute, führenden Beamten und Politiker – wurde Paris immer mehr zum Referenzpunkt in Modefragen.

Indienne – der Stoff der Globalisierung

(Susanna Burghartz)

Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts begeister­ten sich Adel und bürgerliche Oberschichten in Europa für bedruckte Baumwollstoffe aus Indien. In der Schweiz lassen sich erste Spuren der neuen Mode seit den 1720er-Jahren feststellen. Davon zeugt auch der feine Stoff ­einer Chintzschürze aus dem Besitz der Familie ­Falkner-Geymüller, der abwechselnd mit ­Streifen aus blühenden Zweigen und kleinen ­Bäumen in Rot- und Blautönen bemalt ist. Er stammt aus Indien und verweist mit seinem Design auf die Lebensbäume der indischen Palampore(Bettüberwürfe), die damals an der Koromandelküste für den europäischen Markt produziert wurden. Das Schnittmuster dieser dekorativen Schürze dagegen war ­typisch ­europäisch.51 Als modisches Accessoire gehörten solche Schürzen neben Decken und Bettüberwürfen zu den ersten Objekten aus bedrucktem Baumwollstoff, die wir im Besitz von Schweizer Frauen finden.

Mitte des 18. Jahrhunderts hatte sich der Konsum von Indienne-Stoffen für Möbel und ­Kleider in der Oberschicht durchgesetzt. 1744 gab es in Basel bereits vier spezialisierte ­Geschäfte für sogenannte Indiennes und ­Persiennes. Bei den Männern waren die neuen Stoffe aus Indien und Europa vor allem für ­Westen und Hausröcke beliebt. Bei den Frauen setzten sich bedruckte Baumwollstoffe vor allem für Kleider, Schürzen und Mäntel durch.52

In der zweiten Jahrhunderthälfte nahm die Verbreitung der bedruckten Baumwollstoffe aus europäischer Produktion weiter zu. Nun nutzten zunehmend auch einfache Leute modische Accessoires wie Brust- oder Taschentücher. Musterbücher aus den Jahren um 1800 zeigen ein breites Sortiment an Designs. Bei den Kon­sumentinnen und Konsumenten vor Ort etwa waren karierte Taschentücher und gestreifte, aber auch kleingemusterte Baumwollstoffe beliebt. Als Tauschwaren auf den westafrikanischen Sklavenmärkten waren kleingeblümte und -gemusterte Stoffe begehrt, während ­gestreifte Kleiderstoffe in die westindischen und amerikanischen Kolonien geliefert ­wurden. Besonders anschaulich wird die neue Vielfalt von Stoffmustern in der Einrichtung eines ­Spielzeugladens für Kolonialwaren und Baumwollstoffe aus den Jahren 1770 bis 1790. Er ­gehörte der Ausserrhoder Familie Zellweger, befindet sich heute im Historischen Museum Basel und macht mit seinem Angebot zudem auch die Bedeutung weiterer globaler Waren wie Gewürze, Tee oder Zucker deutlich.
Susanna Burghartz

98 Chintzschürze aus ­indischem Stoff, handgemalt, 1. Hälfte 18. Jahrhundert

99 Spielzeugladen für Kolonialwaren aus dem Besitz der ­Familie ­Zellweger, Trogen, 1770–1790.

Zunehmende Verflechtung und ­beginnende Globalisierung

Als Handels- und Buchdruckzentrum ebenso wie als Universitätsstadt war Basel seit langer Zeit in die europäischen Kommunikations- und Transportnetzwerke eingebunden. Hier kreuzten sich wichtige Verkehrswege für die internationalen Handels- und Transitströme. Basler Kaufleute vermittelten Waren zwischen Nord- und Südeuropa sowie von Frankreich, Burgund und Lothringen nach Süddeutschland, in den Bodenseeraum und von dort weiter nach Osten.53 Seit Mitte des 17. Jahrhunderts gewannen die Strassen auf Kosten der Rheinschifffahrt zunehmend an Bedeutung. Dazu trug der Ausbau des Post- und Fuhrwesens wesentlich bei. So wurden die beiden Strassen, die Basel mit dem für die Stadt besonders wichtigen Messeplatz Frankfurt verbanden, ab 1717/18 von Frankreich linksrheinisch und von Baden und Österreich rechtsrheinisch ausgebaut, um stärker von den Zolleinnahmen aus dem Transithandel zwischen der Schweiz, Italien und den Niederlanden profitieren zu können.54 Auf diese Weise war Basel im 18. Jahrhundert mit allen wichtigen Absatzgebieten in Europa und über die Küstenhäfen auch mit den globalen See- und Landtransportsystemen verbunden. Bereits im 17. Jahrhundert hatten sich dank der Einwanderung kapitalkräftiger Kaufleute als Folge des Dreissigjährigen Krieges die internationalen Handels- und Finanznetzwerke verdichtet. Die Einführung der protoindustriellen Herstellung von Seidenbändern und Baumwolldrucken erhöhte die Präsenz der Basler auf den internationalen Märkten. Entsprechend beteiligten sich die Basler im 18. Jahrhundert zunehmend am transatlantischen Dreieckshandel, was die globale Verflechtung der städtischen Wirtschaft weiter verstärkte. Daran hatten nicht zuletzt auch diejenigen Basler Anteil, die in ausländischen Armeen oder Kolonialgesellschaften dienten und erfolgreich Karriere machten.

Das internationale Handelsnetz der Basler Kaufleute und Fabrikanten

Internationale Finanznetzwerke und der Aufstieg der Privatbankiers

Eine bedeutende Rolle für die überregionale Vernetzung spielte auch der Finanzsektor. Seit dem 16. Jahrhundert hatte der Basler Stadtwechsel als öffentliche Bank eine zentrale Funktion für die Kapitalströme zwischen der Eidgenossenschaft und Frankreich, aber auch Süddeutschland übernommen.55 Zunehmend flossen Bündnis- und Pensionengelder in die Eidgenossenschaft. Basel wurde zum wichtigsten Finanzplatz am Oberrhein, und zwischen Lyon, Genf, Basel, Strassburg und Frankfurt entstand ein Raum intensiven Kapitalaustauschs. Im Verlauf des 17. Jahrhunderts und dann vor allem im 18. Jahrhundert kam es mit dem Aufstieg der Privatbankiers zu einem Systemwechsel. Von den neuen, frühkapitalistisch agierenden Bankiers und Anlegern wurde der Stadtwechsel wegen seiner strengen Kontrollen, dirigistischen Züge und seiner mangelnden Flexibilität mit Blick auf Spekulationsgeschäfte zunehmend boykottiert. Zuletzt war er nur noch für das lokale Kleinkredit- und Pfandkreditgeschäft zuständig und wurde in den Jahren 1744 bis 1746 ganz liquidiert. Für diese Kleingeschäfte folgte am Ende des Jahrhunderts die Gründung neuer Spar- und Leihkassen in Bern (1787), Genf (1789), Basel (1792) und Zürich (1805).56

Dank der Emigration protestantischer Kaufleute aus Frankreich hatte sich schon im Laufe des 17. Jahrhunderts die Banque protestante› als kapitalstarkes neues Finanznetzwerk etabliert.57 Seine Teilnehmer beeinflussten seit dem Ende des 17. Jahrhunderts von Genf aus zunehmend die europäischen Finanzströme.58 In der Eidgenossenschaft führten die Einkünfte aus den fremden Diensten, aus der Protoindustrialisierung und aus dem wachsenden Binnen-, Aussen- und Transithandel zu einer Anhäufung von Kapital, das im Inland keine ausreichenden Anlage­möglichkeiten fand. Die entsprechende Anlagetätigkeit im Ausland übernahmen mehr und mehr Handelsbankiers aus Genf, St. Gallen, Zürich, Bern, Basel, Neuenburg und Lausanne. Privatbankiers wie die Battier, Burckhardt, Heusler, Leisler, Merian, Mitz, Ochs oder Sarasin ermöglichten ihren Kunden in Basel den Zugang zum internationalen Zahlungsverkehr, aber auch Auslandsinvestitionen in Renten, halbstaatliche Industrie-, Handels- und Schiffbauunternehmen oder Banken. Öffentliche Gelder vermittelten sie vorzugsweise an Staats­obligationen in Österreich, Deutschland, Savoyen, Frankreich, Dänemark, in den Niederlanden, Schweden, England und später auch in den Vereinigten Staaten.59 Am Ende des 18. Jahrhunderts spielten insbesondere Genfer Privatbankiers in Frankreich und England eine wichtige Rolle im Bankgeschäft. Berühmt wurden die Necker und Thellusson aus Genf, die in Paris und London Filialen unterhielten und auch familiäre und geschäftliche Beziehungen nach Basel pflegten. Eine ähnliche Funktion im Ausland wie Pierre-Isaac Thellusson, seit 1762 englischer Staatsbürger und später sogar Direktor der Bank of England, hatten zeitweise die Brüder Ochs aus Basel als Bankiers am Wiener Hof inne.

Schon seit dem frühen 18. Jahrhundert beteiligten sich risikoaffine Privatbankiers an den Kolonialgeschäften der Niederländer und Franzosen und investierten unter anderem in die Compagnie des Indes› und die Mississippi- und Südseegesellschaft. Als 1720 die Spekulationsblasen mit den Aktien dieser Gesellschaften in London und Paris platzten, gingen auch viele Schweizer Banken, allen voran diejenigen aus Bern, bankrott. Dagegen machte der Basler Bürger Johann Deucher, Kommanditist in der Pariser Bank Labhardt & Cie, mit den Mississippi-Aktien hohe Gewinne und finanzierte daraus den Kauf und aufwendigen Umbau des Weiherschlosses Bottmingen im Stil des französischen Frühbarocks.60

Die Karibik als neues Handlungsfeld

Im 18. Jahrhundert bot die niederländische Karibik als Raum zwischen den grossen Imperien Spanien und Grossbritannien besondere wirtschaftliche Gewinnchancen. Das scheint vor allem diejenigen angezogen zu haben, die in Europa aus dem einen oder anderen Grund in Schwierigkeiten geraten waren. Dem Basler Isaak Faesch (1687–1758) jedenfalls gelang es besonders gut, das Potenzial der Karibik und ihrer kolonialwirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu nutzen. Sein Beispiel macht darüber hinaus den engen Zusammenhang von militärischer (Führungs-)Erfahrung, wirtschaftlichem Erfolg und politisch-administrativer Karriere deutlich, der nicht nur unter kolonialen Bedingungen, sondern auch zu Hause in Basel generationenübergreifend die materielle Basis der Familie und ihre Zugehörigkeit zur städtischen Elite sichern half. Als Sohn des Stadtschreibers Johann Jacob Faesch-Burckhardt (1638–1706) machte Isaak nach seiner Kaufmannslehre zunächst in französischen und niederländischen Diensten ­Karriere und brachte es im Verlauf des Spanischen Erbfolgekrieges (1701–1714) bis zum Major in einem niederländischen Regiment. Gegen Ende des Krieges trat er in die Handelsfirma seines Bruders in Amsterdam ein, welche französische und niederländische Textilien nach Westindien exportierte. Nach dem Tod des Bruders führte er das Geschäft zusammen mit der Witwe erfolgreich weiter. Als 1720 die Spekulationsblase mit Aktien der Südsee- und Mississippi-Gesellschaft platzte, verlor er sein Vermögen und trat in den Dienst der niederländischen West-Indischen Compagnie› ein. 1737 wurde er Gouverneur der kleinen Karibikinsel St. Eustatius und damit Teil der niederländischen Kolonialverwaltung. 1740 wechselte er als Gouverneur nach Curaçao, das damals als Hauptstadt und Zentrum der niederländischen Westindien-Kompagnie die Drehscheibe für den Schmuggel zu Lande und zu See und den Handel mit Sklaven für den amerikanischen Kontinent war.61 Diplomatisch geschickt konnte Faesch die heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der kolonialen Elite um die Zulässigkeit von Privathandel beruhigen62 und selbst zusammen mit seinem Neffen Johann Jacob Hoffmann als Kommissionäre für holländische Kaufleute sowie auf eigene Rechnung Textilien importieren und Rohrzucker, Kaffee, Tabak und Kakao, aber auch Färbhölzer aus Südamerika exportieren. Die beiden Basler partizipierten erfolgreich am verbotenen Handel mit den Waren französischer Händler von den Antillen nach Amsterdam, betätigten sich als Makler im Versicherungsgeschäft mit Schiffen und waren im Schmuggelhandel mit dem amerikanischen Festland ebenso wie im Sklavenhandel engagiert.63 Wie andere Mitglieder der Familie ­besass Isaak Faesch selbst Sklaven für die Plantagenarbeit. Als Gouverneur verschärfte er 1745 angesichts wachsender Widerstände und Ordnungsprobleme die (Körper-)Strafen für Sklaven. 1750 liess er während eines Aufstands 47 Sklaven hinrichten. Etwa zur gleichen Zeit hatte sich Faesch, der die Verbindung in die Heimat immer aufrechterhielt, 1745 in Abwesenheit als Hosenlismer in die Safranzunft eingekauft. Er starb als reicher Mann 1758 in Curaçao. An seinem beträchtlichen Erbe partizipierten nach holländischem Recht auch seine Basler Familienangehörigen.64

101 Anonym, t’Eyland Curacao Anno 1786 Die Aquarellzeichnung zeigt die niederländische Karibikinsel Curaçao mit der Hauptstadt ­Willemstad im Jahr 1786. Der Sitz des Gouverneurs (rot markiert) ist mit Nr. 3 bezeichnet.

Isaak Faesch war keineswegs der einzige Basler Sklavenbesitzer. Zwei seiner Neffen aus Amsterdam, Johannes und Johann Jakob, kamen in den 1750er-Jahren durch Heirat in den Besitz von vier Plantagen mit Sklaven in Surinam. Dort hatte kurz zuvor ein Versuch stattgefunden, eine ganze Gruppe von Baslern am Oranje­weg› in einem Dorf anzusiedeln, das als Wehrsiedlung gegen Angriffe entflohener Sklaven, sogenannter Maroons, dienen sollte. Im Auftrag des Gouverneurs von Paramaribo, Johann Jacob Mauritius, warb Louis De Bussy, der Direktor des dortigen Spitals, 1747 in Basel protestantische Familien für sein Auswanderungs­projekt an. Er war mit einer Empfehlung der Amsterdamer Regierung nach Basel gekommen und agitierte hier mit offizieller Erlaubnis des Rats. Im folgenden Jahr machten sich zehn Familien mit insgesamt dreiundneunzig Personen in die ­niederländische Kolonie auf und erreichten via Amsterdam am 19. Oktober 1748 Paramaribo.65 Für ihre Ansiedlung wurden ihnen Land, Lebensmittel, Werkzeug, Zuchttiere und zehn Sklaven pro Familie versprochen. Schnell erwiesen sich die Versprechungen vom fruchtbaren Paradies› als haltlos. Einer der Siedler, Heinrich Degen, beklagte sich bereits Ende Dezember beim Basler Rat über Hunger, fehlenden Gottesdienst und Religionsunterricht für die Kinder und bat die Obrigkeit um Hilfe: «Sie wollen doch auff angsterdam schreiben das wird wieder aus dem land kommen können.»66 Wegen seiner Proteste in Kettenhaft gelegt, musste er nach seiner Entlassung Zwangsarbeit auf dem Fort leisten. Noch einmal schrieb er im Herbst 1749 an den Basler Bürgermeister: «Wir sind gehalten wie Sklaven.»67 Eine Affäre mit der jungen Basler Kolonistin Esther Pertschen wurde etwa zur gleichen Zeit Direktor De Bussy zum Verhängnis. Er hatte mit Esther, die er in seinem Haushalt beschäftigte, ein uneheliches Kind, das er immerhin anerkannte und taufen liess. Seine Kritiker brachten ihn vor Gericht, weil er angeblich in Basel bereits eine andere Frau geheiratet hatte, bevor er die junge Kolonistin schwängerte. Er wurde wegen Ehebruch verurteilt, musste die Kolonie verlassen und endete als Bettler in New York. Im Verhör sagte Esther auf die Frage, warum De Bussy sie in seinem Haushalt aufgenommen habe: «Um in seinem Haus zu dienen und die Neger kochen und waschen zu lehren und auch stricken und nähen.»68 In den ­folgenden Jahren wurde die Siedlung von entflohenen Sklaven überfallen und ausgeraubt. Der grösste Teil der Basler Auswanderer starb bald aufgrund der schlechten Lebensbedingungen und an Tropenkrankheiten. Bereits 1753 war die Basler Siedlung wieder verschwunden.69 Auch wenn die Siedlung kein Erfolg war, zeigt ihre Geschichte doch deutlich, wie weit ins europäische Hinterland hinein der Dutch Atlantic› – das von den Niederlanden dominierte atlantische Wirtschaftssystem – reichte70 und wie intensiv Basel an den entsprechenden globalen Netzwerken partizipierte.

Globale Marktintegration und Transatlantikhandel

Im Zuge der Protoindustrialisierung konnten und mussten sich die Basler Fabrikanten neue Märkte innerhalb und ausserhalb Europas erschliessen.71 Die damit einhergehende Globalisierung der Basler Absatzmärkte lässt sich exemplarisch am Beispiel der Basler Indienne-Manufaktur Ryhiner ab 1717 verfolgen. In den ersten Jahrzehnten exportierten die Ryhiner vor allem nach Frankreich, wo Produktion und Konsum von Indiennes verboten waren und dennoch die Nachfrage nach dem beliebten Modeprodukt anhaltend hoch blieb. Wegen der Importverbote spielte Schmuggel eine besondere Rolle. Die Ryhiner nutzten dafür die Grenzlage von Basel systematisch.72 Ihre für Paris, aber auch die Überseehäfen an der Atlantikküste bestimmten Waren folgten den aktuellen Modetrends. Als Vermittler für den Weiterverkauf nach Übersee spielten Zwischenhändler wie der Reeder Timothée Lichigaray aus Bayonne eine wichtige Rolle. Von ihnen erhielten die Ryhiner Informationen über die Ankunft von Schiffen nach Afrika und Amerika, aber auch darüber, welche Muster auf den Märkten in Übersee besonders nachgefragt wurden.73 Schmuggelware für die amerikanischen Kolonien und die afrikanischen Sklavenmärkte wurde über Hamburg nach Bayonne und von dort weiter nach Übersee verschickt.74 Die Ryhiner pflegten auch zu weiteren Händlern in anderen französischen Hafenstädten Kontakte, wie etwa zu den Weiss, Verwandten des damals grössten Basler Seidenbandfabrikanten Markus Weiss. Sie hatten sich als Basler Bürger in La Rochelle niedergelassen und waren bereits Mitte des 18. Jahrhunderts in die Finanzierung und Versicherung von Sklavenschiffen involviert.75 Durch den Ausbruch des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) geriet der Frankreich- und Überseehandel für Indiennes ins Stocken. Nach der Aufhebung des französischen Produktionsverbots im Jahr 1759 sahen sich die Basler Fabrikanten gezwungen, weitere Absatzmärkte im Reich und in Norditalien zu erschliessen.76 All das verstärkte die Integration der Basler Wirtschaft in die globalen Märkte. Dabei spielten auch in Basel jene Netzwerke eine zentrale Rolle, die Zugang zu internationalen Händlern, Kolonialgesellschaften und Reedern vorzugsweise in den Atlantikhäfen, aber auch in den Mittelmeerhäfen boten.

Geradezu prototypisch für die Möglichkeiten, die Kolonialgesellschaften und transatlantische Netzwerke einem ambitionierten Marchand-Fabricant-Banquier eröffnen konnten, steht Reinhard Iselin (1714–1781), der es vom Basler Kaufmannslehrling zum Direktor der dänischen Ostasiatischen Kompanie brachte. 1740 trat der junge Iselin in Kopenhagen in die Firma Fabritius & Wever des Hofagenten Michael Fabritius ein und wurde schnell für den Überseehandel zuständig.77 Nachdem er 1748 in Abwesenheit Mitglied der Basler Safranzunft geworden war, erhielt er im folgenden Jahr auch die Mitgliedschaft in der Innung der Kopenhagener Grosskaufleute. Um 1750 gründete Iselin in Kopenhagen ein Bank- und Handelshaus, mit dem er während des Siebenjährigen Krieges im Fracht- und Kommissionsgeschäft grosse Gewinne erzielte. Die rasch wachsende Firma war an zahlreichen Fahrten in die Karibik und an der Finanzierung von Plantagen in Übersee beteiligt. 1755 wurde Iselin sogar Direktor der neu gegründeten dänischen Afrikakompanie (‹Afrikanske Kompagni›) und gehörte in den Jahren 1759 bis 1769 dem Direktorium der dänischen Asiatisk Kompagni› an. Seine Führungsrolle ermöglichte ihm lukrative Schmuggelgeschäfte mit Tee und amerikanischem Silber von der Karibik über Cádiz nach Asien.78 In Dänemark ergänzte er seine globale Handelstätigkeit mit der Gründung einer Kattunfabrik und einer Zucker-Raffinerie. Ob Iselin selbst direkt in den Sklavenhandel der dänischen Kolonialhandelsgesellschaften involviert war, ist unklar. Sicher war er aber indirekt an entsprechenden Geschäften beteiligt. So nutzte er seine Beziehungen in die Heimat, um für die Zürcher Staatsbank Leu Investitionskredite in karibische Plantagen zu vermitteln. Damit unterstützte er jene Bank, die 1755 von Privat­bankiers mit dem Ziel gegründet worden war, Kapitalüberschüsse aus der Protoindustrialisierung im Ausland anzulegen und damit der Inflationsgefahr im Inland vorzubeugen.79

Als sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts der europäische Sklavenhandel nochmals deutlich intensivierte, waren daran auch verschiedene Basler Kaufleute wie die Burckhardt, Merian, Riedy & Thurninger, Thurneisen oder Wirz beteiligt. Zur gleichen Zeit liessen sich weitere Basler Kaufleute und Fabrikanten in französischen Atlantikhäfen nieder, welche eine besonders aktive Rolle im Dreieckshandel zwischen Europa, Afrika und Amerika spielten. So finanzierten beispielsweise Weiss & Fils in La Rochelle zwischen 1783 und 1790 mindestens zehn Sklavenschiffe mit 3302 Sklaven.80 Intensiv in die globale Wirtschaft verflochten war auch das Handelshaus Burckhardt & Sohn, in dem die beiden Brüder Leonhard und Christoph ab 1766 vor allem Grosshandel mit Rohbaumwolle, Baumwollgarnen und -tüchern, aber auch mit Kolonialwaren, importierten Textilien aus Indien und China, Eisenwaren und landwirtschaftlichen Produkten betrieben. ­Besonders wichtig war der Handel mit Indiennes, deren Produktion die Firma Rosenburger im Kleinbasel übernahm. Seit den frühen 1770er-Jahren zeichneten die Brüder Burckhardt Aktien an Schiffen nach China, Ostindien, Westafrika und den französischen Kolonien in der Karibik. Von 1774 bis 1789 waren sie an über siebzig solcher expéditions› beteiligt.81 1790 eröffnete Christoph Burckhardt-Merian (1740–1812) seine eigene Firma Burckhardt & Cie. im Segerhof und richtete sich ganz aufs internationale Geschäft aus. Im gleichen Jahr gründete sein Sohn Christoph jr. (1766–1815) in Nantes, dem Zentrum des französischen Sklavenhandels, eine eigene Firma unter stiller Beteiligung seines Vaters und weiterer Basler Verwandter, unter ihnen die Frères Merian›. Von 1783 bis 1792 hatten sich die Burckhardt an insgesamt 21 Sklavenfahrten beteiligt, die etwa 7350 Afrikaner gewaltsam in die Karibik verschifften.82 Anders als die Vertreter der früheren Generationen engagierte sich Christophe Bourcard, wie er sich nun nannte, als Reeder direkt im Sklavenhandel. Ende 1791 rüstete er das Sklavenschiff Intrépide› aus. Die Reise verlief katastrophal. Fast ein Drittel der 240 an der afrikanischen Westküste ­gekauften Sklaven starb bereits vor der Weiterfahrt. Noch während der Atlantiküberfahrt verbot die französische Regierung am 7. Juli 1793 den Sklavenhandel. Es kam zu einem raschen Preiszerfall und Bourcard verlor den grössten Teil seines Vermögens. Nach der Aufhebung des Sklavereiverbots unter Napoleon investierte Bourcard, der in anhaltenden finanziellen Schwierigkeiten steckte, erneut in riskante Sklavenfahrten. Am Ende der Koalitionskriege, im Frühling 1815, beschlagnahmten schliesslich die Engländer die beiden Sklavenschiffe Cultivateur› und Petite Louise›, in die er einmal mehr investiert hatte. Bourcard glaubte sich daher finanziell ruiniert und nahm sich in Nantes das Leben.83

Basel und die europäischen Kolonialkriege in Indien (1744–1763)

Mitte des 18. Jahrhunderts waren Basler – wie andere Schweizer und Deutsche auch – nicht nur im Transatlantikhandel engagiert, sondern nahmen auch aktiv an verschiedenen Kolonialkriegen teil. Wie eng verflochten dabei der Krieg in Übersee und die heimische Wirtschaft sein konnten, wird beispielhaft an jenen Basler Männern deutlich, die während der Karnatischen Kriege (1744–1763) als Offiziere in Indien kämpften. Für diese Kriege rekrutierte die englische East India Company› zum ersten Mal systematisch Truppen in Kontinentaleuropa.84 Im Juli 1751 beauftragte sie Sir Lukas Schaub (1690–1758), einen Basler Diplomaten in englischen Diensten, mit der Rekrutierung von vier Schweizer Kompanien. Schaub war bereits 1721/22 am Wiener Hof im Konflikt zwischen den Basler Seidenbandfabrikanten und dem Kaiser beratend tätig gewesen. Nun nutzte er seine familiären Verbindungen in der Heimat, um gegen den Willen der Basler Regierung Truppen zu rekrutieren, die sein Neffe nach Holland führte, wo sie sich in Amsterdam nach Madras einschifften.85

102 Lederkassette von Daniel Frischmann, zwischen 1761 und 1770 (­Masse 21 cm × 43,5 cm × 25 cm). Mit Leder ­bezogene Holzkiste aus dem Besitz von Daniel Frischmann, die im Auftrag des englischen Königs Georg III. (1760–1820) hergestellt worden war. Sie diente Frischmann vermutlich auf der Rückreise als Kassette für seinen Kriegsgewinn.

Vor allem zwei Männer aus der Region zeichneten sich in Indien militärisch aus. Georg Friedrich Gaupp (1719–1798) aus Efringen war 1757 in der Schlacht von Palashi unter Robert Clive als Hauptmann der Madras-Infanterie entscheidend am englischen Sieg beteiligt.86 Der Basler Daniel Frischmann (1728–1808) trat als Kadett in ein Schweizerregiment ein und brachte es schliesslich 1769 bis zum Kommandanten von Madras und der Zitadelle St. George. Nach seiner Rückkehr nach Basel machte er während der Helvetik und Mediationszeit als Fruchtkommissär, Kommandant der Basler Kavallerietruppe und Grossrat politisch Karriere. Neben Gaupp und Frischmann waren auch Johann Heinrich Schaub, Friedrich Gürtler, Johann Franz Beck und Rudolf Wagner als Offiziere in der britischen Indien-­Armee am Kampf um die Vorherrschaft auf dem Subkontinent beteiligt. Nach ihrer Rückkehr aus Indien reintegrierten sich die Basler Offiziere als reiche Männer gesellschaftlich und politisch ebenso rasch wie erfolgreich. Der Basler Stadtschreiber und Revolutionär Peter Ochs bezeichnete Frischmann, Beck und Gürtler explizit als «das wohlthätige Kleeblatt» und betonte, dass sie nicht nur «den Armen Gutes thaten», sondern mit ihrem (Luxus-)Konsum auch «den Gewerbsleuten Nahrung verschafften».87

103 Johann Niklaus Grooth, Porträt von Daniel Frischmann, 1772. Das Porträt zeigt Frischmann in der Uniform eines Obersten der Britischen Ost­indien-Kompanie. Frischmann machte in der englischen Armee in Indien Karriere und diente zuletzt als Kommandeur von Madras und der Zitadelle St. George. Er kehrte 1770 über London nach Basel zurück.

Noch viel direkter war der globale Transfer von Know-how und Kapital im Fall von Georg Friedrich Gaupp, der einen Teil seiner Kriegsbeute in die Lörracher Indienne-Industrie investierte. Schon vor seiner Abreise nach Indien hatte der Lörracher Amtmann Wallbrunnen Gaupp gebeten, sich in Indien mit dem gesamten Herstellungsprozess für Indiennes vertraut zu machen, um die Wirtschaftspolitik des badischen Markgrafen zu unterstützen. Etwa zur gleichen Zeit erhielt 1753 der Berner Indienne-Drucker Johann Friedrich Küpfer, der als gescheiterter Verschwörer ins Exil gehen musste, vom Markgrafen ein Privileg zur Gründung einer Indienne-Manufaktur in Lörrach, die bald schon zweihundert Mitarbeiter hatte. Von Peter Merian & Comp. aus Basel finanziert, konnte sich die Firma schnell im europäischen Exportgeschäft etablieren. Weil Küpfer den Firmen­gewinn in erfolglose alchemistische Experimente investierte, zog Merian nach einigen Jahren sein Geld zurück. In dieser schwierigen Situation trat der eben mit einem erheblichen Kriegsgewinn aus Indien zurückgekehrte Gaupp als Investor auf und rettete so die Lörracher Manufaktur, die noch jahrzehntelang erfolgreich weiterbestand.88 Der Efringer brachte aus Indien nicht nur ein Vermögen, sondern auch einen Haussklaven, Pascal, mit, der allerdings nach einiger Zeit floh und in ein französisches Regiment eintrat.89 Gaupp verliess die Firma bereits nach einem Jahr wieder. Als Küpfer bald darauf starb, übernahm sein Sohn die Manufaktur und baute sie erfolgreich aus.90 Erst in den Koalitionskriegen zu Beginn des 19. Jahrhunderts geriet sie erneut in Schwierigkeiten, sodass schliesslich die Frères Merian, Financiers aus Basel, und die Koechlin, Indienne-Produzenten aus Mülhausen, das Unternehmen zu günstigen Bedingungen von der badischen Regierung übernehmen und zur KBC (Koechlin, Baumgartner & Cie), einem globalen Player in der Textilproduktion, weiterentwickeln konnten.91

«schon ziemlich viel Betriebsamkeit»

Basel hatte sich im Verlauf des 18. Jahrhunderts zu einer wirtschaftlich prosperierenden, zunehmend global vernetzten Stadt entwickelt. In den Worten des bekannten Basler Aufklärers Isaak Iselin klang das im Dezember 1781 in einem Brief an seinen Freund Nicolai in Berlin folgendermassen: «Für eine Stadt von 15 000 Einwohnern ist, deucht es mir, schon ziemlich viel Betriebsamkeit da.» Auf Bitten des Berliner Aufklärers Nicolai schilderte Iselin seinen Eindruck «von der eigentlichen Beschaffenheit des Baseler Handels». Er wies darauf hin, wie international der Basler Handel mit eigenen Manufakturwaren, aber auch im Transithandel mit Spezereiwaren und Textilien in ganz Europa von Frankreich über Holland, England, Nordeuropa bis nach Italien agiere. Es werde darüber hinaus auch mit ostindischen Waren, mit Wolle und Baumwolle aus der Levante, Ungarn, Polen und Böhmen gehandelt. Auch seien die Basler Kaufleute auf den globalen Märkten präsent, was sich laut Iselin zuletzt daran zeigte, dass im Handelskrieg zwischen England und den Niederlanden im Februar 1781 auch Basler Handelswaren vom englischen Admiral Rodney auf der Karibikinsel St. Eustache beschlagnahmt worden waren. Bemerkenswert fand Iselin auch die auswärtigen Anlagen der «hiesigen Capitalisten» in Zürich, Genf und Mülhausen ebenso wie in Frankreich und England, und ihre Investitionen in die Ausrüstung von «Schiffen (armements) in den Seehäfen». Er schloss mit einem Hinweis auf den Plantagenbesitz von Faesch in Surinam und Thurneisen in Grenada.92 Damit fasste Iselin in wenigen Worten die ausserordentlich dynamische wirtschaftliche Entwicklung zusammen, welche die Basler Wirtschaft im Zeichen des Frühkapitalismus bis zum Ende des 18. Jahrhunderts durchlaufen hatte. Sie war gekennzeichnet durch ein säkulares Wachstum des internationalen, zunehmend auch globalen Handelsvolumens, die aus­serordentlich erfolgreiche Etablierung protoindustrieller Produktionsprozesse, neue Möglichkeiten des Konsums, aber auch wachsende Ungleichheit innerhalb der städtischen Gesellschaft und in der globalen Wirtschaft.

Susanna Burghartz

Die Ausfuhr
von Know-how
wurde verboten

90 Abschiedsschein der Firma Emanuel Ryhiner Vater, Sohn & Iselin für ­Johannes Rohr, 18.10.1794. Der Schein enthält den expliziten Hinweis auf ein neues Abkommen der Basler Fabrikanten, sich ­gegenseitig keine Arbeiter abzuwerben. Das in Zahlen angegebene Datum war ein kodierter Hinweis für künftige Arbeitgeber, dass Rohr auf der schwarzen Liste der Fabrikanten stand.

91 Taunerhaus, Oberdorfstrasse 57 in Riehen Der Anbau des Taunerhauses (vorne links) ist eine typische Behausung für Indienne-Arbeiter wie Balthasar Horn und seine Familie, die in der Fabrique› in Basel arbei­teten.

92 Die logarithmische Darstellung verdeutlicht das exponentielle Wachstum der Abgaben auf Export- und Handelswaren im Vergleich zu den Konsumabgaben. Seit den 1770er-Jahren übertrafen die Konsumabgaben der Landschaft diejenigen der Stadt (Angaben nach Vettori 1984, S. 211–215, 334–340. Gschwind 1977, S. 173–174, 639–641).

93 Münsterplatz mit Domherrenhäusern. | 94 Ram­steinerhof vom Rhein her. | 95 Wildt’sches Haus am ­Petersplatz. Johann Jacob Fechter und einige andere ­Architekten prägten mit barocken Um- und Neubauten im Auftrag reicher (Transithandels-)Kaufleute, Fabrikanten und ­Vertreter der Obrigkeit das Gesicht der Stadt nachhaltig.

96 Rupfentapete mit Chinoiserien im Bruckgut, Münchenstein. | 97 Chinesische Maulbeerbaumpapiertapete im Sommerhaus des Seidenbandfabrikanten Achilles Leisler-Hoffmann, ca. 1753. Um 1760 liess Markus Weiss-Leisler (1696–1768) zwei Zimmer in seinem Sommersitz mit französischen Chinoiserie-Tapeten aus Papier und Rupfen einrichten. 1750 hatte sein Schwager, der ­junge, reiche Achilles Leisler (1723–1784), vor den Toren der Stadt die Sandgrube› als barockes Sommerpalais erbaut und im Stile des europäischen Adels ausstatten lassen. Das Boudoir im ersten Stock wurde mit kostbaren chinesischen Papiertapeten ausgekleidet. In Guangzhou (Kanton) für den Export nach Europa gefertigt, zeigen sie mit Vogelpaaren, Felsformationen und exotischer Flora typische chinesische Motive für Glück, Wohlstand und Fruchtbarkeit.

100 Über Frankfurt war Basel mit den Ost- und Nordseehäfen Lübeck, Hamburg und Bremen verbunden, über Köln mit den Niederlanden, wo Amsterdam als Drehscheibe für den Seehandel in die Ost- und Nordsee ­einerseits, in den Atlantik und die ausser­europäischen Kolonien andererseits diente. Dem Hochrhein entlang gelangte man von Basel über Schaffhausen in den Bodenseeraum bis nach Augsburg und von dort über den Brenner weiter nach Oberitalien. In Richtung Süden verlief seit dem 18. Jahrhundert eine wichtige Verbindung über den Oberen Hauenstein nach Genf, weiter nach Lyon und Marseille. Im Westen führten zwei Strassen über Nancy und Châlons sur Marne oder Troyes nach Paris und von dort zu den französischen Atlantikhäfen. Über den Bözberg und Zürich lief der Transport über die Gotthardroute und die Bündnerpässe bis Mailand, in die Lombardei, nach Genua, Livorno und Venedig und von dort weiter in die Levante.

Reinhard Iselin wurde ­Direktor der dänischen ­Ostasiatischen ­Kompagnie

104 Musterbuch der Seidenbandfirma Emanuel Hoffmann-Werthemann, ca. 1770/1780. Musterbücher zeigten das Sortiment der jeweiligen Firma. Die typische marmorierte Struktur der abgebildeten Moirébänder entstand durch Pressung. Solche Seidenbänder galten als kostbarer als die einfachen Florettseidenbänder.

Neue Regierungspraktiken und ­zivilgesellschaft­liche Veränderungen (1690–1790)

Basel veränderte sich im Laufe des 18. Jahrhunderts in vielen Bereichen. Der Leitsektor dieser ­Veränderungen war die Seidenbandfabrikation mit ihren weltweiten Verflechtungen. Politische, religiöse und kulturelle Transformationen folgten teils in enger Verbindung mit der wirtschaftlichen Dynamik. So etablierten sich neue, an politisch-ökonomischen Problemlagen orientierte Regierungs- und Verwaltungsformen. Empirisch-pragmatische Verfahrensweisen, basierend auf ­einer umfangreichen administrativen Datenerhebung und -verarbeitung, waren ihre Kenn­zeichen. Gleichzeitig geriet die herrschende Theologie, für die Fragen der Rechtgläubigkeit und Dogmatik wichtiger waren als Fragen der christlichen Lebensführung, in die Kritik. Pietistische Gruppen forderten mit ihren auf Glaubenserneuerung zielenden Vorstellungen und Frömmigkeitspraktiken die reformierte Orthodoxie heraus. Auch wissenschaftliche Innovationen und die Ideen der Aufklärung veränderten das Weltbild. Der Wille, die Welt zu verbessern, tangierte viele Bereiche, ohne allerdings an den Grundlagen des Basler Ancien Régime selbst zu rütteln.

Neue Regierungsmentalität: ­Politische Ökonomie und Verwaltung

Im Jahr 1787 fertigte der Basler Maler Franz Feyerabend (1755–1800) ein besonderes Bild an [105]. Es zeigt Basel in einem von der Kaminplattform des Blauen Hauses› am Rheinsprung aus entworfenen Rundblick. Polizentrisch um den ­Projektionspunkt herum angeordnet sind der Flusslauf des Rheins, Hausdächer und Landschaften zu erkennen. Durch eine kreisförmige Horizontlinie abgesetzt, erscheinen diese wiederum von der Unendlichkeit des Himmels umgeben. Zwei Hauptaspekte charakterisieren die Bildkomposition: zum einen die aus der Gleichzeitigkeit aller möglichen Perspektiven resultierende Rundumsicht, die eine Illusion von Weite erzeugt; zum anderen die Standortgebundenheit des Betrachters oder der Betrachterin im Zentrum des Bildes. Diese Verbindung von Allansicht und Zentriertheit war charakteristisch für das Medium Panorama, das im 18. Jahrhundert in allen Schichten an Beliebtheit gewann. Im konkreten Fall war es aber vor allem Ausdruck des Selbstbewusstseins der ökonomischen und politischen Elite der Stadt. Die Idee für die Federzeichnung stammte vom Eigentümer des Hauses, dem Seidenfabrikanten und Grossrat Lukas Sarasin (1730–1802).1 Zusammen mit dem Architekten Samuel Werenfels arbeitete er einen Entwurf aus, den Feyerabend dann ausführte. In der Erhabenheit des Blicks in die Ferne spiegelte sich die Weitsicht des Kaufmanns, und diese wiederum fand in einer interessengeleiteten Standortwahl ihre unabdingbare Voraussetzung. Ja, die Stadt insgesamt schien als organisierendes Zentrum erst den Ausgriff in die Welt zu ermöglichen. Dieses Zentrum indes verdankte sich, wie der Mittelpunkt des Panoramas, einer bewussten Setzung und musste politisch und administrativ entsprechend ausgestaltet werden.

Ausbau und Intensivierung der Verwaltung

Der ökonomische Erfolg der Stadt Basel verlangte eine funktionsfähige Verwaltung und eine effiziente Regierung. Die Aufgaben nahmen im Laufe des 18. Jahrhunderts stetig zu und konnten vom Kleinen und Grossen Rat nicht mehr allein bewältigt werden.2 Neben den zum Teil seit dem Spätmittelalter bestehenden Kollegien wurden deshalb zahlreiche neue Gremien und Kommissionen geschaffen, die jeweils für einen eigenen Geschäftsbereich verantwortlich zeichneten. Sie sammelten ­Informationen und erstellten Gutachten, auf deren Basis die Beschlussfassungen der Räte erfolgten. In der Regel waren sie auch für die anschliessende Umsetzung der Entscheidungen zuständig. De facto verlagerte sich damit ein grosser Teil der Regierungstätigkeit in die Kommissionen. In personeller Hinsicht war dies gleichbedeutend mit einer erneuten Entmachtung der zünftisch organisierten Handwerker nach 1691. Denn während in den Räten alle Zünfte vertreten waren, sassen in den Kommissionen kaum Handwerker.

105 Lukas Sarasin, Samuel Werenfels, Franz Feyerabend, Federzeichnung ­eines zirkumpolaren Horizontalpanoramas der Stadt Basel, 1787. Von einem Kamin des Blauen Hauses aus erschliesst sich in einer 360-Grad-­Umsicht ein neuer Blick auf ­Basel und seine Umgebung.

Auch inhaltlich änderte sich die Regierungstätigkeit durch die zunehmende Anzahl von Kommissionen. Neben den alten Entscheidungsinstanzen entwickelte sich ein Bereich, der zwar ebenfalls kollegial organisiert war, sich jedoch nicht mehr Personen, sondern der jeweils optimalen und effektiven Lösung von Sachverhalten verpflichtet sah; beispielsweise das Direktorium der Kaufmannschaft›, das 1682 durch Ratsbeschluss als eine Art Kompetenzzentrum für handelspolitische Fragen gegründet worden war.3 Die Kaufleute, die in ihm Einsitz nahmen, handelten vor allem als Interessenvertreter. Gleichzeitig besassen sie eine hohe Sachkompetenz – ein Faktum, auf das sie auch explizit hinwiesen.4 So konnten sie gegenüber den Räten ihre Selbstständigkeit bewahren und zum Beispiel weitgehend eigenständig handelspolitische Geschäfte und Verträge für das Post- und Zollwesen abschliessen. Ebenfalls eine wichtige wirtschaftspolitische Bedeutung erlangte die 1738 ­gegründete Fabrique-Commission›. Hatte sie zunächst vor allem die Aufgabe, die Diebstähle durch Arbeiterinnen und Arbeiter in Woll- und Bandfabriken zu untersuchen, so wurden ihr bald weitere Kompetenzen verliehen. Sie überwachte das Ausfuhrverbot für Kunststühle, das Masswesen im Bereich der Seidenbandproduktion und die Produktionsabläufe sowie die Arbeitslöhne in Bandfabriken.5 Die damit verbundenen Gestaltungsmöglichkeiten nutzte die Fabrique-Commission› für eine selbstbewusste, eigenständige Politik, die sich gegebenenfalls auch gegen die Interessen der Kaufleute und Verleger richten konnte.6

Ein weiteres zentrales Politikfeld, das im 18. Jahrhundert über Kommissionen ausgestaltet wurde, war das Sanitätswesen. Zur Seuchenprävention gehörte schon seit dem 17. Jahrhundert eine Reihe von Massnahmen, angefangen von der Kontrolle der Tore über die Verhängung von Quarantäne bis hin zur Ausstellung von Attesten. Zu deren zentraler Organisation wurde 1709 der Sanitätsrat› eingerichtet, der ebenfalls dem Direktorium der Kaufmannschaft unterstand. Neu hinzu kam die Aufgabe, systematisch Informationen zu sammeln. Dazu nahm der Sanitätsrat brieflichen Kontakt mit anderen Städten auf. Unter anderem stand er mit dem Mailänder Tribunal della sanità› in Verbindung, das im Hinblick auf das epidemische Geschehen in Europa als besonders gut informiert galt. Zudem ­koordinierte er zahlreiche Präventionsmassnahmen in der Stadt, stets mit dem Ziel, günstige Bedingungen für den Handel zu schaffen.

Einen wirtschaftlichen Hintergrund hatte schliesslich auch die Waldkommission›, die 1756 als Gremium der beiden Räte geschaffen wurde, um die Aufsicht über die städtischen Wälder in einer Hand zu vereinigen. Ihre Aufgabe war es, über die Nutzung der knappen Ressource Holz zu wachen und insbesondere die Bauholz-Verteilung zu organisieren. Dazu benötigte sie zahlreiche und regelmässig eintreffende Informationen über den Zustand der Wälder und den Fortgang von Waldarbeiten, für welche die Landvögte und der obrigkeitliche Waldaufseher zuständig waren. Gleichzeitig fungierte die Waldkommission als Schiedsgericht, das die vielfältigen Konflikte im Bereich der Waldnutzung zu lösen hatte. Da die meisten Auseinandersetzungen um die – aus Sicht der ländlichen Bevölkerung ­illegitimen – obrigkeitlichen Eingriffe in die Waldnutzung kreisten, entwickelte sich die Waldkommission zu einem der wichtigsten Kontrollorgane über die Landschaft und deren Bevölkerung. Die Ahndung von Waldfrevel› durch ländliche Untertanen wurde zu einem Hauptgeschäft der Kommission.7

Ende des 18. Jahrhunderts existierten zusammengenommen dreiundachtzig «­Tribunalia, Collegia, Kammern und Commissionen» mit jeweils eigenen Aufgabenbereichen.8 Nicht nur Wirtschaftsangelegenheiten waren aus den Räten ausgelagert, sondern auch das Polizeiwesen, Zivil- und Strafsachen, militärische Angelegenheiten und soziale Fragen. Personell rekrutierten sich die Kommissionen zwar meist noch aus dem Kreis der Räte – institutionell jedoch besassen sie grosse Unabhängigkeit mit festen Zuständigkeiten sowie festgeschriebenen Rechten und Pflichten. Kommissions- und Verwaltungsstellen wurden auf sechs, acht oder gar zehn Jahre besetzt.9 Zudem existierten Anforderungsprofile, die eine mehr oder weniger standardisierte Ausbildung voraussetzten. Grundbedingung war der Besuch des Gymnasiums, ein meist mehrjähriger Aufenthalt im Ausland und ein Studium an der Basler oder einer ausländischen Universität. Eine anschliessende gründliche Hospitanz im Kanzleiwesen erlaubte es dann, sich auf eine höhere ­Verwaltungsstelle zu bewerben und die bürokratische Laufbahn einzuschlagen. Die für viele Stellen geltende Losordnung blieb jedoch eine stete Hürde für eine konsequente Professionalisierung.

Die Wirklichkeit der Verwaltung: Tabellen, Formulare, Statistiken

(Marcus Sandl)

Im Jahr 1780 wurde im Auftrag der Stadt ein Verzeichnis der Profeßionisten› gedruckt, das achtundsiebzig in der Stadt vertretene Berufe auflistete. Bäcker, Metzger, Schneider und Schuhmacher gehörten zu den bekann­testen und am häufigsten vertretenen Beschäf­tigungen. Ziegler, Windenmacher, Säger und Kupferstecher hingegen waren Tätigkeiten, die zwar unverzichtbar waren, indes zahlenmässig keine grosse Rolle spielten. Ebenfalls von geringer Bedeutung, aber dennoch als eigene Berufe ausgewiesen waren Langmesserschmiede, Sporrer (Schmiede für Reitbedarf), Pittschierstecher (Hersteller von Siegelstempeln) und Gassenbesetzer (Verleger von Pflastersteinen). Auch acht Bräter, die Würste und Fleisch in der Stadt feilboten, wurden verzeichnet. Das so entfaltete Panorama handwerklicher Fertigkeiten orientierte sich nicht an der zünftisch-korporativen Ordnung der Stadt. Es setzte eigene Schwerpunkte und markierte vor allem ökonomische Differenzen. Unterschieden wurde zunächst zwischen den in jeder Be­rufsgruppe vertretenen Meistern einerseits und Gesellen und Jungen andererseits. Die Meister wiederum wurden in diejenigen, die ihren Beruf noch ausübten, und die anderen, die nicht mehr aktiv waren, unterteilt. In der Rubrik Gesellen und Jungen› hingegen trennte man danach, ob es sich um Bürger oder Fremde handelte. So ergab sich eine fünfspaltige Tabelle, die zur Orientierung bei der Auftragsvergabe benutzt werden konnte oder bei der Berufswahl Hilfe­stellung leistete. Vor allem aber informierte sie die Obrigkeit über den aktuellen Stand des städtischen Handwerks.

Angeregt hatte das Verzeichnis der Mathema­tiker Daniel Bernoulli. Kurz nach den bevölkerungspolitischen Erhebungen des Jahres 1779 veröffentlichte er einige Anmerkungen über die neulich publicierte Tabelle der Einwohner unserer Stadt Basel›, in denen er forderte, die vorliegenden Zahlen mit Mitteln der «poli­tischen Rechenkunst» aufzubereiten.10 Durch «Vergleichungen» – beispielsweise von Quar­tieren und Stadtvierteln, von Männern und ­Frauen, Häusern und ihren Bewohnerinnen oder Bürgern und Fremden – liessen sich seiner ­Meinung nach Erkenntnisse gewinnen, welche die städtische Politik auf eine neue Grundlage stellten. Orientierte man sich nur an Titeln, Stand und Rang der Stadtbewohner und Stadtbewohnerinnen, so musste man sich darauf beschränken, die bestehende Ordnung aufrechtzuerhalten. Kannte man indes die jeweils gegebenen menschlichen und materiellen ­Verhältnisse, so war es möglich, auch die politische Verantwortung für die Vermögensver­mehrung und Steigerung der ökonomischen Kräfte zu übernehmen. Dies setzte allerdings voraus, die Wirklichkeit so zu erfassen, dass in der Vielfalt der Verhältnisse das Wesentliche sichtbar wurde. Konkret hiess das: Zustände mussten in Daten übersetzt werden, die kalkulier- und berechenbar waren.

Für die von Bernoulli geforderte politische ­Informationsaufbereitung waren Tabellen, Formulare und Statistiken besonders geeignete Medien. Dort, wo sie zum Einsatz kamen, setzte sich tatsächlich eine neue Regierungs- und Verwaltungspraxis durch. So wurden im Bereich der Bevölkerungs- und Wirtschaftspolitik ­sowie des Finanz- und Gesundheitswesens die politischen Gestaltungsansprüche und -­möglichkeiten immens ausgeweitet. Gleich­zeitig wuchs der Verwaltungsaufwand; ­Datenerhebung und Bürokratisierung gingen Hand in Hand. Das Verzeichnis der Profeßio­nisten› markierte auf diesem Weg einen ­wichtigen Schritt. Es machte erstmals deutlich, dass das empirisch Gegebene, im konkreten Falle die in der Stadt ansässigen Handwerke, durch Formalisierung und analytische Zer­gliederung so aufbereitet werden konnte, dass sich auch Leerstellen und Anomalien iden­tifizieren liessen. Hier konnte eine Politik der ­Veränderung einsetzen. Sie war dann erfolg­reich, wenn es, wie Isaak Iselin schrieb, gelang, «die Masse der gesellschaftlichen Güter und Dienstleistungen [zu] vermehren».11 Marcus Sandl

107 Ausschnitt aus dem ­Verzeichnis der Profeßionisten der Stadt Basel im Jahr 1780›.

Schaltstellen und Medien der Verwaltung

Je mehr Tätigkeiten die Verwaltung übernahm, desto wichtiger wurden die Schaltstellen zwischen dem Grossen und dem Kleinen Rat sowie den einzelnen Kommissionen, die für einen reibungslosen Ablauf der Geschäfte sorgten. Stadt- und Ratsschreiber besassen hier eine zentrale Bedeutung. Sie führten nicht nur das Protokoll in den wichtigsten Gremien und vertraten gegebenenfalls den Bürgermeister, sondern stellten auch die Verbindung zwischen den Verwaltungsteilen sowie die ­Beziehungen zum Um- und Ausland her. Ihnen zur Seite standen der für die Aktenaufbewahrung zuständige Ratssubstitut›, der Ingrossist›, der über Hypotheken Buch führte und für die Ausstellung von Patenten und Attestaten verantwortlich zeichnete, sowie die für Kopierarbeiten und Korrespondenzen angestellten Kanzleiaccedenten›. Einzelne Kommissionen und Behörden beschäftigten, je nach Grösse und Bedeutung, wiederum eigene Sekretäre und Kanzleihilfen. Diese verfassten unter anderem Bedenken›, Memoralien› oder Ratschläge›, die dem Rat zur Information oder Beschlussfassung vorgelegt wurden. Neben der Stadtkanzlei, der traditionellen Zentrale der Verwaltung, bildeten damit auch die in den Kommissionen für die Kommunikation Verantwortlichen die Relais der Basler ­Regierung.

Im Zuge der Ausweitung des Kommissionswesens, aber auch aufgrund der zunehmenden Verordnungs-, Mandatierungs- und Kontrolltätigkeit stieg der Aktenverkehr zwischen den einzelnen Gremien, Behörden und Räten sowie zwischen der Stadt und den Landgemeinden an. Gleichzeitig produzierte die Datenerfassung, die durch die Intensivierung der Regierungs- und Verwaltungstätigkeit umfangreicher wurde, eine Flut von beschriebenem Papier. Zudem entstanden zahlreiche Verzeichnisse, Listen und Ordnungen, welche die Regierung und Verwaltung selbst zum Gegenstand machten. So wurde seit 1699 ein jährlich erscheinendes Regimentsbüchlein› veröffentlicht, das die Namen der jeweils amtierenden Personen vom Bürgermeister bis zum Landpfarrer verzeichnete.12 Mehr noch als Personen, die im Laufe der Zeit zwangsläufig wechselten, dokumentierte das Regimentsbüchlein aber die Regierungs- und Verwaltungsstruktur von der Spitze der Stadt über die einzelnen Ämter und Kanzleien bis hin zu städtischen Diensten, Leistungen und Kontrollen. In der seitenlangen Auflistung von Ämtern und Namen vom Bürger- und Oberstzunftmeisteramt bis zu den Pfarrgemeinden und universitären Lehrstühlen manifestierte sich die Dauerhaftigkeit der institutionellen Ordnung. Dem entsprach es, dass Pflichtenhefte und Mandate die Aufgaben von Amtspersonen regelten, die wiederum in Sammlungen, Ordnungen und Eidesformeln schriftlich zusammengefasst wurden.13 Die Schrift wurde also zum wichtigsten Verwaltungsmedium.

Die Zunahme der Schriftlichkeit besass ihren Grund nicht nur in der rein quantitativ ansteigenden Verwaltungstätigkeit. Sie war auch das Resultat einer qualitativen Veränderung der Regierungs- und Verwaltungspraxis, die im Grunde schon mit der Reformation eingesetzt hatte, sich im 18. Jahrhundert jedoch nochmals verstärkte. Die Regelungsdichte erhöhte sich, immer mehr Lebensbereiche wurden dem herrschaftlichen Zugriff unterworfen. Dabei trat die Vorstellung eines letztlich erzwingbaren Gehorsams des einzelnen Bürgers oder Untertanen in den Hintergrund. Statt auf Normen und Verbote setzten der Kleine Rat und die wichtigsten Regierungskommissionen auf Anreize und Motivation. Auch hierbei spielte die Schrift eine wichtige Rolle, denn erst sie machte es möglich, Leben und Zusammenleben weitergehend zu ordnen und für alle verbindlich bis in die Einzelheiten des Tuns und Lassens hinein steuern zu können. Sie erhöhte sowohl die Reichweite der Regierungstätigkeiten als auch die Möglichkeiten, Sachverhalte und Personen zu erfassen und zum Gegenstand administrativen Handelns zu machen.

Zur wichtigsten Voraussetzung für den Erfolg politischen Handelns wurden nun Informationen. Zunächst problem- und fallbezogen, begannen einzelne Kommissionen und Ämter Berichte zu erstellen und zu sammeln, um einen Überblick über die jeweils aktuelle Lage eines bestimmten Bereichs zu bekommen. Erfasst wurden Menschen und ihre Lebensformen, Grundstücke und Häuser, Tiere und ihre Produkte sowie alle Arten von Übertragungen, insbesondere die Ein- und Ausfuhren von Gütern und Waren. Dabei gaben sich der Kleine Rat respektive einzelne Kommissionen nicht mehr mit den lange Zeit üblichen Berichtsformen zufrieden, die weitgehend standardisiert waren und wenig über die konkrete Wirklichkeit aussagten. Ziel war es, die tatsächlich existierenden Zustände zu erfassen. Damit rückten jene Stellen in den Fokus, an denen das Geschehen real stattfand. Im Kaufhaus›, dem zentralen Ort des Handels, wurden die Geld- und Warenflüsse registriert und Geldströme reguliert. Auf dieser Basis konnten Listen und Tabellen der Im- und Exporte sowie der Einnahmen und Ausgaben erstellt werden, die wiederum in die Gestaltung der Handelsordnung oder in Gebührenregelungen und Steuertarife eingingen. In der Münzkommission, deren Hauptgeschäft die Qualitätssicherung des Münzgeldes war, flossen alle Informationen über Währungsfragen und Wechsel­kurse zusammen. Auch die bereits erwähnten Kommissionen produzierten Daten. Die Fabrique-Commission› registrierte Fabrikanten und Arbeiter und erstellte Listen mit Arbeitslöhnen, der Sanitätsrat nahm Krankheitsfälle und epidemische Verläufe auf und das Direktorium der Kaufmannschaft sammelte alle möglichen Angaben, angefangen von Preisen und Rohstoffen über Produktionsraten bis hin zu europa- und weltweiten Absatzmärkten. Zudem wurden dauerhafte Strukturen und Besitzverhältnisse aufgenommen. Grundbuchverzeichnisse lieferten ebenso Informationen über städtische Besitzverhältnisse und Gestaltungsmöglichkeiten wie Kataster und Verzeichnisse der Kaufbriefe›, durch die Entwicklungen nachvollziehbar wurden. Grenzziehungen und Grenzkorrekturen sowohl innerhalb des Stadtraums als auch zwischen der Stadt und ihrem Umland wurden dokumentiert, um Verwaltung und Raumordnung miteinander zu verbinden.14

Die Perspektive, welche die Erhebung der Daten leitete, war eine ökonomische. Ziel war es, im Sinne der zeitgenössischen Lehre der Kameralistik Einnahmenüberschüsse zu produzieren. So wurden Einnahmen und Ausgaben gegenübergestellt und Gewinne und Verluste miteinander verrechnet. In Kombination mit dem Sachbezug der Kommissionen beförderten diese Rechenoperationen eine weitere Rationalisierung der Verwaltung. Sie strukturierten die administra­tiven Abläufe und prägten gleichzeitig die Perspektive, unter der die äusseren ­Verhältnisse erfasst wurden. Andere Kriterien wie beispielsweise ständische und korporative Unterschiede verloren hingegen an Bedeutung. Zwar wurden in den Vorworten der Reformationsordnungen auch im 18. Jahrhundert immer noch die Bürger›, Schutzverwandten› und Untertanen› adressiert. Das für das Regierungshandeln notwendige Wissen bezog sich nun jedoch auf lebende, tätige, sich fortpflanzende und wirtschaftlich aktive Menschen. Entsprechend zielten «Erkanntnusse» und Mandate nicht mehr auf bestehende Ordnungen und Privilegien, die es durch die obrigkeitliche Normgebung zu sichern galt, sondern auf wirtschaftliche Tätigkeiten, soziale Dynamiken und demografische Bewegungen.

Die Demografie korrespondierte in besonderer Weise mit ökonomischen Kategorien. Anhand von Kirchen-, Tauf- und Sterberegistern liessen sich Einwohnerzahlen in ihrer Entwicklung erfassen und Bevölkerungstabellen generieren.15 Hinzu kamen seit 1698 in unregelmässigen Abständen stattfindende Volkszählungen auf der Landschaft, die im Rahmen der Erhebungen des Fruchtvorrats erfolgten.16 Im Krisen- und Hungerjahr 1770 wurden erstmals gedruckte Tabellen für die Durchführung der Volkszählung verwendet. Sie ermöglichten ein gleichermassen zuverlässiges wie einheitliches Erhebungsverfahren von dementsprechend exakten und administrativ verwertbaren Daten.17 Die drei Kategorien, die zur Erfassung des jeweiligen Vermögens vorgegeben waren, lauteten reich›, mittel› und arm›. 1779 fand schliesslich die erste Erhebung in der Stadt statt. Erfasst wurde jedes Quartier mit der Anzahl der Häuser und Haushaltungen. Die Hausbewohner ­wurden als Einwohner›, Bediente› und andere Hausgenossen› klassifiziert und wiederum in Bürger und Nichtbürger sowie nach Geschlecht unterteilt.18 Zur Profession› liess der Rat 1780 ein eigenes Verzeichnis erstellen, das auch gedruckt wurde. Regelmässig wurde zur demografischen Orientierung auch die Hilfe von Pfarrern in Anspruch genommen. Im Avis-Blatt› rief der Rat sie auf, jährlich Zahlen einzuschicken.

Moralpolitik, Verhaltensregulierung und die Suche nach dem ökonomischen Menschen

Je deutlicher sich Regierung und Verwaltung an ökonomischen Gesichtspunkten ausrichteten, desto schwieriger wurde es für die Kirche, die Prämissen eines funktionierenden Gemeinwesens vorzugeben. Ein Blick in die Reformationsordnungen, die in loser, aber regelmässiger Folge seit dem 16. Jahrhundert erschienen, macht dies deutlich. Stand im 16. und 17. Jahrhundert noch die Verchristlichung der Welt im Zentrum einer kirchlich dirigierten Sittenpolitik, so trat im Verlauf des 18. Jahrhunderts das materielle Wohlergehen in den Vordergrund.19 Die 1727 erschienene Reformationsordnung verzichtete erstmals auf das Adjektiv christlich› im Titel, 1733 wurde der zürnende Gott als Sanktionsinstanz durch die obrigkeitliche Ungnade und Strafe ersetzt, und 1765 wurden Religion und Sittlichkeit zu den «vornehmsten Grundsäulen der öffentlichen Wohlfahrt» erklärt.20 Die polizeilichen Regulierungen bedurften offensichtlich keiner transzendentalen Absicherung mehr. Die Reformationsordnung wandelte sich in ein Instrument, das dem obrigkeitlichen «Mikromanagement des Materiellen» und der politisch-ökonomischen Verhaltensregulierung diente.21

Dass die Einrichtung einer guten Polizey› ein zunehmend weltliches, allein von der Regierung getragenes Unterfangen wurde, bedeutete nun aber nicht, dass dabei auf eine sittlich-moralische Argumentation verzichtet wurde. Im Gegenteil, die Politik der gemeinen Wohlfahrt› blieb in erster Linie Moralpolitik. Das zeigen unter anderem die Gesetze gegen Aufwand und Luxus, die auch in den Reformationsmandaten von 1765 und 1780 noch viel Raum einnahmen. Der den Bürgerinnen und Untertanen abgeforderte Luxusverzicht wurde mit allgemein gültigen Normen begründet, die zwar noch an das göttliche Gesetz angelehnt waren, nun im Kern aber die Grundlage einer innerweltlich-ökonomischen Handlungsethik bildeten. Die «Beförderung wahrer Frömmigkeit» und «guter Sitten» fand so in der Erhaltung «bürgerlicher Bescheidenheit» und «anständiger Mäßigung» ein immer wichtiger werdendes Äquivalent.22 Die daran anschliessende Vorgabe an die Bevölkerung, bei allen Ausgaben «innert den Schranken ihres Vermögens zu ­bleiben», war kein Gebot göttlicher, sondern rein weltlicher Haushaltung.23 Sie gehorchte den Gesetzen der ökonomischen Vernunft.

Indem die Regierung an Formen der religiösen Menschenführung anknüpfte, machte sie das bisher dem allsehenden Gott vorbehaltene panoptische Auge› zur Denkfigur eines ökonomischen Menschen. Die Welt als Handlungsraum war, wie in Feyerabends Panorama, mit der interessengeleiteten Standortgebundenheit dieses Menschen verknüpft. Im Kontext dieses panoramatischen› Konzepts liess sich das gesamte Leben zum Gegenstand der Regierungskunst machen und gleichzeitig eine unmittelbare Beziehung zwischen der Regierung und jedem einzelnen Bürger und Untertanen herstellen. Zumindest in Umrissen zeichnete sich hier schon eine spezifische Mentalität des Regierens ab, die sich in vollem Umfang allerdings erst später durchsetzte.24 Dort, wo die ökonomische Vernunft regierte, war die Einforderung und Sanktionierung von Gesetzesgehorsam überflüssig. Und sofern es gelang, individuelle Freiheitswünsche mit Möglichkeiten vermeintlicher Selbstverwirklichung und wirtschaftlicher Sicherheit zu verbinden, musste kein Aufruhr mehr befürchtet werden. Voraussetzung war allerdings, dass auch die ­Regierung diese Regeln verinnerlichte. Die Amtskirche indes beschränkte sich zunehmend darauf, Normen zu propagieren, die dem allgemeinen Besten – und damit letztlich ebenfalls dem Wohlstands- und Erwerbsgedanken – verpflichtet waren. Dadurch eröffnete sich indes ein Raum für neue Frömmigkeitsformen, den vor allem der Pietismus zu nutzen wusste.

Gesellschaftliche Ordnung im Wandel

Nicht nur im Bereich von Regierung und Verwaltung entstanden im Laufe des 18. Jahrhunderts neue Vorstellungen und Konzepte. Auch in der Basler Bevölkerung war der Wunsch nach Wandel vielfach zu spüren. Dabei lassen sich sehr verschiedene und zum Teil widersprüchliche Tendenzen erkennen. So begannen schon kurz nach der Jahrhundertwende einzelne pietistisch orientierte Gläubige, sich von der Amtskirche zu lösen. Daraus entstand, trotz anfänglicher politischer und kirchlicher Repressionen, eine religiöse Bewegung, welche die Stadt dauerhaft veränderte. Hinzu kamen die Ideen und Reformkonzepte der europäischen Aufklärung, die auch in Basel rezipiert wurden, ohne allerdings eine eigentliche Bewegung wie in anderen eidgenössischen Orten zu begründen. Basler Wissenschaftler beteiligten sich insbesondere im Bereich der Naturwissenschaften und der Mathematik an den europaweit geführten Diskussionen mit innovativen Beiträgen und zum Teil bahnbrechenden Entdeckungen. Auch sie suchten nach Möglichkeiten, neue Handlungsräume zu erschliessen.

Kommunikation und Weltbeobachtung

Der neue Praxisbezug hatte seinen Grund darin, dass sich im Laufe des 18. Jahrhunderts neue Beobachtungs- und Kommunikationsmöglichkeiten herausbildeten. Sie waren eng mit den ökonomischen Entwicklungen, insbesondere dem zunehmenden Bedürfnis nach Konsum und wirtschaftlichem Austausch verbunden. Aus diesem Bedürfnis heraus entstand das Avis-Blatt›, das seit 1729 einmal ­wöchentlich erschien. Es informierte über Möglichkeiten, wie und wo Waren und Dienstleistungen in der Stadt zu erwerben und zu veräussern waren. Ausserdem beinhaltete es Angaben über Lebensmittelpreise, Postkurse, Todesfälle, Eheschliessungen und Geburten sowie über Lotterien und Reisemöglichkeiten. Im Vordergrund standen also Informationen, die den Alltag der Menschen betrafen, ungeachtet dessen, ob diese reich oder arm, politisch einflussreich oder unbedeutend waren. Auch die Obrigkeit nutzte die Breite des Adressatenkreises, um in der Rubrik Allerhand Nachrichten› ihre Anzeigen und Anliegen bekannt zu machen.

Ähnliches lässt sich im Bereich des überregionalen Handels beobachten. Schon einige Jahrzehnte vor der Erstausgabe des Avis-Blattes› war im Jahr 1683 in Basel eine regelmässig erscheinende Mittwoch- und Samstag-Zeitung› gegründet worden, um den engeren Kreis der Kaufleute über internationale Messen, Märkte und Preise zu informieren. Im Laufe des 18. Jahrhunderts vergrösserte sich der Adressatenkreis, und die Zeitung erreichte eine stabile Auflage in dreistelliger ­Höhe.25 Die inhaltliche Verantwortung übernahm ein vom ­Direktorium der Kaufmannschaft bestimmter Pächter. Seine Aufgabe war es, Nachrichten aus anderen europäischen Zeitungen zusammenzustellen, zu kürzen oder um Aspekte zu ­ergänzen, die für Basel besonders relevant waren. Zudem hielt er Kontakte zu Korrespondenten in den wichtigen europäischen Städten, die aus erster Hand über ökonomische Entwicklungen informierten. Regelmässig machten sie aber auch Kriege und politische Ereignisse zum Gegenstand ihrer Berichterstattung. Der Londoner Korrespondent setzte seine Basler Leserschaft beispielsweise ausführlich über den Österreichischen Erbfolgekrieg (1740–1748) in Kenntnis, den Grossbritannien, Spanien und Frankreich auch in Übersee austrugen.26 Dabei beleuchtete er nicht nur die ökonomischen Seiten des Krieges, sondern auch die politischen Hintergründe, die Geschehnisse an den europäischen Höfen und ihre Folgen für die Staatsbeziehungen.

108 Joseph Esperlin, Porträt von Johann Rudolf Iselin, zwischen 1759 und 1779. Johann Rudolf Iselin, Sohn des Ratsherrn und Seidenfabrikanten Hans Jakob Iselin und der Maria Elbs, studierte Recht und wurde 1728 zum Doktor promoviert. 1736 trat er als Hofrat in den Dienst des Markgrafen von Baden-Durlach ein, ­bevor er 1743 zum Redaktor der Basler Mittwoch- und Samstag-Zeitung› und 1757 zum Professor des römischen ­und ­öffentlichen Rechts ernannt wurde.

Die Tendenz, der europäischen Politik grössere Aufmerksamkeit zu schenken, verstärkte sich wenig später nochmals im Zusammenhang mit dem Siebenjährigen Krieg (1756–1763). Johann Rudolf Iselin (1705–1779), seit 1743 verantwortlicher Zeitungs-Compositor›, gab nun auch der Zeitung selbst eine klare politische Stossrichtung.27 Ein Sieg Preussens, so Iselins Kalkül, würde die politischen Möglichkeiten Basels wie der reformierten Orte der Eidgenossenschaft insgesamt erheblich vergrössern. Er schwor die Zeitung deshalb auf eine preussenfreundliche Berichterstattung ein, mit der Konsequenz, dass französische und österreichische Gesandte immer wieder beim Rat vorstellig wurden, um sich über die Parteinahme zu beschweren. Darüber hinaus versuchte er, im Kontakt mit dem preussischen Aussenminister Heinrich von Podewils (1696–1760) sowie dem Reichstagsgesandten Erich Christoph von Plotho (1707–1788) Möglichkeiten ­einer militärischen Unterstützung Preussens durch eidgenössische Truppen auszuloten. Wenngleich diese Pläne an der Angst der reformierten Orte scheiterten, in einen militärischen Konflikt mit den unmittelbaren Nachbarn Frankreich und Habsburg hineingezogen zu werden, zeigt der Fall doch, welche Rolle nicht nur einzelnen Basler Akteuren, sondern auch der Zeitung zukam.

Ob politisiert oder nicht, die neuen Medien veränderten die Art und Weise, wie die Menschen die Welt betrachteten. In gedruckter Form stand eine Fülle von Informationen zur Verfügung, und alle Lesekundigen wurden Zeugen nicht nur des lokalen, sondern auch des globalen Geschehens. Gleichzeitig vervielfältigten sich die Optionen, neue Kontakte zu knüpfen und Austauschbeziehungen ein­zugehen. Die Kehrseite dieser Möglichkeiten war, dass in den neuen Medien ­häufig der persönliche Zusammenhang fehlte, der die herkömmlichen sozialen Kontakte auszeichnete und auch die ökonomischen Beziehungen strukturiert hatte. So wusste man über den Hintergrund einer Anzeige im Avis-Blatt› in der Regel wenig, und entsprechend liess sich die Qualität einer Ware nicht mehr mit dem Leumund des Anbieters oder der Anbieterin in Bezug setzen. Neue Prüfverfahren waren deshalb gefragt. Eine ähnliche Veränderung lässt sich im überregionalen Zusammenhang feststellen. Zwar gab es im Fernhandel schon lange rein ökonomische Beziehungen und entsprechende Geschäftspraktiken. Was durch die Zeitungsberichte zum globalen Geschehen allerdings verloren ging, war auch hier der unmittelbare, persönliche Kontext, der es ermöglicht hatte, die Glaubwürdigkeit einer Information einzuordnen. Ein Zeitungsbericht war erst dann überzeugend, wenn dieses Defizit kompensiert wurde. Eine Geschichte musste aus sich selbst heraus plausibel sein. So achteten die Korrespondenten der Mittwoch- und Samstag-Zeitung› darauf, kohärent zu argumentieren, Interessen von Herrschern und Staaten aufzudecken, Handlungsmotive zu rekonstruieren und Kausalzusammenhänge offenzulegen. Sie erzählten also Geschichten, in denen Menschen die weltlichen Geschicke in ihrem Sinne zu beeinflussen versuchten. Diese Erzähl­weisen korrespondierten eng mit den Prämissen wirtschaftlicher Kosten- und Nutzenabschätzung. Wie die Wirtschaft erschien auch die Politik als Feld gegenwarts- und situationsbezogener Praktiken, die sich nicht mehr im Rahmen eines zeitlich übergreifenden Normenbestandes, sondern durch die beabsichtigten Wirkungen legitimierten.

Neue Frömmigkeitspraktiken

Die Kirche blieb von den geschilderten Entwicklungen nicht unberührt. Der ­Umstand, dass die neuen Regierungs- und Verwaltungspraktiken auf ihre normgebende und -sanktionierende Bedeutung verzichten konnten, führte ebenso zu Erschütterungen wie die Tatsache, dass die mediale Weltbeobachtung und ökonomisch-rationale Weltaneignung keiner transzendentalen Begründung mehr bedurften. Noch gefährlicher für die Institution Kirche aber war der Handlungstyp, der hinter beiden Entwicklungen stand, verkörpert etwa durch den gut ausgebildeten Beamten und den tüchtigen, weitsichtigen Kaufmann. Beide handelten idealerweise eigenverantwortlich und im Bewusstsein, dass sich die Welt mit menschlichen Mitteln gestalterisch erschliessen und verändern liess. Für diesen Handlungstyp war in der Orthodoxie im Grunde kein Platz vorgesehen. Andere religiöse Bewegungen konnten hingegen durchaus Anschlussmöglichkeiten anbieten. Das betraf beispielsweise die Täufergruppen, die in der Gegend um Basel nie vollständig verschwunden waren, aber auch die neu entstandenen pietistischen Reformbewegungen.

Das Bedürfnis nach religiöser Erneuerung oder, vorsichtiger ausgedrückt, nach Abkehr von bestimmten kirchlichen Regeln und Konventionen lässt sich in Einzelfällen zunächst auf der Landschaft feststellen. Die dadurch hervorgerufene Unruhe war indes auch in der Stadt von Anfang an gross. Aufsehen erregte 1705 der Fall des in Frenkendorf ansässigen Leinenwebers Andreas Bohni, der sich weigerte, den obligatorischen Militärdienst zu leisten sowie den Bürgereid abzulegen. Im Verhör bekundete er zudem Zweifel am religiösen Nutzen des Gottesdiensts und des Abendmahls und äusserte die Überzeugung, dass die Kindertaufe biblisch nicht zu rechtfertigen sei. Angesichts der Vielzahl religiöser Normen, die Bohni damit infrage stellte, sah sich der Rat veranlasst, ihn verhaften zu lassen und den Bann über ihn zu verhängen. Seiner Weigerung, die Rechtmässigkeit dieses Urteils anzuerkennen, folgten der Pranger und die Androhung körperlicher Züchtigung. Dieses entschlossene Vorgehen liess keinen Zweifel am obrigkeitlichen Willen aufkommen, die offizielle Position der Basler Kirche durchzusetzen. Nur der Pfarrer von Frenkendorf bezog eine vermittelnde Position, ja beklagte sogar, dass es nicht weitere wahre und eifrige «Pietisten» gebe, mangle es doch weithin an frommen Gläubigen.28

Der Graben, der sich zwischen Pietismus und reformierter Orthodoxie auftat, beruhte weniger auf theologischen denn auf frömmigkeitspraktischen Gründen. Die Amtskirche sprach den Pietistinnen und Pietisten den Glauben nicht ab. Sie verurteilte aber die Art und Weise, wie sie die Nähe zu Gott und der biblischen Botschaft personalisierten, individualisierten und mit dem Erfahrungsbegriff koppelten. Auch das pietistische Selbstverständnis, wiedergeboren und durch ein Erweckungserlebnis erleuchtet zu sein, bedrohte die Institution. Ihr wurde dadurch die Rolle zugewiesen, mit ihren Regelungen und Formalismen Hort des Gros jener Menschen zu sein, die sich mit der Befolgung sinnentleerter Regeln begnügten. Eine innere Anteilnahme war hier, so der implizite pietistische Vorwurf, nicht mehr vorgesehen und der Glaube als persönliches Erlebnis, das sich in der Praxis eines tätigen christlichen Miteinanders immer wieder neu bewährte, nahezu ausgeschlossen. Umso konsequenter reagierte die Amtskirche, wenn jemand den kirchlichen Gnadenmitteln, dem Gottesdienst und dem Abendmahl mit offenkundiger Geringschätzung und Verachtung begegnete.29

Die vom Rat und von den Kirchenoberen ergriffenen Massnahmen ver­hinderten nicht, dass pietistische Frömmigkeitspraktiken auch weiterhin in der Stadt und auf der Landschaft existent blieben. Gläubige mieden das Abendmahl, kritisierten das sonntägliche Exerzieren oder verweigerten die Teilnahme am ­Gottesdienst. Dass damit in der Nachfolge Christi Leiden und Verfolgung verbunden waren, bedeutete ihnen nur die Bestätigung, auf dem richtigen Weg zu sein. Auch private Versammlungen – die sogenannten Konventikel –, bei denen Laien die Bibel auslegten und gemeinsam beteten, blieben trotz obrigkeitlichem Verbot allgegenwärtige Phänomene. In den Verhörakten und Protokollen, die den frühen Pietismus in Basel dokumentieren, finden sich auffällig viele Frauen. Sie gerieten ins Blickfeld der Behörden, wenn sie gemeinsam mit ihren Ehemännern und ­Familienangehörigen pietistische Glaubensformen praktizierten. Nicht selten handelten sie aber auch eigenständig und gegen den Willen und die Interessen ihrer Familien. So verweigerte 1723 Anna Häfelfinger aus Rümlingen das Abendmahl mit dem Hinweis, dass überwiegend Sünder daran teilnähmen und sie in der ­Kirche nicht die liederlichen Freunde ihres Mannes Martin Egli treffen wolle. Sie sei bereit, für ihre Überzeugung auch die Verbannung in Kauf zu nehmen. Ähnlich konsequent zeigte sich eine Frau von Planta, die einige Zeit zuvor in ihrem Stadthaus den ehemals lutherischen und nun pietistisch orientierten Pfarrer Matthias Pauli beherbergt hatte. Als der Rat Pauli wegen separatistischer Umtriebe aus der Stadt verwies, protestierte sie heftig, wenngleich letztlich erfolglos dagegen. Auch in der Folgezeit gerieten wegen ähnlicher Fälle immer wieder Frauen ins Visier der Kirchenbehörden.30

Vom religiösen Separatismus zum kirchlichen Pietismus

Trotz des selbstbewussten Auftretens pietistisch gesinnter Frauen und Männer blieben Konflikte in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts Einzelfälle. Dies änderte sich in den 1740er-Jahren.31 Die pietistischen Zirkel, die sich bewusst von der Kirche abgrenzten, wuchsen so stark an, dass ihre privaten Zusammenkünfte kaum mehr geheim gehalten werden konnten. Dort, wo dieser Kurs zur offenen Opposition wurde, reagierte der Rat nun sehr viel nachdrücklicher. Besonders her­ausgefordert sah er sich durch sogenannte stille Begräbnisse, bei denen Gläubige heimlich ausserhalb des Kirchhofs beigesetzt wurden. Um 1750 kam es deshalb zu mehreren Prozessen, in deren Folge Bannstrafen gegen Angehörige der Verstorbenen verhängt wurden. Als einer der Ausgewiesenen, der aus Lyon stammende Strumpfweber Jean Mainfait, heimlich zurückkehrte und dafür an den Pranger gestellt wurde, eskalierte die Situation. Gegen diesen Akt obrigkeitlicher Machtdemonstration opponierte eine Gruppe von zwölf Frauen und Männern, darunter der Basler Chirurg Hans Ulrich Miville (1723–1759) sowie der aus einer Gerberfamilie stammende Hieronymus Faesch. Sie bekundeten öffentlich ihre Solidarität mit Mainfait; zudem entspann sich eine publizistische Auseinandersetzung. Auf ein vom Rat in Auftrag gegebenes Gutachten, in dem der Basler Theologieprofessor Jakob Christoph Beck (1711–1785) den «Ungrund des Separatismus» mit harschen Worten verurteilte, reagierten Miville und Faesch mit einer pietistischen Verteidigungsschrift, die sie in Basel verteilen liessen.32 1753/54 kam es deshalb zu weiteren Verhören und Prozessen, in deren Folge hohe Strafen verhängt wurden. Neben dem Ehepaar Miville-Strasser, das als Rädelsführer betrachtet wurde, gehörten auch die aus einer Basler Bürgerfamilie stammenden Geschwister Brenner zu den Angeklagten [110 | 111].33

Die sogenannten Separatistenprozesse Mitte der 1750er-Jahre leiteten eine Wende ein. Der Rat war an die Grenzen dessen gegangen, was an Repression möglich war, ohne die Einheit der Bürgerschaft zu gefährden. Dem Basler Pietismus wiederum drohte, wie nun deutlich wurde, eine Marginalisierung, wenn er sich weiter radikalisierte. Zur notwendigen Entspannung der Situation bedurfte es allerdings eines Impulses von aussen. Seit einiger Zeit hatte sich in der Stadt eine kleine Fraktion der aus Sachsen stammenden Herrnhuter Brüdergemeine etabliert. Ihr Gründer Nikolaus von Zinzendorf (1700–1760) reiste durch Europa, um seine Vorstellungen einer Religionserneuerung zu verbreiten. Auch die Herrnhuter vertraten ein pietistisches Christentum der tätigen, individuellen Verantwortung. Sie verfolgten allerdings einen gemässigteren, kirchennahen Reformansatz und wurden deshalb von den Kirchenbehörden toleriert. So bot sich die Möglichkeit, den Basler Pietismus an eine europäische Bewegung anzubinden und dadurch lokale Spannungen aufzulösen. Aus dem Kreis der Separatistinnen und Separatisten wandte sich beispielsweise Susanna Brenner der Herrnhuter Sozietät zu und heiratete eines ihrer Mitglieder. Der Rat wiederum rehabilitierte nach ­einiger Zeit ihren Bruder Wilhelm. Auch Hans Ulrich Miville gelang es, wieder in die Basler Kirche aufgenommen zu werden, nachdem er von manchen radikalpietistischen Grundsätzen abgerückt war.

Befördert wurde diese Entwicklung wesentlich durch Hieronymus Annoni (1697–1770), der um die Jahrhundertmitte wachsenden Einfluss auf die religiöse Entwicklung Basels gewann. Annoni war als überzeugter Pietist 1739 in das Pfarramt in Waldenburg, 1746 dann in das Pfarramt von Muttenz gelangt. Hier predigte er mit missionarischem Eifer und rhetorischem Geschick, sodass er bald eine grosse, auch aus der Stadt kommende Zuhörerschaft gewann. Nicht zuletzt viele Angehörige der Basler Ratsfamilien besuchten regelmässig seine Gottesdienste. Nebenbei nahm er an Hausversammlungen teil, dichtete eine Vielzahl von Kirchenliedern und pflegte damit die pietistische Praxis gemeinschaftlicher religiöser Erbauung. Annoni vertrat trotz seiner unerschütterlichen Glaubensüberzeugung eine tolerante und offene Konzeption des Pietismus und ebnete damit den Weg zu einer spezifisch baslerischen Kirchenerneuerung.34 Es gelang ihm zum einen, die noch bestehenden Differenzen zwischen den radikaleren pietistischen Strömungen, die vor allem auf der Landschaft zu finden waren, und der in der Stadt aktiven Herrnhuter Gemeine weiter abzubauen. Zum anderen betonte er, trotz aller Konflikte, die Gemeinsamkeiten mit der Amtskirche. Auf diese Weise schuf er einen Raum für Kompromisse.

112 Emanuel Büchel, Muttenz mit dem Kirchturm von St. Arbogast, ca. 1748. Durch Hieronymus Annoni, der hier zwischen 1746 und seinem Tod 1770 predigte, wurde die Wehr­kirche St. Arbogast in Muttenz zu einem Zentrum der Basler pietistischen Frömmigkeit.

Die kirchliche Erneuerung erfolgte dann durch eine von Annoni geprägte Generation von Theologen und Laien in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Besonders einflussreich war Johann Rudolf Burckhardt (1738–1820), der sich schon als Theologiestudent für die Predigten Annonis begeistert und seit 1762 auf einer Vikariatsstelle mit ihm zusammengearbeitet hatte. 1766 übernahm Burckhardt die Pfarrstelle in St. Peter und begann sich in der Stadt für einen kirchennahen Pietismus einzusetzen. Sein Einfluss reichte weit ins Basler Bürgertum hinein, mit dem er auch familiär verbunden war; seine dritte Frau Margaretha stammte aus der Grossrats- und Fabrikantenfamilie Merian. Gemeinsam mit anderen ­Annoni-Schülern, die wichtige Stellen in der Stadt innehatten, legte er damit die Grundlagen für eine Entwicklung, die in der Gründung der einflussreichen Deutschen Christentumsgesellschaft› 1780 kulminierte. Diese wiederum wurde zum wichtigsten Pfeiler einer bürgerlich-pietistischen Erweckungsbewegung, die im Laufe des 19. Jahrhunderts im Begriff des Frommen Basel› ihre volle Wirkung entfaltete.35

Reformbewegungen und Aufklärung

Den Basler Pietismus auf seine religiöse Dimension zu reduzieren, greift zu kurz. Seine historische Bedeutung erlangte er auch und vor allem als institutionenkri­tische und zumindest anfänglich egalitäre soziale Bewegung. Dies entsprach einer Frömmigkeitsvorstellung, in deren Mittelpunkt die gemeinschaftliche Andacht und tätige Nächstenliebe standen. Tatsächlich waren es pietistische Konventikel, in denen in Basel erstmals neue Formen des schichtenübergreifenden sozialen Miteinanders erprobt wurden. Bereits 1756 gründete Annoni zudem eine Gesellschaft guter Freunde›, die sich dem Sozietätsgedanken verpflichtete mit dem Ziel, «Gottes Ehre und des Nebenmenschen Heil zu befördern und sich untereinander zu erbauen». Die Gesellschaft vereinte nicht nur Gläubige zum gemeinsamen Gebet, sondern fungierte auch als Wissens- und Kommunikationszusammenhang, um Missstände aller Art zu bekämpfen und sich für eine christliche Erneuerung der Welt einzusetzen.

Im Vergleich zum Pietismus formierten sich nicht-kirchliche oder nicht-­religiöse Reformbewegungen in Basel mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung. Auch sie besassen in der Regel einen konkreten Grund, nämlich die Einsicht in die Reformbedürftigkeit von Institutionen oder Verhältnissen, die als nicht mehr befriedigend erachtet wurden. Ihr gemeinsamer Nenner war somit der aus einem neuen Verständnis von Mensch und Gesellschaft resultierende Praxisbezug, der sich mit dem Reformgedanken verband. Der Wille, aktiv zu werden und Verbesserungen im Konkreten zu erreichen, diente als Orientierung. Eine Führungsfigur fanden sie in Isaak Iselin, Neffe des Zeitungsherausgebers Johann Rudolf Iselin und seit 1756 Basler Ratsschreiber.36 Iselin stand in engem Kontakt mit den wichtigsten Vertretern der europäischen Aufklärung, beteiligte sich an deren Diskursen, gründete mit den Ephemeriden der Menschheit› selbst eine der einflussreichsten Aufklärungszeitschriften und vertrat konsequent aufgeklärte Ideen.

Ganz im Sinne der Aufklärung war ein Schwerpunkt der sich um Iselin ­formierenden Basler Reformbewegung die Bildungspolitik. Neben Inhalten und Vermittlungsformen galt Iselins Interesse vor allem der institutionellen Neuge­staltung des Bildungssektors. So regte er an, eine Ausbildungsstätte neuer Art ins Leben zu rufen. Vorbild der Basler «Pflanzschule», wie Iselin sein Projekt nannte, waren die überall in Europa neu gegründeten Akademien.37 Wesentliche Impulse entnahm er zudem den Patriotischen Träumen eines Eydgenossen› des Luzerner Ratsherrn Franz Urs Balthasar. Basel sollte demnach Sitz einer eidgenössischen Akademie werden, in der neben den Naturwissenschaften auch Literatur, Philosophie und Pädagogik gelehrt würden. Ein derart breiter Bildungskanon, in dem Nutzenorientierung, Praxisbezogenheit und Erkenntnisgewinn untrennbar miteinander verbunden waren, entsprach dem aufgeklärten Wissenschaftskonzept.38 Die Akademiepläne scheiterten allerdings, da es in der Stadt dafür kaum Unterstützung gab.39

Auch mit anderen Projekten stiess Iselin auf Schwierigkeiten. Schon als junger Ratsschreiber regte er im Namen einer vernünftigen Bevölkerungspolitik eine Revision der restriktiven Einbürgerungsgesetzgebung an, traf damit jedoch beim Rat auf harten Widerstand. Die Gründung eines Lesekabinetts, das den «­Liebhabern der Künste, Wissenschaften und aller gemeinnützigen Dinge» ein Forum bieten sollte, schien hingegen zunächst aussichtsreicher.40 Wiederum unter Führung ­Iselins fand sich ein prominenter Kreis von Personen aus dem Stadtbürgertum zusammen, um nach dem Vorbild der aufgeklärten Sozietätsbewegung einen Ort des gleichberechtigten sozialen Miteinanders und der standesunabhängigen Geselligkeit zu schaffen. Bald führten Finanzierungsfragen dazu, dass auch dieses Vorhaben ein vorzeitiges Ende fand. Die pietistischen Versammlungen blieben vorerst die wichtigsten Foren einer geschlechts- und standesunabhängigen egalitären Kommunikation.

Erfolgreicher gestalteten sich Iselins überregionale Bemühungen. 1761/62 wurde unter anderem auf seine Initiative hin die Helvetische Gesellschaft› gegründet, die in regelmässigen Abständen in Schinznach tagte. Für die Gründungsmitglieder, zu denen neben Iselin der Zürcher Stadtarzt Johann Kaspar Hirzel, der Luzerner Ratsherr Joseph Anton Felix Balthasar und der Berner Rechtsprofessor Daniel von Fellenberg gehörten, war das Ziel der Gesellschaft, die reformorientierten Kräfte der Eidgenossenschaft zu vereinen. Die Mitglieder verpflichteten sich wechselseitig, sich in jeder Beziehung für die Belange der Eidgenossenschaft zu engagieren und gemeinsam für Freiheit, Tugend und Vaterlandsliebe einzusetzen.41 Dezidiert galt dies unabhängig von Geburtsstand und Zunftzugehörigkeit. Das bedeutete allerdings nicht, dass die Gesellschaft tatsächlich allen offenstand. Nur wer über einen gewissen Wohlstand verfügte, konnte sich die Reise zu den Versammlungen leisten. Die Basler Mitglieder – ein Kreis von fast hundertachtzig Personen – stammten nahezu vollständig aus den führenden städtischen Rats- und Kaufmannsfamilien. Es handelte sich ausschliesslich um Männer, da Frauen die Mitgliedschaft verwehrt blieb. Männerfreundschaften waren dann letztlich auch die Beziehungsform, die das Leben der Gesellschaft prägten.

Erst 1777 kam es wieder zu einem – diesmal erfolgreichen – Versuch, auch in Basel eine Aufklärungsgesellschaft zu gründen. Die Situation hatte sich durch die Krisenjahre 1770/71 wesentlich verändert. Engagement für die Wohlfahrt des Gemeinwesens wurde von immer mehr Bürgerinnen und Bürgern als notwendig erachtet. Der offenkundige Reichtum der Kaufmannsfamilien in Kombination mit den pietistischen Forderungen nach einem tätigen Christentum motivierten dazu, die ärmeren Schichten in den Vordergrund zu stellen. Die Gesellschaft zur Aufmunterung und Beförderung des Guten und Gemeinnützigen›, so der Name, stellte sich somit ganz in den Dienst der sozialen Frage. Im Sinne Iselins war ein Schwerpunkt der sozialen Arbeit das Bildungswesen. So wurden auf Initiative der Gesellschaft 1784 eine Papiererschule› für die Kinder, die in den Papierfabriken arbeiteten, sowie 1796 eine Art frühe Gewerbeschule gegründet. Darüber hinaus widmeten sich die Mitglieder der medizinischen Vorsorge sowie der Armuts­bekämpfung. 1778 richtete die Gesellschaft ein Krankenmobilienmagazin› ein, das die medizinische Behandlung von Bedürftigen sicherstellte. Über all diese ­Aktivitäten wurde in Jahres- und Kommissionsberichten öffentlich Rechenschaft abgelegt – ein im Vergleich zum üblichen politischen Prozedere völlig neues Vorgehen.42 Von der Spitze der Gesellschaft, an der ein jährlich neu zu wählender Präsident stand, über den Vorstand, der die Geschäfte leitete, bis hin zu den Kommissionen, die besondere Aufgaben übernahmen, waren alle zu vollkommener Transparenz verpflichtet.

Die Gesellschaft für das Gute und Gemeinnützige(GGG), wie sie später heissen sollte, zeichnete eine grosse personelle Schnittmenge mit der Basler pietistischen Bewegung aus. So gehörte Johann Rudolf Burckhardt, Pfarrer und Mitbegründer der Deutschen Christentumsgesellschaft›, auch zu den Gründungsmitgliedern der GGG. Die Vermutung liegt nahe, dass die vermeintliche Schwäche der Basler Aufklärung mit der Stärke der pietistischen Reformbewegung zu tun hat. Kulturelles und soziales Engagement liess sich im Rahmen der pietistischen Bewegung ebenso gut umsetzen wie in Aufklärungssozietäten. Auch die nach ­Iselins Tod im Jahr 1787 gegründete Allgemeine Lesegesellschaft› beschränkte sich noch auf einen kleinen, elitären Kreis von Mitgliedern. Die Deutsche Christentumsgesellschaft› versammelte hingegen zum Teil ausgesprochen heterogene Bevölkerungsgruppen, die neben der Verbreitung des christlichen Glaubens ebenfalls reformerisch-gemeinnützige Ziele verfolgten.

Experimente, Sammlungen, Erfindungen

113 Anonym, Porträt von Daniel Bernoulli, um 1720/1725. Daniel Bernoulli stammte aus einer berühmten Familie von Wissenschaftlern. Sein Vater Johann I (1667–1748), sein Onkel Jakob I (1654–1705) und sein Bruder Nikolaus II (1695–1726) waren bekannte Mathematiker. Daniel studierte ­zunächst Medizin in Basel, Heidelberg und Strassburg. 1733 übernahm er die Professur für Anatomie und Botanik an der Basler Universität, 1743 den Lehrstuhl für Anatomie und Physiologie und 1750 schliesslich die Professur für Physik.

Basels Universität war im 18. Jahrhundert vor allem eine Ausbildungsstätte für die heimischen Beamten und damit ein wichtiger Ort der Modernisierung von Regierung und Verwaltung. Ihre überregionale Bedeutung ging dadurch aber weit­gehend verloren. Die meisten Basler Professoren besassen in der europäischen Gelehrtenwelt kaum Bedeutung und zeigten wenig Interesse, sich an deren Diskussionen zu beteiligen. Die wenigen Ausnahmen unter ihnen verdankten sich aufgrund der Losordnung buchstäblich dem Zufall. Umso bedeutender aber waren sie für die Stadt und die Veränderungen, die sich im 18. Jahrhundert abzeichneten. Daniel Bernoulli (1700–1782), der seit 1733 eine Professur für Anatomie versah und ab 1750 den Lehrstuhl für Physik innehatte, war eine solche Ausnahme. Er stammte aus einer niederländischen Gelehrtenfamilie, die zu Beginn des 18. Jahrhunderts nach Basel emigriert war. Sein Hauptinteresse lag auf mathematischen und physikalischen Fragen. Zusammen mit dem ebenfalls aus Basel stammenden Leonhard Euler (1707–1783) entwickelte er eine Reihe wichtiger Gleichungen zur Strömungsmechanik. Noch bedeutsamer aber waren seine Beiträge zur Wahrscheinlichkeitstheorie, die nicht nur innerwissenschaftlich viel Beachtung fanden, sondern auch der zeitgenössischen Reformbewegung neue Horizonte eröffneten. Die Wahrscheinlichkeitstheorie basierte auf einer mathematischen Betrachtung des Zufalls, die es ermöglichte, Aussagen über zukünftige Ereignisse zu tätigen. Die Zukunft war also nicht mehr der göttlichen Vorsehung vorbehalten, sondern liess sich dem menschlichen Denken und Handeln verfügbar machen. Sie wurde zum Horizont von Risikoabwägungen und abhängig von Entscheidungsprozessen.

Gestaltbarkeit und Machbarkeit der Welt, die sich im Lichte der Wahrscheinlichkeitstheorie offenbarten, boten nicht zuletzt der Wissenschaft selbst vielfältige Möglichkeiten. Bernoulli entwickelte zahlreiche Projekte, in denen er einen praktischen Nutzen mit einem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn verband. So führte er im Auftrag des Rates 1755 zusammen mit dem Baumeister, Geometer und Ingenieur Johann Jacob Fechter Landvermessungen im Gebiet der Wannenflue durch. Hintergrund war ein Streit zwischen Basel und Solothurn über den ­dortigen Grenzverlauf, für den die zwei Wissenschaftler einen Lösungsvorschlag entwickeln wollten.43 Bernoulli nutzte die Gelegenheit, um gleichzeitig auch Höhenmessungen vorzunehmen und mithilfe einer auf Luftdruck basierenden Messmethode die zeitgenössischen Kenntnisse der Basler Topografie zu erweitern. Durch Aufzeichnungen, die in Briefen und Zeitschriften zirkulierten, wurden die Ergebnisse dann einem weiteren Kreis von Gelehrten zur Kenntnis gebracht. Aus der daraus folgenden kritischen Diskussion liessen sich wiederum neue Fragestellungen und Erkenntnisinteressen generieren.

115 Chronometer, hergestellt von Thomas Mudge nach einem Entwurf von Johann ­Jakob Huber, 1755. Huber und Mudge konstruierten erstmals eine Uhr mit konstantem ­Antrieb auf der Grundlage einer sogenannten freien Hemmung, die weniger Reibung ­aufwies und dadurch zuverlässiger als ältere Modelle funktionierte.

Bernoulli war damit Teil einer Bewegung, welche die Wissenschaft aus dem Elfenbeinturm der Theorie befreite und als experimentelle Praxis definierte. Eine grosse Bedeutung besassen hierbei Dinge, seien es Naturobjekte, technische Instrumente oder Medien. Für seine Vorlesungen zur Experimentalphysik liess er beispielsweise vom Basler Goldschmied Johann Dietrich, der sich auf physikalische Instrumente spezialisiert hatte, einen Magneten in Hufeisenform herstellen [114].44 Die experimentelle Wissenschaft Daniel Bernoullis gründete also auf einem Fundament des Materiellen, das unter den Zeitgenossen grosse Aufmerksamkeit fand. So ­entstanden in Basel im Laufe des 18. Jahrhunderts zahlreiche wissenschaftliche Sammlungen von Mineralien und Versteinerungen, Tieren und Pflanzen, aber auch von Gerätschaften, Instrumenten und Modellen. Ihr Zweck war es einerseits, ein interessiertes Publikum zu belehren und zu unterhalten. Andererseits ging es darum – und das unterschied die Sammlungen des 18. von den Naturalienkabinetten des 16. und 17. Jahrhunderts –, das experimentelle Naturstudium zu befördern. Explizit stellten sich die Sammler in den Dienst der wissenschaft­lichen Erkenntniserweiterung und suchten neue Zusammenhänge, Strukturen und Funktionen aufzudecken. Zu ihnen gehörten der Arzt und Physikprofessor Benedikt Stähelin (1695–1750), aber auch Hieronymus Annoni, der nicht nur ein grosses Interesse an der Naturforschung seiner Zeit hatte, sondern auch eine über siebenhundert Exponate umfassende Sammlung von Mineralien und Fossilien ­hinterliess.45

114 Johann Dietrich, Diederichscher Magnet›, 1755. Daniel Bernoulli liess 1755 im Rahmen ­seiner Studien zum Magnetismus beim Basler Goldschmied Johann Dietrich (1715–1758) ­einen hufeisenförmigen Magneten anfertigen. ­Anhand des Objekts stellte er Beziehungen ­zwischen der Tragkraft eines Magneten, seiner Oberfläche und seinem Gewicht her.

Dinge spielten aber nicht nur als Sammelgegenstände und wissenschaftliche Instrumente eine wichtige Rolle. Ein Hauptanliegen der Wissenschaft des 18. Jahrhunderts waren technische Innovationen, die wiederum einen konkreten Praxisbezug hatten. Auch in dieser Hinsicht besass Basel Bedeutung. Johann Jakob Huber (1733–1798), Basler Kaufmannssohn und Schüler Bernoullis, verband sein Interesse für die Mathematik schon früh mit astronomischen Studien. Auf einer wissenschaftlichen Englandreise, die er nach seinem Studienabschluss im Jahr 1754 unternahm, kombinierte er seine astronomischen Kenntnisse wiederum mit Überlegungen zur Mechanik von Uhren. Konkret beschäftigte er sich mit dem bis zu diesem Zeitpunkt nicht befriedigend gelösten Problem einer konstanten Hemmung. Er kam in kurzer Zeit zu einem Lösungsansatz, den er dem Oxforder Astronomieprofessor James Bradley vorlegte. Dieser wiederum beauftragte den Londoner Uhrmacher Thomas Mudge, nach Hubers Überlegungen ein Uhrenmodell anzufertigen. So entstand die erste Uhr mit einer Hemmung mit konstanter Kraft. Huber bekleidete danach eine Professur in Potsdam sowie das Direktorenamt der Berliner Sternwarte. Als er nach wenigen Jahren in seine Heimatstadt zurückkehrte, brachte er die Uhr mit [115].46

Basler Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft: Das Geschichtspanorama um 1800

Das Feyerabend’sche Baselpanorama von 1787 war nicht nur ein Spiegelbild kaufmännischen und städtischen Selbstbewusstseins. Es veranschaulichte in der neuen Form des Sehens, der es Ausdruck verlieh, auch eine neue Erfahrung und Wahrnehmung von Geschichte. In diesem Sinne lassen sich die zwei genannten Merkmale des Panoramas – Allansicht und Zentriertheit – nochmals anders interpretieren. Die Allansicht war nichts anderes als ein Kontinuum ohne Anfang und Ende. Und die privilegierte Position des Betrachters oder der Betrachterin im Zentrum beinhaltete, dass er oder sie ein Teil des Bildes war, ja geradezu in den Bildraum hineingezogen wurde. Die Sicherheit, bei der Betrachtung der Welt den Rücken frei zu haben, fiel damit weg.47 Stattdessen galt es, sich in einem Wechselspiel veränderlicher Standpunkte und Ansichten immer wieder neu zu orientieren und selbst zu vergewissern.

Die hier anklingende Verunsicherung ist ein Zeichen der Umbruchperiode, die um 1800 ganz Europa erfasste. In Basel lässt sie sich in ihrer Entstehung und ihren einzelnen Phasen gut beobachten. Das subjektive Bewusstsein, in einer Zeit des Wandels zu leben, wurde vor allem in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stetig grösser. Isaak Iselin hatte einen entsprechend kritischen Blick auf seine Zeit und die vorangegangenen, seit der Reformation verstrichenen zweieinhalb Jahrhunderte.48 Vieles schien ihm veraltet, manches unwiderruflich überholt, das meiste zumindest reformbedürftig. Zu lange hatten all die Traditionen und Gebräuche den Blick auf das verstellt, was die Vernunft gebot. Vor allem im Bildungsbereich, aber auch im Handwerk und in der Landwirtschaft schienen die Strukturen verkrustet. Die Kirche bestimmte immer noch das städtische Leben, und ein enges Korsett von Vorurteilen, Vorschriften und Traditionen hinderte viele fortschrittliche Kräfte daran, sich zu entfalten. Dort, wo sich trotz aller Hindernisse dynamische Entwicklungen ergaben, vor allem im Bereich von Handel und Produktion, gab es aus Iselins Sicht ebenfalls nicht uneingeschränkt Anlass zur Hoffnung. In der Welt der Basler Kaufmannsfamilien, die ihre Seidenbänder und Indienne-Stoffe exportierten, regierte das Geld. Wenig Interesse hingegen gab es für die bildungspolitischen Herausforderungen und menschheitsgeschichtlichen Entwicklungen, die aus Sicht des Aufklärers die Zukunft bestimmten.

Unabhängig von seinem kritischen Blick auf Basel verfasste Iselin, sich damit an prominenter Stelle in den europäischen Aufklärungsdiskurs einschreibend, eine Universalgeschichte, die 1764 erstmals erschien und zahlreiche Auflagen erlebte.49 Iselins Erzählung kreiste um den «Fortgang der Menschheit von der äussersten Einfalt zu einem immer höhern Grad von Licht und von Wohlstande».50 Dieser «Fortgang» war, da «jede gute Handlung [] ähnliche Thaten» hervorbringe, ein Auftrag an die Menschen, sich stets für die Verbesserung der Zustände einzusetzen.51 Er bestimmte die Geschichte der Menschheit› jedoch auch unabhängig von konkreten Umständen und Handlungen, wie Iselin anhand vieler Beispiele verdeutlichte. Die «herrschende Idee» seiner Betrachtung war ein sich selbst generierender Fortschritt. Dies bedeutete nichts anderes, als dass Fortschritt und Geschichte tautologisch wurden, also der Fortgang der Geschichte sich aus dem Fortgang erklärte: «Jede nützliche und angenehme Erfindung bähnet einer andern den Weg. Jede Kunst beut der andern die Hand.»52 Iselin war aber nicht nur der Überzeugung, dass der historische Wandel, den er beobachtete, einem Fortschrittsprinzip folgte. Er gab sich auch davon überzeugt, dass dieses Prinzip sich demjenigen, der mit Verstand die Fakten zusammentrug, als «Wahrheit» präsentierte. Die Geschichte der Menschheit› zerstreute also nicht nur möglicherweise vorhandene Zweifel an der Zielgerichtetheit des Geschehens, sondern auch jene am menschlichen Vermögen, die Wahrheit zu erkennen.

116 Porträt von Isaak Iselin, 1784. Ölgemälde von Anton Hickel, eigenhändige Kopie der Fassung von 1781. Isaak Iselin bemühte sich nicht nur um politische und pädagogische ­Reformen in der Stadt, sondern beteiligte sich auch an prominenter Stelle an den Diskussionen der europäischen Aufklärung.

Kaufleute wie Lukas Sarasin, der Initiator des Basler Zirkularpanoramas, oder sein Bruder Jakob kannten als Mitglieder der Helvetischen Gesellschaft› und der Gesellschaft für das Gute und Gemeinnützige› den Fortschrittsdiskurs der Aufklärung. Auch sie zweifelten nicht daran, dass sich die Zeiten änderten. Ihr Bezugshorizont war indes ein anderer, dominierten im Bereich der Wirtschaft doch Konkurrenzverhältnisse, Einzelinteressen und individuelle Gewinnabsichten. Diese liessen sich schwerlich miteinander harmonisieren und kaum mit dem universalen, auf der Gleichgerichtetheit guter Absichten beruhenden Fortschritts­gedanken verbinden. Das Alternativkonzept des durch eine unsichtbare Hand› gelenkten und sich damit letztlich selbst regulierenden Marktes, das Adam Smith 1776 in seinem Buch On the Wealth of Nations› entwickelte, schloss hier eine Lücke.53 Es wurde auch in Basel gelesen und rezipiert, allerdings meist unter falschen Prämissen. So sprach Iselin in seiner in den Ephemeriden› erschienenen Rezension davon, dass die Ideen Smiths fast identisch seien mit den physiokratischen Vorstellungen vom Primat der Landwirtschaft.54 Für die konzeptionelle Sprengkraft des Werks, die in den Überlegungen zum Markt steckte, hatte er keinen Sinn. Aus Sicht der führenden Schicht des Basler Bürgertums erschien die Zukunft damit im Prinzip unsicher. Sie war das Resultat von Aushandlungsprozessen und Interaktionen, Kalkülen, Wahrscheinlichkeiten und Risikoabwägungen. Der Geschäftigkeit, die hier als Grundform historischer Veränderung anklingt, entsprach die Erfahrungswirklichkeit, die ihren Grund sowohl im Grossen des europäischen und globalen Handels, in den Basel involviert war, als auch im Kleinen des Basler Alltags besass. Aus Basler Sicht lag es insofern nahe, die Stadt selbst und ihre Geschichte in den Blick zu rücken, um etwas über den Fortgang der Dinge und die Zukunft zu erfahren.

Vor diesem Hintergrund lässt sich das grossangelegte Unternehmen von Peter Ochs (1752–1821) verstehen, eine Geschichte der Stadt und Landschaft ­Basel› zu schreiben. Ochs war Iselins Nachfolger als Ratsschreiber und fühlte sich wie dieser den Idealen der Aufklärung verpflichtet.55 Da er zwar väterlicherseits aus einer Basler Kaufmannsfamilie stammte, aber in Frankreich, dem Land seiner Mutter, und in Hamburg aufgewachsen war, lagen die biografischen Voraussetzungen etwas anders. Ochs musste sich in Basel nach seinem erfolgreichen Studium der Rechte erst etablieren.56 Er tat dies, indem er, wie er erklärte, an Iselins Werk anschloss, nicht jedoch die Geschichte der Menschheit in den Blick nahm, sondern die «des kleinsten Theils derselben».57 Der erste Band erschien im Jahr 1786. Ihm folgten bis 1822 sieben weitere Bände, deren Untersuchungszeitraum bis zur Gegenwart reichte.

117 Johann August Nahl d. J., Porträt von Peter Ochs, 1791. Nahl zeigt Peter Ochs als Kor­respondenten und Historiker am Schreibtisch in Paris, links im Bild die ersten drei Bände ­seiner Basler Geschichte, rechts eine Büste von Benjamin Franklin. Ochs wurde vor allem als Staatsmann und Diplomat bekannt. Erst im Alter von siebzehn kam er nach Basel, der Geburtsstadt seines Vaters. Er besuchte die Universität und heiratete die Bürgertochter ­Salome Vischer. 1780 war er erstmals als ­Gesandter an der Tagsatzung. Es folgten zahlreiche diplomatische Missionen für Basel und ein steiler Aufstieg in die höchsten Ämter der Stadt. Während der Französischen Revolu­tion, die Ochs begrüsste und deren Ideale er teilte, vertrat er die Eidgenossenschaft auch nach aussen. Im Inneren setzte er sich für ­Reformen ein und beteiligte sich federführend an der Ausarbeitung der Verfassung und ­Gründung der Helvetischen Republik. Mit deren Scheitern verlor er alle seine Ämter.

Ochs konnte bei seinem Unternehmen an viele Vorarbeiten anknüpfen. Die wichtigste davon stammte von Christian Wurstisen (1544–1588), einem Pfarrer, Gelehrten und Stadtschreiber, der in der Tradition der humanistischen Geschichtsschreibung im 16. Jahrhundert eine Baszler Chronick› verfasst hatte.58 Wurstisens Werk deckte einen Zeitraum von den Anfängen bis zu seiner eigenen Gegenwart ab. Im Laufe des 18. Jahrhunderts gab der Basler Ratssubstitut Daniel Bruckner (1707–1781) die Wurstisen-Chronik nicht nur neu heraus, sondern schrieb sie bis ins Jahr 1620 fort. Zudem verfasste er eine Geschichte der Basler Landschaft.59 Bruckner war der erste Basler Historiker, der aufgrund seiner Position in der Basler Verwaltung Zugang zu Archivmaterialien hatte und diesen ausgiebig nutzte. Seine Manuskripte wurden für Ochs deshalb zu wichtigen Ressourcen. Hinzu kam die umfangreiche Bibliothek von Johann Rudolf Iselin, die Ochs nach dessen Tod ­erwerben konnte.60

So wichtig die vorhandenen Geschichtsdarstellungen für Ochs auch waren, so sehr lag ihm daran, einen neuen historiografischen Weg einzuschlagen. Die Archivalien waren für Ochs noch wichtiger als für Bruckner. Die Hauptarbeit des Historikers bestand demnach darin, Archivmaterialien zu sichten und das historische Geschehen durch die Quellen anschaulich zu machen. Damit entfernte sich Ochs weit von Iselins spekulativer Geschichtsbetrachtung. Das konkrete historische Geschehen trat ins Zentrum. Aus Ochs’ Sicht spielten dabei verfassungsrechtliche Wendepunkte und Kriegszüge die Hauptrolle. Entsprechend konzentrierte er sich auf politische und militärische Ereignisse und ihre Folgen. Die Frühe Neuzeit, die er in den Bänden sieben und acht behandelte, war durch die Reformation, den Westfälischen Frieden, das 1691er-Wesen und die Französische Revolution mit ihren verfassungsrechtlichen Auswirkungen auf Basel geprägt. Die Epoche insgesamt kennzeichnete aber ein Auf und Ab. Während das 16. Jahrhundert die endgültige Befreiung von der Bischofs- und die Durchsetzung der Ratsherrschaft brachte – eine Entwicklung, die Ochs klar befürwortete –, stand das 17. Jahrhundert unter dem Vorzeichen der «Ämtersucht». Das 18. Jahrhundert erstrahlte als «Zeitalter des Wohlstands» wiederum in besonders hellem Licht.

Davon abgesehen enthielt sich Ochs jedoch konsequent jeder Wertung und verzichtete in der Regel auch auf eine erzählerische Darstellung oder systematische Zusammenfassung der Quellenbefunde. Ebenso unterliess er es, auf über ­Basel hinausgehende Zusammenhänge oder Kontexte einzugehen, die eine Einordnung bestimmter Vorgänge ermöglicht hätten. Auch handelnde Personen mit Zielen und Absichten finden sich nur wenige.61 So stellten die acht Bände im ­Wesentlichen eine – beschreibend und zitierend entfaltete – Phänomenologie der Geschichte Basels dar. Die einzelnen Quellen wurden zu chronologisch gegliederten Gruppen zusammengefügt und unkommentiert nebeneinandergestellt. Dieser Montage› von Schriftstücken entsprach ein bestimmter Gestus der Präsentation. Ochs beabsichtigte nicht, einen tieferen Sinn aufzudecken oder verborgene Antriebe und Motive zu identifizieren. Es ging ihm darum, die Geschichte anschaulich zu machen, sie zu zeigen›.

Geschichte, wie Ochs sie verstand, war Lokalgeschichte in einem spezifischen Sinne. Sie war räumlich so zentriert, dass es möglich wurde, alles zu erfassen und dem Lesepublikum vor Augen zu führen. Mithin war sie als Geschichte konzipiert, die keinen Aspekt vernachlässigte und noch das vermeintlich Geringste berücksichtigte. Gleichzeitig gab sie eine Antwort auf die Frage, wie in einer sich verändernden Welt und angesichts des Verlusts absoluter Wahrheiten Sicherheit wiederzugewinnen sei. Auch das leistete das Lokale, die Konzentration auf die Stadt. Ochs war überzeugt, dass – auch wenn Geschichte nicht aus sich heraus Fortschritt generierte oder Sinn machte – es doch möglich war, im Kleinen vernünftig zu handeln und von Fall zu Fall Fehler zu vermeiden und Fortschritte zu erzielen. Um eine Basler Identität im engeren Sinne ging es ihm nicht. Der Versuch, sich als Zugezogener mit seinem Werk in Basel zu etablieren und Anerkennung zu bekommen, scheiterte weitestgehend. Für die nachfolgenden Generationen und insbesondere die führenden Familien der Stadt legte er mit der Stadtgeschichte indes die Grundlage dafür, eine neue Art der Identitätspolitik zu betreiben und ihr Selbstbewusstsein zwischen Konservativismus und ökonomischer Progressivität aus der Geschichte Basels zu ziehen.

Marcus Sandl, Daniel Sidler

106 Heinrich Lips, Porträt von Andreas Merian-­Iselin nach einer Zeichnung von Elisabeth ­Pfenninger, um 1803. Wie eine Basler Karriere im 18. Jahrhundert aussehen konnte, zeigt die Biografie von Andreas Merian-Iselin (1742–1811). Der Pfarrerssohn studierte Philosophie und Recht an der Basler Universität. 1768 wurde er Sekretär der städtischen Kanzlei. Acht Jahre später übernahm er das Amt des Sechsers› in der Zunft zu Rebleuten. 1782 wurde er zum ­Weinschreiber und Ingrossisten› ernannt, ein Jahr später zum Stadtschreiber und 1790 zum Oberstzunftmeister gewählt; ein Amt, das er im Zuge der Basler Revolution von 1798 ­gezwungenermassen aufgeben musste. In der Zeit der Helvetik gewann er als konservativer ­Reformgegner schnell wieder an politischem Einfluss. Seit 1803 bekleidete er das Bürger­meisteramt, 1806 wurde er zum Landammann der Schweiz gewählt.

Die Mittwoch- und Samstag-­Zeitung› ­berichtete über
das Weltgeschehen

109 Mandat des Basler Rates vom 2. September 1722. Das Mandat markiert den Höhepunkt der ­Auseinandersetzung mit dem frühen Pietismus in Basel. Der Rat verbot christliche Versammlungen in Privathäusern und auf dem Feld, da er befürchtete, dass hier dem christ­lichen Glaubensbekenntnis zuwiderlaufende Meinungen verkündet wurden. Als Strafe bei Zu­widerhandlung wurde die Landesverweisung angedroht. Zudem sollten fremde Lehrer, Schwärmer und Ausgewiesene nicht beherbergt sowie ihre Bücher und Lehren nicht ­angenommen werden. Auch dürfe man sich von anderen nicht absondern.

110 Marquard Wocher, Porträt von Wilhelm Brenner, 1782. | 111 Anonym, Porträt von ­Susanna Ochs-Brenner, vor 1810. Die Geschwister Wilhelm Brenner (1723–1781) und ­Susanna Ochs-Brenner (1725–1810) stammten aus einer Basler Bürgerfamilie. Sie wurden im Rahmen des Separatistenprozesses 1753/54 als Pietisten angeklagt und hart bestraft: ­Wilhelm wurde 1754 aus der Stadt gewiesen und, als er wenige Tage später wieder auftauchte, ein halbes Jahr in Isolationshaft genommen. ­Susanna kam ebenfalls in Haft. Als sich im Laufe der 1760er-Jahre eine Annäherung zwischen der offiziellen Kirche und den Pietistinnen und Pietisten einstellte, wurden beide Geschwister rehabilitiert.

Anhang

Quellen- und Literaturverzeichnis

Quellen

Ungedruckte Quellen

Staatsarchiv Basel-Stadt

StABS, Auswanderung A 3.

StABS, Protokolle Kleiner Rat, 49, 108.

StABS, Handel und Gewerbe, MM 1.

StABS, Protokolle N 1.6; 1.8.

StABS, Bf 1 A (Mandate).

StABS, PA 399a D 1, 2 Faeschisches Stammbuch.

StABS, PA 633c A 3.1.4.

StABS, Ratsbuch K 25: Ratsordnung 1533.

StABS, Rep. H. 1. Johann Jakob Huber: Statuta­rium Basiliense, Manuskript 1792–1797.

StABS, Z 1, Architektur- und Bauordnung der Stadt Basel, 1588.

StABS, Grenzen A 2.

StABS, Kirchenarchiv H 3.

StABS, Zeitungen 23.

Historisches Museum Basel

Ryhiner, Johannes: Remarques über die Fabrication der getruckten Tücher, mscr. HMB, 1901_39.

Universitätsbibliothek Basel

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UB Basel, UBH KiAr G X 3:20, 13:19, 26:5, 41:2.

UB Basel, UBH H IV,3.

UB Basel, UBH Wack 2519, Bekanthnus unsers heyligen Christenlichen gloubens, Basel 1534.

UB Basel, UBH A lambda I 3:12, Ordnung so ein Ersame Statt Basel [], Basel 1529.

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UB Basel, UBH AG II 23, Andreas Ryff, Empter Buoch, 1594.

Schweizerisches Wirtschaftsarchiv

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Nationaal Archief, Den Haag

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Quellen- und Literaturverzeichnis

Quellen- und Literaturverzeichnis

Quellen- und Literaturverzeichnis

Quellen- und Literaturverzeichnis

Bildnachweis

HMB Historisches Museum Basel

KMB Kunstmuseum Basel

NMB Naturhistorisches Museum Basel

StABS Staatsarchiv Basel-Stadt

UB Basel Universitätsbibliothek Basel

ZB Zentralbibliothek Zürich

Umschlagabbildung:

Detail des Wettstein-­Pokals, 1649. HMB, Inv. 1917.18., Foto Peter Portner

1 StABS, PLA 15, 1-3

2 KMB, Inv. U.X.71

3 KMB, Inv. 312

4 UB Basel, UBH BibG B3

5 Sander 2005, S. 384–385, Wikimedia Commons

6 HMB, Inv. 1910.117., Foto Peter Portner

7 StABS, BILD Falk. A 100

8 KMB, Inv. 12

9 Privatbesitz, Foto HMB, Maurice Babey

10 Quelle: Salvisberg 2010, S. 57; Kohli Kartografie. Bearbeitung: Nico Görlich / Moritz Twente

11 UB Basel, UBH A lambda II 46a, fol. Fv20, Gr21

12 HMB, Inv. 1887.215., Foto Natascha Jansen

13 Kantonale Denkmalpflege Basel-Stadt und Stiftung Basler Münsterbauhütte, Foto Peter Schulthess

14 UB Basel, UBH Portr BS Grynaeus JJ 1540, 3b

15 KMB, Inv. 80

16 KMB, Inv. 81

17 Gesellschaft der Feuerschützen, Basel

18 HMB, Inv. 1914.626., Foto Peter Portner

19 UB Basel, Herbaria Basel, Herbarium Caspar Bauhin, Solanum tuberosum esculentum B15-075.1.

20 HMB, Inv. 2019.357., Foto Natascha Jansen

21 KMB, Inv. 87

22 Städel Museum, Frankfurt a. M., Inv. 2233

23 Kantonale Denkmalpflege Basel-Stadt, Foto Peter Schulthess

24 HMB, Peter Portner

25 HMB, Inv. 1870.921., Foto Natascha Jansen

26 Quelle: Terrain: Esri Inc., USA. Bearbeitung: Nico Görlich / Moritz Twente

27 HMB, Inv. 1977.292.

28 HMB, Inv. 1876.13., Foto Maurice Babey

29 Quelle: Gliederung des Stadtstaats Basel 1988; Marco Zanoli / Wikimedia Commons. Bearbeitung: Nico Görlich / Moritz Twente

30 Quelle: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/
007478/2017-05-30/. Bearbeitung: Superdot Studio Basel

31 Quelle: Schweizer 1910, S. 177–357; Terrain: Esri Inc., USA. Bearbeitung: Nico Görlich / Moritz Twente

32 HMB, Inv. 1880.103., Foto Maurice Babey

33 StABS, Stammbäume 53

34 Exemplar der Auktion SINCONA 57, Zürich, Mai 2019, Los 4149, www.sincona.com

35 HMB, Inv. 1870.891., Foto Maurice Babey

36 UB Basel, UBH Schw MI 4

37 KMB, Inv. 2318

38 HMB, Inv. 1906.2875., Foto Maurice Babey

39 StABS, BILD Falk. A 155a

40 StABS, AL 45, 6-19

41 StABS, BILD 6, 1221

42 StABS, BILD Falk. A 482

43 HMB, Inv. 1995.559., Foto Peter Portner

44 Quelle: Wetter; Pfister 2011, S. 1307–1326. Bearbeitung: Nico Görlich / Moritz Twente

45 ETH Zürich, ETH Rar 1380

46 HMB, Inv. 2009.212., Foto Peter Portner

47 HMB, Inv. 1992.279., Foto Natascha Jansen

48 HMB, Inv. 1901.42., Foto Peter Portner

49 bpk / Herzog Anton Ulrich-Museum, MMerian AB 3.220

50 Quelle: Gschwind 1977, S. 172–174. Bearbeitung: Nico Görlich / Moritz Twente

51 Musée Historique de Mulhouse

52 ZB, ZBZ GRA 4.171

53 KMB, Inv. 1894.7

54 Quelle: Stritmatter 1977, S. 115. Bearbeitung: Nico Görlich / Moritz Twente

55 HMB, Inv. 1990.341., Foto Peter Portner

56 HMB, Inv. 874.96., Foto Peter Portner

57 StABS, Planarchiv T 4

58 Quelle: Salvisberg 2010, S. 73; Kohli Kartografie. Bearbeitung: Nico Görlich / Moritz Twente

59 StABS, NEG A 4246

60 StABS, BILD Falk. D 15, 1

61 UB Basel, UBH Diss 45:2

62 Dokumentationsstelle Riehen / LAC AG Basel, Foto Jean-Jacques Nobs

63 HMB, Inv. 1920/30., Foto Andreas Niemz

64 UB Basel, UBH Portr BS Schoenauer S 1640, 1

65 UB Basel, UBH Portr BS Burckhardt C 1631, 2c

66 UB Basel, UBH Falk 1464, S. 33(34)

67 UB Basel, UBH Falk 1464, S. 22(23)

68 Quelle: Calvi 2018, S. 263

69 Archäologie und Museum Baselland, Inv. K1.3396, Foto Serge Hasenböhler

70 HMB, Inv. 1937.29., Foto Peter Portner

71 UB Basel, UBH Falk 1466:23

72 StABS, PA 445a 2

73 UB Basel, UBH Falk 1464, S. 56(57)

74 HMB, Inv. 1875.31.c., Foto Peter Portner

75 HMB, Inv. 1906.3238., Foto Maurice Babey

76 UB Basel, UBH Avis-Blatt, Nr. 22, 3.6.1745, S. 101

77 UB Basel, UBH Falk 1471

78 HMB, Inv. 1913.80., Foto Peter Portner

79 HMB, Inv. 1921.1258. + 1259., Foto Peter Portner

80 Quelle: Gschwind 1977, S. 170. Bearbeitung: Nico Görlich / Moritz Twente

81 Bayerische Staatsbibliothek München, 4 Enc. 9-8,a,6

82 HMB, Inv. 1959.241.a., Foto Peter Portner

83 HMB, Inv. 1983.657., Foto Andreas Niemz

84 StABS, Handel und Gewerbe B 15

85 Geheimes Staatsarchiv Preussischer Kulturbesitz, II. HA GD, Abt. 7 Ostpreussen und Litthauen, II Nr. 1203, fol. 109

86 StABS, BILD Falk. Fb 1, 13

87 HMB, Inv. 1982.406.

88 HMB, Inv. 1997.58., Foto Peter Portner

89 HMB, Inv. 1997.56.1., Foto Peter Portner

90 StABS, Handel und Gewerbe LL 9

91 Dokumentationsstelle Gemeinde Riehen, Foto R. Schmid

92 Quelle: Vettori 1984, S. 211–215, 334–340; Gschwind 1977, S. 173–174, 639–641. Bearbeitung: Nico Görlich / Moritz Twente

93 Foto Susanna Burghartz

94 Foto Susanna Burghartz

95 Foto Susanna Burghartz

96 Privatbesitz, Foto Andreas Niemz

97 Kantonale Denkmalpflege Basel-Stadt, Foto Erik Schmidt

98 HMB, Inv. 1958.168., Foto Natascha Jansen

99 HMB, Inv. 1916.210., Foto Maurice Babey

100 Quelle: HMB; Alioth 1981, S. 85. Bearbeitung: Nico Görlich / Moritz Twente

101 National Maritime Museum, Greenwich, London, Inv. PAI0334

102 HMB, Inv. 2004.187., Foto Peter Portner

103 Privatbesitz, Foto Andreas Niemz

104 HMB, Inv. 1917-887. (S. 55), Foto Natascha Jansen

105 StABS, Planarchiv Privatarchiv 511a 800 J 50, 2

106 UB Basel, UBH Portr BS Merian A 1742, 2a

107 UB Basel

108 NMB

109 StABS, STA Bf 1 A 8-25

110 UB Basel, UBH Portr BS Brenner W 1723, 1

111 StABS, PA 565a S 8

112 StABS, BILD Falk. D 9, 1

113 HMB, Inv. 1991.156., Foto Peter Portner

114 HMB, Inv. 1986.439., Foto Maurice Babey

115 HMB, Inv. 1960.20., Foto Natascha Jansen

116 HMB, Foto Peter Portner

117 HMB, Inv. 1974.393., Foto Peter Portner

Bildnachweis

Personenregister

Aeder, Katharina 72

Amerbach (Familie) 79

Amerbach, Basilius (1533–1591) 81

Amerbach, Bonifacius (1495–1562) 31, 86–87, 92, 131

Annone, d’ (Familie) 229, 231

Annoni, Hieronymus (1697–1770) 298–300, 306

Aristoteles (384–322 v. Chr.) 82

Aubigné, Théodore-Agrippa d’ (1552–1630) 174

Augusta Maria von Baden-Durlach (1649–1728) 225

Bachofen-Heitz, Margaretha (1735–1819) 206

Balthasar, Franz Urs (1689–1763) 301

Balthasar, Joseph Anton Felix (1737–1810) 301

Battier (Familie) 130, 264

Bauhin, Caspar (1560–1624) 79–81, 92

Bauhin, Johannes (1511–1582) 57

Bauhin, Johannes (1541–1613) 82

Beck, Jakob Christoph (1711–1785) 297

Beck, Johann Franz 271

Bernhard von Sachsen-Weimar (1604–1639) 172, 176

Bernoulli (Familie) 231

Bernoulli, Daniel (1700–1782) 285, 303–306

Bernoulli, Jakob I (1654–1705) 136

Bernoulli, Johann I (1667–1748) 303

Bernoulli, Nikolaus II (1695–1726) 303

Birckmann, Arnold (gest. 1541) 32

Birckmann, Franz (gest. 1530) 32

Blarer von Wartensee, Jakob Christoph (1542–1608) 66, 166–167

Bock, Hans (ca. 1550–1624) 64–65, 71–72, 75, 81–85

Bodin, Jean (1529/30–1596) 118

Bohni, Andreas 294

Bradley, James (1693–1762) 306

Brenner, Johannes (1639–1700) 244

Brenner, Wilhelm (1723–1781) 297–298

Bruckner, Daniel (1707–1781) 310–311

Brunner, Margaretha (1536–1604) 52, 75

Bucer, Martin (1491–1551) 43, 65

Büchel, Emanuel (1705–1775) 137, 179, 181, 247, 299

Burckhardt (Familie) 79, 114–115, 130, 192, 264, 269–270

Burckhardt, Christoph (1490–1578) 114

Burckhardt, Christoph (1631–1705) 193–194

Burckhardt, Christoph jr. / Christophe Bourcard (1766–1815) 270

Burckhardt, Johann Rudolf (1738–1820) 299, 302

Burckhardt, Leonhard (1729–1817) 269–270

Burckhardt, Paul (1873–1956) 13

Burckhardt-Merian, Christoph (1740–1812) 269–270

Buxtorf d. Ä., Johannes (1564–1629) 80

Calvin, Johannes (1509–1564) 58, 65, 67

Capito, Wolfgang (1478–1541) 31, 37–38, 43

Castellio, Friedrich (1563–1613) 85

Castellio, Sebastian (15151563) 4950, 55–58, 231

Christ (Familie) 231

Clive, Robert (1725–1774) 271

Cratander, Andreas (ca. 1490–1540) 38, 131–132

Curione, Celio Secondo (1503–1569) 57–58

D’Alençon, Isaak (1657–1740) 251

De Bry, Maria Magdalena (1598–1645) 128

De Bussy, Louis 266–267

Degen, Heinrich 266

Deucher, Johann (1673–1747) 265

Dietrich, Johann (1715–1758) 304

Dollfus, Jean-Henri (1724–1802) 252

Eck, Johannes (1486–1543) 42

Egli, Martin 296

Elbs, Maria (1682–1751) 292

Erasmus von Rotterdam (1466–1536) 32–33, 36, 38, 40–41, 46, 55, 128–129, 136

Erastus, Thomas (1524–1583) 58

Erlach, Hans Ludwig von (15951650) 180181, 188

Ermännin, Ursula 90

Erzberger, Johann Jakob (1745–1828) 228

Esperlin, Joseph (1707–1775) 226, 248, 292

Euler, Leonhard (1707–1783) 304

Fabritius, Michael (1697–1746) 269

Faesch (Familie) 79, 115, 130, 265–266, 273

Faesch, Emanuel (1646–1693) 188–189

Faesch, Hieronymus (1728–1799) 297

Faesch, Isaak (1687–1758) 265–266

Faesch, Johann Jakob (1732–1796) 266

Faesch, Johann Rudolf (1572–1659) 130

Faesch, Johann Rudolf (1668–1751) 186

Faesch, Johann Rudolf (1680–1762) 188

Faesch, Johann Rudolf (1715–1785) 251

Faesch, Johannes (1725–1768) 266

Faesch, Remigius (1541–1610) 82, 129

Faesch-Burckhardt, Johann Jacob (1638–1706) 265

Falkner-Geymüller (Familie) 260

Fatio, Johannes (1649–1691) 190–192, 195, 197

Faulhaber, Johannes (1580–1635) 174

Fechter, Johann Jacob (1717–1797) 257–258, 304

Feer, Jean-Jacques (1715–1780) 252

Fellenberg, Daniel von (1736–1801) 301

Ferdinand III. (Kaiser) (1608–1657) 185

Feria, Herzog von (1587–1634) 172

Feyerabend, Franz (1755–1800) 280–281, 290, 307

Franklin, Benjamin (1706–1790) 310

Friedrich VII. Magnus (Markgraf von Baden-Durlach) (1647–1709) 179, 225

Frischmann, Daniel (1728–1808) 271–272

Froben, Hieronymus (1501–1563) 32, 128–129

Froben, Johannes (1460–1527) 32–33, 37–38, 41, 128

Galen, Claudius (129–ca. 200) 82

Gaupp, Georg Friedrich (1719–1798) 271–273

Gemusein Dorothea (1542–1599) 133

Gemuseus, Hieronymus (1542–1610) 133

Gengenbach, Pamphilus (1480–1524/25) 27, 32, 86

Georg (Heiliger) 65

Gernler, Hans Heinrich (1640–1714) 244

Giger, Conrad (1559–1635) 77

Glarean (Heinrich Loriti) (1488–1563) 31, 46

Glaser, Hans Heinrich (1585/86–1673) 202–203, 207, 211–213, 232

Götz, Jacob (1555–1614) 75–76, 91

Graf, Urs (1485–1529) 26, 33

Granthomme, Jacques 67

Grooth, Johann Niklaus (1723–1797) 272

Grynaeus, Johann Jakob (1540–1617) 54, 65–70, 78, 90, 131

Gundelsheim, Philipp von (1487–1553) 30

Günther (Familie) 206

Güntzer, Augustin (1596–ca. 1657) 207

Güntzer, Sebastian (1590–1638) 207

Gürtler, Friedrich (1725–1784) 271

Gustav Adolf (König von Schweden) (1594–1632) 170–171

Häfelfinger, Anna 296

Hebdenstreit, Johann Jakob (1641–1707) 189

Heinrich von Navarra (1553–1610) 78

Hemeling, Carl (1702–1738) 258

Henric-Petri, Jakob (1644–1695) 194–195

Heusler (Familie) 164

Hey, Daniel (gest. 1780) 206

Hickel, Anton (1745–1798) 308

Hirschfeld, Christian (1742–1792) 11

Hirzel, Johann Kaspar (1725–1803) 301

Hochrütiner, Lorenz (ca. 1490–1528) 224

Hofer, Johannes (1669–1752) 182–183

Hoffmann(-Müller), Emanuel (1643–1702) 238, 240–241

Hoffmann II, Emanuel (1712–1765) 246

Hoffmann, Johann Jacob (1710–1778) 265

Hoffmann-Werthemann, Emanuel (1739–1807) 274

Holbein d. J., Hans (1497/98–1543) 28, 33–35, 39, 83

Holtzwart, Matthias (ca. 1530–1580) 86

Horn, Balthasar 254

Hornlocher, Melchior (1539–1619) 71–72, 75–76

Huber, Johann Jakob (1733–1798) 150, 305–306

Huber, Johann Rudolf (1668–1748) 191, 193

Imhof, Andreas (1535–1573) 52

Iselin (Familie) 130

Iselin, Daniel 181

Iselin, Hans Jakob (1675–1734) 292

Iselin, Isaak (1728–1782) 16, 136, 150, 211, 230, 273, 285, 300–302, 307–309

Iselin, Johann Rudolf (1705–1779) 292, 300, 311

Iselin, Reinhard (1714–1781) 269

Jonquière, Jacques (1664–1733) 245

Joris, David (1501/02–1556) 49–50, 55

Känel, Marx von (gest. 1776) 252

Kannengiesser, Dorothea (1489/90–1549) 28

Karl V. (Kaiser) (1500–1558) 219

Kluber, Hans (1535/36–1578) 64

Koechlin (Familie) 273

Koechlin, Samuel (1719–1776) 252

Krug, Caspar (1518–1579) 82

Küpfer (Familie) 273

Küpfer, Johann Friedrich (1708–1757) 272–273

Labhardt (Familie) 265

Laurentius (Heiliger) 36

La Roche (Familie) 189

Le Prestre de Vauban, Sébastien (1633–1707) 181

Leisler (Familie) 251–252, 264

Leisler, (Johann) Adam (1651–1704) 243

Leisler(-Hoffmann), Achilles (1723–1784) 246, 259

Leisler(-Werthemann), Franz (16441712) 240, 243

Lichigaray, Thimothée 268

Limperger, Tilman (ca. 1455–1542) 45

Lips, Heinrich (1758–1817) 283

Ludwig XIV. (König von Frankreich) (1638–1715) 115, 121, 180, 189, 228

Lüpold, Hans (gest. 1619/20) 88–89

Luther, Martin (1483–1546) 21, 37–38, 51

Machiavelli, Niccolò (1469–1527) 58

Mainfait, Jean (geb. 1697) 296–297

Mansfeld, Ernst von (1580–1626) 170

Maria Theresia (Kaiserin) (1717–1780) 252

Martin von Tours (Heiliger) 64–65

Mauritius, Johann Jacob (1692–1768) 266

Maximilian I. (Kaiser) (1459–1519) 24

Meltinger, Heinrich (vor 1471–1531) 40, 45

Mengis (Familie) 206

Merian (Familie) 128, 264, 269–270, 273, 299

Merian, Caspar (1627–1680) 128

Merian, Joachim (1635–1701) 128

Merian, Margaretha (1623–1660) 128

Merian, Maria Magdalena (1629–1665) 128

Merian, Matthäus d. Ä. (1593–1650) 126–128, 132, 155

Merian, Matthäus d. J. (1621–1687) 128

Merian, Onophrio (1705–1758) 219

Merian, Onophrion (1566–1621) 74–75

Merian, Peter (1709–1801) 272

Merian, Susanna Barbara (1619–1645) 128

Merian(-Burckhardt), Margaretha (17601820) 299

Merian-Iselin, Andreas (1742–1811) 283

Meyer, Adelberg (1560–1629) 222

Meyer, Jakob 138, 175

Meyer, Johann Georg 221–222

Meyer, Johann Jakob (ca. 1712–1773) 228

Meyer zum Hasen, Jakob (1482–1531) 27–28, 100

Mitz (Familie) 264

Miville (Familie) 231

Miville, Hans Ulrich (1723–1759) 296–298

Miville, Monica (1609–1681) 209

Moritz von Oranien (Prinz) (1567–1625) 174

Mosis, Hans Konrad (1645–1691) 191–192, 197

Mudge, Thomas (1715–1794) 305–306

Müller, Johannes (gest. 1691) 191–192, 197

Münster, Sebastian (1488–1552) 22–24, 30–31

Murer, Christoph (1558–1614) 57

Myconius, Oswald (1488–1552) 46, 51, 54

Näher (Familie) 206

Nahl d. J., Johann August (1752–1825) 310

Necker (Familie) 264

Nicolai, Friedrich (1733–1811) 273

Oberkampf, Christoph-Phillipp (1738–1815) 253

Oberkampf, Phillipp-Jakob (1714–1781) 253

Oberried, Hans d. Ä. (1476–1543) 34

Ochs (Familie) 231, 264

Ochs, Peter (1752–1821) 11, 13, 271, 309–312

Ochs-Brenner, Susanna (1725–1810) 297–298

Oekolampad, Johannes (1482–1531) 31, 39, 41–43, 45–46, 51, 65–66, 69, 131, 224

Oporin, Johannes (1507–1568) 49, 54–55

Pantaleon, Heinrich (1522–1595) 157

Paracelsus (Theophrastus Bombast von Hohen­heim) (1493/94–1541) 58

Parcus, Jacob (1504–1564) 55

Passavant, Hans Ulrich (1652–1709) 246

Payer, Anna (ca. 1480–1546) 46, 48

Pellikan, Konrad (1478–1556) 37

Pellizari (Familie) 56

Pérez, Marcos (1527–1572) 56, 232

Pergo, Franz (ca. 1570–1629) 77

Perna, Pietro (ca. 1522–1582) 55, 58

Pertschen, Esther 266–267

Petri, Adam (1454–1527) 33, 37–38

Peyer, Hans Christoph (1562–1610) 210–211

Peyer-Im Hoff, Ursula (1567–1655) 210–211

Pfirt, Agatha von 131–132

Platter (Familie) 79

Platter, Felix (1536–1614) 79, 81–82, 87, 92–94, 133, 156–157, 183

Platter, Felix (1632–1705) 188–189

Platter, Thomas d. Ä. (1499–1582) 93, 136

Plotho, Erich Christoph von (1707–1788) 292

Podewils, Heinrich von (1696–1760) 292

Polanus von Polansdorf, Amandus (1561–1610) 78

Preiswerk, Johann (1628–1699) 244

Ravelasca, Balthasar 87

Rehlingen, Marx Konrad von (1576–1642) 180

Reublin, Wilhelm (ca. 1484–1559) 38–39

Rhenanus, Beatus (1485–1547) 31

Riedy (Familie) 269

Ringle, Johann Sixt (1576–1653) 101, 215

Rohr, Johannes 253

Rosenblatt, Wibrandis (1504–1564) 41–43

Rosenburger (Familie) 270

Roslin, Alexander (1718–1793) 206

Rosius, Jakob (1598–1676) 145

Ryff, Andreas (1550–1603) 52–53, 73, 75, 81, 93, 164–165, 167

Ryhiner (Familie) 130, 247–249, 253, 268

Ryhiner, Emanuel (1704–1757) 247, 253

Ryhiner, Friedrich (ca. 1532–1587) 78

Ryhiner, Johannes (1728–1790) 248–249

Ryhiner(-Fürstenberger), Samuel (1696–1757) 247–248

Ryhiner-Fürstenberger, Esther (1702–1764) 248

Ryhiner-Iselin, Johannes (1728–1790) 248

Ryhiner-Platter, Magdalena (1573–1651) 153

Sarasin (Familie) 231, 264

Sarasin, Jakob (1742–1802) 309

Sarasin, Lukas (1730–1802) 280–281, 309

Schabler, Johann 32

Schaub, Johann Heinrich 271

Schaub, Lukas (1690–1758) 270–271

Schenck zu Schenckenberg (Familie) 75

Scheuchzer, Johann Jakob (1672–1733) 183

Schmalzer, Jean-Jacques (1721–1791) 252

Schnitt, Conrad (1495/1500–1541) 33

Schönauer, Salome (1640–1691) 193

Schwegler, Daniel (ca. 1480–1546) 33

Servet, Michel (ca. 1511–1553) 49

Smith, Adam (1550–1624) 309

Socin (Familie) 115, 192, 229, 231

Socin, Emanuel (1628–1717) 189

Sozzini, Fausto (1539–1604) 56

Specklin, Daniel (1536–1589) 174–175

Spyri, Johanna (1827–1901) 183

Stähelin, Hans Jakob 74–75

Stapf, Adam (1550–1624) 174

Stehelin, Benedikt (1695–1750) 306

Stolz, Hans 142–143

Stuppa, Johann Peter (1621–1701) 188–189

Sulzer, Simon (1508–1585) 54, 65–66

Thellusson (Familie) 264

Thellusson, Pierre-Isaac (1735–1797) 264

Thommen, Hans Peter 251

Thurneisen (Familie) 269, 273

Thurneisser, Leonhard (1531–1596) 57

Thurninger (Familie) 269

Utenheim, Christoph von (um 1450–1527) 30

Valckenburgh, Johan van (1575–1625) 174

Vischer (Familie) 231

Vischer, Hieronymus (1564–1630) 74, 152

Vischer, Peter d. Ä. (ca. 1455–1529) 39

Vischer-Ochs, Salome (1760–1804) 310

Vögtlin, Margreth 214

Wackernagel, Rudolf (1855–1925) 13

Wagner, Rudolf (1722–1787) 271

Waldkirch, Konrad (1549–1615) 80

Walter, Hans (gest. 1610) 77

Weiss (Familie) 251–252, 268–269

Weiss(-Leissler), Markus (1696–1768) 246, 259, 268

Werenfels, Peter (1627–1703) 209

Werenfels, Samuel (17201800) 232, 258, 280281

Werner, Joseph d. J. (1637–1710) 175

Wettstein (Familie) 79

Wettstein, Johann Jakob (1693–1754) 226

Wettstein, Johann Rudolf (1594–1666) 121, 136, 177, 184–186, 238

Wirz (Familie) 269

Wissenburg, Wolfgang (1496–1575) 38, 40

Wittnauer-Falkner (Familie) 210

Wocher, Marquard (1760–1830) 297

Wolff, Thomas (ca. 1485–1535) 33

Wurstisen, Christian (1544–1588) 310

Zellweger (Familie) 261

Zinzendorf, Nikolaus von (1700–1760) 298

Zörnlin, Hans Jakob (1588–1659) 189

Zscheckenbürlin (Familie) 34

Zscheckenbürlin, Amalie 34

Zwinger, Theodor (15331588) 5758, 81, 86–87, 92

Zwinger, Theodor (1658–1724) 183

Zwingli, Huldrych (1484–1531) 40, 42, 51, 54, 65–66

Ortsregister

Aarau 253

Afrika 249, 256, 261, 268–270

Ägypten 57, 250

Amerika 249, 256, 261, 265–266, 268–269

Amiens 57

Amsterdam 228, 238, 247, 251, 263, 265–266, 271

Antillen 266

Antwerpen 56, 89

Aostatal 244

Appenzell 185, 261

Arlesheim 225

Armenien 247, 249–250

Asien 216, 239, 269

Atlantik 256, 262, 268, 270

Augsburg 28, 38, 41, 89, 243, 263

Augst 81

Avignon 183

Baden (Aargau) 42, 92–93, 117

Baden-Durlach (Markgrafschaft, Markgraf von) 29–30, 48, 54, 66–68, 108, 172, 176, 179–180, 186, 225, 228, 258, 262, 272, 292

Balkan 252

Basel

– Aeschengraben 131

– Aeschentor 131

– Aeschenvorstadt 134, 258

– Augustinerkirche 44

– Augustinergasse 130

– Bäumleingasse 128

– Ballenhaus 227

– Barfüsserkirche 44

– Barfüsserplatz 70, 137–138, 213

– Blaues Haus 258, 280–281

– Blumenrain 56

– Birs 154–155, 158

– Birsig 135, 154

– Bruckgut (Münchenstein) 259

– Brückenkapelle 164

– Brunnen 133–134, 148, 158

– Domherrenhöfe 257–258

– Église française 232

– Elisabethenschanze 131

– Falkensteinerhof 258

– Festung, Festungsbau 173–176

– Fischmarkt 70, 139, 164

– Franziskanerkloster 37, 39

– Freie Strasse 135, 138, 140, 147, 149, 164, 213

– Gärten 79–81, 126, 128–129, 131–133, 151, 154

– Gnadental (Kloster) 48

– Grossbasel 36, 110, 131, 135–136

– Haus zu den Drei Königen auffem Blumenplatz 141

– Haus zu Weinleuten 139

– Haus zum Hohen Dolder 134–135

– Haus zum Löwenzorn 87

– Haus zum Luft 128

– Haus zum Pfaueneck 138

– Haus zum Raben 258

– Haus zum Sessel 32

– Haus zum Tanz 83–84

– Haus zum Wilden Mann 140

– Haus zur Augenweide 130

– Haus zur Gelten 139

– Haus zur Krähe 134

– Haus zur Mägd 134

– Hebelstrasse 179, 225

– Holsteinerhof 258

– Kartause 34, 48, 109, 214

– Kaufhaus 227, 287

– Kleinbasel 38, 45, 105, 107, 110, 131, 134–136, 154–156, 220, 270

– Klybeck 38

– Kohlenberg 135, 147, 215

– Kornmarkt s. Marktplatz

– Leonhardsgraben 131

– Letziturm 131

– Luftgässlein 129

– Malzgasse 208

– Markgräflerhof 179–180, 225

– Marktplatz, Markt 29, 35–36, 40, 44–45, 86, 88, 136–141, 145–146, 153–154, 158, 190–191, 194, 202, 218, 227–228, 258

– Martinskirche 41, 44

– Münster (Basler Münster) 29–30, 35, 39, 44–45, 50, 64–65, 68, 71, 77, 83–85, 90, 105, 130, 136–137, 215

– Münsterplatz 30, 35, 106, 135, 164, 257–258

– Nadelberg 82, 130, 133, 135

– Petersgasse 131

– Petersgraben 131

– Petersplatz 30, 106, 129–130, 132, 215, 257–258

– Predigerkirche 44, 137, 232

– Ramsteinerhof 258–259

– Rathaus 24, 64, 71, 84, 106, 110, 126, 137, 139–141, 164, 191, 195

– Rheintor 190

– Rittergasse 258

– Rollerhof 258

– Rümelinbach 135, 154

– Sandgrube 259

– Schneidergasse 147

– Schützenhaus 74–75

– Seidenhof 56

– Spalenturm 190

– Spalentor 131, 134

– Spalenvorstadt 48, 134

– Spital 38, 137, 142–143, 149, 213

– Stachelschützenhaus 106

– Stadtmauern 22, 131–132, 134–135, 164, 174–175, 220

– Stadttore 70, 131, 146, 192, 215, 218, 220

– Steinengraben 131

– Steinenkloster 214

– Steinentor 131

– Steinenvorstadt 44, 134

– St. Alban (Kirche, Kloster) 36, 38–39, 128, 136, 180

– St. Alban-Graben 131

– St. Alban-Teich 154–155

– St. Alban-Tor 131, 164

– St. Alban-Vorstadt 134–136

– St. Johanns-Tor 131

– St. Johanns-Vorstadt 130, 134, 247

– St. Leonhard (Kirche, Kloster) 41, 136, 226

– St. Martin (Kirche) 136–137

– St. Peter (Kirche) 36, 136, 299

– St. Theodor (Kirche) 136

– St. Ulrich (Kirche) 36, 136, 164

– Theaterstrasse 227

– Thomasturm 131

– Totengässlein 32

– Vorstadt, Vorstadtgesellschaft (allgemein) 131, 133–135, 220

– Weisses Haus 258

– Wildt’sches Haus 257–258

– Wirtshaus 40, 69–70, 91, 128, 139–141, 146–147, 194, 218

– Württembergerhof 258

– Zunftstube, Zunfthaus (allgemein) 40, 44, 110, 127, 139–140, 194–195, 227

Bayonne 268

Bellinzona 229

Berlin 57, 228, 251, 273, 306

Bern 48, 54, 75, 168, 170, 172, 176, 185–186, 243, 245–246, 250, 264–265, 272, 301

Biel 145

Binningen 49

Birseck 30, 166

Bodensee 263–263

Böhmen 170, 173

Bottmingen 265

Brandenburg-Kulmbach (Markgrafschaft) 57

Brandenburg-Preussen 57, 188, 292

Brasilien 53

Breisach (Festung) 180–181

Breisgau 22–23

Bremen 263

Brennerpass 263

Brüglingen 92–93

Burgund 120, 244, 262

Byzanz 238

Cádiz 269

Châlons sur Marne 263

Chiavenna 188

China 238, 250, 259, 270

Colmar 29, 154, 207

Coventry 240

Curaçao 265–267

Dänemark 264, 269

Dornach 225

Eidgenossenschaft 12, 14–15, 21–31, 42, 44, 48, 51, 54, 63, 66–68, 73, 75–76, 78, 89, 92–93, 99–100, 117–121, 141, 145, 165–170, 172, 176–177, 180, 182–189, 194–196, 219, 228–229, 231, 245, 254, 262–264, 290, 292, 301, 310

Einsiedeln 31

Elsass 22, 30–31, 52, 64, 66, 82, 89, 108, 142, 171–172, 178–180, 207, 228–229

England (Grossbritannien) 35, 38, 57, 237, 254, 259, 264–265, 270–273, 291, 306

Ettingen 92–93

Farnsburg 103–104, 168

Flandern 117, 240

Frankfurt a. M. 243–244, 262–264

Frankreich, Königreich 25, 27, 29, 35, 38, 49, 55–57, 76, 78, 99, 117, 120–121, 153, 166, 170, 172, 174, 176, 178–180, 186–189, 193–194, 227–229, 231–232, 241, 244, 246, 252, 255, 258–259, 262–266, 268, 270, 273, 291–293, 309–310

Freiburg (im Breisgau) 29, 31, 34, 46, 48

Freiburg (im Uechtland) 172, 185–186

Frenkendorf 294

Fricktal 172

Fürstbistum Basel 48, 66, 166–167, 172, 176, 185, 241

Genf 49, 55–56, 172–173, 246, 262–264, 273

Genua 240, 263

Giromagny (bei Belfort) 52

Glarus 186

Goa 89

Gotthardpass 25, 263

Grenada 273

Guangzhou 259

Habsburg-Österreich 24, 117, 121, 172, 178, 180, 186, 262, 264, 292–293

Hamburg 263, 268, 309

Heidelberg 31, 303

Homburg 103–104, 168

Hüningen (Festung) 115, 180–181, 189, 194, 225

Huttwil 168

Indien 89, 239, 246–249, 260, 270–273

Innere Orte 186

Italien 25, 27, 31, 38, 55–57, 86–87, 117, 142, 170, 227, 229–230, 239–240, 246, 262–263, 268, 273

Jura (Gebirge) 30

Kanarische Inseln 154

Karibik 256, 265–267, 269–270, 273

Kleinhüningen 103–104, 181, 193

Köln (Kurfürstentum) 189

Köln (Stadt) 32, 263

Konstantinopel 249

Konstanz 48

Kopenhagen 269

Krakau 31

Krefeld 240

Landschaft (Basler Landschaft) 13–14, 16, 22, 30, 41, 66, 68, 70, 103–104, 117, 163–170, 172, 218–221, 224–225, 228, 237, 241, 244, 250–252, 254–256, 258, 282, 286, 288, 294–295, 298, 309–310

La Rochelle 268–269

Laufenburg 121

Laufental 30, 166

Lausanne 264

Leipzig 37–38

Leuk, Leukerbad 82–84, 87, 92–94

Levante 252, 263, 273

Liestal 103–104, 167–168, 189

Lissabon 89

Livorno 263

Lörrach 252–253, 272–273

Lombardei 56, 154, 263

London 264–265, 272, 291, 306

Lothringen 262

Lucca 55

Lübeck 263

Lützel 108

Luzern 25, 35, 168, 170, 243, 301

Lyon 32, 55–56, 262–263, 296

Madras 271–272

Mailand (Herzogtum) 25, 229, 263, 282

Mariastein 31

Marignano 25

Marseille 247, 249, 251, 263

Maulburg 93

Mittelmeer 268

Mömpelgard (Montbéliard) 82

Montpellier 183

Mülhausen 48, 120, 154, 183, 252, 273

Münchenstein 103–104, 120, 251, 259

Münster (Stadt) 177

Muri (Kloster) 93

Muttenz 298–299

Nancy 263

Nantes 180, 231, 246, 270

Neuenburg 264

New York 267

Niederlande 27, 55, 57, 174, 187–188, 226, 237, 241, 246–247, 249, 254, 262–266, 268, 271, 273, 303

Nîmes 251

Nordsee 263

Normandie 244

Nürnberg 89

Osmanisches Reich 238

Osnabrück 177

Ostsee 263

Oxford 306

Paramaribo 266

Paris 31–32, 186, 241, 253, 259, 263–265, 268, 310

Pfalz 41, 174, 179

Plombières 92–93

Polen 57, 273

Potsdam 251, 306

Prag 31

Pruntrut 30

Ramstein 168

Rappolstein (Grafschaft, Grafen von) 82

Reich (Heiliges Römisches Reich deutscher Nation) 25, 29, 31, 76, 100, 118, 120, 170–172, 177, 179, 185, 187, 189, 196, 219, 225, 227, 241–243, 254, 259, 262, 264, 268

Rhein 22, 126–128, 134, 142, 154, 156, 158, 241, 280

– Hochrhein 156, 263

– Oberrhein 21–22, 29, 31, 51, 121, 163, 171–172, 176, 178–180, 187, 207, 212, 228, 241, 262

Rheinfelden 24, 121

Riehen 103–104, 185, 214, 247, 254, 256–258

Rom 240

Rümlingen 296

Sachsen 172, 298

Säckingen 121

Savoyen 172, 264

Schaffhausen 48, 185, 263

Schinznach 301

Schlettstadt 31

Schwarzwald 52, 156

Schweden 170, 172, 176, 189, 264

Senegal 250

Sinai 57

Sizilien 238

Solothurn 26, 48, 168, 170, 185, 304

Spanien 38, 142, 172, 187–188, 238, 265, 291

St. Blasien 108

St. Eustatius 265

St. Gallen 264

Strassburg (Bistum, Bischof) 24

Strassburg (Stadt) 28, 31, 43, 48, 244, 262–264, 303

Sumiswald 168

Sundgau 22–23, 29, 151, 154, 172, 178–179, 228, 253

Surinam 266, 273

Tessin 25

Tirol 57

Trier (Kurfürstentum) 186

Trogen 261

Troyes 263

Ulm 174

Uri 25

Vaihingen 253

Venedig 188–189, 240, 263

Vereinigte Staaten von Amerika (USA) 264

Versailles 253

Vorderasien 238

Vorderösterreich 66, 112, 178

Waldenburg 103–104, 168, 298

Waldshut 121

Wannenflue (Berg) 304

Wien 31, 186, 243, 252, 264, 271

Wiese (Gewässer) 154, 247

Wildenstein 165, 167

Wittenberg 37–38

Württemberg (Herzogtum) 82, 108, 176, 186

Zürich 27, 40, 42, 48, 54, 89, 172–173, 176, 186, 208, 243, 245–246, 250–251, 263–264, 273, 301

Zurzach 244

Zwingen 155

Sachregister

Abgaben 165, 168, 170, 180, 248, 255–256, 258

– Steuern 25, 41, 70, 88, 102, 104, 116, 134, 141, 151, 157, 166, 168, 170, 104, 229, 242, 248, 255–256, 258, 287

– Zölle 24, 116, 120, 142, 248, 262, 282

Adel, Patriziat 28, 30, 72, 75, 82, 90, 93, 100, 172, 180, 259–260

Alltag 14–15, 25, 30, 46, 63, 68–70, 90, 110, 125–159, 170, 201, 227, 291, 309

Antistes 45–46, 51, 54, 65–66, 69, 70, 78, 90, 222

Armut, Armenwesen, Bettelei 16, 50, 108, 158, 211–215, 221, 228, 243, 256, 258, 271–272, 274, 283, 288, 302

Astrologie 57–58, 145, 148

Aufklärung 12, 16, 279, 290, 293–294, 300–302, 307–309

Avis-Blatt 216–217, 289, 291, 293

Baden, Vertrag von 166

Badeort, Bad 82–84, 87, 91–94, 202

Ballot, Ballotierordnung, Losordnung 112–113, 283, 303

Bandwebstuhl, Kunststuhl›, Bändelmühle› 156, 238–243, 250–251, 256, 282

Bann, Bannherren 45–46, 100, 220, 222–223, 225, 294–297

Bartholomäusnacht 232

Basler Konfession› 46, 51, 54, 66–68, 224, 232

Baumwolle 214, 246–247, 250, 255–256, 260–262, 269–270, 273

Beamte, Beamtenschaft 99, 103, 105, 113, 259, 294, 303

Bedienstete 23, 126, 147, 150, 203–205, 212, 226, 227–228, 232

Bettelvogt 211, 213, 215

Bevölkerung, Bevölkerungsentwicklung, Demografie 107, 156–158, 238, 258, 285, 287, 301

Britische Ostindien-Kompanie 270, 272

Buchdruck, Druckwesen, Druckereien 13, 15, 27–28, 31–33, 35, 37–38, 49, 50, 54–56, 58, 79–80, 85–86, 128–129, 145, 154–155, 225–226, 262

Bürgermeister 27–28, 40, 45, 72, 82, 100–101, 103, 105–107, 110, 114, 116–117, 127–128, 139, 177, 184–185, 205, 219, 238, 248, 266, 283

Bürgerrecht 56, 73, 78, 100, 105, 107, 212, 214, 219, 223–224, 226, 229–231, 248, 251, 286, 288–289

Bürgerschaft, Gesamtheit der Wahlberechtigten 12, 30, 46, 50–51, 73, 92, 100, 106–107, 111, 114, 117–118, 128, 139, 164, 189–192, 194–195, 220, 229, 232, 298

Calvinismus 56, 180, 207, 232

Dänische Ostasiatische Kompanie 269

Dänische Afrikakompanie 269

Defensionale von Wil 172, 189

Deutsche Christentumsgesellschaft 300, 302

Diplomatie, Aussenpolitik 24–27, 48, 76, 78, 103, 110, 114, 117–119, 139–141, 171, 177, 179, 184–190, 243, 270–271, 286, 310

Direktorium der Kaufmannschaft 238, 242–243, 281–282, 287, 291

Direktorium der Schaffneien 109, 116

Domkapitel, Domherren (Basler) 30, 45, 48

Dreieckshandel 262, 269

Dreizehner 103, 107, 119

Edikt von Nantes (1598) 180, 231, 246

Ehe, Eheordnung 12, 150–151, 207–209, 218

Ehegericht 69, 104, 150, 208, 209, 220

Ehre, Ehrkonflikte 71, 78, 90–91, 134, 147–148, 204–205, 209, 214, 218–220, 223

Eid 30, 106, 115, 132, 224, 287, 294

Ephemeriden der Menschheit› 300, 309

Fabrique-Commission 254, 282, 287

Familie, Verwandtschaft 15, 30, 51, 73, 76, 78, 100, 113–114, 118, 126–129, 134, 185, 197, 206, 207, 212, 231, 238

Fasnacht, Fasnachtsspiele 24, 27, 86

Fassadenmalerei 64–65, 87, 129, 139

Finanzplatz, Banken 28, 176–177, 179–181, 189, 243, 262, 264–265, 269, 287

Flugblatt 33, 37–39, 140–141

Fremde Dienste, Solddienst 25–27, 75–76, 78, 120, 176, 182–183, 187–189, 202, 264–265, 270–271

Fürstbischof von Basel 29–31, 39, 40, 44, 46, 69, 80, 100, 113, 118, 166–167, 176, 311

Geburt 125, 148–149, 205

Gemeine Herrschaften 68

Geschichte, Geschichtsschreibung 11, 13, 307–312

Geschlecht, Geschlechterordnung 12–13, 16, 43, 94, 148, 202, 205, 207–211

Gesellschaft für das Gute und Gemeinnützige 302, 309

Gewerbeordnung 29, 44, 51, 102

Gewerbeteich, Industriekanal 154–156, 247, 258

Globalisierung 11, 13, 16, 52–53, 81, 89, 237, 239, 247, 249–251, 255–256, 259–274, 279, 293, 309

Gottesdienst, Gottesdienstordnung, Abendmahl 30, 38, 39–41, 43–46, 54, 55, 67–70, 204, 215, 219, 221, 224–225, 232, 294–296, 298

Gotteslästerung 45, 69, 71, 90–92, 219

Grenze (geografisch) 22–23, 47, 66, 81, 92, 109, 131, 133, 136, 154, 168, 172, 176, 178, 252, 288, 304

Grundbuch, Kataster 130, 288

Handwerk, Handwerker, Handwerksgesellen 52, 55, 69, 75, 88–89, 100–103, 128, 135–136, 146, 203, 205, 207, 210, 226–228, 250, 280, 284–285, 307

Haus, Wohnhaus 126–134, 147, 156

Heiligenverehrung, Bilderverehrung 30, 35–37, 44–46, 64–65, 90, 146

Henker, Scharfrichter 191–192, 206, 220

Herrnhuter Brüdergemeine 298

Helvetik, Helvetische Republik 99, 150, 201, 271, 283, 310

Helvetische Gesellschaft 301, 309

Helvetische Konfession, Helvetisches Bekenntnis 51, 54, 67–68, 295

Hexerei 219–220, 222–223

Hintersassen 16, 201, 204–205, 214, 229, 231

Holz, Holzversorgung 22, 138, 155–156, 282

Hugenotten 229, 231–232

Humanismus, Humanisten 15, 31, 42, 46, 49, 54–58, 67, 79–81, 86–87, 310

Hunger, Hungersnot 69, 142, 256, 266

Indienne-Druckerei, Indienne-Stoff 16, 149, 237, 246–249, 252–256, 258, 260, 268–270, 272–273, 307

Kalender 66, 145–146, 148, 151

Kanzlei, Stadtschreiber, Ratsschreiber 103, 106–107, 139, 265, 283, 286, 300–301, 309–310

Kapitalismus, Frühkapitalismus 16, 237–238, 243–244, 249–250, 262, 264, 273–274, 309

Kartäuserkloster 214, 244

Katholizismus, katholische Orte 42, 44, 46–48, 64–66, 80, 108, 119, 166, 186, 225–226

Kaufmannschaft, Kaufleute 15–16, 23, 29, 40, 44, 51–52, 55–56, 73, 75, 100, 102–103, 129, 135, 176, 180–181, 185, 187, 203, 205–206, 210–211, 227–228, 238, 241–243, 259, 262, 264, 280–281, 287, 291, 294, 302, 309

Klientelismus, Korruption, Geschenke 12, 14, 73, 75–76, 78, 153, 192–195, 238

Kloster, Klostergut 22, 30–31, 39, 41, 44, 46, 48, 103, 108, 116, 136, 207–208, 212–214

Kolonialismus, Kolonien 237, 259, 261–266, 268–270

Konventikel, Hausversammlungen 296, 298, 300

Konzil von Basel 27

Konzil von Trient 66

Knechte s. Bedienstete

Konsum 88, 94, 141, 147, 153, 216, 237, 239, 246, 248, 254, 256, 259–260, 268, 272, 274, 291

Krieg 170–177

– Bauernkrieg (1525) 41

– Bauernkrieg (1653) 15, 163, 165, 168–170, 184, 189

– Burgunderkriege (1474–1477) 25

– Dreissigjähriger Krieg (1618–1648) 15, 108, 163, 168, 170–177, 186–187, 189, 202, 228, 232, 241, 262

– Kappelerkriege (1529–1531) 48

– Karnatische Kriege (1744–1763) 270

– Österreichischer Erbfolgekrieg (1740–1748) 291

– Rappenkrieg (1591–1594) 75, 163–168

– Siebenjähriger Krieg (1756–1763) 268–269, 292

– Spanischer Erbfolgekrieg (1701–1714) 265

– Villmergerkrieg, Erster (1656) 186, 189

– Villmergerkrieg, Zweiter (1712) 186

Kriminalität, Devianz 90–92, 131, 141, 147–148, 209, 215, 218–226, 282

Landvogt, Landvogteien 103–105, 116, 165–166, 218, 282

Lebensmittel, Lebensmittelversorgung 22, 29, 108, 143, 146, 151–154, 172–173, 180

Luthertum 15, 21, 37–38, 54, 65–66, 225, 226

Mägde s. Bedienstete

Mandat, Verordnung, Erlass 40, 46, 68–70, 89–90, 158, 207, 219, 221–222, 232–233, 286, 288, 295

Merianplan 126–127, 131

Migration, Migrantinnen, Migranten, Flüchtlinge 15–16, 49–50, 55–58, 80, 89, 131, 156–157, 172, 179–180, 202, 227–233, 238, 241, 243–245, 251–254, 256, 258, 262

Mode, Luxus 25, 202–204, 206, 216, 219, 233, 237, 239–241, 244, 246, 248–249, 254–256, 258–261, 268, 272, 289

Nachbarschaft 71, 131–134, 136, 140, 217

Niederländische Ostindische Kompanie 249

Niederländische Westindische Kompanie 265

Nimwegen, Frieden von (1679) 179

Oberstknecht 101, 103, 191, 220

Oberstzunftmeister 72, 101, 105–106, 110, 116, 193–194, 205, 248, 283, 286

Oligarchie, Familienherrschaft, Klientelismus 12, 14, 51, 63, 73, 75–76, 99, 110–116, 129–130, 192, 238

Orthodoxie, reformierte 11–12, 15, 54, 63–69, 86, 225–226, 279, 294–295

Pädagogik, Bildungspolitik 81, 85–86, 150, 208, 211, 216, 300–302, 307–308

Panorama 280–281, 290, 307

Papst, Papsttum 25, 30, 38, 40, 51, 188

Pensionen 26–28, 35, 76, 180, 189, 262

Pest, Seuchen, Epidemien 69, 125, 131, 142, 156–158, 171–172, 231, 238, 282

Pfarramt, Pfarrer, Geistlichkeit 37–46, 68–70, 54, 65–66, 68–70, 91, 115, 149, 174, 192–196, 209, 218, 221, 222, 226, 230, 232, 286, 289, 294, 298, 302, 310

Physiokratie 309

Pietismus 16, 226, 279, 290, 293–302

Polizei, Polizeiwesen 91, 103–104, 134, 141, 147, 219, 283, 289

Posamenter, Seidenbandweber 241, 243–244, 250, 253–254, 256, 258, 282, 287

Prädestinationslehre 58, 67

Rappenmünzbund 29

Rat, Ratsherren 24–27, 29–31, 35, 37, 39–41, 44–46, 49, 50, 52, 54, 63–66, 68–73, 75–78, 92, 107–110, 116, 119, 128, 134, 139, 147, 154, 157–158, 164–168, 172–174, 176–177, 180, 185–186, 191–192, 202–203, 205, 208–209, 212, 223, 225–226, 241–242, 246, 251–252, 280–282, 292, 294–295, 298, 301, 304, 311

– Kleiner Rat 44–45, 50–51, 77–78, 100–105, 107, 115–116, 184, 188, 193–196, 218–220, 222–224, 230–231, 254, 280, 286–287

– Grosser Rat 44–45, 50, 100–105, 107, 116, 194–196, 230, 271, 280, 286

Ratsknecht 220

Recht, Rechtswesen, Rechtsprechung 26, 68–69, 102, 113, 136, 196, 218–225, 253, 266

Reformation, Reformationsordnung 11–15, 21, 32, 34–58, 63–65, 67–69, 83, 86, 90, 99–100, 102–103, 108–109, 115, 136, 138, 144, 146–147, 150–151, 163, 190, 202–204, 207–209, 212–213, 215, 218–219, 224–225, 229–230, 287–289, 307, 311

Reformationsherren 204, 220, 222

Reichsgerichtsbarkeit 25, 178–179

Reichstag 25

Reichsvogt 179, 205

Revolution, Basler (1798) 11, 13, 283

Revolution, Französische 11–12, 310–311

Revolution, Industrielle 12

Richthausknecht 139

Sammlung, Wunderkammer, Kunstkammer 52, 79, 81, 93, 129, 303, 306

Sanitätsrat, -wesen 158, 282, 287

Schultheissen, Schultheissengericht 105, 107, 205, 220

Schulwesen 52, 58, 66, 108, 150, 211, 224

Schützenwesen 24, 74–75

Sechser 105, 107, 283

1691er-Wesen 12, 15, 99, 109, 115–116, 163, 190–196, 311

Seide, Seidenbandproduktion, -fabrikanten 16, 52, 56, 170, 206, 237–246, 248–256, 258, 262, 268–269, 271, 274, 279, 282, 287

Siebnerherren 219

Sittlichkeit, Moralpolitik 12, 15, 42, 45, 50, 68–70, 82–83, 86, 90–94, 149–150, 168, 218, 220–222, 224, 289

Sklaverei 261, 265–270

Staatshaushalt 26, 107, 242

Stadtboten 120, 220

Stadtgarnison 168, 172, 220

Stadtgericht 139, 220, 294

Stadtkonsulenten 223

Stadtwechsel 28–29, 31, 262, 264

Strumpfstricker, Hosenlismer 244, 266

Synode von Dordrecht 67

Tagsatzung 24, 27, 92, 117, 119, 167–168, 172, 184–185, 194, 196, 310

Täufer, Täufertum 41, 46, 49, 54, 224–225, 294

Tell, Wilhelm 135

Theater 86, 227–228

Tiere 52, 126, 137, 139, 216–217, 227, 287, 306

Tod, Begräbniskultur 110, 137, 148–149, 156–158, 171–172, 182, 296

Todesstrafe 190–191, 219–220, 223

Totentanz (Predigerkirche) 130, 137

Übersee, Überseehandel 79, 247, 268–270, 291

Universität Basel (Studium, Studenten, Professoren) 13, 21, 23, 31, 33, 40, 44, 46, 55, 57, 66, 68, 78–82, 104–105, 113, 140, 147–148, 158, 182–183, 205, 219–220, 223, 227–228, 232, 262, 283, 286, 292, 297, 303–306, 309–310

Urfehde 71, 147, 224

Verlagswesen, Protoindustrialisierung 237, 241–242, 244–246, 249–250, 254, 262, 264, 268–269, 274, 282

Wahlen 44, 51, 100, 105–107, 111, 114, 153

Wein, Weinumgeld, Weinrufer, Rebbau, Weinkonsum 83, 88–89, 91, 94, 141, 143, 146, 151–154, 166–167, 185, 274

Westfälischer Friede 177–179, 311

Wetter, Klima 125, 142–143, 151

Wissenschaft (allgemein) 279, 291, 301, 303–306

Zeit, Zeitordnung, Zeitmessung 45, 137, 144–148

Zeitung 140–141, 291–293, 300

Zensur 54, 58, 85

Zucht- und Waisenhaus 213–214, 244

Zunft 13, 27–29, 43–45, 50–51, 73, 75–76, 100, 102, 105–106, 116, 128, 134, 139–141, 144, 176, 194–196, 212–213, 224, 231, 240, 243, 245–246, 249–250, 280, 284–285, 301

– Safranzunft 153, 228, 244, 266, 269

– Spinnwetternzunft 44

– Webernzunft 43–44

– Weinleutenzunft 88–89

– Zunft zu Rebleuten 283

Personenregister

Ortsregister

Sachregister

Autorinnen und Autoren

Susanna Burghartz war von 2005 bis 2023 Professorin für die Geschichte der Renaissance und Frühen Neuzeit am Departement Geschichte der Universität Basel. Sie hat u. a. zur historischen Kriminalitätsforschung, zur Frauen- und Geschlechtergeschichte, zur Geschichte städtischer ­Gesellschaften im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit, zu materieller Kultur und zur europäischen Expansion und frühen Globalgeschichte publiziert.

Marcus Sandl studierte Geschichte in Regensburg und promovierte in Giessen mit einer Arbeit zum ökonomischen Wissen im 18. Jahrhundert. In der Habilitationsschrift, die er in Konstanz ­einreichte, beschäftigte er sich mit der Reformationsgeschichte. Nach seiner Zeit als Assistenzprofessor in Zürich war er Lehrbeauftragter an den Universitäten Basel und Konstanz und Mitarbeiter bei Stadt.Geschichte.Basel. Er arbeitet als freiberuflicher Historiker.

Daniel Sidler studierte Geschichte und Politikwissenschaft in Bern und Paris. Er promovierte in Bern mit einer Arbeit zum Katholizismus in der frühneuzeitlichen Eidgenossenschaft und war ­anschliessend von 2018 bis 2022 Mitarbeiter bei Stadt.Geschichte.Basel. Er arbeitet in der Kultur- und Geschichtsvermittlung, in der Erwachsenenbildung und als Lehrer.

Tina Asmussen, Prof. Dr., ehemalige Mitarbeiterin am Departement Geschichte der Universität Basel. Juniorprofessorin für frühneuzeitliche Bergbaugeschichte an der Ruhr-Universität Bochum und Leiterin des Forschungsbereichs Bergbaugeschichte des Deutschen Bergbau-Museums ­Bochum.

Alexander Engel, PD Dr., Anna Reimann, M. A., und Lars Dickmann, M. A., wissenschaftliche ­Mitarbeiter:innen im SNF-Projekt Märkte auf Papier. Informationen, Daten und Nachrichten im Basler Avis-Blatt, 17291845› am Departement Geschichte der Universität Basel.

Lorenz Heiligensetzer, Dr., wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universitätsbibliothek Basel.

Carla Roth, Dr., ehemalige Mitarbeiterin am Departement Geschichte der Universität Basel. ­Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Staatsarchiv Obwalden und freiberufliche Historikerin.

Michael Schaffner, lic. phil., wissenschaftlicher Mitarbeiter im Staatsarchiv Zürich und Doktorand am Departement Geschichte der Universität Basel.

Oliver Wetter, Dr., assoziierter Forscher an der Abteilung Wirtschafts-, Sozial- und Umwelt­geschichte der Universität Bern.

Dank

Dank

Wir möchten uns bei allen Personen bedanken, die uns mit ihrem Wissen in vielfältiger Art und Weise bei der Arbeit an diesem Band unterstützt und damit ­wesentlich zum Gelingen des Projekts beigetragen haben.

Herzlich danken wir all jenen, die uns bei der Konzeption des Buches und beim Auffinden von Quellen und Literatur zur Seite gestanden, uns ihre Expertise zur Verfügung gestellt und einzelne Kapitel des Manuskripts gelesen und kritisch kommentiert haben: Céline Angehrn, Esther Baur, Hans Berner, Lucas Burkart, Tim Buser, Christine Christ-von Wedel, Lars Dickmann, Joachim Eibach, Ale­xander Engel, Lina Gafner, Lorenz Heiligensetzer, Stefan Hess, Benjamin Hitz, ­André Holenstein, Lars Kury, Patrick Kury, Claudia Moddelmog, Anna Reimann, Carla Roth, Michael Schaffner, Sarah-Maria Schober, Ina Serif, Dominik Sieber, Claudius Sieber-Lehmann und Philippe Wanner.

Ein besonderer Dank geht an André Salvisberg, der das gesamte Manuskript gelesen und kenntnisreich kommentiert hat. Dem ganzen Team von Stadt.Geschichte.Basel danken wir für den anregenden, epochenübergreifenden ­Austausch und für Rat und Hilfe bei den vielfältigen Herausforderungen des ­Recherche- und Schreibprozesses, dem Stiftungsrat für die stets angenehme ­Zusammenarbeit und die wertvollen Anregungen zum Konzept.

Weiter danken wir allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Archiven, Bibliotheken, Museen und anderen Institutionen, die uns kompetent beraten und uns die Materialien ihrer Institutionen auf stets unkomplizierte Art und Weise zur Verfügung gestellt haben: Esther Baur und dem Team des Staatsarchivs ­Basel-Stadt, Ueli Dill und Lorenz Heiligensetzer (Universitätsbibliothek Basel), Ariane Mensger (Kunstmuseum Basel), Martin Möhle (Kantonale Denkmalpflege Basel-Stadt), Gudrun Piller, Margret Ribbert und Daniel Suter (Historisches ­Museum Basel), Jurriaan de Vos (Herbarien Basel) und Irene Amstutz (Schweizerisches Wirtschaftsarchiv).

Für ihr ausgezeichnetes Sprachlektorat danken wir Rosmarie Anzenberger. Iris Becher vom Christoph Merian Verlag und das Grafikbüro icona basel haben mit ihrem unermüdlichen Engagement viel für das Erscheinen des Bandes geleistet. Schliesslich geht ein ganz besonderer Dank an die Projektleitung und vor allem an Cristina Wildisen-Münch und das Digital-Team der Stadt.Geschichte.­Basel, Nico Görlich, Moritz Mähr und Moritz Twente.

Impressum

Stadt.Geschichte.Basel

Band 1 Auf dem langen Weg zur Stadt.
50 000 v. Chr. – 800 n. Chr.

Band 2 Eine Bischofsstadt zwischen ­Oberrhein und Jura. 800–1273

Band 3 Stadt in Verhandlung. 1250–1530

Band 4 Aufbrüche, Krisen, Transformationen. 1510–1790

Band 5 Hinter der Mauer, vor der Moderne. 1760–1859

Band 6 Die beschleunigte Stadt. 1856–1914

Band 7 Stadt an der Grenze in einer Zeit
der Gefährdung. 1912–1966

Band 8 Auf dem Weg ins Jetzt. Seit 1960

Band 9 Stadträume. Offen und begrenzt, ­gestaltet und umkämpft

Band 10 Überblicksband

Stiftungsrat

Regina Wecker, Stiftungsratspräsidentin

Andreas Burckhardt

Robert Labhardt (bis Oktober 2021)

Christoph Lanz

Antonia Schmidlin (seit Oktober 2021)

Barbara Schneider

Marie-Louise Stamm

Benedikt Wyss

Herausgeber:innengremium

Caroline Arni

Esther Baur

Susanna Burghartz

Lucas Burkart

Marc Fehlmann (bis April 2023)

Martin Lengwiler

Peter-Andrew Schwarz

Projektleitung

Patrick Kury

Cristina Wildisen-Münch

Lina Gafner (bis Juli 2022)

Projektleitung digital

Moritz Mähr

Vermittlung

Sabina Lutz

Data Stewards

Nico Görlich

Moritz Twente

Cristina Wildisen-Münch

Dank

Folgende Institutionen, Stiftungen und ­Personen haben dank ihrer grosszügigen ­finanziellen Unterstützung das Projekt ­ermöglicht:

Kanton Basel-Stadt

Swisslos-Fonds Basel-Stadt

Swisslos-Fonds Basel-Landschaft

Christoph Merian Stiftung

Dr. H. A. Vögelin-Bienz-Stiftung

E. E. Zunft zu Hausgenossen

Ernst Göhner Stiftung

Historisch-Antiquarische Gesellschaft
zu Basel

Max Geldner-Stiftung

Moritz Straus-Stiftung

Sulger-Stiftung

UBS Kulturstiftung

Verein Basler Geschichte

Ing. A. Aegerter + Dr. O. Bosshardt AG

Bank J. Safra Sarasin AG

Basel Tourismus

Bell AG

Felix Labhardt

Iseli Optik AG

K. Schweizer AG

Manor AG

Novartis

PAX, Schweizerische Lebens­versicherungs-Gesellschaft AG

Raiffeisen Schweiz AG

Rapp Management AG

Schachenmann + Co. AG

Vischer Architekten AG

Völlmy AG

Und weitere Spenderinnen und Spender, die nicht namentlich genannt sein wollen.

Band 4

Gedruckt mit Unterstützung der Berta Hess-Cohn Stiftung, Basel.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Natio­nalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; ­detaillierte bibliografische Daten sind im ­Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2024 Christoph Merian Verlag

Alle Rechte vorbehalten; kein Teil dieses ­Werkes darf in irgendeiner Form ohne ­vorherige schriftliche Genehmigung des ­Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, ­vervielfältigt oder verbreitet werden.

Herausgeberin: Susanna Burghartz

Text und Redaktion: Susanna Burghartz, ­Marcus Sandl, Daniel Sidler

Beiträge: Tina Asmussen, Lars Dickmann, ­Alexander Engel, Lorenz ­Heiligensetzer, Anna Reimann, ­Carla Roth, ­
Michael Schaffner, Oliver Wetter

Bild- und Infografikredaktion: ­­Susanna ­Burghartz, Marcus Sandl, ­Daniel ­Sidler, Nico Görlich,
Moritz Twente, Cristina Wildisen-Münch

Korrektorat: Rosmarie Anzenberger, Basel

Gestaltung und Satz: icona basel

Lithos: Gremper AG, Basel/Pratteln

Druck: Gremper AG, Basel/Pratteln

Bindung: Buchbinderei Grollimund, Reinach

Schriften: Practice, Euclid Circular B

Papier: Munken Lynx 100 g/m2

ISBN 978-3-03969-004-6

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